Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Science Fiction in Buchform
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breitsameter
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Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Ich muß vielleicht etwas ausholen, wie ich auf den Titel dieses Threads kam. Der Guardian fragte online seine Leser nach deren Lieblingsbüchern in der Science Fiction. Heraus kam eine beeindruckend lange Liste, die zwar schlecht aufgearbeitet wurde, aber trotzdem von so manchem gelesen und analysiert wurde.

Die Autorin Nicola Griffith aus Seattle nahm die Liste und wertete sie aus - es wurden 500 männliche Autoren genannt, aber nur 18 weibliche. »The ratio of women to men is 1:24. About 4%. I'm quite aware of gender bias in literature (see, for example "Hard Takes Soft" and "Girl Cooties") but this ratio, frankly, shocked me.« schreibt sie auf ihrer Website.

Der Guardian antwortete darauf mit diesem Blogbeitrag: »The incredible shrinking presence of women SF writers – There are plenty of female science fiction authors – so where did they go on readers' lists of favourites?« Warum wurden nur so wenige weibliche Science-Fiction-Autorinnen genannt, obwohl es doch jede Menge davon gibt?
Das ist schließlich sein Fazit: »Which means, if we're looking for a culprit, that suspicion must fall on the genre's very active fanbase: as this Guardian poll suggests, if there is sexism in the SF world, it may well be a matter of representation by the readership. It's difficult to legislate for equality in an online poll such as the Guardian's: the results are what they are.« Wenn man also jemandem die Schuld zuschieben möchte, dann wohl der Leserschaft. Oder zumindest denjenigen, die sich an der Umfrage beteiligt haben.

Mein Eindruck dazu: Ja, es gibt wohl sicherlich weniger Autorinnen als Autoren im Bereich der Science Fiction - zumindest wenn man die Zahl der Veröffentlichungen in Deutschland betrachtet. Sagt das allerdings etwas über die Qualität der Werke aus? Nein. Vielleicht schlägt hier tatsächlich einfach nur die Statistik zu, und weil weniger weibliche Autoren SF veröffentlichen, deshalb finden sich auch weniger Werke von ihnen auf der Liste.
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Pogopuschel
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Bis auf Audrey Niffenegger würde auf meiner Lieblings-SF Liste auch keine Frau landen. Ich vermute mal, männliche Leser werden mehr von männlichen Autoren angesprochen und da die meisten SF-Leser Männer sind, kommt eben ein entsprechendes Ergebniss zu Stande.
Mir persönlich ist egal ob der Autor männlich oder weiblich ist oder ob es gar nicht bekannt ist. Trotzdem stehen in meinen Bücherregalen mehr Männer als Frauen. In anderen Genres als SF ist die Frauenquote deutlich höher aber immer noch in der Minderheit.
In der Top 10 (oder sogar Top 20) meiner Lieblingsschriftsteller überhaupt landet keine Frau (vielleicht Zadie Smith in der Top 40)
Meine Internetseite (mit Buchbesprechungen): http://lesenswelt.de/
deval
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von deval »

Bei mir wäre es Nancy Kress. Die lese ich sehr gerne.
Grisel
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Grisel »

Unter meinen SF-Lieblingen sind interessanterweise die Damen in der Überzahl: C.J. Cherryh, Karin Lowachee, L.M. Bujold, S.R. Matthews gegen einen relativ einsamen David Feintuch. Aber gut, ich achte nicht auf solche Feinheiten wie wer wann wo erscheint, da vor allem Lowachee und Matthews nie übersetzt wurden und auch schon eine Weile keine SF mehr veröffentlicht haben.
Wobei ich das insofern kurios finde, weil bei mir normalerweise auch fast immer die Herren die Überhand haben.
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von heino »

Nancy Kress, James Tiptree jr. und Kate Wilhelm wären bei mir ganz weit oben. Auf männlicher Seite kämen ihnen bei mir nur Philip Dick, John Shirley und Robert Scheckley gleich.
Lese zur Zeit:

Annika Brockschmidt - Amerikas Gotteskrieger
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Shock Wave Rider
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Shock Wave Rider »

Ursula K. LeGuin, James Tiptree jr. und Doris Lessing sind meine Top-Damen. Bei den deutschsprachigen Autorinnen käme nur Heidrun Jänchen in Frage.
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Kringel »

Anne Rice, Susanna Clarke und Svetlana Martynchik (alias Max Frei) könnte ich noch nennen, obwohl die eher Fantasy schreiben. Mary Doria Russell sollte man auch nicht vergessen. Neuerdings bin ich auf Justina Robson gestoßen, die schreibt definitiv SF. Bei den deutschen Autorinnen wären Johanna Braun und Uschi Zietsch zu nennen.
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von lapismont »

Angela Steinmüller fällt mir dann auch gleich noch ein, wenn Johanna Braun genannt wird.

Aus meiner Jugend gäbs dann noch die Ungarin Klará Fehér.

So rein pauschal würde ich bestätigen, dass es einfach mehr männliche SF-Autoren gibt. Aber mir ist das beim Lesen tatsächlich egal.
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Bungle
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Bungle »

Die Bestenliste des Guardian sollte nicht überschätzt werden. Wenn es um die Spitzentitel geht, zumal einer doch kleinen aktiven Gruppe, dann kann es schon vorkommen, dass keine Autorin auftaucht. Mir würde es eher zu denken geben, wenn bei einer Top-Ten Liste keine Frauen auftauchen würden.
Habe in der letzten Tagen auch viel Jugend-SF von Autorinnen gelesen und war angetan davon.

Die Kurzgeschichten von James Tiptree jr. und "Memoiren einer Überlebenden" von Doris Lessing haben mich als Teenager auch sehr beeindruckt. Ich würde Tiptree als eine meiner Lieblingsautorinnen ansehen.

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Helge
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Helge »

breitsameter hat geschrieben: Die Autorin Nicola Griffith aus Seattle nahm die Liste und wertete sie aus - es wurden 500 männliche Autoren genannt, aber nur 18 weibliche. »The ratio of women to men is 1:24. About 4%. I'm quite aware of gender bias in literature (see, for example "Hard Takes Soft" and "Girl Cooties") but this ratio, frankly, shocked me.« schreibt sie auf ihrer Website.
Naja - 1:24 dürfte doch so ungefähr das normale m/f-Verhältnis im SF-Fandom sein, oder? Ich persönlich habe keine Vorurteile gegen weibliche Autoren und kann sogar einige wenige Positivbeispiele nennen. z.B. "Superluminal" von Vonda McIntyre, das mich sehr begeistert hat. Auch von "Sternenreiter" (SF mit deutlichem F- Einschlag) von Doris Piserchia (ganz typischer 70er-Jahre-Roman und eigentlich völlig vergessen) war ich völlig hin und weg. Nicht zu vergessen "Die steile Flut" von MZB, eine der berühmtesten SF-Stories aller Zeiten. Aber es gibt leider auch diese "typischen Frauenbücher". Keine Ahnung, wieviele Frauen tatsächlich auf so etwas stehen. Z.B. habe ich mal versucht, "Liebhaber in Silber" von Tanith Lee zu lesen. Das Buch ist unlesbar - für Männer zumindest. Die "Handlung" besteht daraus, dass die Protagonistin sich abwechselnd gut oder schlecht fühlt, in Ohnmacht fällt, wieder aufwacht, weint, mit Freundinnen schwatzt usw. usf. Irgendwelche darüber hinausgehende Handlung kommt praktisch nicht vor, zumindest nicht in der ersten Hälfte, danach habe ich aufgegeben. Ein Buch von C.J. Cherryh habe ich auch mal in Angriff genommen, wobei ich aber auch nach ca. der Hälfte kapituliert habe. Irgendwie war das das Buch Bestandteil eines Megazyklus von Zyklen und handelte nur von irgendwelchen in völlig groteske Längen gezogenen Herrscherhaus-Intrigen, die irgendwie nur unendlich langweilig waren ... Tja - es scheint eine sehr ambivalente Sache zu sein, wenn Frauen SF produzieren. Als sehr interessantes und provokantes Beispiel könnte man noch Ayn Rand nennen.
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Marc

Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Marc »

@Helge
Naja, in die Länge gezogene, langweilige oder schlicht triviale Romane sind aber auch in der von Männern verfassten SF gang und gäbe. Und wenn das w/m-Autorenverhältnis 1:24 beträgt, dann gibt es wahrscheinlich sogar 24mal häufiger schlechte Romane von männlichen SF-Autoren als von weiblichen. Demnach könnte man auch sagen, dass es eine sehr ambivalente Sache ist, wenn Männer SF produzieren...

Übrigens: Was hast du von einem Roman mit dem Titel "Liebhaber in Silber" allen Ernstes erwartet? :wink:
deval
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von deval »

Helge hat geschrieben:Ein Buch von C.J. Cherryh habe ich auch mal in Angriff genommen, wobei ich aber auch nach ca. der Hälfte kapituliert habe.
Cherryh schreibt absolut grottig. So bald ich Höllenfeuer von ihr zu Ende gelesen habe, noch rund 150 Seiten, gebe ich alle Bücher von
Cherryh die ich noch habe wieder ab. Ich habe damals den Fehler gemacht mir den kompletten Zyklus zuzulegen bevor ich mit dem lesen
anfing. Der Pell Zyklus oder auch Company Kriege ist einfach nur schlecht.

Tiptree jr. lese ich auch sehr gerne, kann mir ihre Kurzgeschichten aber nur häppchenweise reinziehen. Die sind mir irgendwie doch sehr
anstrengend zu lesen.
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Stormking
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Stormking »

deval hat geschrieben: Cherryh schreibt absolut grottig. So bald ich Höllenfeuer von ihr zu Ende gelesen habe, noch rund 150 Seiten, gebe ich alle Bücher von
Cherryh die ich noch habe wieder ab. Ich habe damals den Fehler gemacht mir den kompletten Zyklus zuzulegen bevor ich mit dem lesen
anfing. Der Pell Zyklus oder auch Company Kriege ist einfach nur schlecht.
Ich habe einiges von ihr zu lesen versucht und hatte größtenteils den gleichen Eindruck wie Du. Nur der Sterbende-Sonnen-Zyklus hat mir wirklich gut gefallen. Ist meiner Meinung nach was für Leute, die am ersten "Wüstenplaneten" den Abenteueraspekt besonders schätzen und daher mit dem Rest der Reihe nicht mehr viel anfangen konnten.
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Helge
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Helge »

Marc hat geschrieben:@Helge
Naja, in die Länge gezogene, langweilige oder schlicht triviale Romane sind aber auch in der von Männern verfassten SF gang und gäbe. Und wenn das w/m-Autorenverhältnis 1:24 beträgt, dann gibt es wahrscheinlich sogar 24mal häufiger schlechte Romane von männlichen SF-Autoren als von weiblichen. Demnach könnte man auch sagen, dass es eine sehr ambivalente Sache ist, wenn Männer SF produzieren...

Übrigens: Was hast du von einem Roman mit dem Titel "Liebhaber in Silber" allen Ernstes erwartet? :wink:
Aber das Buch war preisgekrönt! :mad:
Naja, das männliche Äquivalent zu solchen Büchern sind wohl die, in denen es um nichts anderes als darum geht, dass sich irgendwelche Typen gegenseitig die Köppe einschlagen - oder alternativ ein ganzes Buch voll Technobabbel. Stimmt, davon gibts wohl mehr, aber genau deshalb nehme ich diese Bücher weniger wahr, weil die automatisch von meinem Spamfilter ausgeblendet werden.
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Re: Frauen schreiben Science Fiction, aber...

Ungelesener Beitrag von Doop »

Mit Listen kann man immer viel beweisen... Nehmen wir doch mal die Liste der Romane, die den Hugo gewonnen haben, immerhin der am längsten existierende (seit 1953!) und prestigeträchtigste Preis, der vom Fandom auf dem WorldCon vergeben wird.

Wie oft haben Frauen den Preis für den besten Roman gewonnen?
Bis 1969 war da totale Fehlanzeige.
Dann gewann 1970 Ursula LeGuin mit "The Left Hand of Darkness", 1975 mit "The Dispossessed", 1977 gewann Kate Wilhelm, 1979 Vonda McIntyre. Also 40% Frauensiege in den 70er Jahren.
In den 80er Jahren gewinnen Frauen dreimal die Kategorie (1981 Joan D. Vinge, 1982 und 1989 C.J. Cherryh).
In den 90er Jahren sieht es ähnlich aus. Bujold in den Jahren 1991, 1992 und 1995, Willis in den Jahren 1993 und 1999. Da es in den 90ern einmal zwei erste Plätze gab, ist das Ergebnis also nicht ganz 50:50.
In den 00er Jahren gab es drei Gewinne von Frauen, Rowling in 2001, Bujold in 2004 und Clarke in 2005. Zu beachten ist da eine spannende Entwicklung: Diese drei Romane sind alle Fantasy.
In diesem Jahr sieht es auch wieder gut für den Gewinn einer Frau aus, zumindest auf dem WorldCon ist das Verhältnis also deutlich besser als 1:24.

Für mich persönlich ist es auch vollkommen schnuppe, ob ein Buch von einer Frau, einem Mann oder einem andorianischen Zwitter stammt. Zu meinen liebsten Büchern zählen LeGuin's "Left Hand", Bujolds Barrayar-Vorkosigan-Zyklus und die Erzählungen von James Tiptree jr.
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