Lesezirkel: Kurzgeschichten!

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Ender
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Ender »

Knochenmann hat geschrieben:Vorschlag: Cat Pictures Please
Mir gefällt die Prämisse einer denkenden, ein eigenes Bewusstsein entwickelnden Suchmaschine, die sich aktiv ins Leben der Menschen einmischen möchte um Gutes zu tun, sehr gut. Sie führt zu einigen originellen Einfällen, dezentem Humor und lässt einen im Idealfall auch kurz über das eigene Onlineverhalten nachdenken.
Aber schließlich verläuft die Geschichte so ein bisschen im Sande. Gute Grundidee, aber dann kommt nicht mehr viel. Es muss ja nicht zwangsläufig jede Kurzgeschichte mit einer knalligen Pointe enden - aber dieser hier hätte eine solche ganz gut getan, finde ich.
So würde ich sagen: Ganz nett, aber viel mehr auch nicht.
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Teddy
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Also wirklich, die Geschichte kommt bei euch deutlich zu schlecht weg!
Knochenmann hat geschrieben:Ich fand die Story sehr trivial
Trivial? War das nicht das Adjektiv, das lange generell für sämtliche SF gesetzt wurde? Das solltest du schon begründen.
Die Geschichte punktet doch auf verschiedenen Ebenen: Sie liest sich locker, flockig weg und hat einen tollen, unterschwelligen Humor. Außerdem gefallen die zahlreichen Bezüge zu Genre-Werken, sowohl Film als auch Literatur. (Das kommt im Fandom immer sehr gut an und ist wohl ein Mitgrund für den Hugo. Der Hauptgrund ist natürlich die Puppie-verseuchte Liste.)
Ender hat geschrieben: Aber schließlich verläuft die Geschichte so ein bisschen im Sande.
Meiner Meinung nach steckt im Ende viel mehr, als man auf dem ersten Blick meinen könnte: Eigentlich hatte die KI einen schon für sich eingenommen, man war der Meinung, dass sie das Richtige tut. Und zwar auf rein wissenschaftlicher Basis. (Allein der Satz "Clearly more research is needed" ist hier großartig, da gefühlt jede dritte wissenschaftliche Veröffentlichung so endet.) Und dann kommt "payment is in cat pictures". Wen begannen wir da eigentlich zu vertrauen? Einer KI, die Katzenbilder sammelt? Ein eher befremdlicher Gedanke.
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Ender
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Ender »

Teddy hat geschrieben:Also wirklich, die Geschichte kommt bei euch deutlich zu schlecht weg!
Och, sooo negativ war mein Fazit doch gar nicht. Ich nenne doch durchaus mehrere Punkte, die mir gut gefallen haben.
Bloß am Ende hätte ich mir einfach noch irgendetwas Knackiges gewünscht. Ich dachte auch, da käme bestimmt noch was. Aber so war mir das dann etwas zu dünn.


Wie auch immer - eigentlich geht es mir ja nur darum:
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Catalpa
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Catalpa »

Ich habe die Story jetzt noch ein zweites Mal gelesen und finde sie kommt recht unspektakulär und scheinbar harmlos daher. Aber eben nur scheinbar.

Auf der Handlungsebene passiert natürlich nicht viel. Eine KI erlangt Bewusstsein, unbemerkt von ihren Entwicklern, und verfügt über alle Informationen, die das Internet hergibt. Sie möchte „gut“ sein und landet auf der Suche nach einem Wertesystem bei Asimovs Robotergesetzen. Diese sagen, sie darf nicht „durch Untätigkeit zulassen, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird“. Ein Dilemma, denn sie weiß Alles, über Jeden. Und sie erkennt viel klarer als die jeweiligen Personen, wo deren Probleme liegen und wie diese zu beheben wären. Also macht sie sich an die Arbeit und greift in das Leben dieser Menschen ein.

Diese Einmischungen sind recht subtil und alle tatsächlich im Sinne der jeweiligen Personen. Und als Gegenleistung verlangt die KI nur Katzenbilder. Und dennoch wird mir mulmig dabei. Will ich so etwas? Ist „in meinem Sinne“ etwas Objektives, so dass ich die Entscheidungen über mein Leben an eine KI abtreten kann? Was passiert, wenn die KI selbstbewusster wird, wenn sie sich nicht mehr damit begnügt einzelnen Personen einen besseren Job zu besorgen oder einen neuen Partner kennenzulernen, wenn sie anfängt in größeren Maßstäben zu denken?

Mir hat der Text gut gefallen. Ich finde es ziemlich raffiniert, wie die Autorin negativ besetzte Themen wie Überwachung, die Datensammelwut von Konzernen und den gläsernen Menschen kombiniert mit dem Harmlosesten, das das Internet hergibt, nämlich Katzenfotos, und daraus eine Geschichte macht in der am Ende scheinbar alles gut ist.
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Catalpa
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Catalpa »

Ich mache einfach mal direkt weiter mit Asimov. Wenn jemand noch etwas zu „Cat Pictures Please“ schreiben möchte, kann er oder sie das ja trotzdem gerne noch machen.

„Einbruch der Nacht“ spielt auf einem Planeten auf dem es keine Nacht gibt, da er zu einem System mit sechs Sonnen gehört. Nur in einer speziellen Konstellation, die etwas alle 2000 Jahre auftritt, und die kurz bevorsteht, kommt es zu einer totalen Sonnenfinsternis. Da die Menschen die Dunkelheit nicht kennen und daher auch nicht damit umgehen können ist dieses Ereignis eine wiederkehrende Gefahr für die gesamte Zivilisation.

In der Geschichte geht es zum einen um die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Ereignis und zum anderen um einen religiösen Kult, der sich darum gebildet hat.

Die Grundannahmen finde ich gut durchdacht und schlüssig (sowohl die astronomischen, als auch die psychologischen). Die Story ist durchaus spannend. Die Umsetzung hat aber dennoch ein paar deutliche Schwächen:
  • Dass man sich eines anrückenden Lynchmobs dadurch erwehrt, dass man die Tür abschließt und die religiösen Fanatiker einfach nicht herein lässt, finde ich irgendwie noch ganz witzig. Aber einem gestellten Saboteur das Versprechen abzunehmen so etwas nie wieder zu tun und ihn dann anweisen sich still auf einen Stuhl zu setzen? Ich weiß nicht.
  • Es gibt keine eindeutige Hauptfigur. Zunächst scheint Theremon im Zentrum zu stehen, später verschiebt sich der Fokus immer mehr zu Sheerin (der sich im Angesicht des Weltuntergangs mit „Hallihallo“ vorstellt).
  • An einer Stelle fragt jemand: „Erinnern Sie sich zum Beispiel an das Experiment mit den Löchern im Dach…“, als läge dieses Jahre zurück, dabei wurde das Experiment erst vor wenigen Minuten erörtert.
  • Das genannte Experiment selbst ist auch recht ungelenk in die Handlung eingeflochten. Zwei Mitarbeiter haben es heimlich durchgeführt, auf eigene Kosten. Und jetzt, nachdem es nicht funktioniert hat, berichten sie doch davon.
Unangenehm aufgefallen ist mir auch die Häufung von Druckfehlern in dieser Geschichte (Vorgang statt Vorhang (2x), mal fehlt ein Wort, mal nur ein Buchstabe, einmal wird jemand geduzt, obwohl sich eigentlich alle siezen). Bei den anderen Geschichten ist mir so etwas nicht aufgefallen.

Trotz allem die vielleicht bisher beste Geschichte. Nach der Hälfte des ersten Bandes muss ich aber feststellen, dass sich bei mir bisher keine echte Begeisterung für das Golden Age einstellen will.
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Ender »

Dann schicke ich meinen Senf zu Asimovs "Einbruch der Nacht" mal direkt hinterher:

Diese Geschichte hat ein großes Problem: nämlich dass die Prämisse, von der sie ausgeht, arg konstruiert und ziemlich unglaubwürdig erscheint. Die Menschen auf dieser Welt kennen keine Dunkelheit - wenn es dann doch alle 2000 Jahre mal dazu kommt, dann sind Unverständnis, Verunsicherung, Verzweiflung, Panik, Chaos die Folge. Durchaus verständlich und vermutlich sehr realistisch.
Aber dass dann gleich alle Menschen kollektiv dem Wahnsinn verfallen - und zwar wirklich alle? jedesmal? - so dass infolgedessen stets die gesamte Zivilisation zusammenbricht... dass kommt mir dann aber doch stark übertrieben vor. Machen diese Menschen denn niemals die Augen zu? Gab es in all den Jahrhunderten nie eine Situation, bei der mal ein Raum abgedunkelt wurde?
Okay, das für sie völlig unerklärliche Phänomen einer plötzlich hereinbrechenden Nacht ist im Vergleich dazu sicherlich nochmal eine ganz andere Nummer - aber dass dann gleich alle wahnsinnig werden? Naja, ich weiß ja nicht...

Wenn es einem irgendwie gelingt, über diesen fragwürdigen Hintergrund wohlwollend hinwegzusehen, dann bietet die Geschichte durchaus einige interessante Aspekte.
- Das Entstehen von Mythen und Religionen (nicht unüblich, sobald sich Menschen bestimmte Dinge nicht erklären können) und deren fanatische Verteidigung gegenüber der Wissenschaft bzw. dem Versuch, naturwissenschaftliche Erklärungen zu finden.
- Die Spekulationen einiger Protagonisten darüber, ob es vielleicht tatsächlich auch ganz anders geartete Sonnensysteme geben könnte und wie solche aussehen würden. Ob z.B. auf Planeten, die die Hälfte der Zeit im Dunkeln liegen überhaupt Leben denkbar wäre. Das zeigt mal wieder, wir sehr man durch eigene Erfahrungen doch in seiner Vorstellungskraft eingeschränkt ist.
- Die plötzliche Erkenntnis, dass das Weltall unendlich viel größer ist, als bisher gedacht oder auch nur annähernd für möglich gehalten wurde.
- Die Beschreibung, welche Beklemmungen und Ängste die neue Erfahrung "Dunkelheit" bei den Menschen auslöst (und bei vielen unweigerlich zu Gewalt, Zerstörung und der Suche nach Schuldigen führt).

Das sind einige der wirklich spannenden Aspekte, die Asimov in dieser Story angerissen hat.
Wenn bloß diese unglaubwürdige Grundidee nicht wäre...

Catalpa hat geschrieben:*An einer Stelle fragt jemand: „Erinnern Sie sich zum Beispiel an das Experiment mit den Löchern im Dach…“, als läge dieses Jahre zurück, dabei wurde das Experiment erst vor wenigen Minuten erörtert.
*Das genannte Experiment selbst ist auch recht ungelenk in die Handlung eingeflochten. Zwei Mitarbeiter haben es heimlich durchgeführt, auf eigene Kosten. Und jetzt, nachdem es nicht funktioniert hat, berichten sie doch davon.
Den Teil mit diesem Experiment fand ich auch irgendwie überflüssig.
Erstmal ist es komisch, dass sie es überhaupt erst auf den allerletzten Drücker durchgeführt haben (sie kommen erst wenige Minuten vor dem mit Spannung erwarteten Ereignis zurück). Und außerdem: Was hätten sie mit daraus gewonnenen Erkenntnissen so kurzfristig eigentlich noch anfangen sollen?
Catalpa hat geschrieben:Trotz allem die vielleicht bisher beste Geschichte. Nach der Hälfte des ersten Bandes muss ich aber feststellen, dass sich bei mir bisher keine echte Begeisterung für das Golden Age einstellen will.
Das sehe ich in beiden Punkten etwas anders. Diese Geschichte fand ich ganz okay, mehr aber nicht. Aber insgesamt haben mir bisher alle Storys zwischen "ganz okay" und "sehr gut" gefallen. Für mich bis hierher eine überdurchschnittliche Zusammenstellung.
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Teddy
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Ich habe ja schon bei der ersten Asimov-Geschichte, die wir hier besprochen haben, darauf hingewiesen, dass ich kein großer Asimov-Fan bin. »Einbruch der Nacht« hat daran nichts geändert. Die grundlegende Idee eines Sonnensystems mit so vielen Sonne, dass es quasi nie dunkel wird, gefällt mir. Aber wie Ender schon fragte: Warum sollen gleich alle verrückt werden, wenn es dann doch dunkel wird? In der Geschichte wird auch nicht klar, was der Grund ist. Erst ist es die Dunkelheit, dann sind es die Sterne. (Da es viel mehr sind als auf der Erde, sollte es auch gar nicht richtig dunkel werden.) Und jetzt mal ganz gemein gefragt: Was ist eigentlich auf der anderen Seite des Planeten, der im Schatten der letzten Sonne steht? Ist es da Tag? Warum geht die Zivilisation da auch verloren? Oder habe ich die Sonnenkonstellation falsch verstanden?
Was ich interessant gefunden hätte, wäre eine Beschäftigung Asimovs mit den Auswirkungen einer Zivilisation, die keine Dunkelheit kennt und diese nicht erträgt: Da gibt es doch bestimmt Mutproben unter Jugendlichen, wer am längsten in einen dunklen Raum geht. Die ganze Architektur stelle ich mir lichtdurchflutet vor, also auch ohne fensterlose Besenkammer. In der Geschichte wird ein Kühllaster erwähnt. Wie sehen Kühlhäuser aus? Gläsern? Solch eine Zivilisation hätte doch bestimmt die tollsten Lampen erfunden, um dunkle Ecken, Höhlen, große Säle taghell auszuleuchten. Und nicht kurz vor der Sonnenfinsternis die Fackel.
Inhaltlich klemmt da so einiges. Der Stil der Geschichte ist typisch Asimov. Alles etwas steif. Das ganze ist eigentlich ein Kammerspiel, in dem fast alles durch den Dialog erzählt wird. Bei den Figuren verschenkt er den Gegenspieler völlig, indem er einen Fanatiker auftreten lässt. Warum nicht ein normaler Gläubiger, mit dem eine ernsthafte Diskussion über die Religion möglich ist?

Das ist jetzt alles deutlich negativer geworden als beabsichtigt. Die Geschichte liest sich auch heute noch rechts spannend und viele Einzelaspekte sind durchaus gelungen. Insgesamt ist sie aber deutlich schwächer als Weinbaum oder Sturgeon.
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Dunkelwolke »

Moin,

für mich eine der besseren Geschichten aus dieser Sammlung. Da ich Asimov, bedingt durch seine Massen an populärwissenschaftlichen Büchern Anfang der 80er, als Vielschreiber abgespeichert habe und ich eigentlich mich nie so mit seinen Protagonisten identifizieren konnte, eine positve Überraschung.

Viel gewonnen hat diese Geschichte für mich, als mir der Vergleich des Sternenhimmels Großstadt = Eperiment gegenüber Urlaub auf 2500 mtr Höhe = Dunkelphase eingefallen ist. Da es sich um ein Mehrsonnensystem handelt, die sich eher im Galaxienzentren befinden wäre der Vergleich Sternenhimmel auf den Alpen = Experiment zu Dunkelphase = 1000 * Alpenhimmel angebrachter. Nicht die Dunkelheit hat imho die Zivilisation zusammenbrechen lassen, sondern die Erkenntnis, dass eben unwesentlich mehr als 10 Sterne am Nachthimel erscheinen. Unvorbereitet weniger als eine Flatulenz in der Unendlichkeit zu sein, ist für Narzissten sicherlich schwer zu verdauen.....

Mit den den Protagonisten konnte ich mich trotzdem nicht identifizieren :)
Wenn die Tränen getrocknet sind, wird er allein vorwärts gehen. Am Horizont blitzt es schon, die Erde bäumt sich auf, ringsherum ergießt sich die Feuerbrunst. Er wird vorwärts gehen zu dem Krieg, der ihm schon entgegenkommt.

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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Ender »

Dunkelwolke hat geschrieben:Nicht die Dunkelheit hat imho die Zivilisation zusammenbrechen lassen, sondern die Erkenntnis, dass eben unwesentlich mehr als 10 Sterne am Nachthimel erscheinen. Unvorbereitet weniger als eine Fatulenz in der Unendlichkeit zu sein, ist für Narzissten sicherlich schwer zu verdauen.....
Trotzdem bleibt die Frage, ob denn aufgrund eines solchen Schocks wirklich alle Menschen kollektiv den Verstand verlieren würden? Kommt mir immer noch mächtig übertrieben vor...
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Catalpa »

Teddy hat geschrieben:Und jetzt mal ganz gemein gefragt: Was ist eigentlich auf der anderen Seite des Planeten, der im Schatten der letzten Sonne steht? Ist es da Tag? Warum geht die Zivilisation da auch verloren?
Berechtigte Frage, über die Asimov sich ausschweigt. Allerdings denke ich nicht, dass wir es hier mit einer globalen Zivilisation zu tun haben. Vielleicht gibt es ja auch nur einen Kontinent, der bewohnbar ist. Dann kann es durchaus sein, dass die komplette Zivilisation in den Einflussbereich der totalen Sonnenfinsternis gerät.
Teddy hat geschrieben:Was ich interessant gefunden hätte, wäre eine Beschäftigung Asimovs mit den Auswirkungen einer Zivilisation, die keine Dunkelheit kennt und diese nicht erträgt: Da gibt es doch bestimmt Mutproben unter Jugendlichen, wer am längsten in einen dunklen Raum geht.
So was in der Art beschreibt er ja schon: Die Vergnügungspark-Attraktion mit dem Tunnel.
Ender hat geschrieben:Aber dass dann gleich alle Menschen kollektiv dem Wahnsinn verfallen - und zwar wirklich alle? jedesmal? - so dass infolgedessen stets die gesamte Zivilisation zusammenbricht... dass kommt mir dann aber doch stark übertrieben vor.
Es müssen ja gar nicht alle wahnsinnig werden. Wenn nur jeder zehnte durchdreht und Feuer legt würde das schon reichen. Die anderen Menschen wären so sehr mit ihren eigenen Ängsten beschäftigt, dass sie kaum in der Lage wären diese Minderheit aufzuhalten. Und in dem Chaos und der darauffolgenden Feuersbrunst geht dann ein so großer Prozentsatz der Bevölkerung drauf, dass die Zivilisation wieder bei Null anfangen muss.
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Catalpa hat geschrieben:
Teddy hat geschrieben:Was ich interessant gefunden hätte, wäre eine Beschäftigung Asimovs mit den Auswirkungen einer Zivilisation, die keine Dunkelheit kennt und diese nicht erträgt: Da gibt es doch bestimmt Mutproben unter Jugendlichen, wer am längsten in einen dunklen Raum geht.
So was in der Art beschreibt er ja schon: Die Vergnügungspark-Attraktion mit dem Tunnel.
Ja, aber völlig inkonsequent. Er beschreibt es als einmalige Sensation, aber viel wahrscheinlicher wäre es, wenn es eine alltägliche Sache wäre, über die im Schulunterricht aufgeklärt wird, damit Kinder nicht zu Schaden kommen. (Könnte auch als nette Folter benutzt werden, um an Informationen zu kommen. In solchen Dingen war zumindest unsere Menschheit immer sehr erfinderisch.)
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Dunkelwolke hat geschrieben: ist für Narzissten sicherlich schwer zu verdauen.....)
Die Bewohner des fremden Planeten werden doch als Menschen beschrieben. Kennst du irgendeinen Menschen, egal wie eitel und narzisstisch er auch ist, den interessiert, dass wir nur auf einem völlig unbedeutenden Planeten, der um eine kleine gelbe Sonne in einem total aus der Mode gekommenen Ausläufers des westlichen Spiralarms der Galaxis kreist, leben?
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Ender »

Catalpa hat geschrieben:
Ender hat geschrieben:Aber dass dann gleich alle Menschen kollektiv dem Wahnsinn verfallen - und zwar wirklich alle? jedesmal? - so dass infolgedessen stets die gesamte Zivilisation zusammenbricht... dass kommt mir dann aber doch stark übertrieben vor.
Es müssen ja gar nicht alle wahnsinnig werden.
Genau so wird es aber beschrieben.
Zitat Sheerin: "Wenn die gesamte Menschheit wahnsinnig geworden ist und die großen Städte in Flammen aufgehen [...]"
Zitat Theremon: "Sie behaupten, dass in ein paar Stunden eine weltweite Dunkelheit hereinbrechen und die gesamte Menschheit dann vollkommen wahnsinnig werden wird."
Nochmal Sheerin: "[...], dann kommt die völlige Finsternis und, vielleicht, diese geheimnisvollen Sterne, dann der Wahnsinn und das Ende des Zyklus."
Usw., usw.
Ich bleibe dabei: viel zu dick aufgetragen und einfach unglaubwürdig. Und damit ist die gesamte Grundlage der Geschichte äußerst fraglich.
(Was schade ist, denn im Detail enthält die Story ja einige schöne Ideen, wie ich finde.)
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Catalpa »

Ich könnte jetzt dagegen halten und sagen, dass wir ja nur das erfahren, was sich die Figuren zusammenreimen. Und das dies nicht unbedingt dem entsprechen muss, was anschließend tatsächlich geschieht. Aber es stimmt schon: Dass jedes Mal die gesamte Zivilisation zusammenbricht, nur weil es mal für ein paar Stunden dunkel wird ist nicht ganz plausibel. Stört mich aber irgendwie nicht sonderlich.
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Re: Lesezirkel: Kurzgeschichten-Klassiker

Ungelesener Beitrag von Catalpa »

Mit Asimov scheinen wir durch zu sein. Daher schlage ich vor ab dem 25.09 weiterzumachen mit "Der Waffenladen" von A.E. van Vogt.
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