Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktionär?

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timetunnel
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Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktionär?

Ungelesener Beitrag von timetunnel »

Neuer Artikel in der aktuellen Ausgabe von Der Freitag über die Frage, inwiefern heutige Science-Fiction reaktionär ist und wo die emanzipatorischen Utopien bleiben. Der erste Anreißerabsatz ist an pauschaler Flachheit kaum zu überbieten ("Heute ist das Genre leider reaktionär"), danach wird's, soweit ich das beim ersten Überfliegen erkennen konnte, aber wohl etwas differenzierter:

http://www.freitag.de/autoren/der-freit ... enkaempfer
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von My. »

Die Antwort auf diese Frage ist die gleiche Antwort wie die auf die Frage: "Sind Journalisten intelligent?" Die Antwort besteht aus vier Buchstaben und es kommt kein "a" darin vor (außer vielleicht in Bayern und Österreich).

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a3kHH
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von a3kHH »

Blogeintrag "Bullshit im Freitag"
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von Erik Erdmann »

Immer langsam!

Also ich kann die bisherigen Antworten auf den Artikel nicht nachvollziehen.
timetunnel hat geschrieben:Der erste Anreißerabsatz ist an pauschaler Flachheit kaum zu überbieten
Herr Schmid stellt da eine These auf, die er im Folgenden zu belegen versucht und die in ihrer Formulierung vielleicht Leser_innen anlockt. Das ist immerhin ein Artikel im Netz und keine literaturwissenschaftliche Facharbeit. Seine Ausführungen sind dann auch so differenziert, dass man bestimmt keine "Flachheit" unterstellen kann.
My. hat geschrieben:"Sind Journalisten intelligent?" Die Antwort besteht aus vier Buchstaben und es kommt kein "a" darin vor
Pauschalkritik an journalistischer Arbeit? Bestimmt kann man Journalist_innen und ihre Arbeit kritisieren, dann aber irgendwie konkreter...
a3kHH hat geschrieben: ...dümmlich-dreiste Artikel über Science Fiction...
Die Argumentation des Artikels beleuchtet unterschiedliche Facetten des Genres, daher nicht dümmlich. Was nun genau dreist sein soll, kann ich nicht nachvollziehen.
a3kHH hat geschrieben:Die Emanzipation ist gerade im klassisch männlichen Genre wie der Military SF von den Autoren derart verinnerlicht, daß man gar nicht mehr über die Gleichberechtigung diskutiert, sondern sie schlicht und einfach als gegeben voraussetzt.
Wow... SF, in der soziale Konflikte der Jetztzeit einfach unerwähnt bleiben eignet sich nicht wirklich als Gegenbeispiel zur These "SF ist reaktionär".
a3kHH hat geschrieben:... Florian Schmid an und jammert, daß keine emanzipatorischen Werke wie die von Joanna Russ oder Ursula K. Le Guin mehr erscheinen. ... Derartige Schriften sind weder nötig noch angebracht, die Emanzipation ist da.
Ziemlich fragwürdige These. Zum einen würde mich interessieren, wessen Emanzipation schon erreicht wurde? Die der Frauen*, der People of Color, der Homosexuellen? Diese drei Beispielgruppen von Menschen leben immer noch in einer Welt, die andauernde Diskriminierung für sie bereithält. Da wäre es doch gerade angebracht "derartige Schriften" zu veröffentlichen.

So, jetzt aber mal zum Artikel selbst: Im ersten Teil des Artikels beschreibt Schmid seine Wahrnehmungen zum aktuellen "Blockbusterkino" und dessen SF-Vertretern. Er nennt als Beispiele Prometheus, Star Trek: Into Darkness, Pacific Rim und After Earth und darin enthaltene Schwächen. Ich stimme ihm da zu. Ehrlich gesagt fand ich seine Beschreibung/Zusammenfassung von Prometheus ernsthaft witzig.
Auch die These, dass autoritäre Konfliktlösungen oft im Vordergrund stehen, kann ich teilen. Bis zu diesem Punkt hat Schmid aber nur Mainstreamfilme aus Hollywood betrachtet. Anschließend widmet er sich dem literarischen Zweig. Und da kann ich an keiner Stelle ablesen, dass er dem utopischen Roman reaktionäre Schemata vorwerfen würde.
Ich muss sagen ich fand den Artikel echt interessant, informativ und gut. Das soll Kritik nicht ausschließen, nur bitte etwas konkreter :lol:
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timetunnel
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von timetunnel »

Erik Erdmann hat geschrieben:
timetunnel hat geschrieben:Der erste Anreißerabsatz ist an pauschaler Flachheit kaum zu überbieten
Herr Schmid stellt da eine These auf, die er im Folgenden zu belegen versucht (...) Seine Ausführungen sind dann auch so differenziert, dass man bestimmt keine "Flachheit" unterstellen kann
Ich habe mich bei der "Flachheit" nur auf den Anreißer bezogen, wie man oben lesen kann. Das mit der "These" kann man so sehen, muss man aber nicht. Ich sehe jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass er das als These aufstellt. Man kann das genausogut als Fakt lesen und sich dann im darauffolgenden Text wundern, dass er das gar nich so flach-pauschal sieht. Möglicherweise hat da aber auch die Redaktion Mist gebaut, weil solche Anreißer bei einigen Zeitungen nicht vom Autor des Artikels geschrieben werden, sondern von einem anderen Redakteur. Oder es war eine bewusste Provokation. Aber ich bleibe dabei: der Teil ist unnötig flach.

Aber egal, lieber zum längeren Rest des Artikels: die Diskussion, die er aufmachen will, ist auf jeden Fall sehr spannend. Wo ist SF reaktionär, wo sind die Utopien, wie hat sich das alles in den letzten Jahren entwickelt etcpp. Was die Blockbuster und die vom Autor genannten Bücher angeht sehe ich das wie Erik: das ist eine brauchbare Beschreibung des Sachverhalts. Aber eben nur bezogen auf die genannten Werke. Er lässt aber sehr viele andere Filme und Bücher außen vor und hat sich einfach auf das Schema "reaktionäre Blockbuster vs. gesellschaftliche Utopien" festgelegt. Und das taugt nicht dazu, die Ausgangsfragen zufriedenstellend zu beantworten.
Erik Erdmann hat geschrieben:
a3kHH hat geschrieben:(...) Emanzipation (...)
Ziemlich fragwürdige These. Zum einen würde mich interessieren, wessen Emanzipation schon erreicht wurde? Die der Frauen*, der People of Color, der Homosexuellen? Diese drei Beispielgruppen von Menschen leben immer noch in einer Welt, die andauernde Diskriminierung für sie bereithält. Da wäre es doch gerade angebracht "derartige Schriften" zu veröffentlichen.
Yep. Sehe ich genauso. Außerdem glaube ich aus dem Freitag-Artikel rauszulesen, dass der Autor, wenn er von "emanzipatorisches Potenzial" spricht, den umfassenden Emanzipationsbegriff meint - er greift den Bereich der Frauenemanzipation nur als Beispiel dafür heraus, dass emanzipatorische Potenziale in der SF durchaus schon behandelt wurden. Und es gibt noch genug da draußen, von dem man bzw. die Gesellschaft sich emanzipieren kann (selbst wenn die Frauenemanzipation "abgeschlossen" wäre - was sie nicht ist).

Insgesamt finde ich das Anliegen, dass der Artikel im Kern hat, gut: er möchte wieder "Utopien, die nicht kollektive Ängste schüren, sondern das Begehren nach einer anderen, besseren Welt wecken. Science-Fiction kann das." Sowas gab's länger nicht mehr, oder kennt jemand neuere derartige Werke?

Fazit: interessant, irgendwie unbefriedigend, aber definitiv nicht dümmlich-dreist.
Zuletzt geändert von timetunnel am 24. August 2013 00:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von a3kHH »

Liebe Leute, wenn ihr etwas über den Tellerrand eurer eigenen Romane gucken würdet, würdet ihr nicht so einen unausgegorenen und vorurteilsbehafteten Quark schreiben.

Wie ich bereits oben schrieb, ist die Emanzipation in der SF abgehakt, da bereits verwirklicht und verinnerlicht. Ringo und Campbell sind zwei Beispiele moderner SF dafür, weitere lassen sich unproblematisch in einer laaanngen Liste aufführen - sofern man die moderne SF überhaupt kennt. Und da würde ich einmal deutlich konstatieren, daß ihr zwei offenbar ziemlich wenig der SF der letzten zwanzig Jahre gelesen habt. Ebensowenig, wie ihr phantastische Filme der letzten 10 Jahre wirklich kennt. Denn in beiden künstlerischen Ausdrucksformen ist die Emanzipation, von Frauen ebenso wie von Andersdenken oder, um es vulgär auszudrücken, anders gepolten, zu einem derartigem Standard geworden, daß sich diese Gleichberechtigung anderer bereits in Kinderserien als normal etabliert hat.

Tatsächlich habe ich erst vor kurzem zwei Romane gelesen, Normallänge von Heyne auf Ziegelsteingröße aufgeblasen, in der Frauen als Handlungsträger dominierten. Wobei ich behaupten möchte, daß dies vom Autor gar nicht so geplant war, sich aber zwangsläufig (anderes Reaktionsmuster) so entwickeln musste.

Der dumme Schnack "SF, in der soziale Konflikte der Jetztzeit einfach unerwähnt bleiben..." zeigt nur die Unkenntnis desjenigen, der solche Gemeinplätze ausbrütet, es lohnt sich nicht, darauf einzugehen.
Insgesamt finde ich das Anliegen, dass der Artikel im Kern hat, gut: er möchte wieder "Utopien, die nicht kollektive Ängste schüren, sondern das Begehren nach einer anderen, besseren Welt wecken. Science-Fiction kann das." Sowas gab's länger nicht mehr, oder kennt jemand neuere derartige Werke?
Natürlich gibt es das. Lies mal moderne SF, egal ob aus Deutschland oder Amerika, dann stellst Du solche Fragen nicht mehr. Dazu muß man aber vielleicht etwas mehr lesen als nur GRRMs Fantasy-Telefonbuch. Ringo, Reynolds und Campbell sind ein guter Anfang, auch Weber passt teilweise in dieses Raster. Und nicht zu vegessen die Flinx-Stories von Alan Dean Foster, auch wenn sie sich aktuell doch inhaltlich etwas ausgelaufen haben. Ich empfehle Dir, die "Best of"-Anthologien eines oder mehrerer Jahre zu lesen, als Überblicke sind sie sehr zu empfehlen.
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von timetunnel »

a3kHH hat geschrieben:Und da würde ich einmal deutlich konstatieren, daß ihr zwei offenbar ziemlich wenig der SF der letzten zwanzig Jahre gelesen habt. Ebensowenig, wie ihr phantastische Filme der letzten 10 Jahre wirklich kennt.
Tja, so kann man sich irren.
a3kHH hat geschrieben:Dazu muß man aber vielleicht etwas mehr lesen als nur GRRMs Fantasy-Telefonbuch
Oh, echt?

Aber danke für die Empfehlungen.
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von deval »

Vor allem stößt mir bei dem Artikel bitter auf, dass nur solche Filme angeführt werden, die die aufgestellte These
"Und es liegt nahe, diesen Boom mit der Krise zu erklären, in die der Kapitalismus sich seit dem Zusammenbruch
der Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 hineinmanövriert hat
" untermauern sollen. Dann werden Filme
wie Prometheus, World War Z, Star Trek, After Earth oder Pacif Rim erwähnt.

Allerdings scheint Herr Schmid vergessen zu haben, dass es auch andere, wesentlich ruhigere und ambitioniertere
Filme gab, wie etwa Melancholia, Alles was wir geben mußten, Monsters, Another Earth, Chronicle, Cloud Atlas, Die
Tribute von Panem oder Seelen. Egal ob diese Filme nun gut waren oder nicht, sie wurden gedreht und haben ihr Pub-
likum gefunden. Und mit Suzanne Collins und Stephenie Meyer wurden die Buchvorlagen auch von Frauen geschrieben -
mit einer starken Frauenrolle. Von fehlender Emanzipation kann man da wirklich nicht sprechen. Auch denke ich nicht,
das der SF Bereich ein politisches Genre ist (für seine Theorie wird es da aber einfach mal reingezwängt) - zumindest
nicht politischer als ein Krimi oder Thriller. Oder habe ich die politischen Ansprüche bei Paul - Ein Alien auf der Flucht
übersehen?

Irgendwie wird dann noch zwanghaft ein Verlgeich aktueller Film-Blockbuster mit den alten Büchern von anno dazumal
hergestellt. Wissen wir ja alle: Früher war alles besser und die Frauen im SF Bereich haben nur über Emanzipation und
soziale Gerechtigkeit geschrieben. Der Film Barbarella aus dem Jahr 1968, mit der Hauptdarstellerin Jane Fonda, hat
für die weibliche Emanzipation mit Sicherheit ein Riesenschritt bedeutet. Alice Schwarzer war vermutlich begeistert.
Oder war es vielleicht doch eher Sigounrey Weaver in Alien, welche die Rolle der "starken Frau" schlechthin verkörpert
hat? Aber diesen Film darf er ja nicht anführen. Denn der wäre ja eben nicht "eine Utopie, die nicht kollektive Ängste
schürt
".
Für mich ist der Artikel viel zu einseitig und wie Alfred schon sagt: Es fehlt der Blick über den Tellerrand.
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von a3kHH »

deval hat geschrieben:Suzanne Collins und Stephenie Meyer
In diesem Kontext sollte man auch "True Blood" erwähnen. Paradebeispiel dafür, daß das moderne "Heimchen am Herd" deutlichst emanzipierter ist als die echten Emanzen der 70er waren.
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von Erik Erdmann »

timetunnel hat geschrieben: Sowas gab's länger nicht mehr, oder kennt jemand neuere derartige Werke?
Was mir auf die Schnelle einfällt: "Halbgeist" von Adam Troy-Castro. Dort geht es in der Nebenhandlung um die Beziehung zwischen der Protagonistin und einem "ein-Personen-Zwillingspaar". Infragestellung des Monogamie- und Identitätsbegriffes. Außerdem kommen (biologisch menschliche) Personen vor, die als Asylsuchende den Schutz anderer Weltraummächte genießen, wodurch sie dann keine Menschen mehr sind. Verstehe ich persönlich als interessanten Kommentar zu rassifizierenden Begriffen von Nation und Nationalität.
timetunnel hat geschrieben: ...Schema "reaktionäre Blockbuster vs. gesellschaftliche Utopien" festgelegt. Und das taugt nicht dazu, die Ausgangsfragen zufriedenstellend zu beantworten.
Da würde ich dir zustimmen. Die Filmbranche in Hollywood mit Werken einzelner Autor_innen zu vergleichen ist vielleicht auch schon vom Ansatz falsch. Immerhin geht es auf der einen Seite um eine Industrie, die Profitinteressen an ihren Filmen hat (Soll jetzt nicht heißen, dass sich die Menschen in dieser Industrie keinen künstlerischen Anspruch geben können) auf der anderen Seite um Autor_innen, die soweit ich das mitbekommen habe nur in seltenen Fällen von ihrer Kulturarbeit leben und daher (vermutlich) nicht von vornherein Überlegungen anstellen, ob das, was sie schreiben verkaufbar ist oder nicht.
a3kHH hat geschrieben:... ist die Emanzipation in der SF abgehakt, da bereits verwirklicht und verinnerlicht. ... ist die Emanzipation, zu einem derartigem Standard geworden, daß sich diese Gleichberechtigung anderer bereits in Kinderserien als normal etabliert hat.
Hast du zufällig eine Liste von Romanen, in der mal ausnahmsweise nicht männliche*, weiße, temporär nichtbehinderte, cisgender, heterosexuelle Menschen die wichtigen Rollen übernehmen? Die Autor_innen, die ich mir bisher reingezogen habe bieten da leider keine guten Beispiele.
a3kHH hat geschrieben:sofern man die moderne SF überhaupt kennt.
Erwischt :lol: . Ich frage mich auch immer noch, was die Abkürzung SF eigentlich bedeutet. Wer kann helfen?
a3kHH hat geschrieben:Der dumme Schnack "SF, in der soziale Konflikte der Jetztzeit einfach unerwähnt bleiben..." zeigt nur die Unkenntnis desjenigen, der solche Gemeinplätze ausbrütet, es lohnt sich nicht, darauf einzugehen.
Danke, dass du es trotzdem tust. Vielleicht war ich da etwas unkonkret, deshalb versuch ich mal meinen Gedanken ausführlicher zu machen: Warum sollen Romane, die soziale Konflikte der Jetztzeit (Random Beispiel: Trans*phobie) nicht nennen, ein Beleg der These sein, SF sei nicht reaktionär? Entweder kann der Konflikt als Konflikt beleuchtet werden, indem er die Problematik erkennbar auf eine Analogie überträgt oder den Konflikt selbst anführt. Oder der Konflikt kann als "beendet" beleuchtet werden, indem ein Zustand präsentiert wird, in dem Jetztzustand erkennbar "gelöst" ist. In beiden Fällen müssen kann es auch sein, dass die Lösungen nicht besonders emanzipatorisch sind. Die Variante, den Konflikt zu vernachlässigen, existiert natürlich auch; eignet sich aber wie schon gesagt nur schlecht als Gegenbeispiel zu Schmids These.
deval hat geschrieben:Allerdings scheint Herr Schmid vergessen zu haben, dass es auch andere, wesentlich ruhigere und ambitioniertere
Filme gab, ...
Ja, in der Tat. Auch "Moon" und "District 9" kommen von 2009 und wurden von Schmid übergangen.
deval hat geschrieben:Auch denke ich nicht, das der SF Bereich ein politisches Genre ist
Da würde ich dir widersprechen wollen. Zum einen finde ich es ein schönes Kompliment einem Genre politischen Anspruch zu bescheinigen, zum anderen ist es relativ klar politisch lesbar, wenn zum Beispiel eine zukünftige menschliche Gesellschaft beschrieben wird. (Standardbeispiel politische Wertung in SF: Star Trek TOS, Erdgesellschaft hat ihre nationalistischen Konflikte anscheinend überwunden, was sich in der Diversität der Brückencrew spiegelt = Nationalismen von Heute (Zeit von Roddenberry) doof.)
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von Bully »

Elysium habe ich erst gestern im Kino gesehen. Und der dargestellte Konflikt ist kein aktuelles soziales Problem, das etwas sf-mäßig verschärft wurde? Echt jetzt?

Wobei ich jetzt nicht der Ansicht bin, dass SF notwendigerweise politisch sein muss, um gut zu sein, aber "unpolitisch" ist nicht dasselbe wie "reaktionär". Und "reaktionär" ist nicht dasselbe wie "langweilig".
Und sich politische Aussagen zu wünschen, aber dabei vorgeben zu wollen, welche Aussagen das den bitteschön sein sollten, halte ich auch für doof.
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von a3kHH »

Erik Erdmann hat geschrieben:Hast du zufällig eine Liste von Romanen, in der mal ausnahmsweise nicht männliche*, weiße, temporär nichtbehinderte, cisgender, heterosexuelle Menschen die wichtigen Rollen übernehmen? Die Autor_innen, die ich mir bisher reingezogen habe bieten da leider keine guten Beispiele.
Wie ich sagte, sind John Ringo und Jack Campbell Paradebeispiele für die Emanzipation der Frau.
Im Invasionszyklus von Ringo etwa sind diverse weibliche Protagonisten Handlungsträger. Hautfarben weiss ich nicht, waren imho gemischt, war in jedem Fall Nebensache. Meine Kommentare dazu findest Du hier.
Ein anderes Beispiel sind Jack Campbell und seine Romane um Black Jack Geary. Da die Bände nur so nach und nach rauskommen, habe ich in meinem Blog dazu mehrere Kommentare verfasst. Einfach mal nach "Campbell" suchen.
Interessant ist auch der "Empire of Man"-Zyklus von David Weber und John Ringo. Meine Kommentare dazu kannst Du hier nachlesen.
Etwas älter, keine SF, aber trotzdem top : Paksenarrion.
Brandaktuell und das Thema "soziale Konflikte" & "Homosexualität" beleuchtend, allerdings naturgemäß männlich dominiert : Maschinengeist.
Reicht das ?
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von timetunnel »

Erik Erdmann hat geschrieben:
deval hat geschrieben:Auch denke ich nicht, das der SF Bereich ein politisches Genre ist
Da würde ich dir widersprechen wollen.
Wenn deval damit meint, dass nicht alle SF politisch sein muss, dann stimme ich ihm zu. SF kann politisch sein (hat da auch großes Potential), muss es aber nicht. Umgekehrt fände ich es aber falsch zu verlangen, dass SF nicht politisch sein darf.
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von Bully »

Bully hat geschrieben:Elysium habe ich erst gestern im Kino gesehen. Und der dargestellte Konflikt ist kein aktuelles soziales Problem, das etwas sf-mäßig verschärft wurde? Echt jetzt?
...
Bzw., wenn es ihm um die Lösung geht - die Elysianer haben sich den Schlüssel zu ihrer Niederlage selbst gebaut.
Ist vllt. eine reaktionäre Botschaft, dass Reiche gegen die Plebs besser zusammenhalten sollten, aber das ist etwas überinterpretiert, würde ich sagen.
In "Der Planet der Habenichtse" wird auch eine Tür eingeschlagen.
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Re: Artikel "Magische Klassenkämpfer" - ist SF heute reaktio

Ungelesener Beitrag von Diboo »

timetunnel hat geschrieben:
Erik Erdmann hat geschrieben:
deval hat geschrieben:Auch denke ich nicht, das der SF Bereich ein politisches Genre ist
Da würde ich dir widersprechen wollen.
Wenn deval damit meint, dass nicht alle SF politisch sein muss, dann stimme ich ihm zu. SF kann politisch sein (hat da auch großes Potential), muss es aber nicht. Umgekehrt fände ich es aber falsch zu verlangen, dass SF nicht politisch sein darf.
Sie darf, wie jede Literaturgattung, man sollte ihr aber nicht vorwerfen, dass sie es nicht ist, wenn der Autor halt gerade keine Lust dazu hat.
Und: manchmal ist Politik ein plot device, das notwendig ist, um eine Handlung voranzubringen, und nicht notwendigerweise dazu dient, eine bestimmte Aussage zu transportieren. Das mag bei der Lektüre dann nicht immer gleich auffallen, ist aber so.
Und noch einmal, obgleich es auch gesagt wurde: bitte erkennen, in welchem Umfeld der Autor ("Freitag") schreibt und festhalten, dass unter "Emanzipation" weitaus mehr gemeint ist als die eher verengende Gleichstellung von Mann und Frau. "Emanzipation" hat hier als Begriff bereits einen utopischen Charakter und umfasst grundsätzliche gesellschaftliche Entwicklungen, die hin zu einer diskriminierungsfreien und weniger hierarchischen Gesellschaftsordnung führen, und von dieser Basis aus argumentiert der Autor offensichtlich. Dass er dabei weder akzeptiert, dass es auch andere Utopien geben kann, und dass er dabei in seinen Genrekenntnissen dort verharrt, wo es ihm passt - geschenkt. Dafür schreibt er für den "Freitag" und das war noch nie eine Zeitung, die dafür bekannt war, ihre originäre Zielgruppe mit übertriebener Differenzierung zu quälen.
"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)
http://www.sf-boom-blog.de
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