Stephen King - Wahn
In diesem Roman verarbeitet King seinen schweren Unfall, bei dem er von einem Lieferwagen überfahren und schwer verletzt wurde. Edgar Freemantle, den Ich-Erzähler des Romans, hat es noch schwerer getroffen. Er hat bei einem Unfall einen Arm verloren und ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, das neben Zornausbrüchen dazu führt, dass ihm oft einfachste Dinge nicht einfallen. Als ihn sein Arzt zu einem Tapetenwechsel rät, mietet er ein Haus auf Duma Key, einer Insel im Golf von Mexiko in Florida. ("Duma Key" ist auch der Originaltitel des Buchs, aber warum sollte man den übernehmen, wenn man ein Buch "Wahn" nennen kann...) Dort beginnt er zu malen und zu seiner eigenen Überraschung, mit umwerfenden Erfolg. Alle sind von den Bildern in einen teilweise unheimlichen Bann geschlagen. Teilweise malt er Dinge, von denen er gar nichts wissen kann und immer mehr bekommt er den Eindruck, dass er mit seinen Bildern auch die Wirklichkeit beeinflussen kann und dass vielleicht ein gar nicht so wohl gesonnener Geist hinter seinen Fähigkeiten steckt.
Bis hierhin ist das Buch eine Wucht. Die Verzweiflung des verkrüppelten Mannes, seine Erinnerungsaussetzer und Wut darüber, die Besessenheit, die ihm zum Malen treibt, aber auch die Atmosphäre der Insel sind ganz großartig gelungen. Auch ein weiterer Aspekt des Romans, die Freundschaft von Edgar zu seinen Nachbarn Wireman, der sich um eine alte Lady kümmert, die sich als Besitzerin der Insel entpuppt und mehr als ein düsteres Geheimnis in ihrer Vergangenheit besitzt, ist sehr gelungen. Sobald der böse Geist identifiziert ist und bekämpft wird, lässt das Buch ein wenig nach, ist aber immer noch gut und viel besser, als andere Romane von King. Dies liegt daran, dass er die übernatürliche Komponente des Romans auch im letzten drittel für seine Verhältnisse sparsam einsetzt. Meiner Meinung nach wird King immer dann am schwächsten, wenn er das Übernatürliche im Detail beschreibt. Insgesamt kommt Wahn locker in meine Top-10 der King-Romane.