Lesezirkel: Kurzgeschichten!

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Ender
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Ender »

Knochenmann hat geschrieben:"Bereue, Harlekin!", sage der Tick Tack Mann von Harlaan Elison
Guter Plan, ich bin dabei!
Zeitrahmen: Lesen bis nächste Woche Sonntag (20.3.), danach Meinungsaustausch. Sag ich jetzt mal so.
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Teddy
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Hab ich letztes Jahr noch gelesen. Kann also auch gerne meinen Senf dazu geben. :wink:
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breitsameter
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Ender hat geschrieben:
Knochenmann hat geschrieben:"Bereue, Harlekin!", sage der Tick Tack Mann von Harlaan Elison
Guter Plan, ich bin dabei!
Zeitrahmen: Lesen bis nächste Woche Sonntag (20.3.), danach Meinungsaustausch. Sag ich jetzt mal so.
Klingt machbar. Natürlich lese ich das Original. :beanie:
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Pogopuschel
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Ach, die habe ich vor ein paar Wochen erst gelesen (im dem neuen Heyne-Band).
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Catalpa
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Catalpa »

Teddy hat geschrieben:Hab ich letztes Jahr noch gelesen. Kann also auch gerne meinen Senf dazu geben. :wink:
Habe ich letztes Jahr auch gelesen. Aber ich werde sie noch einmal lesen müssen, wenn der Senf, den ich dazu geben kann, einigermaßen qualifizierten sein soll.
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Pogopuschel
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Wer die Geschichte noch nicht hat, bei Amazon gibt es sie gerade kostenlos als E-Book in der Übersetzung von Hannes Riffel: http://www.amazon.de/Bereue-Harlekin-sa ... B00MUP904U
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Ender
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Ender »

Pogopuschel hat geschrieben:Wer die Geschichte noch nicht hat, bei Amazon gibt es sie gerade kostenlos als E-Book in der Übersetzung von Hannes Riffel: http://www.amazon.de/Bereue-Harlekin-sa ... B00MUP904U
...deswegen kamen wir ja darauf :wink:
Kam Knochenmann darauf, um genau zu sein:
Knochenmann hat geschrieben:Ich hätte einen Vorschlag:

"Bereue, Harlekin!", sage der Tick Tack Mann von Harlaan Elison

...vor allem deswegen weil es das für umsonst auf Amazon gibt.
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Catalpa
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Catalpa »

Ich mache mal den Anfang:

Die Geschichte „Bereue Harlekin!“ sagte der Ticktackmann schildert eine dystopische, bürokratische Zukunft, in der das Leben der Menschen auf die Sekunde genau durchgeplant ist und so etwas wie Individualität nicht mehr zu existieren scheint. Das größte Verbrechen, dass die Bürger begehen können, ist das Zuspätkommen, denn dadurch gerät der übergeordnete Plan in Verzug. Der Ticktackmann (eigentlich „Oberster Zeitbewahrer“, ein Mann hinter einer Maske) sitzt einer Behörde vor, die Verspätungen erfasst und von der Lebenszeit der jeweiligen Personen abzieht. Wer ständig zu spät kommt wird irgendwann "abgeschaltet". Der Harlekin ist nun jemand, der sich gegen dieses System stellt und durch verrückte Aktionen den Zeitplan durcheinander bringt, z.B. durch das Abwerfen von Millionen von Geleebonbons beim Schichtwechsel.

Der Text ist allegorisch, und bemüht sich zu keinem Zeitpunkt, dies zu verbergen. Anlass der Allegorie ist ein Zitat von Thoreau aus „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ und dieses wird, für „Leute, die fragen, was das alles eigentlich soll“, direkt an den Anfang gestellt (das ist natürlich sehr benutzerfreundlich :wink: ). Darin heißt es, dass die meisten Menschen („Gute Bürger“, die dem Staat mit ihren Körpern dienen) sich kein eigenes Urteil erlauben, während andere (die dem Staat mit ihren Köpfen dienen) selten moralische Urteile fällen und dadurch ebensowohl dem Teufel dienen könnten wie Gott. Ein Held jedoch würde dem Staat mit seinem Gewissen dienen, weshalb er sich ihm häufig widersetzt und daher als Feind betrachtet wird. Damit sind die Rollen des Ticktackmanns und des Harlekins vorgegeben.

Das Staat- und Gemeinschaftswesen, das dabei gezeichnet wird kommt mir irgendwie seltsam deutsch vor (nicht nur wegen der beschworenen Pünktlichkeit). Ich fühlte mich stark an den Film Metropolis erinnert und hatte den Eindruck, dass Ellison hier bewusst ein Zukunftsszenario aus der Vergangenheit entworfen hat.

Interessant finde ich auch, was Ellison weglässt. Wie der Harlekin z.B. geschnappt wird, oder die Szene in der mehrere Arbeiter versuchen ihn zu fassen. Dort heißt es nur lapidar, dass diese ein Debakel erleben und der Harlekin anschließend verschwunden war. Dadurch, dass diese Szenen, aus denen andere Autoren ein Spannungsmoment erzeugt hätten, wegfallen, ist es, als würde Ellison rufen: „Seht ihr, ich will überhaupt keine normale Geschichte erzählen.“

Dass die Geschichte für mich (auch ohne die allegorische Lesart) funktioniert, trotz eines antiquierten Zukunftsszenarios, kaum ausgearbeiteter Figuren und ohne einen konventionellen Spannungsbogen, liegt daran, dass sie kurz genug ist, Tempo hat, sprachlich großartig umgesetzt ist und eine witzige Schlusspointe hat.
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Pogopuschel
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

@Ender

Ups, hatte ich übersehen. :oops:
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breitsameter
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Catalpa hat geschrieben:Dass die Geschichte für mich (auch ohne die allegorische Lesart) funktioniert, trotz eines antiquierten Zukunftsszenarios, kaum ausgearbeiteter Figuren und ohne einen konventionellen Spannungsbogen, liegt daran, dass sie kurz genug ist, Tempo hat, sprachlich großartig umgesetzt ist und eine witzige Schlusspointe hat.
Die Geschichte für jeden, der Prokrastination und Unpünktlichkeit für nichts negatives, sondern für eine wertvolle Charaktereigenschaft hält. :beanie:

Harlan Ellison hat aus dem Zitat und seinem eigenen Unwillen sich immer zu drängen zu lassen, eine kurze Geschichte gebastelt, die nichts anderes sein will als eine Skizze. Eine Skizze einer Dystopie, die auf Pünktlichkeit beruht und - so Ellisons Sicht - für Kreativität keinen Platz mehr lässt.
Insofern ist die Geschichte eigentlich wenig mehr als eine Fingerübung. Aber halt von Harlan Ellison. Und deshalb immer noch gut geschrieben.

Oder anders gesagt: Die Geschichte ist die Rache für jede Deadline, der sich Ellison je unterworfen musste.

Schön ist die Textstelle mit der "and stared down at the neat Mondrian arrangement of the buildings".

Aber bei allem Lob - der Bedeutung, die dieser Geschichte zugemessen wird, wird sie letztlich dann doch nicht gerecht.
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Ich war nach alle dem Lob auch etwas enttäuscht. Ich denke "Fingerübung" trifft es ganz gut.
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breitsameter
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Darf ich einen Vorschlag für die nächste Kurzgeschichte machen?

Und zwar würde ich gerne mit Euch "Child's Play" von William Tenn lesen. Auf Deutsch erschien die Geschichte u.a. unter dem Namen "Kinderspiel" oder "Der Menschenbaukasten". Die Originalversion erschien in der Märzausgabe von Astounding 1947 und ist so tatsächlich kostenlos bei archive.org zu finden: https://archive.org/details/Astounding_ ... 1947-03_AK

Wann sollen wir mit der Diskussion beginnen?


William Tenn
(Pseudonym von: Philip Klass)
Kinderspiel (1983) (D)
Child's Play (1947) (E)
Übersetzer: Heinz Nagel
34 S.

Hans Joachim Alpers, Werner Fuchs (Hrsg.)
Die Vierziger Jahre 2
Hohenheim Edition SF, 33
3-8147-0033-3

William Tenn
(Pseudonym von: Philip Klass)
Der Menschenbaukasten (1973) (D)
Child's play (1947) (E)
Übersetzer: Heinz Nagel
30 S.

William Tenn
Das Robothaus (C)
Heyne SF & F, 3297
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Ender »

Noch ganz kurz zu "Bereue, Harlekin":

Es handelt sich hierbei kaum um eine echte "Geschichte" im klassischen Sinn, sondern eher um eine Art Statement. Und es gibt darin keine unterschwellige Botschaft, keine diffusen Andeutungen, nichts Subtiles - die Aussage ist schlicht und einfach genau so glasklar, wie sie da steht. Punkt.

Insofern stimme ich Florian zu: eine "Skizze", die ich jetzt auch nicht unbedingt als Meilenstein der Originalität ansehen würde.
Aber ich stimme auch Catalpa zu: Irgendwie trotzdem schön!
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Catalpa
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Catalpa »

Ich finde auch nicht, dass die Erzählung zu den ganz Großen gehört. Ich habe sie aber dennoch gerne gelesen. Beim zweiten Mal übrigens noch mehr als beim ersten Mal, vielleicht weil ich dann keine falschen Erwartungen mehr hatte.

Ein paar Meinungen stehen aber noch aus, oder? Knochenmann hat die Story immerhin vorgeschlagen.
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Teddy
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Mir ging es, wie den meisten hier: Eher enttäuschend.
So eine Geschichte funktionierte offenbar 1965 noch gut. Ansonsten wären Hugo und Nebula nicht zu erklären. Vielleicht aber auch damals nur, weil sie von Ellison war, der immer so hübsch außergewöhnliche Sachen geschrieben hat. In dem Zusammenhang ist der Anfang der Geschichte eigentlich recht gelungen: Da Ellison offenbar oft nach der Bedeutung der ein oder anderen Geschichte von ihm gefragt wurde, hat er hier die Erklärung gleich vorangestellt. Eigentlich auch eine Art Auf-die-Schippe-nehmen der Leser. Hat aber bei der Hugoabstimmung entweder keiner gemerkt oder man hat's mit Humor genommen. :wink:
Heute könnte man mit solch einer Skizze wohl nichts mehr gewinnen.
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