William R. Forstchen "One second after - Die Welt ohne Strom" (aus dem Jahre 2009)
Relativ krasser Endzeit-Thriller. Die Story handelt im Wesentlichen von einem NEMP-Angriff auf die USA und den unmittelbar darauf folgenden Ereignissen. "NEMP" steht für "nuclear electro magnetic pulse", also dem, was passiert, wenn man eine entsprechend gebaute (Atom-)Bombe in entsprechender Höhe (> 100 KM) zündet. Die Folge ist ein Impuls, der im Streubereich der Bombe den größten Teil elektronischer Geräte unwiederbringlich zerstört. Die bedeutet einen schlagartigen Ausfall fast aller stromabhängigen Infrastruktur. Und was dann passiert, beschreibt der Autor sehr eindringlich. Ein ziemlich apokalyptisches Szenario, dass aber bedrückend realistisch wirkt. Viele der im Buch genannten Konfliktsituationen und Dilemmata haben auf mich den Eindruck des Möglichen gemacht und nicht des Unrealistischen.
Das Szenario eines EMP-Angriffes ist nicht für den Thriller erfunden sondern wirklich möglich und taucht bereits seit Jahren auch im Zivilschutzbericht der zuständigen Komission der Bundesregierung in Deutschland auf.
Wenngleich das Buch ungemein spannend ist, so leidet es - thrillertypisch - an insgesamt doch eher oberflächlich gezeichneten Figuren und einem typisch us-amerikanischem Alibipatriotismus. Trotzdem zeigt das Buch unsere große Verletzlichkeit und geringe Resilienz auf für den Fall, dass dauerhaft keine Elektrizität zur verfügung steht.
Dies ist auch der Hauptunterschied zu dem bekannten "Blackout" von Marc Elsberg. Wenn es bei Elsberg ein Cyberangriff ist, der den Strom ausfallen lässt (und der bewältigbar ist), so lässt Forstchen den NEMP die gesamte E-Infrastruktur dauerhaft zerstören (einschließlich Autos, Mobilfunkt, etc.). Die nachfolgenden Grausamkeiten spart der Verfasser dankenswerterweise nicht aus. Wir sind dann wieder irgendwo zwischen Mittelalter und früher Industrialisierung angekommen einschließlich der damaligen Lebensverhältnisse. Insofern ist das Buch eher nichts für schwache Nerven und Mägen. Ohne zu spoilern verrate ich nur, dass der Handlungszeitraum des Buches exakt ein Jahr umfasst, nach welchem 80-90% der Bevölkerung der östlichen USA tot sind.
Bedrückend.
Für das Szenario-Setting: 9 von 10 ohne Medikamente Gestorbene
Für die Thriller-Handlung: 7 von 10 Johns, die Lt. Colonel und Militärhistoriker sind.
Lesenswert!
Lensman