Tops und Flops 2004

Das Science-Fiction-Forum für alles, was den SF-Fan interessiert und bewegt!
Grisel
True-Fan
True-Fan
Beiträge: 235
Registriert: 9. Juni 2003 11:47
Land: Österreich
Wohnort: Wien

Ungelesener Beitrag von Grisel »

Hi!
Space Cadet hat geschrieben: Kann mich da mal jemand aufklären bitte? Ich bin doch sicher nicht der Einzige Heinlein-Freund hier, oder? Was macht den Mann so gut?
Ich mag ihn gerade dafür, daß er so politisch unkorrekt ist. Ich finde das erfrischend anders.

Bye,

Grisel
Ulrich
SMOF
SMOF
Beiträge: 2628
Registriert: 10. September 2003 17:41

Ungelesener Beitrag von Ulrich »

Top fand ich Andymon und Spera, die sich wohltuend von der meisten Science Fiction abheben.

Flop war für mich in großem Maße die Perry Rhodan Serie. Typisches Beispiel war Kneifels "Der Schläfer der Zeiten". Zum x-Mal wird eine interessante Gesellschaft (die Lemurer) vorgestellt, doch anstatt sich mit dieser auseinanderzusetzen, wird gleich wieder alles über Bord geworfen, in dem man die Technik ausfallen lässt und so auf "Steinzeitniveau" Abenteuer erzählt werden. Man führt also Themen ein, die anscheinend in keinem Zusammenhang mit dem Zyklus stehen. Einfallslosigkeit (Technikausfall zum wiederholten Mal) paart sich mit Orientierungslosigkeit (Abschweifen vom eigentlichen Thema).
Benutzeravatar
sterngucker

Ungelesener Beitrag von sterngucker »

Na, dann will ich doch auch ein paar Bewertungen kundtun:

Tops:
John Shirley: Eclipse-Trilogie
Bin ich zwar bis zum Jahreswechsel erst mit Band 2 fertig geworden, aber bis jetzt finde ich diesen Zyklus wirklich...bemerkenswert.
Außerordentlich beeindruckend, wie Shirley die schleichende Machtergreifung der "Zweiten allianz" schildert, und was das für eine Vielzahl unterschiedlichster Charaktere bedeutet, vom kleinen Techniker auf der Raumstation bis hin zu hochrangigen Geheimdienst-Agenten und Senatoren.
Eindrucksvoll!

China Mievelle: Die Narbe
Gefällt mir besser als "Perdido-Street-Station": Geheimnisvolle Kulturen, eine phantastische Atmosphäre, phantastisches Setting, einige der tollsten Meeres-Beschreibungen, die ich je gelesen habe...einfach toll. Wurde das Teil eigentlich in "mare" rezensiert?!? Hätte nämlich müssen! -

K. DicK. Ubik
Ist einfach cool, zu sehen, wie sich der Hauptheld durch eine immer absurder werdende Welt hangelt, und dabei versucht, irgendeinen Sinn in dem Ganzen zu finden.
Überhaupt meine ich, K. Dicks "Helden" zeichnen sichh durch unglaubliches Understatement aus: Die welt zerbröselt, und sie sitzen da und versuchen ohne großes Tamtam, sie wieder zusammenzupuzzeln.
Hat was!


Flops:
Heinlein: Das neue Buch Hiob
400 Seiten (wenn ich mich richtig erinnere) läppisches Geschwätz und Tellerwaschen + auf Kindergartenniveau geschilderte Beziehungskiste.
Was war ich froh, als das Buch endlich durch war! Man sollte ein "Purple Heart" verliehen bekommen, wenn man sich durch diesen Mist gekämpft und nicht vorzeitig kapituliert hat (finde ich zumindest).

Heinlein: Starship-Trooppers
Rekrut kommt zum Heer, Rekrut hat allerlei Rekruten-Erlebnisse, Rekrut wird ausgebildet, Rekrut ist endlich Offizier. Zwischendurch werden ein paar Bugs plattgemacht. Garniert ist das ganze mit jener Geisteshaltung, die weiland die Weimarer Republik vernichtet hat (Soldaten sind alles, Zivilisten nur feige Schwätzer, Todesstrafe her usw.)
Wer darauf hofft, wenigstens so viel Action wie in der Verfilmung zu finden, wird ebenfalls enttäuscht.
Na danke!
Fad UND faschistoid - brauch ich nicht.
Space Cadet
Fan
Fan
Beiträge: 32
Registriert: 2. Januar 2005 21:35
Land: Deutschland
Wohnort: Sin City

Ungelesener Beitrag von Space Cadet »

sterngucker hat geschrieben: Heinlein: Starship-Trooppers
Rekrut kommt zum Heer, Rekrut hat allerlei Rekruten-Erlebnisse, Rekrut wird ausgebildet, Rekrut ist endlich Offizier. Zwischendurch werden ein paar Bugs plattgemacht. Garniert ist das ganze mit jener Geisteshaltung, die weiland die Weimarer Republik vernichtet hat (Soldaten sind alles, Zivilisten nur feige Schwätzer, Todesstrafe her usw.)
Wer darauf hofft, wenigstens so viel Action wie in der Verfilmung zu finden, wird ebenfalls enttäuscht.
Na danke!
Fad UND faschistoid - brauch ich nicht.
Ich habe Starship Troopers nicht gelesen, aber einige seiner anderen Geschichten aus dieser Ära seiner Future History, und da scheint er dem Militarismus gegenüber eher kritisch zu sein. Kann es ein, daß du den versteckten Sarkasmus eventuell nicht bemerkt hast? Der Film ist ja auch vom Publikum größtenteils mißverstanden worden. In meinen Augen war das eine (etwas verunglückte) Satire :lehrer:
Liest gerade:
Carl Hiaasen - Stormy Weather + Lucky You (non-SF)
Benutzeravatar
sterngucker

Ungelesener Beitrag von sterngucker »

Na, ich weiß nicht, ob ich da versteckte Satire übersehen habe.
Im Zweifelsfall eher nicht.

"Starship Troopers - das Buch" hat mit dem Film nicht gar so arg viel gemeinsam:
Im Film steht ja die Action im Vordergrund, und der Kampf gegen die Bugs (ist IMHO im Prinzip der ganz normale 08/15-Monsterkillerfilm, nur recht gut gemacht, mit möglicherweise ein paar homöapathischen Dosen ironischer Einsprengsel) .
Im Buch hingegen kommen die Bugs nur sehr am Rande vor, absolut im Mittelpunkt steht dieser Rekrut, der Stufe für Stufe alle Widrigkeiten des Militärlebens bewältigt und schließlich ein "richtiger" Soldat (= "richtiger Mensch") ist. Das Bug-Killen wird eher zwischendurch erledigt und ist keine gar so große Sache.
Zu diesem Menschwerdungsprozeß des bisher (von seinen weichlich-liberalen Wischi-Waschi-Eltern) behüteten und verhätschelten Rekruten gehört natürlich auch ein Quantum soziologischer und historischer Bildung. Da wird dem Mann dann erklärt, warum Todesstrafe wichtig ist, und wie es gekommen ist, daß nur Militärs vollständige Bürgerrechte haben: Am Ende des Jahrhunderts ist es zu Dekadenz, Verwahrlosung und Kriminalität gekommen. Es herrschte keine rechte Ordnung mehr, weil permissive Zivilisten und quatschköpfige Zivilisten-Politiker die Mach ausübten. Da bildeten sich Gruppen und Seilschaften von Veteranen und ehemaligen Kriegsteilnehmern und ergriffen schließlich die macht im Staat, und brachten wieder die rrrechte Orrrdnung ins Land. Jawoll.

Wer sich da an Carl Schmitt, Ernst Jünger und die diversen Freikorps nach dem Ersten Weltkrieg erinnert fühlt, hat IMHO ein gutes politisches Gespür
http://de.wikipedia.org/wiki/Freikorps

Ob Heinlein gewußt hat, daß es diese Veteranenclubs mit Lust zur Machtergreifung am Aufstieg der Nazis beteiligt waren (ebenso wie das Gerede über Dekadenz und die "Quatschbude Parlament"), weiß ich natürlich nicht.
Daß das ganze ironisch gemeint war, glaube ich aber auch nicht. Es war einfach Ergebnis seiner Überlegungen zur Fage einer guten Gesellschaft, möchte ich meinen.
Er ist ja auch sonst nicht übertrieben zimperlich.

Was Heinleins sonstige Bücher angeht, hab ich nicht alle gelesen, aber ich würde ihm da grundsätzlich unterstellen, eine gewisse Affinität zu Sozialdarwinismus, aber auch zu eher anarchistischen Gesellschaftssystemen zu haben (?). Zumindest glaube ich, das aus "Der Mond ist eine herbe Geliebte" herauslesen zu können.
Das ist eine Mischgung, die in den USA oft auftritt.
Andererseits aber setzt sich ja auch in der "Herben Geliebten" schließlich ein Revolutionäres Kader an die Spitze, das dem Fußvolk über seine Absichten nicht unbedingt reinen Wein einschenkt.
Space Cadet
Fan
Fan
Beiträge: 32
Registriert: 2. Januar 2005 21:35
Land: Deutschland
Wohnort: Sin City

Ungelesener Beitrag von Space Cadet »

Uiuiui, habe ich den guten Mann etwa so sehr überschätzt? Vielleicht weil ich es einfach nicht glauben konnte, nicht wahrhaben wollte? Oft, beim Lesen, wenn ich über einen seiner supercoolen Charaktere stolpere, dann denke ich immer, das kann nicht sein Ernst sein oder schiebe es auf die Zeit, in der Heinlein geschrieben hat. Na ja, offenbar ist er doch einfach nur ein Amerikaner wie die anderen auch. Schade.
Liest gerade:
Carl Hiaasen - Stormy Weather + Lucky You (non-SF)
Benutzeravatar
sterngucker

Ungelesener Beitrag von sterngucker »

Naja, vielleicht bin ich ja nur überempfindlich.
Und die Zeit hat natürlich sicher auch ihre Rolle gespielt...obwohl: Philip K. Dick hat auch ungefähr zu dieser Zeit geschrieben, wenn ich mich nicht völlig vertue...

Und schließlich hab ich ja nur ein paar Bücher von ihm gelesenen (den "Mond", "Starship Troopers", "Fremd in einer fremden WelT", "Hiob"...).
Hab auf jeden Fall noch ein paar auf meiner to-read-Liste.
Vielleicht ergibt sich ein anderer Eindruck, wenn ich die auch durch habe...
Benutzeravatar
Klangwelten
Neo
Neo
Beiträge: 13
Registriert: 11. Dezember 2002 08:30
Land: Deutschland
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Ungelesener Beitrag von Klangwelten »

Ich mach mal weiter mit den Tops und Flops:

Top:
Der futurologische Kongress (Stanislaw Lem): Ein Feuerwerk von gesellschaftlichen und technischen Fiktionen, sprachlich virtuos gestaltet
Fahrenheit 451 (Ray Bradbury): Nach mäßigem Anfang doch noch ein packendes Buch mit einer starken Sprache, heute außerdem aktueller denn je
Andymon (Angela und Karlheinz Steinmüller): Dünne Geschichte, aber dichte, fesselnde Atmosphäre zumindest in der ersten Hälfte des Buches, und ein tolles Retro-Ambiente dazu

Flop:
Die letzte Generation (Arthur C. Clarke): Packender "Was wäre, wenn...?"-Auftakt, aber schlaff und mit enttäuschendem Ende umgesetzt
Free your mind and your ass will follow!
Benutzeravatar
FaLi
Fan
Fan
Beiträge: 44
Registriert: 15. November 2004 08:48
Land: Deutschland
Wohnort: Thüringen
Kontaktdaten:

Ungelesener Beitrag von FaLi »

Top: Otherland - Tad Williams

Mit Flops kann ich für 2004 nicht dienen, da ich nicht viel SF gelesen hab.
Ich weiß, selbst schuld :laser:

LG Kati
Benutzeravatar
Oliver
SMOF
SMOF
Beiträge: 1782
Registriert: 18. Januar 2003 18:29
Bundesland: Niedersachsen
Land: Deutschland

Ungelesener Beitrag von Oliver »

sterngucker hat geschrieben:Fad UND faschistoid - brauch ich nicht.
ENDLICH mal wieder eine SST-Diskussion.

Ich hatte mir schon Sorgen gemacht. :smokin
Benutzeravatar
Diboo
SMOF
SMOF
Beiträge: 1559
Registriert: 28. Dezember 2003 19:01
Land: Deutschland
Kontaktdaten:

Ungelesener Beitrag von Diboo »

Oliver hat geschrieben:
sterngucker hat geschrieben:Fad UND faschistoid - brauch ich nicht.
ENDLICH mal wieder eine SST-Diskussion.

Ich hatte mir schon Sorgen gemacht. :smokin
Erwähnte ich, dass ich SST (den Film und das Buch) geil finde? :wink:
Benutzeravatar
Sebastian

Ungelesener Beitrag von Sebastian »

sterngucker hat geschrieben:Na, ich weiß nicht, ob ich da versteckte Satire übersehen habe.
Im Zweifelsfall eher nicht.

"Starship Troopers - das Buch" hat mit dem Film nicht gar so arg viel gemeinsam:
Im Film steht ja die Action im Vordergrund, und der Kampf gegen die Bugs (ist IMHO im Prinzip der ganz normale 08/15-Monsterkillerfilm, nur recht gut gemacht, mit möglicherweise ein paar homöapathischen Dosen ironischer Einsprengsel) .
Im Buch hingegen kommen die Bugs nur sehr am Rande vor, absolut im Mittelpunkt steht dieser Rekrut, der Stufe für Stufe alle Widrigkeiten des Militärlebens bewältigt und schließlich ein "richtiger" Soldat (= "richtiger Mensch") ist. Das Bug-Killen wird eher zwischendurch erledigt und ist keine gar so große Sache.
Zu diesem Menschwerdungsprozeß des bisher (von seinen weichlich-liberalen Wischi-Waschi-Eltern) behüteten und verhätschelten Rekruten gehört natürlich auch ein Quantum soziologischer und historischer Bildung. Da wird dem Mann dann erklärt, warum Todesstrafe wichtig ist, und wie es gekommen ist, daß nur Militärs vollständige Bürgerrechte haben: Am Ende des Jahrhunderts ist es zu Dekadenz, Verwahrlosung und Kriminalität gekommen. Es herrschte keine rechte Ordnung mehr, weil permissive Zivilisten und quatschköpfige Zivilisten-Politiker die Mach ausübten. Da bildeten sich Gruppen und Seilschaften von Veteranen und ehemaligen Kriegsteilnehmern und ergriffen schließlich die macht im Staat, und brachten wieder die rrrechte Orrrdnung ins Land. Jawoll.
mmhhhh

Vielleicht wollte Heinlein ja auch beschreiben, wie sich gesellschaftliche Normen und Werte im Angesicht wirklich unangenehmer Zukunftsaussichten (z.B. als Nahrung zu enden) verschieben. Man muss dieses Thema ja nicht mögen aber Heinlein gelingt es IMHO sehr wohl die möglichen gesellschaftlichen Veränderungen zu skizzieren. Das es dann nicht auf ein plumpes und actionlastiges Schlachten wie z.B. bei John Ringos "Invasion" hinausläuft, spricht wohl eher für den Altmeister.

Satirische Elemente konnte ich in Starship Troopers auch nicht ausmachen – habe sie aber auch nicht vermisst.

Grüße

Sebastian
Benutzeravatar
Traan Dain
True-Fan
True-Fan
Beiträge: 110
Registriert: 19. Mai 2004 11:28
Bundesland: Bayern
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Thomas Pynchon: Gravity's Rainbow
Wohnort: Bayern

Ungelesener Beitrag von Traan Dain »

Tops letztes Jahr waren auf jeden Fall:
Die Farben der Zeit, von Connie Willis :wink:
Perdido Street Station, von China Miéville 8)
Das es was neues von Karl Michael Armer gibt (wenn auch noch nicht gelesen) :D

Flops:
Inseln im Netz, von Bruce Sterling; nicht zuletzt wegen der saumäßigen Übersetzung :kotzen:
Benutzeravatar
Rusch
SMOF
SMOF
Beiträge: 2860
Registriert: 12. Mai 2003 09:24
Land: Deutschland
Wohnort: München

Ungelesener Beitrag von Rusch »

Also das schlechteste Buch (von ca. 80), das ich 2004 gelesen habe, war "Die Endzeitingenieure" von Jack Williamson. Das Buch war so dermaßen zusammengestopselt und Atmosphäre kam kaum auf.
Benutzeravatar
Horselover Fat
True-Fan
True-Fan
Beiträge: 275
Registriert: 11. Januar 2005 18:29
Land: Deutschland
Wohnort: Marburg

Ungelesener Beitrag von Horselover Fat »

Tops:
Dick - Marsianischer Zeitsturz und UBIK (Jesus war der Kerl durchgeknallt...)
McDonald - Chaga (für mich einer der drei besten SF überhaupt)
Simmons - Hyperion
Mieville - Perdido Street Station
Willis - Passage

Flops
Vance - Jäger im Weltall (doch schon sehr verstaubt für unsere Zeit)
Antworten