Das habe ich doch gar nicht behauptet. Es kann durchaus spannende Geschichten in einer positiven Zukunft geben, denn sie wird eins sicher nicht sein: nämlich perfekt. Nur eben in vielen Punkten besser als heute, oder zumindest nicht schlechter.breitsameter hat geschrieben:Ich denke, es ist ein Fehler zu behaupten, dass es keine positiven Zukunftsentwürfe mehr gibt - und dass dies deshalb der Fall ist, weil eine positive Zukunft keine spannenden Geschichten liefern kann.
Was mir konkret vorschwebt, sind Geschichten, die den Weg in eine nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsweise zum Thema haben. Und dieser Weg wird ganz sicher hochgradig konfliktbeladen sein, man denke an den gegenwärtigen Streit um Klimaschutz und Globalisierung. Immerhin würde ja beispielsweise ein konsequentes Klimaschutzprogramm bedeuten, dass die Mineralölkonzerne ihre Geschäftsgrundlage verlören und die OPEC-Staaten ihre Volkswirtschaften komplett neu ausrichten müssten, usw. Da geht es um handfeste Geld- und Machtinteressen. Dass so was sogar zu Kriegen führen kann, hat man ja an den USA gesehen, als man dort daran ging, die Sklaverei abzuschaffen. In meinem geplanten Roman Globaler Frühling kommt es dann auch beinahe zu einem solchen Krieg - aber zum Glück eben nur beinahe.Ich musste darüber auch etwas nachdenken, bis ich begriff, welchen Denkfehler wir hier begehen: Wir gehen in dieser Diskussion automatisch davon aus, dass die Geschichten, die in der Science Fiction erzählt werden, auf einem entsprechenden Weltentwurf basieren, der das Hauptproblem der Geschichte bereits in sich trägt.
Dem muss nicht so sein. Betrachten wir z.B. die Space Opera, so basieren dort viele Geschichten auf einem positiven Weltentwurf. Die Menschheit hat viele Probleme gelöst, ist in den Weltraum aufgebrochen und erlebt dort neue Abenteuer. Diese müssen nicht weltengefährdend sein, nicht die ganze Menschheit bedrohen oder auch nicht die positive Zukunft in Frage stellen. Ein interessantes Beispiel ist z.B. Walter Jon Williams Roman »Implied Spaces« - hier ist die Zukunft positiv gestaltet (sehr, sehr weit entwickelte Technik, der Menschheit, die sich auf vielen Welten ausbreitet, geht es gut), aber die Geschichte handelt von einem Verbrechen in einer solchen Welt.
Es ist in der Tat nicht sonderlich schwer, eine Space Opera zu ersinnen, in der alle Menschen in Frieden, Freiheit und Wohlstand leben und Umweltzerstörung ein Ding der Vergangenheit ist - aber zu schildern, wie es dazu kommt, und das in einer glaubwürdigen Art und Weise, ist schon wesentlich anspruchsvoller. Dabei gibt es schon sehr viele Lösungsansätze, nur schlummern die bisher noch vielfach in staubtrockenen Sachbüchern oder gar wissenschaftlichen Arbeiten, die die meisten Leute nicht freiwillig lesen. Und so lange die Leute lieber Kochbücher oder Zombie-Schnurren konsumieren, haben die Lobbyisten der Verhinderer leichtes Spiel.