Seite 1 von 5

Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 20. Januar 2011 22:16
von breitsameter
Hier geht es am 24.1.2011 mit QUINTANA ROO von James Tiptree jr. los!

James Tiptree Jr. (Pseudonym von Alice B. Sheldon, 1915-1987) zählt zu den bedeutendsten Vertretern im Bereich der Phantastik. Der Ruhm gründet sich vor allem auf ihre Kurzgeschichten, von denen einige wohl zu den besten des späten 20. Jahrhunderts gehören, aber bis heute nicht gebührend von der Kritik gewürdigt wurden.
»Quintana Roo« ist der Beginn eine Reihe mit den gesammelten Erzählungen von James Tiptree Jr. im Septime-Verlag. Die vorliegende Sammlung von drei Erzählungen, wurde von der Autorin, noch ein Jahr vor ihrem tragischen Tod, selbst zusammengestellt und erschien nun erstmals auf Deutsch in einer Übersetzung von Frank Böhmert. Die drei hier neu übersetzten phantastischen Erzählungen teilen sich die gleiche Hauptfigur und die mystisch-fremdartige Beschaffenheit dieser Welt des Quintana Roo.

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 21. Januar 2011 11:25
von Frank Böhmert
breitsameter hat geschrieben:Hier geht es am 24.1.2011 mit QUINTANA ROO von James Tiptree jr. los!
Wen es interessiert: Ich habe in meinem Blog schon einiges über dieses Buch und seine Übersetzung geschrieben; eine Zusammenstellung der Beiträge findet ihr hier.

Viel Spaß beim Tiptree-Lesen am Wochenende! :popcorn:

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 21. Januar 2011 18:57
von Torsten
Ok, dann fangen wir zur Auflockerung mit einer kleinen Frage an den Übersetzer an.
Die in "Quintana Roo" gesammelten Erzählungen tragen die Titel:

- "Was die See bei Lirios anspülte" [What Came Ashore at Lirios],
- "Der Junge, der auf Wasserskiern in die Ewigkeit fuhr" [The Boy Who Waterskied to Forever] und
- "Hinter dem toten Riff" [Beyond the Dead Reef]

Tiptrees Erzählungen haftete angeblich der Ruf an, schon am Titel erkannt zu werden. In wie weit hatte dies Einfluß auf die Übersetzung? Wie frei wollte man die Übersetzung gestalten? Gab es hierzu überhaupt Überlegungen?

Beispielsweise wurde "Die Goldfliegen-Lösung" (The Srewfly Solution) neu mit "Die Schraubenwurmfliegen-Lösung" übersetzt.

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 21. Januar 2011 19:08
von lapismont
waaaaa, ist doch noch gar nicht Montag, menno
:kanone:

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 22. Januar 2011 01:07
von achimh
autschn...

:beanie:

oder nicht :kopfkratz:

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 23. Januar 2011 13:29
von Lucardus
Ich hab die erste Story gerade durch, halte aber erstmal die Klappe. Nicht dass ich vor der zweiten von lapismont brutal niedergeschossen werde. :)

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 23. Januar 2011 13:33
von lapismont
:teufel:

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 23. Januar 2011 22:51
von achimh
Ich habe jetzt zwei Geschichten gelesen und schon einen ganzen Sack voller Fragen.

Aber klar, heute ist noch nicht Montag, also wird brav gewartet. :beanie:

tschüßn

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 24. Januar 2011 08:31
von lapismont
Meine S-Bahnfahrt war leider zu kurz, um die erste Geschichte komplett zu lesen, aber ich bin hoch erfreut, nicht enttäuscht worden zu sein.

Faszinierende Stimmung, die sie da aufbaut. Bin sehe beeindruckt davon, wie sie die Geschichte in der Geschichte präsentiert. Beide Ebenen interessieren mich gleichermaßen und sie werden mir in genau richtig bemessenen Häppchen serviert.

Was mir auch auffiel ist, dass
sowohl der Wanderer, als auch der Gerettete für den jeweiligen Beobachter eine Veränderung durchmachen.
:prima:

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 24. Januar 2011 10:13
von Frank Böhmert
Torsten hat geschrieben:Tiptrees Erzählungen haftete angeblich der Ruf an, schon am Titel erkannt zu werden. In wie weit hatte dies Einfluß auf die Übersetzung? Wie frei wollte man die Übersetzung gestalten? Gab es hierzu überhaupt Überlegungen?
Diese Fragen beantwortest du ja im Grunde schon selbst, indem du die Original- und die deutschen Titel gegenüberstellst. Ich wollte auf jeden Fall die Eindrücklichkeit und, na sagen wir, Poesie der Originaltitel mit rüberholen. Ich liebe Tiptrees Titel.
Torsten hat geschrieben: Beispielsweise wurde "Die Goldfliegen-Lösung" (The Srewfly Solution) neu mit "Die Schraubenwurmfliegen-Lösung" übersetzt.
Dieses schrecklich hölzerne Konstrukt ist, bittschön, nur ein vorläufiger Titel. Das Problem ist, dass wir -- wenn ich die Story noch richtig von der damaligen Lektüre in Erinnerung habe -- die korrekte Fliegenart dafür brauchen werden, weil diese Story-Lösung nämlich in der Realität einmal umgesetzt worden ist, eben bei der Schraubenwurmfliege. Schauen wir mal, was da nachher wirklich für ein deutscher Titel draus werden wird!

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 24. Januar 2011 17:01
von Lucardus
lapismont hat geschrieben:Meine S-Bahnfahrt war leider zu kurz, um die erste Geschichte komplett zu lesen, aber ich bin hoch erfreut, nicht enttäuscht worden zu sein.

Faszinierende Stimmung, die sie da aufbaut. Bin sehe beeindruckt davon, wie sie die Geschichte in der Geschichte präsentiert. Beide Ebenen interessieren mich gleichermaßen und sie werden mir in genau richtig bemessenen Häppchen serviert.

Was mir auch auffiel ist, dass
sowohl der Wanderer, als auch der Gerettete für den jeweiligen Beobachter eine Veränderung durchmachen.
:prima:
Ups, jetzt wo du es sagst, fällt es mir auch auf. (bezieht sich auf den Spoiler).

Die Geschichte verläuft sehr ruhig, trotzdem kommt man nicht davon los. Das ist es, was einen guten Erzähler (eine Erzählerin) vom "Fußvolk" unter den Schriftstellern unterscheidet. Mir hat z. B. die Stelle mit dem Leguan sehr gut gefallen, die Bilder, die Tiptree malt und die authentisch wirkenden Nebensächlichkeiten wie die verschrumpelten Pampelmusen. Die spanischen Worte tragen auch zur Stimmung bei, wobei ich manche gerne als Fußnote übersetzt gehabt hätte. Ich kann das auf dem Sofa nicht nachschlagen ohne Spanisch-Wörterbuch. Bei chiquititas bin ich mir immer noch nicht sicher, ob es jetzt besonders niedliche Mädchen sein sollen oder irgendein winziges, lästiges Insekt. Womöglich ist es auch doppeldeutig gemeint. Was sagt der Übersetzer dazu? Ich gehe fast davon aus, denn dass sie nicht einfach nur Worte hinstreut, merkt man ja auch am Schlussabsatz. :)

Erinnert mich irgendwie ein wenig an Hodgson mit seinen düsteren Seegeschichten.

Ich werde dann heute Abend mal versuchen die 2. Geschichte zu lesen. Bisher jedenfalls habe ich nichts bereut, Tiptree scheint mir zu liegen.

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 24. Januar 2011 17:19
von breitsameter
Ich war mit der Vorbemerkung und der ersten Geschichte auch gestern Abend schon durch. Aber ich habe das alles noch einmal etwas sacken lassen, habe versucht ein wenig Originaltext zu finden (kein Glück gehabt) und habe mich durch Franks Blog gelesen. Frank, Du schreibst da etwas von »sehr, hm, scharfkantig und leidenschaftlich, dabei aber auch spröde und knorzig« (http://frankboehmert.blogspot.com/2010/ ... ntana.html). Den Eindruck hatte ich auch beim Lesen. Ich habe schon elegantere, geschmeidigere Wortkünstler erlebt, Autoren die es mir mit dem Text und ihrer Sprache leichter gemacht haben. Es ist schwer da wirklich gute Beispiele dafür zu finden – darum hier zwei andere Sätze, über die ich gestolpert bin: S. 31 »Ein Bursche namens Pedro Ángel aus Tres Contes wohnt dort mit seiner Familie; er betreibt eine cantina mit einer Sorte Schnaps. Unter anderem.« Warum diese seltsame Betonung, dass Pedro nur eine Sorte Schnaps verkauft (Sorte? Marke?)?
Oder diese Stelle hier: S. 33 »Es war ein Mensch, nicht wahr, oder eine - eine Leiche.« Was soll da dieses »nicht wahr« mitten im Satz? :kopfkratz:
Die Geschichte selbst erinnert an so manches Seemannsgarn, an verfluchte Piraten und mehr. Ja, an Geschichten, die man sich eben an Stränden erzählt. Vom Treibgut, von der Flut. Das hat einen gewissen Reiz, aber es reißt mich noch nicht vom Hocker... :beanie:

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 24. Januar 2011 17:22
von breitsameter
Lucardus hat geschrieben:Bei chiquititas bin ich mir immer noch nicht sicher, ob es jetzt besonders niedliche Mädchen sein sollen oder irgendein winziges, lästiges Insekt. Womöglich ist es auch doppeldeutig gemeint. Was sagt der Übersetzer dazu? Ich gehe fast davon aus, denn dass sie nicht einfach nur Worte hinstreut, merkt man ja auch am Schlussabsatz. :)
Zumindest dict.leo.org würde das mit sehr kleines Mädchen übersetzen:
http://dict.leo.org/forum/viewUnsolvedq ... de&lang=de

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 24. Januar 2011 18:01
von Lucardus
breitsameter hat geschrieben: Warum diese seltsame Betonung, dass Pedro nur eine Sorte Schnaps verkauft (Sorte? Marke?)?
Ich vermute mal, weil es selbstgebrannter ist. Möglicherweise also illegal und darum nicht so offen ausgesprochen.
breitsameter hat geschrieben: Oder diese Stelle hier: S. 33 »Es war ein Mensch, nicht wahr, oder eine - eine Leiche.« Was soll da dieses »nicht wahr« mitten im Satz? :kopfkratz:
Das hört sich an, als wollte er Bestätigung von jemandem, der auch dabei war.
Er ist aber der einzige, der dabei war. Spricht er also mit sich selbst? Er will offenbar von sich selbst die Bestätigung, dass es ein Mensch war und nichts anderes ... So würde ich das sehen.

Re: Lesezirkel: QUINTANA ROO von James Tiptree jr.

Verfasst: 24. Januar 2011 22:02
von achimh
Mal vorweg: Ich habe bisher noch nichts von Tiptree jr. gelesen - zumindest nicht zielgerichtet. Es kann aber durchaus sein, dass ich vor Jahren mal die eine oder andere Kurzgeschichte von ihr - in einem MFSF oder Asimovs - gelesen habe.

Ich bin durch und muss sagen, dass mir der Band ausgesprochen gut gefallen hat und ich fand ihn auch sehr flüssig zu lesen. (Ich hatte Schlimmeres befürchtet.)

Und ich mag solche stimmungsvollen, zuweilen auch "geschwätzigen" (im positiven Sinn) Geschichten, die mit einem Hauch von Phantastik auskommen.
Und in der ersten und dritten Geschichte kann man noch nicht mal sicher davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um Phantastik handelt - Alternativ wird ja angeboten, dass es sich auch um z.B. Wahnvorstelllungen gehandelt haben könnte.
Deutlich zu spüren ist, dass Tiptree jr. diese Gegend sehr geschätzt haben muss. Entsprechend liebevoll sind die Charaktere - ob (Ur-) Einwohner oder zugereiste Gringos - gezeichnet.

Ich hatte allerdings etwas völlig anderes erwartet (und bin eher positiv überrascht worden).

Septime Verlag hat geschrieben:zudem das Buch tatsächlich guten Diskussionsstof bietet, da es sich doch von Tiptrees sonstigen Arbeitet unterscheidet.
Und bedeutet das nun, weil ich diese Geschichten sehr mag, dass ich ihre (anderen) SF Geschichten nicht mögen werde. :kopfkratz: Oder gibt es da doch den einen oder anderen Berührungspunkt?