Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

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Nessuno
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von Nessuno »

Ahoj, Kameraden!

IV 11: Loyal to the Group of Seventeen's Story—The Just Man

“I ventured to ask Foila if it was now time for me to judge between Melito and Hallvard. She shook her head”: Ich vermute, dass Foila schon längst weiß, dass es einen weiteren Bewerber um ihre Hand geben wird. Vgl.: "He means that he would like to marry me, but he doesn't think his attentions would be acceptable. He's wrong." Außerdem: “haven't you seen the way he looks at me?" Vor allem aber hatte sich „Loyal“ schon bei der ersten Heiratsdiskussion in IV 5 mit einem Redebeitrag zu Wort gemeldet: "United, men and women are stronger; but a brave woman desires children, and not husbands." Beim zweiten Mal wird Foila eben diesen Satz interpretieren als: "He means that he would like to marry me, but he doesn't think his attentions would be acceptable.” Falls Foila tatsächlich “Ascanisch” versteht, waren ihr die Absichten von „Loyal“ schon länger klar. Severian wird wohl deshalb von Foila als neutraler Schiedsrichter eingeschaltet, damit Melito oder Hallvard nicht eines Nachts den unerwünschten Freier über die Klinge springen lassen.

"Our friend wants to tell a story too." Kann man das aus dem, was Loyal gesagt hat, wirklich „übersetzen“? Auf der anderen Seite ist es unwahrscheinlich, dass Foila Loyal komplett frei übersetzt. „Loyal“ könnte einfach, wenn er merkt, dass er komplett missverstanden wird, aufhören zu erzählen. Wahrscheinlich besteht zwischen den beiden schon ein (gewisses) Einvernehmen. Wir wissen zwar nicht, für welchen Freier sie sich entschieden hätte, aber Foilas eigene Geschichte deutet am ehesten auf „Loyal“ hin. Dass Severian als Schiedsrichter fungiert, muss nicht unbedingt gegen diese Auffassung sprechen (s.o.). Foila hätte ihre Vorliebe schon noch klar gemacht.

“So I have decided to marry the best storyteller”. In gewisser Weise ist das natürlich „Loyal“. Er kennt nicht nur den kompletten „Wortschatz“, die approved texts der Ascanier, sondern ist als „Dolmetscher“ auch fähig, die „andere“ Sprache zu verstehen. Trotzdem ist das Interesse von Foila an dem Ascanier bemerkenswert bis unerklärlich. Gibt es da eine gemeinsame Vergangenheit?

"In times past, loyalty to the cause of the populace was to be found everywhere. The will of the Group of Seventeen was the will of everyone." Foila interpreted: "Once upon a time …" Ist vielleicht nicht nur ein guter Witz, sondern auch eine Parodie auf den Anfang der Genesis bzw. griechischen Schöpfungsmythen, wo der „Logos“ noch identisch mit der kompletten Natur ist. Dass es bei den Ascanier dann „bergab“ geht, ist schon ein erster Hinweis darauf, dass „Loyal“ seine Heimat durchaus kritisch sieht.

"They said to themselves, 'He has gone to the palace again and again, and each time he must have told the rulers there that we did not obey their earlier commands. Surely, this time they will send soldiers to kill us." Interessant, dass die Bösen anscheinend untereinander nicht „approved text“, sondern “normal” sprechen. Ich habe angesichts dieser Stelle wenig Zweifel daran, dass „Loyal“ nicht nur perfekt „Commonwealth“ versteht, sondern dies auch sprechen könnte (wenn er wollte).

"The just man returned home and lived happily ever after." Die Geschichte lässt natürlich viele Fragen offen: Ist sie tatsächlich ein „Märchen“, wie Foila mit „once upon“ und „lived happily ever after“ andeutet? Ich denke: nein. Ist sie vielleicht autobiographisch? Falls ja, ist „Loyal“ der „just man“ oder einer der Übeltäter? In diesem Fall würde ich eher auf letzteres tippen, weil in IV 5 angedeutet war, dass er etwas falsch gemacht hat.

Auffällig an der Geschichte erscheint mir wie Severian vor allem, dass „Loyal“ Ascania und die Group of Seventeen in einem ziemlich schlechten Licht darstellt. Der (einzige?) just man hat viel zu leiden, wird mehrfach zusammengeschlagen, die anderen kümmern sich nicht um Gerechtigkeit, ja ignorieren anfangs sogar die Befehle der Regierung, die Group von Seventeen unternimmt nichts, um dem vielfachen Rechtsbruch Einhalt zu gebieten. Ist die Geschichte „Loyals“ Art zu sagen, dass er mit den Ascaniern brechen und zum Commonwealth (Foila) überlaufen will? Die Benennung „Loyal to the Group of Seventeen“ mag wie im Falle von Jonas eher eine (ironische) Bezeichnung als ein echter Name sein.

Severian stellt zum Schluss die richtigen Fragen – jedenfalls die, die mir auch eingefallen sind. Klare Antworten sind aber, wie immer bei GW, nicht da bzw. im Verborgenen.

Insgesamt ist dieser Abschnitt ein kleines Meisterstück in Sachen Erzählkunst und Erzähltechnik, und zwar nicht nur theoretisch (wie kommuniziert der „Alien“ in der SF?), sondern auch praktisch. Wolfe at his best.

Nessuno
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g. b. corner
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von g. b. corner »

Hallohallo!

zurück aus dem urlaub und voll erholt - ich muss allerdings einiges aufarbeiten; aber hier meine anmerkungen zum kapitel 11:

- "Are you two really so frightened of him in a storytelling contest? You must have run like rabbits when you saw an Ascian on the battlefield."
Folia spielt mit den männern und hat ihren spaß dabei ...

- "In times past, loyalty to the cause of the populace was to be found everywhere. The will of the Group of Seventeen was the will of everyone."
Foila interpreted: "Once upon a time …"
sehr lustig, finde ich! Wolfe zieht bei der sprache der Ascians des öfteren floskeln und gestelzte redensarten (politischer wie religiöser natur) durch den kakao, aber nie so bündig wie hier.

"They said to themselves, 'He has gone to the palace again and again, and each time he must have told the rulers there that we did not obey their earlier commands. Surely, this time they will send soldiers to kill us." Interessant, dass die Bösen anscheinend untereinander nicht „approved text“, sondern “normal” sprechen.
das lässt sich aus Foilas übersetzung aber so nicht herausinterpretieren? der ausgangstext ist ja: "Let no one oppose the decisions of the Group of Seventeen." - und das ist doch wohl approved?
davon abgesehen habe ich aber auch schon erwähnt, dass natürlich die idee, die menschen über sprache zu "steuern", nicht funktionieren wird ... menschen sind kommunikative wesen und werden immer wege finden, ihre meinungen auszutauschen.

- Nessunos idee, dass "Loyal" einer der übeltäter ist, hat was für sich. (nicht, dass es eine rolle spielt ...)

soviel zu dem kapitel,
grüße,
Georg

p.s. ich habe im urlaub Graves' Claudius-bücher wiedergelesen und bin immer mehr der überzeugung dass das eine der stärksten "direkten" quellen für unser buch hier ist.
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von Lichtspruch-an-TRAV »

Hallo Leute!

Kap. XI: "Loyal to the Group of Seventeen's Story - The Just Man/ Die Geschichte des Dieners der Gruppe der Siebzehn: Der Gerechte"

Die Charakterisierung der Ascier scheint mir doch stark von Wolfes persönlichen Kriegserfahrungen geprägt zu sein. Während der 50' er Jahre zeigte die amerikanische Propaganda Rotchinesen, Vietnamesen und Nordkoreaner bevorzugt als "seelenloses Kollektiv", dem jedes Verständnis für das Individuum und "westliche" Freiheit abging. Im Grunde handelte es sich dabei um eine leichte Nuance des "hässlichen Japaners", der nach Pearl Harbour durch alle amerikanischen Medien spukte (dieses Mal natürlich unter der roten Flagge der Weltrevolution).
Es ist daher ein Meisterstück Wolfe'scher Erzählkunst, wie differenziert der Ascier und seine eigenartige Geschichte in den Kontext integriert werden. Von Avas befremdlicher Auffassung ("Ascians are not human") bleibt danach nicht mehr viel übrig - finde ich zumindest.

- "United men and women are stronger; but a brave woman desires children, and not husbands"

Ich werde das Gefühl nicht los, dass der Ascier nicht nur ganz genau jedes Wort der Anwesenden versteht und jederzeit "normal" mit ihnen sprechen könnte. Vielmehr nutzt er ganz bewusst sein "Parteichinesisch", da ihm auf diese Weise niemand in die Karten zu schauen vermag. Dies wäre wieder mal ein Fingerzeig a la Wolfe: möglicherweise wurde die Sprache der Ascier gar nicht "verstümmelt" sondern verfügt über sehr viel mehr Ausdrucksmöglichkeiten als dies den Bewohnern der Republik bewusst bzw. begreifbar ist. Nur Foila, die von dem Ascier augenscheinlich fasziniert ist, scheint so eine Ahnung zu haben...

- Die Geschichte des Asciers erinnert stark an das biblische Gleichnis vom Weinberg und den Pächtern. Sollte mich wundern, wenn es nicht Pate gestanden hätte!

-"Can all petitioners be heard? No, for all cry together."

Der Erzählstil entwickelt eine ganz eigene Poesie: unterschwellig übt der Ascier deutliche Kritik an der politischen Führung. Gleichzeit stellt er mit der kurzen Geschichte seine eigene Beharrlichkeit unter Beweis und scheint sich auf subtile Art über die Zuhörer lustig zu machen. Wollte er die Runde testen?

Klar scheint, dass die Ascier sehr viel mehr "drauf haben" als man ihnen gemeinhin in Severians Welt zutraut!

Grüsse,

Gerd
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Nessuno
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von Nessuno »

Ahoj, Kameraden!

IV 12: Winnoc

St. Winoc gründete ein Kloster und ein Krankenhaus auf der kontinentalen Seite des Ärmelkanals.

“shaven-headed male slaves”: schon interessant, dass ausgerechnet ein so karitativer Orden wie die Pelerines Sklaven haben. GW hat das Thema wohl ganz bewusst schon hier ganz am Anfang des Kapitels anklingen lassen, bevor es dann später ausführlich diskutiert wird.

“attempting to talk with the Ascian”: Erfolglos oder verschweigt uns Severian etwas?

“Do you remember me, Lictor?" he asked. "My name is Winnoc." Wie oft hatten wir den runnig gag jetzt? Zwanzig Mal? Mir ist er erst bei meiner dritten Lektüre von TBotNS aufgefallen!

“A man with black clothes like yours made them”. Vor knapp 30 Jahren hat das also Palaemon getan. Falls nicht in Nessus (worauf „The man who whipped me told me he was from the guild of torturers“ und "Are they real?“ hindeutet, was man in Nessus wohl gewusst hätte), kann man das mit der Aussage von I 13 zusammenbrinen. „Twice before members of the guild have been dispatched to outlying towns“. Die Zeitangabe von ca. 30 passt abe auch merkwürdigerweise zu der in IV 9 erwähnten Pelerine, die bald das 30. Jahr ihrer Zugehörigkeit zum Orden feiert. Gibt es zwischen Winnoc und ihr eine Verbindung, auch wenn Winnocs Geschichte von seiner „Berufung“ anders erzählt wird?

“Just at that point, when I expected him to convey to me whatever message he had, he fell silent”: Wollte Winnoc wirklich Palaemon nur die Frage stellen, ob dieser gelogen hat? Hier macht es einen anderen Eindruck. Vgl. auch später: “That's part of what I wanted to ask Journeyman Palaemon about”. Will Winnoc noch etwas von Palaemon? Rache?

“one shifted its position with a faint clink, and I heard it.” Hat das irgendwelche Relevanz? Ist jemand anwesend, der Severian heimlich beobachtet? (Father Inire als shapeshifter?)

“we used to have a chatelaine in the order who knew a lot about history”: Das used to have ist eine etwas merkwürdige Ausdrucksweise, finde ich. Falls Sie gestorben ist, hätte ich ein “once” erwartet. Hat sie den Orden wieder verlassen? Kennen wir sie?

“I've lived in the old days”: Aber wohl kaum so lange, dass er diese Art von Sklaverei miterlebt haben konnte, oder?

“As I had hoped it would, that restored him to the principal topic of his thought.” Eigentlich wollen ja beide über Palaemon reden bzw. etwas erfahren. Deswegen ist Winnoc ja hier. Beide glauben wohl das Gespräch selbst zu lenken.

"Though for a woman it's different, what with marriage and the like.” Wie ist das gemeint? Wird hier Ehe mit Sklaverei identifiziert oder gibt es tatsächlich für Frauen andere rechtliche Regelungen. Georg?

“Autarch, the Master of Masters and the Slave of Slaves”. Schöner Euphemismus.

"Number three is that a man can sell himself into somebody's service”: Diese Art von Sklaverei haben die meisten Kulturen bereits früh verboten, z.B. Solon um 600 v. Chr. Interessant auch, dass man im Commonwealth nicht wegen Schulden versklavt werden kann.

“I wanted for him to come back afterward and talk to me again”. Warum? Eine Art Helsinki-Syndrom oder steckt vielleicht doch mehr dahinter? Haben Palaemon und Winnoc eine gemeinsame Vergangenheit?

„caloyer“: Vgl. II 4.

"Often enough," I told him. Wenn ich mich recht entsinne, wissen wir nur von zwei Fällen.

Interessanterweise peitscht Palaemon Winnoc aus, statt ihm die Hand abzuschlagen. Ist das die übliche Strafe für Diebstahl im Commonwealth?

"Very thin.” Wahrscheinlich war der Diebstahl eher “Mundraub”.

"He told me he'd done something against his guild. He wouldn't tell me what it was, but because of it he was exiled for a while”. Muss natürlich nicht stimmen. Da Palaemon wohl der Agent des Autarchen bei den Folterern war, war er vielleicht in dessen Auftrag unterwegs (auch wenn das nicht unbedingt meine erste Erklärung ist). Ein Exil auf bestimmte Zeit ist ja eher ungewöhnlich. Falls die Aussage stimmt, was könnte die Tat des Palaemon gewesen sein?

“He told me how he felt about it and how lonesome he was”: Recht ungewöhnlich, dass Palaemon so offen mit einem Klienten spricht. Severian oder ein Gurloes täten das wohl nie. Das spricht ebenfalls für eine gemeinsame Vergangenheit von Winnoc und Palaemon.

“Then I got the notion of joining some religious order, I don't know why.” In der Tat, eine eher ungewöhnliche Konversion.

“That was all a lie, but I didn't know it then.” Wieso? Hätte man Winnoc nicht mitgenommen? Oder besteht die Lüge darin, dass das Leben an Bord härter als an Land ist?

Kennen wir Winnocs Mutter? Sie muss ca. 70 Jahre alt und (nur damals?) verarmt gewesen sein.

Goslin: Nicht bei Catholic online. Vielleicht St. Gezelin?

“I've had a lot of kindness from some of them”. Ich tippe auf ein Verhältnis von Winnoc mit der namenlosen älteren Pelerine.

"Then what I want to know is whether he told me what he did to torment me. Or was he giving me the best advice he could?" Trotz Severians Erklärung mit “best advice” sind natürlich die Torturer in der Lage und willens, auch in solchen Situationen zu lügen. Insofern ist Severian gar nicht in der Lage Winnocs Frage, definitiv zu beantworten.

"Because you would have said the other," he told me. Auch das ist eigentlich keine logisch stringente Antwort. Wenn Kreter lügen und du fragst einen Kreter ... Aber anscheinend genügt es für Winnocs Seelenfrieden.

“perhaps ten years before I was born”. Was Severian etwa 20 Jahre alt macht. (Dachten wir zwar schon, aber finden es hier bestätigt. Schön.)

“Now he was a master, though as I had seen all my life, being too accustomed to it to wonder at it, it was Master Gurloes who directed the guild's affairs despite his being so much younger”. Ist Palaemon vielleicht auf Anordnung des Autarchen wieder in die Gilde aufgenommen worden?

Auffällig an der Winnoc-Geschichte ist, wie er vom „Lictor“ Palaemon und seiner Konversion besessen ist. Prinzipiell bleibt offen: Warum wird aus dem Saulus ein Paulus? Dass Palaemon die alleinige Ursache ist, scheint deswegen unwahrscheinlich, weil sich Winnoc nach seiner Entlassung erst nach andern Möglichkeiten umsieht, bevor er sich den Pelerinen anschließt. (“A lot of men sell themselves to the order, thinking like I did that it'll be an easy life and an adventure.”)

Ein merkwürdiges Kapitel, das sicherlich ein retardierendes Moment vor Foilas eigener Story sein soll. Keine Handlung, dafür gibt GW eine Unmenge von Informationen preis. Vieles bleibt aber verschlüsselt.

Nessuno
Zuletzt geändert von Nessuno am 3. Januar 2010 12:58, insgesamt 1-mal geändert.
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g. b. corner
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von g. b. corner »

Hallo Kollegen!

kapitel 12:
“shaven-headed male slaves”: schon interessant, dass ausgerechnet ein so karitativer Orden wie die Pelerines Sklaven haben.
sie scheinen die sklaven gut zu behandel - mir kommt vor, es handelt sich hier fast um eine art karitative sache; im rahmen der gesetze des commonwealth als sklaverei verkleidet. sie behandeln ihre sklaven gut und zahlen auch ein einmaliges gehalt, das dann wohl die altersvorsorge beim ausscheiden aus dem dienst darstellt. der haken an der sache ist natürlich, dass man, wenn man nicht den anforderungen entspricht, eventuell weiterverkauft wird (mit dem hintergedanken: in eine unangenehmere situation). wie gesagt, "fast" karitativ. wie Winnoc anmerkt, hatte sein dienst wohl härten, aber wohl weniger als wenn er soldat oder matrose geworden wäre. in einem "normalen" beruf war er ja offenbar nicht zu gebrauchen.

- "Most join in the south, or are made to join."
also werden manche Soldaten auch zwangsrekrutiert? Oder ist das z.B. eine möglichkeit, einer Gefängnisstrafe oder Schlimmerem zu entgehen?

- "Do you know yet that he shapes everything we do?", fragt Winnoc, bezogen auf den Increatus. Severian ist nicht überzeugt davon. wenn wir im christlichen gottesbegriff bleiben, dann braucht es natürlich einen freien willen, was im widerspruch zu Winnocs aussage stehen würde.

- "Believe me, young man, I've lived in the old days and I've lived now, and I know a lot better than you which was the best."
:-P

- es wird dann einiges über die sklaverei erzählt; wenig überraschend orientiert sich Wolfe hier am römischen reich. dass sich ein mensch selbst versklaven kann ist hingegen neu - im commonwealth jedenfalls erlaubt und daher der legale rahmen für den dienst bei den Pelerinen.
die bemerkungen über ehe usw. kommen mir nicht außergewöhnlich vor; in vielen gesellschaften sind die männer die herren des haushaltes und übernehmen oft auch den besitz der frau. genauso war es z.b. anfangs im römischen reich.als eigenständige rechtspersonen aufzutreten. daher lebte die frau ursprünglich tatsächlich in kompletter abhängigkeit vom gatten und verfügt weder über eigenes einkommen noch rechtsgewalt - der vergleich mit sklaverei ist also naheliegend, wenn auch nicht komplett korrekt. wenn wir einen vergleich zwischen Commonwealth und römischem reich anstellen wollen, und die frau in der ehe tatsächlich rechtlos wird, dann wäre das der zustand um ca. 500 v.Ch. - die Autarchen hingegen erinnern eher an die späteren Adoptivkaiser (ca. 100 n.Ch.)

grüße,
Georg
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von Lichtspruch-an-TRAV »

Hallo Leute!

Kapitel XII: "Winnoc"

Wieder mal ein Gespräch unter Männern...

- Die seltsame Beziehung, die Winnoc offensichtlich zu "Liktoren" hat trägt Züge eines Stockholm/ Helsinki - Syndroms, da stimme ich Nessuno zu. In seiner (eher einfachen Sicht der Dinge) war Palaemon wohl eine Art Mentor, der ihm den richtigen Weg gewiesen hat.

- Über die Folterer: "Are they real? Some people told me they died out a long time ago (...)"

Hören wir nun nicht zum ersten Mal und wirft bei mir die Frage auf, wer dann eigentlich für die Hinrichtungen in der Republik zuständig ist. Mit dem Ausspruch der Todesstrafe ist man nicht gerade zimperlich und wenn auch vieles hinter dem Rücken des Autarchen zu geschehen scheint, so ist die Lynchjustiz (trotz aller "Ventile") doch eher verpönt.

Georgs Gedanke:
g. b. corner hat geschrieben:also werden manche Soldaten auch zwangsrekrutiert? Oder ist das z.B. eine möglichkeit, einer Gefängnisstrafe oder Schlimmerem zu entgehen?
scheint mir den Nagel auf den Kopf zu treffen. Das "Schlimmere" dürfte die Todesstrafe sein. Unter diesen Umständen wird den meisten Rekruten die "Wahl" eher leicht fallen.

- Interessant, was Winnoc über die Sklaverei "in the olden times" zu berichten weiß. Je dunkler die Hautfarbe des Sklaven, desto niedriger sein Status. Ob sich dieses Wissen nun auf die Zeit der europäischen Expansion oder möglicherweise auf einen viel späteren Zeitraum (z.B. die unter Typhon erfolgende zweite Eroberung des Weltraums) bezieht lässt sich nicht feststellen. Witzig - naiv die Reaktion unseres Helden:" No doubt it originated because slaves must often toil in the sun (...)" :-P
Nessuno hat geschrieben:Interessanterweise peitscht Palaemon Winnoc aus, statt ihm die Hand abzuschlagen. Ist das die übliche Strafe für Diebstahl im Commonwealth?
Ich glaube schon: obwohl Byzanz der Stichwortgeber für viele Inspirationen im Buch der Neuen Sonne ist, besteht an dieser Stelle doch ein signifikanter Unterschied. Im byzantinischen Mittelalter existierte ein bis in die letzte Facette ausgeklügelter Katalog von Verstümmelungen, die dem Straftäter durch die geübte Hand eines "Folterers" zuzufügen waren. Dies scheint in der Republik eher unüblich zu sein. Sieht man von der (allem Anschein nach oft vollstreckten )Todesstrafe ab, bleibt es in vielen anderen Fällen offensichtlich "nur" bei sichtbaren Narben.

Insgesamt ein Kapitel, das durch seine überraschende Länge auffällt und meines Erachtens nicht fundamental neue Erkenntnisse bringt...

Grüsse,

Gerd
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von Nessuno »

Liebes Wolfe pack,

ein längerer Auslandsaufenthalt und ein Umzug (darunter 420 Bücherkisten, davon 35 allein für GW!) haben es mir leider unmöglich gemacht, hier weiter zu posten. Aber keine Angst. Im neuen Jahr geht es wieder weiter!

Euch allen wünsche ich gesegnete Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Nessuno hat geschrieben:ein längerer Auslandsaufenthalt und ein Umzug (darunter 420 Bücherkisten, davon 35 allein für GW!) haben es mir leider unmöglich gemacht, hier weiter zu posten. Aber keine Angst. Im neuen Jahr geht es wieder weiter!
420 Bücherkisten?? 35 allein für Gene Wolfe??? Wieviele Bücher zu und von Gene Wolfe hast Du denn, wenn man so fragen darf?
Nessuno hat geschrieben:Euch allen wünsche ich gesegnete Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Dir auch! :xmas_tree:
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von Nessuno »

breitsameter hat geschrieben: 420 Bücherkisten?? 35 allein für Gene Wolfe??? Wieviele Bücher zu und von Gene Wolfe hast Du denn, wenn man so fragen darf?:
Ca. 600, davon ca. 25 verschiedene Versionen von "Shadow". Hört sich nach viel an, aber es gibt allein vier italienische Ausgaben. Und wir haben gerade mal eine miese Übersetzung auf deutsch ...

Nessuno
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Nessuno hat geschrieben:
breitsameter hat geschrieben: 420 Bücherkisten?? 35 allein für Gene Wolfe??? Wieviele Bücher zu und von Gene Wolfe hast Du denn, wenn man so fragen darf?:
Ca. 600, davon ca. 25 verschiedene Versionen von "Shadow". Hört sich nach viel an, aber es gibt allein vier italienische Ausgaben. Und wir haben gerade mal eine miese Übersetzung auf deutsch ...
Ach, es ist doch immer wieder schön zu hören, daß es Leute gibt, die noch um ein Vielfaches mehr Bücher besitzen als ich! Mal ehrlich: ich glaube, hier posten genug Fans, die weniger als 600 Bücher überhaupt ihr eigen nennen!
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von Lichtspruch-an-TRAV »

Nessuno hat geschrieben:
Euch allen wünsche ich gesegnete Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Nessuno
Hallo Nessuno,

Ich wünsche Dir und Georg auch ein gutes Jahr 2010 und freue mich auf den Fortlauf von "Zitadelle"!

Beste Grüsse,

Gerd
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von Nessuno »

Ahoj, Kameraden!

Ich hoffe, ihr hattet eine gute Zeit! Es geht, hoffentlich nun etwas regelmäßiger, weiter:

IV 13: Foila´s Story – The Armiger´s Daughterm/ Foilas Geschichte: Die Tochter des Waffenträgers

Foila: Es gibt eine Heilige dieses Namens. Trotzdem möchte ich darauf hinwiesen, dass in der Magazin-Ausgabe dieser separat publizierten Story (Amazing Stories, November 1982), sie (nur in der Überschrift?) Folia heißt. Folia war der Name einer berüchtigen Zauberin (und der lateinische Name für das [hin und her schwankende!] Blatt. Andre-Driussi vermutet nach dem Verlauf der folgende Geschichte, dass Foila den Ascanier als Mann gewählt hätte. Da stimme ich zu.

„In summer … the lions ride out cattle to escape it looking like devils. The men of my country are brave as bulls an the women are fierce as hawks”. Wird später nochmals aufgenommen: “where the lions ride our cattle in autumn when the grass burns, and the men are brave as bulls and the women fierce as hawks”. Hier ist übrigens die Lösung für eine winzige Szene in II 29, wo der „herdsman“ folgendes sagt: “That was an ox“ … „I only asked because when I first saw you I thought he was a trier.” „But if I were not such a fool I would know that no one can ride the bulls of the pampas. The red panther does it, but then he holds on with his claws, and sometimes he dies even so." Sind solche Bezüge nicht toll?

Interessant ist auch die Abweichung bei summer/autumn. Entweder spielt GW hier wieder auf das unzuverlässige Gedächtnis Severians an oder er signalisiert, dass mit Foilas Geschichte etwas nicht stimmt. Oder gibt es dritte Möglichkeit?

„Liege of Pascua“: sonst unbekannt. Weil die armigers die zweite Klasse bilden, war der Lehnsherr wohl ein Exultant. Pascua ist lateinisch für Weide oder Futter. Passt.

„The walls were ... three paces thick”. Die Wände sind ganz schön dick, da ein pace etwa 75 cm entspricht.

“She was tall, brown as leather yet smooth as oil, with hair the color of the palest wine and eyes dark as thunderheads”: soweit ich sehe, ist sie unbekannt. Sie müsste vor ca. 50, 60 Jahren gelebt haben.

“turning the pages of old books her mother had carried from her own home”. Wahrscheinlich war die Mutter ebenfalls eine armigette. Bekannte armigettes sind: Foila, Cyriaca, Ia, Nicarete und Valeria. Aus chronologischen Gründen kommt wohl nur Nicarete als Verwandte in Frage. Allerdings hatte Cyriaca einen Onkel, der nach „old books“ suchte.

“Many fine riders came, with silver-mounted saddles and coral on the pommels of their swords”: Schwer vorstellbar, dass diese „märchenhafte“ Freite nur zwei Generationen vorher stattgefunden haben soll.

“that thin circlet of fine gold that an armiger's daughter is entitled to wear”: anscheinend das Abzeichen einer Klasse, ähnlich wie die Ringe der römischen Ritter. In TBotNS trägt aber mWn keine Frau ein solchen Stirn- oder Haarreifen.

„My chest of jewels lies open before you“. Was meint unser “Übersetzer”? „Mein Halsgeschmeide mögt ihr freizügig betrachten“. Bbbraaaha!

“Can one of you discover it and bring it to me?” Man sollte meinen, dass dies schon die Prüfung ist und dass der Jüngste gewonnen hat. Hmm, vielleicht hat er das ja auch schon?

Man sollte bei der Lektüre der Geschichte daran denken, dass „lark“ im Englischen nicht nur die Lerche, sondern auch der „Jux“ bedeuten kann.

“for one rode north toward the jungles, and one east toward the mountains, and the youngest west toward the restless sea”. Wo genau befinden sich die Pampas? In I 13 heißt est: “North lay the House Absolute and the cataracts, and Thrax, City of Windowless Rooms. North lay the wide pampas, a hundred trackless forests, and the rotting jungles at the waist of the world.” In II 29: “In a day we reached the end of the cane and emerged onto the edge of the true pampa, the sea of grass”. Die Pampas liegen also im nordwestlichen Teil des Commonwealth, etwa zwischen House Absolute und dem Stone Town. Allerdings heißt es an anderer Stelle: “I did not know if it [Ascia] was mountainous like the northern and eastern parts of our Commonwealth. Wenn das geographisch Sinn machen soll, befindet sich pascua sehr weit im Nordwesten der pampas, nicht weit von Meer und Äquator.

“In that ford a rider in brown sat a brown destrier”. Die Szene erinnert mich an Robin Hood und Little John …

„And he rode away.“ Da erste Bewerber offenbar nicht durchschaute, wer die braune Figur war, verpasst er seine Heiratschance.

„You are the spirit of the lark“: Der zweite Bewerber ist etwas schlauer als der erste, aber vielleicht zu schlau.

„You have named me rightly“. Anscheinend übertragen gemeint.

„yet it could not fly far, and I should surely kill it. Then I could carry it back, and the armiger´s daughter would know it.” Ein bisschen umständlich, aber gemeint ist wohl, dass der zweite Freier glaubt, eine Lerche und keine menschliche Gestalt zurückbringen zu müssen.

“His plans, you see, were themselves shaped by the beliefs of my land, where those who set store in shape-changers will tell you that like thoughts they will not change once they have been made prisoner.” Sollten wir, angesichts der Tatsache, dass wahrscheinlich mehr als ein Formwandler in TBotNS rumläuft, im Auge behalten. Dass die Tochter selber einer ist (s.u.), ist aber eher ein "red herring".

„Thus he died under the hoofs of his own mount.“ Der zweite Freier stirbt, weil er besonders clever sein wollte.

„You have named me rightly“: Der dritte Freier erkennt die Tochter zwar nicht, hat aber im übertragenen Sinne recht. (Man sollte diese Geschichte den Leuten vorlesen, die GW für einen „Frauenfeind“ halte.)

„best road“: der Weg ist das Ziel ...

„empyrean“: wörtlich „in Feuer“, Name für das göttliche Firmament.

„there I have just sold two destriers“: wohl ihren eigenen und den des zweiten Freiers. Man fragt sich, wie die Tochter so schnell hin und her reisen kann. Sie könnte tatsächlich ein shape shifter sein, aber die Geschichte funktioniert auch ohne diese Annahme.

„and the gold ring that circles my boot“: Ist der Verkauf des goldenen Ringes am Fuß ein symbolischer Akt? Der Freiheit? Der Wahl?

„a ship not large but swift“: Wahrscheinlich Anspielung auf die Argo Iasons, der auf der Suche nach dem goldenen Vließ war.

„another joined him. Together they swam …”: Wenn das die Tochter sein soll (wer sonst?), muss sie entweder über Wandlungsfähigkeiten verfügen oder der Jüngling erkennt sie mittlerweile als Frau (noch nicht notwendigerweise als die Tochter).

„for another“: wie ist das gemeint? Anderes Schiff? Dieses doppelte „another“ in dieser Passage ist ziemlich merkwürdig.

“and the angel's hat was blown into the all-devouring sea, and soon the brown cloth that had covered her face went to join it.” Metaphorisch gemeint im Sinne eines Erkenntnisprozesses? In der Story gibt es eigentlich keine „Erkennungsszene“, die Aussage „the angel was welcomed by the armiger ...“ bezieht sich m.E. nicht auf den Jüngling. Ich denke, dass er sie schon vorher als die Tochter des Armiger erkannt hat.

„Their ship they had called the Lark“: insofern hat der Jüngling die gestellte Aufgabe erfüllt.

„had become a famous vessel renowned in song and story“/”one day”: offenbar ist viel Zeit vergangen.

“Then he looked at the armiger´s daughter, wondering.” Worüber wundert sich der Jüngling genau? Darüber dass nach der langen Zeit, die vergangen sein muss, die Lerche immer noch lebt und zum Käfig zurückkehrt?

„cast him ... his wings ... he … him”: GW geht in der Geschichte vom “es” zu “er” über.

Andre-Driussi interpretiert die Geschichte so: „The first suitor seems too insensitive and forceful, and the second too cunning, but the third is trusting enough to embark on a mysterious journey as a partner.“ Das stimmt wohl (auch wenn ich mir unsicher bin, was er mit „trusting“ und „mysterious“ hier genau meint), ist wohl nur ein Teil der Wahrheit. Wichtig erscheint mir die Parallelität der Situation von Foila und der Tochter: Hallvard ist der unsensible, Melito der überschlaue und „Loyal“ derjenige, der die Situation durch seine Geduld (schließlich) siegreich ist.

Die Geschichte ist hübsch, aber für meinen Geschmack fast zu „simpel“, jedenfalls nach Wolfeschen Maßstäben. Oder habe ich etwas wichtiges übersehen?

Nessuno
Omnis clocha clochabilis, in clocherio clochando, clochans clochativo clochare facit clochabiliter clochantes. Parisius habet clochas. Ergo gluc (Rabelais).
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g. b. corner
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von g. b. corner »

hallo leute!

ein nettes 2010 wünsch ich euch im nachhinein, und hier mein senf zu kap. 13:

- "He has to convince her that she will be happier with him than by herself, and though men convince maids of that often, it isn't often true."
die beziehungen zwischen den geschlechtern betrachtet auch Wolfe ähnlich zynisch/realistisch (als frauenfeind würde ich ihn nie betrachten)
Interessant ist auch die Abweichung bei summer/autumn. Entweder spielt GW hier wieder auf das unzuverlässige Gedächtnis Severians an oder er signalisiert, dass mit Foilas Geschichte etwas nicht stimmt.
naja, bei entsprechender trockenheit kann das gras jederzeit brennen ... maximal kann man den hinweis herauslesen, dass Foilas land meistens recht trocken ist.
“Many fine riders came, with silver-mounted saddles and coral on the pommels of their swords”: Schwer vorstellbar, dass diese „märchenhafte“ Freite nur zwei Generationen vorher stattgefunden haben soll.
wir leben offenbar in zeiten mit viel mündlicher tradition, da sind 2 generationen raum genung für die phantasie. obwohl eine spur realismus bleibt: "... perhaps there was no maid anywhere more beautiful ..." und "Some say the wedding [...] was the finest ..."
“that thin circlet of fine gold that an armiger's daughter is entitled to wear”: anscheinend das Abzeichen einer Klasse, ähnlich wie die Ringe der römischen Ritter. In TBotNS trägt aber mWn keine Frau ein solchen Stirn- oder Haarreifen.
ich lese "entitled" so, dass es ein rangabzeichen ist, das getragen werden KANN; dessen verwendung "niedrigeren" klassen jedoch untersagt ist.
Man fragt sich, wie die Tochter so schnell hin und her reisen kann. Sie könnte tatsächlich ein shape shifter sein, aber die Geschichte funktioniert auch ohne diese Annahme.
das ist wohl das märchenhafte element, denke ich. wenn man alles realistisch erzählen würde, hätte die geschichte nicht den selben reiz.

grüße,
Georg
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g. b. corner
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von g. b. corner »

Tut sich eigentlich noch was? Sonst poste ich einmal was zu den nächsten Kapiteln so nach und nach!
Lichtspruch-an-TRAV
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Re: Gene-Wolfe-Lesezirkel Teil 4: The Citadel of the Autarch

Ungelesener Beitrag von Lichtspruch-an-TRAV »

Hallo Georg,
g. b. corner hat geschrieben:Tut sich eigentlich noch was? Sonst poste ich einmal was zu den nächsten Kapiteln so nach und nach!
Ich peile die Osterfeiertage an, da ich aktuell einfach zu beschäftigt bin. Wenn Du bis dahin schon mal etwas posten möchtest wäre das für uns eine gute "Steilvorlage"!

Viele Grüsse,

Gerd
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