Verbotene Science Fiction
Verbotene Science Fiction
In der Vergangenheit hat die "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften" Bücher aus dem Bereich Science Fiction und Fantasy indiziert. Zum Beispiel sind das Bücher aus Normans Gor-Zyklus gewesen. Eine Zeit lang auch Spinrads „Der stählerne Traum“, bis der Heyne Verlag vor Gericht das Buch freibekam.
Indizierung ist zwar nicht gleichzusetzen mit Verbot, d.h. theoretisch ist Verkauf „unter der Ladentheke“ möglich, ein Erfolg jedoch praktisch ausgeschlossen. Aber die Verlage achten bestimmt bei der Planung darauf, dass keine Gefahr der Indizierung besteht. Oder gibt es aktuelle Fälle aus Film, Literatur?
Nicht veröffentlicht wurde zunächst „Das Experiment“ von Arkadi und Boris Strugatzki in der Sowjetunion. Da bestand tatsächlich die Gefahr einer Zensur.
Indizierung ist zwar nicht gleichzusetzen mit Verbot, d.h. theoretisch ist Verkauf „unter der Ladentheke“ möglich, ein Erfolg jedoch praktisch ausgeschlossen. Aber die Verlage achten bestimmt bei der Planung darauf, dass keine Gefahr der Indizierung besteht. Oder gibt es aktuelle Fälle aus Film, Literatur?
Nicht veröffentlicht wurde zunächst „Das Experiment“ von Arkadi und Boris Strugatzki in der Sowjetunion. Da bestand tatsächlich die Gefahr einer Zensur.
- nekropole
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Re: Verbotene Science Fiction
Warum wurde es auf den Index gesetzt? Ich kenne das Buch nicht.Ulrich hat geschrieben:...Eine Zeit lang auch Spinrads „Der stählerne Traum“, bis der Heyne Verlag vor Gericht das Buch freibekam...
Gruß
Thomas
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"Der stählerne Traum" wurde unter dem Vorwurf der "Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts" von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften verboten.
Der Roman spielt in einer Alternativwelt. Enttäuscht von der Politik wandert Hitler 1919 in die USA aus und wird Illustrator und Texter. Seine Großmachtsträume schlagen sich in dem SF/Fantasy-Roman "Herr des Hakenkreuzes" nieder. Dieses Buch ist nimmt dann auch den größten Platz in "Der stählerne Traum" ein. Abschließend kommt es zu einer kritischen Begutachtung des vom Alternativwelt-Hitler verfassten "Herr des Hakenkreuzes".
Norman Spinrad, der Jude ist, verfasste eine boshafte Satire. Sein Roman muss im Gesamtzusammenhang gesehen werden, einschließlich des fiktiven Nachwortes über Hitlers Roman. Die Bundesprüfstelle sah das anders.
Der Roman spielt in einer Alternativwelt. Enttäuscht von der Politik wandert Hitler 1919 in die USA aus und wird Illustrator und Texter. Seine Großmachtsträume schlagen sich in dem SF/Fantasy-Roman "Herr des Hakenkreuzes" nieder. Dieses Buch ist nimmt dann auch den größten Platz in "Der stählerne Traum" ein. Abschließend kommt es zu einer kritischen Begutachtung des vom Alternativwelt-Hitler verfassten "Herr des Hakenkreuzes".
Norman Spinrad, der Jude ist, verfasste eine boshafte Satire. Sein Roman muss im Gesamtzusammenhang gesehen werden, einschließlich des fiktiven Nachwortes über Hitlers Roman. Die Bundesprüfstelle sah das anders.
Zuletzt geändert von Ulrich am 2. Januar 2004 19:09, insgesamt 1-mal geändert.
Muß nicht unbedingt so sein. Der stählerne Traum habe ich z.B. nur gekauft, weil das Buch auf den Heyne-SF-Stapel lag, eingeschweißt war und ein knall-roten Aufkleber hatte, auf dem stand, daß das Buch nicht an Jugendliche verkauft werden darf.Indizierung ist zwar nicht gleichzusetzen mit Verbot, d.h. theoretisch ist Verkauf „unter der Ladentheke“ möglich, ein Erfolg jedoch praktisch ausgeschlossen.
Für einen auf große Auflagen angewiesenen Verlag könnte die Indizierung ein Problem sein, für manchen Klein-Verlag könnte die Indizierung durchaus für einen "Bestseller" sorgen (wir warten z.B. immer noch darauf, das Der Gourmet von Bernhard Kempen indiziert wird).
Gruß Ronni
- Oliver
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Re: Verbotene Science Fiction
Das gilt für andere Medien, für Bücher ist die Indizierung mit einem Verbot gleichzusetzen, weil die Strukturen so beschaffen sind, dass Grossisten und die Verlage indizierte Titel sofort aus dem Programm nehmen und nicht wieder auflegen, mangels wirtschaftlicher Erfolgsaussichten. Bei DVD, Computerspielen und CD ist das anders, indizerte Bücher sind aber definitiv "weg."Ulrich hat geschrieben:Indizierung ist zwar nicht gleichzusetzen mit Verbot, d.h. theoretisch ist Verkauf „unter der Ladentheke“ möglich
Aktuelle Indizierungsfälle in der SF? Eigentlich nix. SF-Filme landen sowieso eher selten auf dem Index (nur Paule hat es geschafft, 3 von 4 seiner SF-Reißer auf den Index zu bringen) und bei SF-Büchern ist der angesprochene "stählerne Traum" das einzige Beispiel, was mir so einfällt.
Das einzige, was mir in den letzten 10 Jahres aus dem Romanbereich überhaupt einfällt, was entfernt mit Phantastik zu tun hat, sind die Dornröschen-S/M-Romane von Anne Rice, die es mal "erwischt" hat.
Bücher werden heute sowieso praktisch nicht mehr indiziert. Lohnt auch nicht mehr, denn Indizierungen sollen ja Jugendliche "treffen" und die lesen ja, in der Mehrzahl, nicht mehr.
Da macht es mehr Sinn*, CDs und Computerspiele auf den Index zusetzen.
*Wenn man Indizierungen gutheißt 8)
Zuletzt geändert von Oliver am 2. Januar 2004 19:47, insgesamt 1-mal geändert.
index
ich meine mich erinnern zu können, das mal ein sf buch zeitweilig auf dem index gestanden hat. ich weiß den autor leider nicht mehr. das cover das buches ist auf jeden fall rot mit einem ätzenden gezeichneten kleinen bild drauf. irgendwie war der titel glaube ich: die todesschwadron oder die todesschneise. der autor meine ich war engländer.
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Re: Verbotene Science Fiction
Indizierungen machen IMHO Filme und Computerspiele nur noch bekannter und erst recht beliebt, sind sozusagen ein Gütesiegel. Den es gibt eine nicht kleine Clientel an *Filmfreunden*, die Filme erst richtig interessant finden, wenn sie auf dem Index landen. Viele sogenannte *Klassiker* des Horrorfilms aus den 70ern und 80ern des letzten Jahrhunderts sind doch ehrlicherweise nur immer noch so bekannt, weil sie auf dem Index stehen, oder gar beschlagnahmt sind. Wären sie frei erhältlich (mit einem konsequent durchgezogenen Jugendschutz), würde bei den meisten dieser Machwerke kein Hahn mehr danach krähen, sie würden dem Vergessen anheimfallen. da qualitativ meist nicht gerade gut. Dabei muss ich ehrlicherweise sagen, das ich inzwischen einige Machwerke von Filmen und Computerspielen kennengelernt habe, die IMHO durchaus zu *Recht* auf dem Index stehen oder beschlagnahmt sind. Andererseits ist mir das Thema *Indizierung* inzwischen so was von egal, da ich dank Internet und Filmbörsen (Neu-Isenburg ist nicht weit) sowieso jeden Film problemlos bekommen kann.Oliver hat geschrieben:
*Wenn man Indizierungen gutheißt 8)
Re: Verbotene Science Fiction
Es soll sich hier auch nicht ausschließlich um dieses Thema drehen. Deshalb hatte ich "Das Experiment" genannt, dass einem anderen "Verbot" unterlag, zumindest die große Gewissheit des Verbots bestand.Morgaine le Fey hat geschrieben:Andererseits ist mir das Thema *Indizierung* inzwischen so was von egal, da ich dank Internet und Filmbörsen (Neu-Isenburg ist nicht weit) sowieso jeden Film problemlos bekommen kann.
- Andreas Eschbach
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Das klingt jetzt, als sei das 100 Jahre her. Nur zur Information: Norman Spinrad lebt noch und erfreut sich grimmig bester Gesundheit. Und wenn man den "Stählernen Traum" mit seinen anderen Büchern vergleicht, ist das, was er darin macht, ganz und gar nicht untypisch für ihn. Er liebt es, Leuten auf die Zehen zu treten. "Der stählerne Traum" traf lediglich auf ein besonderes deutsches ... ähm, Trauma...Ulrich hat geschrieben:"Der stählerne Traum"
Norman Spinrad, der Jude war,
Gewiss, das ist unglücklich formuliert. Soll aber zeigen, dass es seltsam ist Spinrad "Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts" vorzuwerfen. Und es wird deutlich, dass Literatur in verschiedenen Ländern anders beurteilt wird.Andreas Eschbach hat geschrieben:Das klingt jetzt, als sei das 100 Jahre her. Nur zur Information: Norman Spinrad lebt noch und erfreut sich grimmig bester Gesundheit. Und wenn man den "Stählernen Traum" mit seinen anderen Büchern vergleicht, ist das, was er darin macht, ganz und gar nicht untypisch für ihn. Er liebt es, Leuten auf die Zehen zu treten. "Der stählerne Traum" traf lediglich auf ein besonderes deutsches ... ähm, Trauma...Ulrich hat geschrieben:"Der stählerne Traum"
Norman Spinrad, der Jude war,
"Der stählerne Traum" erschien 1981 in Deutschland.
Zuletzt geändert von Ulrich am 2. Januar 2004 19:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Verbotene Science Fiction
Nun ja, in diktatorischen Ländern ist es wohl kaum verwunderlich, das dort gedruckte Werke, die dem herrschenden System offen oder auch versteckt wiedersprechen, zensiert und verboten werden. Im Moment fällt mir da nur "Doktor Schiwago" und "Archipel Gulag" ein, beide keine SF. Gibt aber bestimmt noch viel mehr Werke, denen dieses Schicksal wiederfahren ist. Auch die Deutschen haben da ja leider ihren Beitrag mit den Bücherverbrennungen und der entarteten Kunst geleistet. Meine Frau wuchs in einem diktatorischen System auf, und ausser Lobhudeleien auf den großen Führer gab es nicht viel an Kunst, und wer wiedersprach, verschwand eines Tages...Ulrich hat geschrieben:Es soll sich hier auch nicht ausschließlich um dieses Thema drehen. Deshalb hatte ich "Das Experiment" genannt, dass einem anderen "Verbot" unterlag, zumindest die große Gewissheit des Verbots bestand.Morgaine le Fey hat geschrieben:Andererseits ist mir das Thema *Indizierung* inzwischen so was von egal, da ich dank Internet und Filmbörsen (Neu-Isenburg ist nicht weit) sowieso jeden Film problemlos bekommen kann.
- Oliver
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Re: Verbotene Science Fiction
Das stimmt wohl, wobei Du aber oben Verbote grundsätzlich auch befürwortest ("zu recht beschlagnahmt"), was ich nicht tun würde. Praktisch alle unsere europäischen Nachbarn kommen prima ohne derartige Verbote aus.Morgaine le Fey hat geschrieben:Auch die Deutschen haben da ja leider ihren Beitrag mit den Bücherverbrennungen und der entarteten Kunst geleistet.
Völlig zustimmen kann ich Dir aber zum Punkt "Gütesiegel", gerade einige italienische Kannibalen- und Zombiefilme würde heute kein Mensch mehr kennen, wenn sie nicht durch die Verbote eine gewisse Berühmtheit erlangt hätten und, das ist das eigentlich scharfe daran, von Richtern immer wieder beschlagnahmt werden, was aber andererseits sehr sympathisch ist, weil sie sich so nicht um neuere Produktionen kümmern, sondern meist immer nur wieder sowieso schon verbotene Werke in neuen Versionen verbieten.
Leider wird da nicht differenziert und so finden sich auf den Verbotslisten neben in der Tat dümmlichen Schrott auch (z.B. im Ausland längst anerkannte) Meisterwerke wie z.B. Romeros brillante apokalyptische Vision "Dawn of the Dead" - die Ende März in den USA ein Remake in den Kinos erfahren wird , wobei der Trailer sogar gar nicht schlecht aussah.
Zu Spinrad fällt mir noch ein, dass er AFAIK das ist, was man bei uns einen 'Linken' nennt (oder täusche ich mich da jetzt?!), was den Nazi-Verherrlichungsvorwurf noch absurder macht.
Zum von Andreas angesprochenen Trauma passt auch immer wieder die Geschichte, dass die zunächst in Deutschland verkauften angloamerikanischen Originalausgaben von Robert Harris' alternativer (und dahingehend gänzlich unverdächtiger) Historie "Vaterland", die ein Hakenkreuz auf dem Cover aufwiesen, einigen Wirbel verursacht hatten, bis sie durch überklebte und/oder hakenkreuzbefreite Motive ausgetauscht wurden. Ja, Hakenkreuze in Buchhandlungen sind nicht so der Hit, man sollte aber schon auch auf den Inhalt schauen.
Als "Linken" würde ich Norman Spinrad nicht unbedingt einstufen, sagen wir besser, als "kritischen Geist". Nicht selten scheint mir seine Liebe zur Provokation auch reiner Selbstzweck.
Natürlich ist und bleibt alles eine Sache der Lesart. "Der stählerne Traum" ist ein Kultbuch bei amerikanischen Neo-Nazis und ausdrücklich empfohlene Lektüre der "Nationalsozialistischen Arbeiterpartei - Auslandsorganisation" in den USA. An Spinrads schon am Namen erkennbarer jüdischen Herkunft scheint sich da keiner zu stören.
Angesichts von Robert Heinleins unverhohlen faschistoidem "Starship Troopers", der ohne Schwierigkeiten erhältlich ist, wirkt die zeitweilige Indizierung von Spinrads Buch tatsächlich wie eine Farce.
(Dass unsere europäischen Nachbarn mehrheitlich ohne Beschlagnahmungen auskommen, ist übrigens so nicht richtig. Nur die Gründe - gewaltverherrlichende, pornografische oder politische Inhalte - unterscheiden sich.)
Robert Kerber
http://www.das-ganzheitliche-system.de
Natürlich ist und bleibt alles eine Sache der Lesart. "Der stählerne Traum" ist ein Kultbuch bei amerikanischen Neo-Nazis und ausdrücklich empfohlene Lektüre der "Nationalsozialistischen Arbeiterpartei - Auslandsorganisation" in den USA. An Spinrads schon am Namen erkennbarer jüdischen Herkunft scheint sich da keiner zu stören.
Angesichts von Robert Heinleins unverhohlen faschistoidem "Starship Troopers", der ohne Schwierigkeiten erhältlich ist, wirkt die zeitweilige Indizierung von Spinrads Buch tatsächlich wie eine Farce.
(Dass unsere europäischen Nachbarn mehrheitlich ohne Beschlagnahmungen auskommen, ist übrigens so nicht richtig. Nur die Gründe - gewaltverherrlichende, pornografische oder politische Inhalte - unterscheiden sich.)
Robert Kerber
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Re: Verbotene Science Fiction
Nicht nur da.Oliver hat geschrieben:Ja, Hakenkreuze in Buchhandlungen sind nicht so der Hit, man sollte aber schon auch auf den Inhalt schauen.
Ich kann mich erinnern, in den 80ern wurden die Platten von "Kiss" im deutschen Sprachraum mit "entschärftem" Schriftzug verkauft.
Das SS im Bandnamen schreibt sich ja so wie anno dazumals Hitler's SS.
Irgendwann hat sich das dann aufgehört und der Originalschriftzug wurde auf die Cover gedruckt.
Ein Beispiel, daß manchmal auch zu sensibel mit der Mateie umgegangen wird/wurde.
Werner
Liest zur Zeit:
David Weber - HH Folge 97, irgendwas mit Krieg
David Weber - HH Folge 97, irgendwas mit Krieg
Stimmt, "Champion Jack Barron" wurde bei seinem Erscheinen in den USA nicht gerade freudig aufgenommen, und "Die Bruderschaft des Schmerzes"( darüber wurde hier im Forum schon mal gesprochen) steht bei uns immer noch auf dem Index.Andreas Eschbach hat geschrieben: Norman Spinrad lebt noch und erfreut sich grimmig bester Gesundheit. Er liebt es, Leuten auf die Zehen zu treten.