Der "Liest zur Zeit" Thread
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Mir war's zu teuer für die Challenge.
Uschi
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Lavie Tidhar - Osama
Das Buch stand ziemlich lange bei mir im Regal. Kaum hatte ich es gekauft, hat Knochenmann es hier und in seinem Podcast verrissen. Da es aber auch positive Stimmen gab und der Roman immerhin den World Fantasy Award gewonnen hat, habe ich ihn nun trotzdem gelesen.
Ein Privatdetektiv aus Laos bekommt von einer geheimnisvollen Frau den Auftrag, einen Autor von Trivialliteratur ausfindig zu machen. Ausgestattet mit einer No-Limit-Kreditkarte macht er sich auf die Suche über Paris, London nach New York, allerdings in einer parallelen Welt, in der z.B. de Saint-Exupéry Präsident von Frankreich ist, die technologisch eher in den 1970er Jahren steht und in der Osama bin Laden unbekannt ist, außer als Romanheld in den Büchern des gesuchten Autors. In Verlauf der Suche trifft der Detektiv immer Häufiger auf Menschen, die offenbar nur er wahrnimmt. Er wird von Geheimdiensten verfolgt und mehrfach bedroht.
Das Buch ist bestimmt kein Pageturner. Was anfangs wie ein Film-Noir-Krimi klingt, wird durch zahlreiche traumlogische Sequenzen und den Einbruch unserer Welt in die Romanwelt zu einem phantastische Roman, dessen innerer Logik ich nicht immer folgen konnte. Auch beim Ende bin ich mir nicht sicher, ob es da vielleicht mehr zu verstehen gab, als mir klar wurde.
Das Buch hat ohne Zweifel starke Momente, aber eine uneingeschränkte Leseempfehlung spreche ich nicht aus.
Das Buch stand ziemlich lange bei mir im Regal. Kaum hatte ich es gekauft, hat Knochenmann es hier und in seinem Podcast verrissen. Da es aber auch positive Stimmen gab und der Roman immerhin den World Fantasy Award gewonnen hat, habe ich ihn nun trotzdem gelesen.
Ein Privatdetektiv aus Laos bekommt von einer geheimnisvollen Frau den Auftrag, einen Autor von Trivialliteratur ausfindig zu machen. Ausgestattet mit einer No-Limit-Kreditkarte macht er sich auf die Suche über Paris, London nach New York, allerdings in einer parallelen Welt, in der z.B. de Saint-Exupéry Präsident von Frankreich ist, die technologisch eher in den 1970er Jahren steht und in der Osama bin Laden unbekannt ist, außer als Romanheld in den Büchern des gesuchten Autors. In Verlauf der Suche trifft der Detektiv immer Häufiger auf Menschen, die offenbar nur er wahrnimmt. Er wird von Geheimdiensten verfolgt und mehrfach bedroht.
Das Buch ist bestimmt kein Pageturner. Was anfangs wie ein Film-Noir-Krimi klingt, wird durch zahlreiche traumlogische Sequenzen und den Einbruch unserer Welt in die Romanwelt zu einem phantastische Roman, dessen innerer Logik ich nicht immer folgen konnte. Auch beim Ende bin ich mir nicht sicher, ob es da vielleicht mehr zu verstehen gab, als mir klar wurde.
Das Buch hat ohne Zweifel starke Momente, aber eine uneingeschränkte Leseempfehlung spreche ich nicht aus.
Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Ich muss nach längerem Urlaub auch noch einiges nachtragen. Den Start macht Gregory Benford: Artefakt
Der Roman beginnt mit Geschehnissen eines amerikanisch-griechischen Ausgrabungsprojekts auf der Peloponnes. In einem mykenischen Kuppelgrab findet die amerikanische Archäologin Claire ein rätselhaftes Artefakt in Form eines Kalksteinblocks, der unerklärliche Lichterscheinungen erzeugen kann. Gleichzeitig findet in Griechenland ein Militärputsch mit antiamerikanischem Hintergrund statt, der die weitere Untersuchung des Artefakts erschwert und die gemeinsame Arbeit schlägt in einem politischen und persönlichem Scharmützel um. Der Block wird kurzerhand nach Boston geschafft, wo die amerikanischen Wissenschaftler feststellen, dass es sich wohl um eine Singularität handeln muss. Dies ist die Grundlage für Bendfords Roman, der schon einige Jahr in einer versteckten Ecke meines Regals herumlungerte. Der Roman ist beileibe nicht schlecht, konnte dann letztendlich nicht überzeugen.
Zu nächst einmal muss man sich tagtäglich das wohl nicht so gelungene Cover des Buches anschauen. Die Protagonisten sind auch noch genauso gemalt, wie sie von Benford beschrieben werden. Das mag ich als Leser schon mal gar nicht. Aber was soll`s. Halb so wild. (George, der Wissenschaftler auf der linken Seite sieht dem ehemaligen Fußballspieler und jetzigen Trainer Bruno Labbadia unheimlich ähnlich ….?)
Den Roman habe ich genau zur richtigen Jahreszeit gelesen. Die erste Hälfte spielt fast ausschließlich im spätsommerlichen Griechenland und versprüht eine Atmosphäre, die einen an längst vergessene Campingurlaube in diesem schönen Land erinnert. Sicherlich auch eine Absicht des Autors. Würde mich nicht wundern, wenn er schon einmal einen Taucherurlaub in dieser Region verbracht hat. Der wissenschaftliche Aspekt bezüglich der Singularität kann ebenfalls überzeugen, ohne großes Fachwissen kann man die nachvollziehbaren Erklärungen des Autors verstehen. Da hat der Autor seine Stärken. Aber dann kommt seine andere Seite. Die Figuren sind dermaßen plakativ und aus heutiger Sicht teilweise lächerlich. Der böse omnipotente Soldat, der aggressiv seine Männlichkeit gegen die amerikanische Wissenschaftlerin presst. Die selbst in einer von Männern bestimmten Welt einfach nur einen starken Beschützer herbeisehnt. Der dann auch in persona von Bruno Labbadia urplötzlich in einem falschen Büro sitzt und die holde Maid einfach so nach Griechenland begleitet. Die darauf folgenden Action-Szenen haben dann auch noch Colt Seavers' Niveau und können ebenso wenig überzeugen wie das kitschige Ende.
Jetzt kann man natürlich sagen, dass die Thriller im Jahre 1985 so waren und Benford da keine Ausnahme ist. Das glaube ich sogar auch. Aber das im hier und jetzt zu lesen überzeugt nicht.
Der Roman beginnt mit Geschehnissen eines amerikanisch-griechischen Ausgrabungsprojekts auf der Peloponnes. In einem mykenischen Kuppelgrab findet die amerikanische Archäologin Claire ein rätselhaftes Artefakt in Form eines Kalksteinblocks, der unerklärliche Lichterscheinungen erzeugen kann. Gleichzeitig findet in Griechenland ein Militärputsch mit antiamerikanischem Hintergrund statt, der die weitere Untersuchung des Artefakts erschwert und die gemeinsame Arbeit schlägt in einem politischen und persönlichem Scharmützel um. Der Block wird kurzerhand nach Boston geschafft, wo die amerikanischen Wissenschaftler feststellen, dass es sich wohl um eine Singularität handeln muss. Dies ist die Grundlage für Bendfords Roman, der schon einige Jahr in einer versteckten Ecke meines Regals herumlungerte. Der Roman ist beileibe nicht schlecht, konnte dann letztendlich nicht überzeugen.
Zu nächst einmal muss man sich tagtäglich das wohl nicht so gelungene Cover des Buches anschauen. Die Protagonisten sind auch noch genauso gemalt, wie sie von Benford beschrieben werden. Das mag ich als Leser schon mal gar nicht. Aber was soll`s. Halb so wild. (George, der Wissenschaftler auf der linken Seite sieht dem ehemaligen Fußballspieler und jetzigen Trainer Bruno Labbadia unheimlich ähnlich ….?)
Den Roman habe ich genau zur richtigen Jahreszeit gelesen. Die erste Hälfte spielt fast ausschließlich im spätsommerlichen Griechenland und versprüht eine Atmosphäre, die einen an längst vergessene Campingurlaube in diesem schönen Land erinnert. Sicherlich auch eine Absicht des Autors. Würde mich nicht wundern, wenn er schon einmal einen Taucherurlaub in dieser Region verbracht hat. Der wissenschaftliche Aspekt bezüglich der Singularität kann ebenfalls überzeugen, ohne großes Fachwissen kann man die nachvollziehbaren Erklärungen des Autors verstehen. Da hat der Autor seine Stärken. Aber dann kommt seine andere Seite. Die Figuren sind dermaßen plakativ und aus heutiger Sicht teilweise lächerlich. Der böse omnipotente Soldat, der aggressiv seine Männlichkeit gegen die amerikanische Wissenschaftlerin presst. Die selbst in einer von Männern bestimmten Welt einfach nur einen starken Beschützer herbeisehnt. Der dann auch in persona von Bruno Labbadia urplötzlich in einem falschen Büro sitzt und die holde Maid einfach so nach Griechenland begleitet. Die darauf folgenden Action-Szenen haben dann auch noch Colt Seavers' Niveau und können ebenso wenig überzeugen wie das kitschige Ende.
Jetzt kann man natürlich sagen, dass die Thriller im Jahre 1985 so waren und Benford da keine Ausnahme ist. Das glaube ich sogar auch. Aber das im hier und jetzt zu lesen überzeugt nicht.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Weiter geht es mit meiner Lesechronik aus dem Juni 2019.
Andreas Eschbach: NSA
Was wäre, wenn die Nazis bereits über die heutige Netzwerk- und Überwachungstechnologie verfügt hätten? Das wird gleich in der Anfangsszene deutlich, als das bis dahin eher unauffällige „Nationale Sicherheitsamt“ (NSA) Heinrich Himmler persönlich einlädt, um ihm in Echtzeit seine Nützlichkeit für die politischen Ziele des NS-Regimes zu beweisen. Mit dem Erfolg, dass das Versteck der Familie Frank in Amsterdam wesentlich früher aufgespürt wird als in unserer Realität.
Vor der Lektüre war ich skeptisch, zumal mich Eschbachs letzte Romane nicht begeistern konnten. Aber alle paar Jahre haut er dann doch ein Meisterwerk raus.
Absolut beklemmend, wie Eschbach die Konsequenzen schildert, wenn eine Diktatur Zugriff auf die heutige Überwachungstechnik hätte.
Mit der Programmstickerin (herrliche Eindeutschung von "Programmierer" bzw. "Informatiker") Helene Bodenkamp hat er eine emanzipierte, beruflich hochbefähigte junge Frau erschaffen, die durch ihre Liebe zum Fahnenflüchtigen Arthur auf innere Distanz zum NS-Reich gerät. Ihr Amtskollege Eugen Lettke ist ein perverser Sadist mit einem prachtvoll entwickelten Minderwertigkeitskomplex, der die Möglichkeiten des Amtes für seine eigenen Zwecke mißbraucht.
Die Story entwickelt sich stringent bis zum absoluten "unhappy ending". Wie bei Eschbach üblich, kann man das Buch nicht aus der Hand legen, weil man einfach wissen will, wie es weitergeht.
Das Buch hat mich wider Erwarten begeistert.
Joseph Roth: Die Kapuzinergruft
Als Nachfolgeroman von „Radetzkymarsch“ erzählt „Die Kapuzinergruft“ das Schicksal des jungen Leutnants Franz Ferdinand Trotta. Nachdem er in den letzten Jahren der KuK-Monarchie ein ausschweifendes Lotterleben führt, wird er im und nach dem Ersten Weltkrieg entwurzelt. Er muss erkennen, dass seine Frau, die er vor seinem Einzug an die Front in einer Eilheirat geehelicht hat, lesbisch ist, kann aber ihre Gunst zurück gewinnen. Die Trottas gründen in Wien eine Pension, mit der sie sich mehr schlecht als recht über Wasser halten können. Der totale Niedergang Trottas fällt zusammen mit dem 12. März 1938, als Hakenkreuzflaggen im ans Reich angeschlossenen Österreich gehisst werden.
In diesem dünnen Bändchen spiegelt Joseph Roth eine Zeit, die verloren ist. Die KuK-Monarchie war ein Versprechen, dass viele Völker auf gedeihliche Weise in einem übergreifenden Staat neben- und miteinander leben können. Ein Versprechen, das schon in seinen letzten Jahren löchrig wurde. Ein Meisterwerk, in dem vor allem die Darstellung von Trottas Mutter besticht.
T.S. Orgel: Terra
Jak ist Mechaniker auf einem Frachtraumschiff, das Erz vom Mond auf die Erde befördert. So normal, so langweilig, bis er bei einer Lieferung bemerkt, dass der Lagerraum tatsächlich voller Bomben steckt. Er informiert seine Schwester, eine terranische Polizistin, die auf eigene Faust Nachforschungen anstellt. Die beiden kommen einer interplanetarischen Verschwörung auf die Schliche.
Das Buch habe ich wirklich gern gelesen. Ein richtig guter Thriller, bei dem es mal wieder um nichts weniger als die Rettung der Menschheit geht. Das Personal setzt sich zusammen aus Frachtraumschifffahrern, terranischen Polizistinnen und allen möglichen KIs mit seltsamen Macken. Schauplätze sind Terra, Luna, Mars und der ganze Raum dazwischen. Die Orgel Brothers können spannend schreiben mit hohem Rotzfaktor. Liest sich gut.
Aber mehr als ein rundum guter und gelungener Space-Thriller ist denn doch nicht herausgekommen. Sehr solide, sehr spannend, aber keineswegs herausragend.
Gruß
Ralf
Andreas Eschbach: NSA
Was wäre, wenn die Nazis bereits über die heutige Netzwerk- und Überwachungstechnologie verfügt hätten? Das wird gleich in der Anfangsszene deutlich, als das bis dahin eher unauffällige „Nationale Sicherheitsamt“ (NSA) Heinrich Himmler persönlich einlädt, um ihm in Echtzeit seine Nützlichkeit für die politischen Ziele des NS-Regimes zu beweisen. Mit dem Erfolg, dass das Versteck der Familie Frank in Amsterdam wesentlich früher aufgespürt wird als in unserer Realität.
Vor der Lektüre war ich skeptisch, zumal mich Eschbachs letzte Romane nicht begeistern konnten. Aber alle paar Jahre haut er dann doch ein Meisterwerk raus.
Absolut beklemmend, wie Eschbach die Konsequenzen schildert, wenn eine Diktatur Zugriff auf die heutige Überwachungstechnik hätte.
Mit der Programmstickerin (herrliche Eindeutschung von "Programmierer" bzw. "Informatiker") Helene Bodenkamp hat er eine emanzipierte, beruflich hochbefähigte junge Frau erschaffen, die durch ihre Liebe zum Fahnenflüchtigen Arthur auf innere Distanz zum NS-Reich gerät. Ihr Amtskollege Eugen Lettke ist ein perverser Sadist mit einem prachtvoll entwickelten Minderwertigkeitskomplex, der die Möglichkeiten des Amtes für seine eigenen Zwecke mißbraucht.
Die Story entwickelt sich stringent bis zum absoluten "unhappy ending". Wie bei Eschbach üblich, kann man das Buch nicht aus der Hand legen, weil man einfach wissen will, wie es weitergeht.
Das Buch hat mich wider Erwarten begeistert.
Joseph Roth: Die Kapuzinergruft
Als Nachfolgeroman von „Radetzkymarsch“ erzählt „Die Kapuzinergruft“ das Schicksal des jungen Leutnants Franz Ferdinand Trotta. Nachdem er in den letzten Jahren der KuK-Monarchie ein ausschweifendes Lotterleben führt, wird er im und nach dem Ersten Weltkrieg entwurzelt. Er muss erkennen, dass seine Frau, die er vor seinem Einzug an die Front in einer Eilheirat geehelicht hat, lesbisch ist, kann aber ihre Gunst zurück gewinnen. Die Trottas gründen in Wien eine Pension, mit der sie sich mehr schlecht als recht über Wasser halten können. Der totale Niedergang Trottas fällt zusammen mit dem 12. März 1938, als Hakenkreuzflaggen im ans Reich angeschlossenen Österreich gehisst werden.
In diesem dünnen Bändchen spiegelt Joseph Roth eine Zeit, die verloren ist. Die KuK-Monarchie war ein Versprechen, dass viele Völker auf gedeihliche Weise in einem übergreifenden Staat neben- und miteinander leben können. Ein Versprechen, das schon in seinen letzten Jahren löchrig wurde. Ein Meisterwerk, in dem vor allem die Darstellung von Trottas Mutter besticht.
T.S. Orgel: Terra
Jak ist Mechaniker auf einem Frachtraumschiff, das Erz vom Mond auf die Erde befördert. So normal, so langweilig, bis er bei einer Lieferung bemerkt, dass der Lagerraum tatsächlich voller Bomben steckt. Er informiert seine Schwester, eine terranische Polizistin, die auf eigene Faust Nachforschungen anstellt. Die beiden kommen einer interplanetarischen Verschwörung auf die Schliche.
Das Buch habe ich wirklich gern gelesen. Ein richtig guter Thriller, bei dem es mal wieder um nichts weniger als die Rettung der Menschheit geht. Das Personal setzt sich zusammen aus Frachtraumschifffahrern, terranischen Polizistinnen und allen möglichen KIs mit seltsamen Macken. Schauplätze sind Terra, Luna, Mars und der ganze Raum dazwischen. Die Orgel Brothers können spannend schreiben mit hohem Rotzfaktor. Liest sich gut.
Aber mehr als ein rundum guter und gelungener Space-Thriller ist denn doch nicht herausgekommen. Sehr solide, sehr spannend, aber keineswegs herausragend.
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Ralf
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möchten viele Autor'n übertünchen.
Denn er tut sich verbitten
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Einen Kerl wie den sollte man lünchen!
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Auch die Lektüre der folgenden drei Werke beendete ich im Juni 2019.
Ben Calvin Hary: Koshkin oder die Kommunisten aus dem Kosmos
Vieles ist ganz nett an dem Buch. Zum Beispiel das schrullige Genie Boris Koshkin, sowjetischer Weltraumforscher, der nach dem 2. Weltkrieg in die USA geflüchtet ist, hier aber keinen Fuß auf den Boden bringt, weil Wernher von Braun bereits Platzhirsch ist. Auch das intelligente Obst ist mal ein anderer Außerirdischer. Ja, eigentlich ganz nett.
Aber: das Buch weiß nicht so recht, was es will. Soll das eine nostalgische SF-Parodie sein? Dafür ist es schlicht nicht lustig genug. Außerdem wird der Zeitgeist der Jahre 1957/1958 nicht genügend eingefangen; vieles auf der Erde (nicht bei den Außerirdischen) erscheint mir doch deutlich moderner. Und so nett die Obst-Aliens auch sind - für meinen Geschmack handeln sie immer noch zu menschlich. Hary versucht zwar, ihre Obsthaftigkeit in den Roman einzubringen. Aber das gelingt ihm nicht besonders gut.
Der Protagonist Boris Koshkin, ein von sich selbst überzeugter Choleriker, lädt mich auch nicht gerade als Identifikationsfigur ein. Und neben ihm finde ich auch keine weitere Ankerfigur.
Langer Rede kurzer Sinn: das Buch war eine unterhaltsame Lektüre, über weite Strecken richtig gut geschrieben. Aber es hat mich nicht berührt.
Michael J. Awe, Andreas Fieberg, Joachim Pack (Hg.): Gegen Unendlich 14
Bis zur Nummer 12 konnte man eine GU-Ausgabe locker in 45 bis 60 freien Leseminuten auf einen Rutsch durchlesen. Seit Nummer 13 sind die Ausgaben dicker und benötigen etwa 90 bis 120 Minuten Zeit zum Durchlesen. So viel habe ich meist nicht an einem Stück zur Verfügung. Wenn wenigstens die Qualität dafür entschädigt…
Das tut sie in der Ausgabe 14 allerdings rundum. Von den neuen Beiträgen gefielen mir vor allem Matthias Ramtkes „In der Grube“, eine Story über den letzten Überlebenden auf einem Gefängnisplaneten, und mit Abstrichen Georg Kleins „Allwurzler“, in der sich der Platikstrudel im Pazifik zum Biotop entwickelt. Bei den älteren Beiträge freute ich mich vor allem über ein Wiederlesen von Hubert Katzmarz‘ „Nachtwanderung“ und Herbert W. Frankes „Das Spiel der letzten Tage“. Unterm Strich eine lohnende Lektüre, auch wenn nicht alle Beiträge überzeugen konnten.
Georg Klein: Miakro
Ja, ich habe es gelesen. Aber ehrlich: Selten ist ein Buch derart an mir vorbeigegangen wie "Miakro".
Es geht um … ja, worum eigentlich? Es geht um irgendwelche Büroarbeiter und um Frauen, die Nahrung in Form von einer Art Glassträngen produzieren. Dann geht das Büroarbeiterteam auf eine Exkursion, die sich als Kriegseinsatz entpuppt. Und am Ende... ?!
Die distanzierte Erzählweise scheint derzeit Mode zu sein. Ich kann mir das auch ganz reizvoll vorstellen. Aber im vorliegenden Fall hat es einfach dazu geführt, dass ich rein gar nicht kapiert habe, worum es in dem Buch eigentlich ging. War das überhaupt SF?
Schade um die verschwendete Lesezeit!
Gruß
Ralf
Ben Calvin Hary: Koshkin oder die Kommunisten aus dem Kosmos
Vieles ist ganz nett an dem Buch. Zum Beispiel das schrullige Genie Boris Koshkin, sowjetischer Weltraumforscher, der nach dem 2. Weltkrieg in die USA geflüchtet ist, hier aber keinen Fuß auf den Boden bringt, weil Wernher von Braun bereits Platzhirsch ist. Auch das intelligente Obst ist mal ein anderer Außerirdischer. Ja, eigentlich ganz nett.
Aber: das Buch weiß nicht so recht, was es will. Soll das eine nostalgische SF-Parodie sein? Dafür ist es schlicht nicht lustig genug. Außerdem wird der Zeitgeist der Jahre 1957/1958 nicht genügend eingefangen; vieles auf der Erde (nicht bei den Außerirdischen) erscheint mir doch deutlich moderner. Und so nett die Obst-Aliens auch sind - für meinen Geschmack handeln sie immer noch zu menschlich. Hary versucht zwar, ihre Obsthaftigkeit in den Roman einzubringen. Aber das gelingt ihm nicht besonders gut.
Der Protagonist Boris Koshkin, ein von sich selbst überzeugter Choleriker, lädt mich auch nicht gerade als Identifikationsfigur ein. Und neben ihm finde ich auch keine weitere Ankerfigur.
Langer Rede kurzer Sinn: das Buch war eine unterhaltsame Lektüre, über weite Strecken richtig gut geschrieben. Aber es hat mich nicht berührt.
Michael J. Awe, Andreas Fieberg, Joachim Pack (Hg.): Gegen Unendlich 14
Bis zur Nummer 12 konnte man eine GU-Ausgabe locker in 45 bis 60 freien Leseminuten auf einen Rutsch durchlesen. Seit Nummer 13 sind die Ausgaben dicker und benötigen etwa 90 bis 120 Minuten Zeit zum Durchlesen. So viel habe ich meist nicht an einem Stück zur Verfügung. Wenn wenigstens die Qualität dafür entschädigt…
Das tut sie in der Ausgabe 14 allerdings rundum. Von den neuen Beiträgen gefielen mir vor allem Matthias Ramtkes „In der Grube“, eine Story über den letzten Überlebenden auf einem Gefängnisplaneten, und mit Abstrichen Georg Kleins „Allwurzler“, in der sich der Platikstrudel im Pazifik zum Biotop entwickelt. Bei den älteren Beiträge freute ich mich vor allem über ein Wiederlesen von Hubert Katzmarz‘ „Nachtwanderung“ und Herbert W. Frankes „Das Spiel der letzten Tage“. Unterm Strich eine lohnende Lektüre, auch wenn nicht alle Beiträge überzeugen konnten.
Georg Klein: Miakro
Ja, ich habe es gelesen. Aber ehrlich: Selten ist ein Buch derart an mir vorbeigegangen wie "Miakro".
Es geht um … ja, worum eigentlich? Es geht um irgendwelche Büroarbeiter und um Frauen, die Nahrung in Form von einer Art Glassträngen produzieren. Dann geht das Büroarbeiterteam auf eine Exkursion, die sich als Kriegseinsatz entpuppt. Und am Ende... ?!
Die distanzierte Erzählweise scheint derzeit Mode zu sein. Ich kann mir das auch ganz reizvoll vorstellen. Aber im vorliegenden Fall hat es einfach dazu geführt, dass ich rein gar nicht kapiert habe, worum es in dem Buch eigentlich ging. War das überhaupt SF?
Schade um die verschwendete Lesezeit!
Gruß
Ralf
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möchten viele Autor'n übertünchen.
Denn er tut sich verbitten
Aliens, UFOs und Titten.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Mit dieser Dreier-Lieferung beende ich den Lesemonat Juni 2019 und trete ein in den Juli 2019.
Annika Scheffel: Hier ist es schön
Annika Scheffel ist ehemalige Preisträgerin des Phantastikpreises der Stadt Wetzlar. "Hier ist es Schön" hat den "Robert-Gernhardt-Preis" gewonnen und wurde für den „Deutschen Science Fiction Preis“ nominiert.
Die Erde versinkt in Umweltverschmutzung, vor allem die Luft ist kaum noch atembar. Da werden in einer Castingshow zwei Kandidaten ausgewählt, die nach entsprechender Vorbereitung ins Weltall aufbrechen sollen, um auf einem fremden Planeten eine neue Menschheit zu gründen. Scheffel schafft es meisterhaft, den Verlauf der Castingshow nachzuzeichnen nur in der Spiegelung von Briefen, die an die Kandidatin Irma gerichtet sind. Der Leser weiß nicht einmal, ob Irma die Briefe erhält. Was man weiß: die Kandidaten dürfen selbst keine Botschaften nach außen richten. Als mit Sam und Irma die beiden finalen Kandidaten ausgewählt sind, kommen sie 10 Jahre in ein Ausbildungscamp. Hier versuchen sie einmal auszureißen, kommen aber nicht weit. Sam ist eine mysteriöse Gestalt. Er wurde "angespült", d.h. niemand kennt seine wahre Identität, nicht einmal er selber. Außerdem ist er sehr naiv, vielleicht sogar geistig behindert.
Nach Ablauf der 10jährigen Ausbildung bereiten sich Sam und Irma auf den finalen Raumflug zur zweiten Erde vor. Aber Sam will vorher noch auf eine geheimnisvolle Insel, von der er nicht genau weiß, wo sie sein soll. Dennoch hilft Irma ihm bei der Flucht. Die beiden finden zunächst Unterschlupf bei Irmas Familie, die über ihren Besuch wenig erfreut sind. Nach einem Roadtrip mit Irmas früheren Freund Tom gelangen Irma und Sam tatsächlich auf eine Insel. Dort begegnet ihnen ein rätselhaftes, verwahrlostes Paar. Und eine Frau in Weiß, die Sam anscheinend dort erwartete.
Scheffel spielt gekonnt mit Sams Geheimnis. Er scheint geistig nicht der Leistungsfähigste zu sein, außerdem zeigt er homosexuelle Züge. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für den künftigen Adam. Irma mag ihn, aber lieben kann sie ihn definitiv nicht. Und alles spielt vor dem Hintergrund einer von galoppierender Umweltverschmutzung zunehmend heruntergewirtschafteten Erde und der manipulativen Macht von Medien, insbesondere reality-shows. Das Ende ist ziemlich unhappy.
Auch wenn nicht alle Wendungen immer restlos motiviert und logisch nachvollziehbar sind: Das Buch wird von einer dichten Atmosphäre, von detailliert gezeichneten Protagonisten, von einer variablen Sprache, die sich mit Leichtigkeit den verschiedenen Perspektivpersonen anpasst, und von starken, visionären Bildern getragen.
Das war das letzte Buch, dessen Lektüre ich im Juni beendet habe. Die beiden folgenden Bücher habe ich erst im Juli 2019 final inkorporiert.
Michael J. Awe, Andreas Fieberg, Joachim Pack (Hg.): Gegen Unendlich 13
Ja, ich habe die Nummer 13 nach der Nummer 14 gelesen. Die 13 erweist zwar nicht gerade als Unglückszahl – an das solide Niveau der Nummer 14 kommt sie aber nicht ganz heran. Die vier Originalbeiträge konnten leider sämtlich nicht überzeugen.
Meine persönlichen Highlights waren Ute Dietrichs „Das Eis“ über eine Eiszeit in Europa als unerwarteten Nebeneffekt des Klimawandels und was die Wissenschaft darüber verschwieg sowie Michael Hutters „Melchior Grün und das Sternentier“, eine köstliche und herzhafte Märchen-Parodie, über die ich gern und laut gelacht habe. Gefallen konnte auch das Gert-Prokop-Special, auch wenn die ausgewählte Story „Null minus Unendlich“ nicht zu meinen Favoriten zählt.
Dirk van den Boom: Canopus – Der kalte Krieg 1
Ich klaue mal den Verlagsteaser:
Das Imperium der Menschen in ferner Zukunft: ein politischer und wirtschaftlicher Gigant auf tönernen Füßen, mit Feinden an allen Grenzen und einem aggressiven Kurs der Expansion. In ihm leiden Menschen wie Außerirdische unter Kriegsbedingungen: Seit Jahren lebt das Imperium mit einem militärischen Konflikt, den es wahrscheinlich verlieren wird. Der »Kalte Krieg« zehrt an den Ressourcen und an den Nerven, innere Konflikte brechen auf und Loyalitäten werden infrage gestellt.
Mittendrin: ein aus dem Kriegsdienst entlassener Veteran, ein Sklave ohne Erinnerung an seine Identität, eine Wissenschaftlerin, deren Vergangenheit sie einholt, ein havarierter Frachterpilot, eine Soldatin und ein Waisenkind sowie eine Rebellin, die über Leichen geht. Ihr aller Leben wird unter mysteriösen Bedingungen miteinander verbunden und ihr Schicksal führt sie auf einen Kurs, der nach Canopus und weit darüber hinaus weist.
Dirk hat erzählerisch große Fortschritte gemacht. Er steigt unmittelbar in die Szenen ein und bewegt sich nahe an den Wahrnehmungen seiner Perspektivpersonen. Hinzu kommt ein rotziger Tonfall, gewürzt mit treffsicheren Sarkasmen. Kurz gesagt: Das Buch liest sich ausgesprochen flüssig und unterhaltsam runter.
Wegen der vielen Protagonisten und Handlungsstränge hatte ich zunächst Vorbehalte. Aber Dirk hält die Fäden souverän in seinen Händen und führt viele Stränge am Ende auf zwei Hauptschauplätzen zusammen. Es bleiben genügend offene Fragen, um zum Weiterlesen zu motivieren.
Besonders gefallen hat mir die Schiffs-KI, die ihre weiblichen Reize spielen lässt. Und die geheimnisvollen Wohlfühl-Steine, die wohl noch andere Facetten zeigen werden.
Und dennoch: In der Mitte hätte mich Dirk fast verloren. Da zerfaserte die Handlung so stark, dass mir kurzzeitig der Überblick flöten ging und - was noch schlimmer wiegt - ich kaum das Verlangen spürte, selbigen zurückzugewinnen. Unterm Strich bleibt das Ganze zwar eine konventionelle Military-SF-Space-Opera, aber eine richtig gut geschriebene, was „Canopus“ zu einem von Dirks besten Romanen bislang macht.
Gruß
Ralf
Annika Scheffel: Hier ist es schön
Annika Scheffel ist ehemalige Preisträgerin des Phantastikpreises der Stadt Wetzlar. "Hier ist es Schön" hat den "Robert-Gernhardt-Preis" gewonnen und wurde für den „Deutschen Science Fiction Preis“ nominiert.
Die Erde versinkt in Umweltverschmutzung, vor allem die Luft ist kaum noch atembar. Da werden in einer Castingshow zwei Kandidaten ausgewählt, die nach entsprechender Vorbereitung ins Weltall aufbrechen sollen, um auf einem fremden Planeten eine neue Menschheit zu gründen. Scheffel schafft es meisterhaft, den Verlauf der Castingshow nachzuzeichnen nur in der Spiegelung von Briefen, die an die Kandidatin Irma gerichtet sind. Der Leser weiß nicht einmal, ob Irma die Briefe erhält. Was man weiß: die Kandidaten dürfen selbst keine Botschaften nach außen richten. Als mit Sam und Irma die beiden finalen Kandidaten ausgewählt sind, kommen sie 10 Jahre in ein Ausbildungscamp. Hier versuchen sie einmal auszureißen, kommen aber nicht weit. Sam ist eine mysteriöse Gestalt. Er wurde "angespült", d.h. niemand kennt seine wahre Identität, nicht einmal er selber. Außerdem ist er sehr naiv, vielleicht sogar geistig behindert.
Nach Ablauf der 10jährigen Ausbildung bereiten sich Sam und Irma auf den finalen Raumflug zur zweiten Erde vor. Aber Sam will vorher noch auf eine geheimnisvolle Insel, von der er nicht genau weiß, wo sie sein soll. Dennoch hilft Irma ihm bei der Flucht. Die beiden finden zunächst Unterschlupf bei Irmas Familie, die über ihren Besuch wenig erfreut sind. Nach einem Roadtrip mit Irmas früheren Freund Tom gelangen Irma und Sam tatsächlich auf eine Insel. Dort begegnet ihnen ein rätselhaftes, verwahrlostes Paar. Und eine Frau in Weiß, die Sam anscheinend dort erwartete.
Scheffel spielt gekonnt mit Sams Geheimnis. Er scheint geistig nicht der Leistungsfähigste zu sein, außerdem zeigt er homosexuelle Züge. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für den künftigen Adam. Irma mag ihn, aber lieben kann sie ihn definitiv nicht. Und alles spielt vor dem Hintergrund einer von galoppierender Umweltverschmutzung zunehmend heruntergewirtschafteten Erde und der manipulativen Macht von Medien, insbesondere reality-shows. Das Ende ist ziemlich unhappy.
Auch wenn nicht alle Wendungen immer restlos motiviert und logisch nachvollziehbar sind: Das Buch wird von einer dichten Atmosphäre, von detailliert gezeichneten Protagonisten, von einer variablen Sprache, die sich mit Leichtigkeit den verschiedenen Perspektivpersonen anpasst, und von starken, visionären Bildern getragen.
Das war das letzte Buch, dessen Lektüre ich im Juni beendet habe. Die beiden folgenden Bücher habe ich erst im Juli 2019 final inkorporiert.
Michael J. Awe, Andreas Fieberg, Joachim Pack (Hg.): Gegen Unendlich 13
Ja, ich habe die Nummer 13 nach der Nummer 14 gelesen. Die 13 erweist zwar nicht gerade als Unglückszahl – an das solide Niveau der Nummer 14 kommt sie aber nicht ganz heran. Die vier Originalbeiträge konnten leider sämtlich nicht überzeugen.
Meine persönlichen Highlights waren Ute Dietrichs „Das Eis“ über eine Eiszeit in Europa als unerwarteten Nebeneffekt des Klimawandels und was die Wissenschaft darüber verschwieg sowie Michael Hutters „Melchior Grün und das Sternentier“, eine köstliche und herzhafte Märchen-Parodie, über die ich gern und laut gelacht habe. Gefallen konnte auch das Gert-Prokop-Special, auch wenn die ausgewählte Story „Null minus Unendlich“ nicht zu meinen Favoriten zählt.
Dirk van den Boom: Canopus – Der kalte Krieg 1
Ich klaue mal den Verlagsteaser:
Das Imperium der Menschen in ferner Zukunft: ein politischer und wirtschaftlicher Gigant auf tönernen Füßen, mit Feinden an allen Grenzen und einem aggressiven Kurs der Expansion. In ihm leiden Menschen wie Außerirdische unter Kriegsbedingungen: Seit Jahren lebt das Imperium mit einem militärischen Konflikt, den es wahrscheinlich verlieren wird. Der »Kalte Krieg« zehrt an den Ressourcen und an den Nerven, innere Konflikte brechen auf und Loyalitäten werden infrage gestellt.
Mittendrin: ein aus dem Kriegsdienst entlassener Veteran, ein Sklave ohne Erinnerung an seine Identität, eine Wissenschaftlerin, deren Vergangenheit sie einholt, ein havarierter Frachterpilot, eine Soldatin und ein Waisenkind sowie eine Rebellin, die über Leichen geht. Ihr aller Leben wird unter mysteriösen Bedingungen miteinander verbunden und ihr Schicksal führt sie auf einen Kurs, der nach Canopus und weit darüber hinaus weist.
Dirk hat erzählerisch große Fortschritte gemacht. Er steigt unmittelbar in die Szenen ein und bewegt sich nahe an den Wahrnehmungen seiner Perspektivpersonen. Hinzu kommt ein rotziger Tonfall, gewürzt mit treffsicheren Sarkasmen. Kurz gesagt: Das Buch liest sich ausgesprochen flüssig und unterhaltsam runter.
Wegen der vielen Protagonisten und Handlungsstränge hatte ich zunächst Vorbehalte. Aber Dirk hält die Fäden souverän in seinen Händen und führt viele Stränge am Ende auf zwei Hauptschauplätzen zusammen. Es bleiben genügend offene Fragen, um zum Weiterlesen zu motivieren.
Besonders gefallen hat mir die Schiffs-KI, die ihre weiblichen Reize spielen lässt. Und die geheimnisvollen Wohlfühl-Steine, die wohl noch andere Facetten zeigen werden.
Und dennoch: In der Mitte hätte mich Dirk fast verloren. Da zerfaserte die Handlung so stark, dass mir kurzzeitig der Überblick flöten ging und - was noch schlimmer wiegt - ich kaum das Verlangen spürte, selbigen zurückzugewinnen. Unterm Strich bleibt das Ganze zwar eine konventionelle Military-SF-Space-Opera, aber eine richtig gut geschriebene, was „Canopus“ zu einem von Dirks besten Romanen bislang macht.
Gruß
Ralf
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Das habe ich auch gelesen und mich sogar zu einer Rezension für die Andromeda Nachrichten durchgerungen. Meiner Ansicht sind die Nominierungen zu Recht, vor allem sprachlich hat mir der Roman sehr zugesagt.Shock Wave Rider hat geschrieben: ↑18. August 2019 13:48 Annika Scheffel: Hier ist es schön
Annika Scheffel ist ehemalige Preisträgerin des Phantastikpreises der Stadt Wetzlar. "Hier ist es Schön" hat den "Robert-Gernhardt-Preis" gewonnen und wurde für den „Deutschen Science Fiction Preis“ nominiert.
Also das mit den homosexuellen Zügen habe ich nicht so empfunden. Es war da was im Gange mit einem Kerl der Show, für den Irma geschwärmt hat, der wohl deswegen ausgemustert wurde. Sam dagegen hat einfach wenig Erfahrung im Umgang mit Menschen. Aber ich denke mir bei so was immer: "Wenn sie ihn nicht mag, kann ich den süßen Kerl nicht haben?"Er scheint geistig nicht der Leistungsfähigste zu sein, außerdem zeigt er homosexuelle Züge. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für den künftigen Adam. Irma mag ihn, aber lieben kann sie ihn definitiv nicht.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Für mich war das offensichtlich. Wenn aus Sams Perspektive erzählt wurde, hat er sich immer für Männer begeistert. Irma war okay, aber mehr als Zuneigung oder Freundschaft konnte er für sie nicht empfinden.Nina hat geschrieben: ↑18. August 2019 22:16Also das mit den homosexuellen Zügen habe ich nicht so empfunden.Er scheint geistig nicht der Leistungsfähigste zu sein, außerdem zeigt er homosexuelle Züge. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für den künftigen Adam. Irma mag ihn, aber lieben kann sie ihn definitiv nicht.
Im Rahmen des Romankonzepts fand ich das eine äußerst gelungene Wendung. Ausgerechnet der Mann, der in einer Castingshow als Zuchthengst für die neue Menschheit auf einem anderen Planeten ausgewählt wurde, erweist sich als homosexuell. Dumm gelaufen, irgendwie.
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Ralf
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Der Juli 2019 war, stärker noch als der Juni, von Lektüre für den Deutschen Science Fiction Preis geprägt.
Neun diverse Kurzgeschichten für den DSFP 2019
Für den DSFP 2019 habe ich am Stück neun Kurzgeschichten aus sechs verschiedenen Anthologien gelesen, und zwar:
Nadja Neufeldt: Daisy (in: Nadja Neufeldt „Erstkontakt mit Violine“)
Nadja Neufeldt: Im Regen (in: Nadja Neufeldt „Erstkontakt mit Violine“)
Jutta Sieber: Die Schwimmerin (in: M. A. Reymond, M. Kaufmann, E. Potmann (Hg.) „Fiction x Science“)
Svantje Oppermann: Das letzte Erwachen (in: M. A. Reymond, M. Kaufmann, E. Potmann (Hg.) „Fiction x Science“)
Jens Gehrens: Der Elter (in: Stefan Holzhauer (Hg.) „Reiseziel Utopia“)
Andreas Raabe: Komm zum RingelRangelPlatz! (in: Stefan Holzhauer (Hg.) „Reiseziel Utopia“)
Uwe Post: Kurz vor Pi (in: „Spektrum der Wissenschaft“ 09/2018)
Andreas G. Meyer: Kill! in: Gehard Schneider (Hg.) „Spliff 85555“)
Matthias Falke „Der elfte Avatar“ (in: Jürgen Eglseer (Hg.) „Wasserstoffbrennen“)[/list]
Die Stories von Nadja Neufeldt zeigten gute Ansätze. Hoffentlich schreibt die Autorin weiter. Sie könnte eine echte Bereicherung für die deutsche SF werden.
Absolut süß Jens Gehrens Story „Der Elter“ über eine Mutter, die ihr Kind zur Adoption freigibt und den Wunschadoptionsvater gleich mitbringt – den von ihr selbst gebauten Androiden Joris.
Total geflasht hat mich Andreas G. Meyer „Kill!“ über einen interstellaren Krieg gegen insektoide Aliens, bei dem unfreiwillig auch Gamer eingesetzt werden. Eine tour de force durch die Schrecken des Krieges, virtuelle Spielwelten mit überraschenden Schnittstellen zur Realität und eine böse Verschwörung.
Christian Torkler: Der Platz an der Sonne
In einer Alternate History fand kurz nach dem 2. Weltkrieg noch ein dritter statt, der Europa komplett verwüstete und zum wirtschaftlichen Aufstieg Afrikas führte. Nachdem Brenner in einem heruntergekommenen, von korrupten Bürokraten gefesselten Berlin mit einer Bar, die er betreibt, untergeht und sogar Frau und Familie verliert, begibt er sich auf die illegale Flucht in den reichen Süden, nach Afrika.
Das Anliegen, dem Leser die Leiden der realen Flüchtlinge durch eine vertauschte Perspektive nahezubringen, ist löblich und gut gemeint. Aber gut gemeint ist bekanntlich nicht immer gut gemacht. Zum einen hält sich das Buch viel zu lange mit Brenners Vorgeschichte in Berlin auf. Dadurch lernen wir den Protagonisten zwar gut kennen. Aber bei mir hat sich nie eine Bindung aufgebaut, zumal Brenner durch teilweise wenig nachvollziehbare Entscheidungen einen großen Anteil Verantwortung an seinem wirtschaftlichen Abstieg trägt. Das Schicksal hätte ihm auch in einer demokratischen Marktwirtschaft blühen können. Am meisten störte mich jedoch, dass Brenner sich während seiner Flucht immer wieder durch irgendwelche unwahrscheinlichen Zufälle wie Phönix aus der Asche aus den Sch*situationen erhob. Ja, die Ausbeutung der Flüchtlinge als Sklaven, die Ausnutzung ihrer Zwangslage durch gierige Schieberbanden, das wird alles angerissen. Aber gerade, wenn Brenner so richtig im Elend hätte versinken können und man die Sch*lage dem Leser einmal richtig vor Augen hätte führen können, kommt eine dieser unwahrscheinlichen Wendungen, nach denen es ihm plötzlich wieder deutlich besser geht. So erweist sich die Szene bei der Überfahrt über das Mittelmeer in einem total überfüllten, kaum seetauglichen Schiff als genau so eine verpasste Chance wie das gesamte Buch.
Marianne Labisch (Hg.) INSPIRATION: Die digitalen Welten des Andreas Schwietzke
Andreas Schwietzkes fantastische Visionen liebe ich. Seine Bilder saugen den Betrachter in fremde Welten hinein und fesseln dessen Blicke durch verblüffende Offenbarungen, die manchmal Entsetzen, manchmal aber auch eine ironische Freude hervorrufen.
23 Autoren haben 23 seiner Bilder ausgewählt und sich davon zu fantastischen Kurzgeschichten inspirieren lassen. Das Ergebnis wird in einem liebevoll ausgestatten gebundenen Buch im quadratischen Großformat präsentiert. Besondere Sorgfalt wurde auf die qualitativ hochwertige Wiedergabe von Schwietzkes Bilder gelegt. Aber auch die Stories erreichen insgesamt ein Niveau, wie man es in vergleichbaren Themen-Anthologien selten findet. Gewiss: nicht in jeder Auster steckt eine Perle. Es würde den Rahmen sprengen, wollte ich auf jede Story einzeln eingehen. Deshalb liste ich nur die besten auf.
Gut bis sehr gut:
Gabriele Behrend: Der Smaragswald
Arndt Waßmann: Planet der Träume
Regina Schleheck: Ein Audi
Enzo Asui: Vom Distler und von Wiesenfliegen
Anna Exel: The Lost Island: Das verlorene Eiland
Felix Woitkowski: Anhörung in der Sache Herr Arthur Turkur
Sascha Dinse: Alioth
Herausragende Highlights:
Mary Ann Dark: Bange Seelen
Susann Obando Ahmendt: Das Geheimnis der verschwundenen Quellen
Frederik Brake: El Viaja
Tetiana Trofusha: Coming Home
Abgerundet wird der Foliant mit einem Interview, das die Herausgeberin mit dem Künstler führte. Schwietzke gibt Einblicke in seine Arbeitsweise, seine Lebenseinstellung und seine Inspirationsquellen. Hochinteressant seine Kommentare zu einzelnen Bildern und deren literarischen Umsetzungen.
Für Bibliophile und für Freunde fantastischer Kurzgeschichten ein kleines Juwel!
Gruß
Ralf
Neun diverse Kurzgeschichten für den DSFP 2019
Für den DSFP 2019 habe ich am Stück neun Kurzgeschichten aus sechs verschiedenen Anthologien gelesen, und zwar:
Nadja Neufeldt: Daisy (in: Nadja Neufeldt „Erstkontakt mit Violine“)
Nadja Neufeldt: Im Regen (in: Nadja Neufeldt „Erstkontakt mit Violine“)
Jutta Sieber: Die Schwimmerin (in: M. A. Reymond, M. Kaufmann, E. Potmann (Hg.) „Fiction x Science“)
Svantje Oppermann: Das letzte Erwachen (in: M. A. Reymond, M. Kaufmann, E. Potmann (Hg.) „Fiction x Science“)
Jens Gehrens: Der Elter (in: Stefan Holzhauer (Hg.) „Reiseziel Utopia“)
Andreas Raabe: Komm zum RingelRangelPlatz! (in: Stefan Holzhauer (Hg.) „Reiseziel Utopia“)
Uwe Post: Kurz vor Pi (in: „Spektrum der Wissenschaft“ 09/2018)
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Matthias Falke „Der elfte Avatar“ (in: Jürgen Eglseer (Hg.) „Wasserstoffbrennen“)[/list]
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Absolut süß Jens Gehrens Story „Der Elter“ über eine Mutter, die ihr Kind zur Adoption freigibt und den Wunschadoptionsvater gleich mitbringt – den von ihr selbst gebauten Androiden Joris.
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Das Anliegen, dem Leser die Leiden der realen Flüchtlinge durch eine vertauschte Perspektive nahezubringen, ist löblich und gut gemeint. Aber gut gemeint ist bekanntlich nicht immer gut gemacht. Zum einen hält sich das Buch viel zu lange mit Brenners Vorgeschichte in Berlin auf. Dadurch lernen wir den Protagonisten zwar gut kennen. Aber bei mir hat sich nie eine Bindung aufgebaut, zumal Brenner durch teilweise wenig nachvollziehbare Entscheidungen einen großen Anteil Verantwortung an seinem wirtschaftlichen Abstieg trägt. Das Schicksal hätte ihm auch in einer demokratischen Marktwirtschaft blühen können. Am meisten störte mich jedoch, dass Brenner sich während seiner Flucht immer wieder durch irgendwelche unwahrscheinlichen Zufälle wie Phönix aus der Asche aus den Sch*situationen erhob. Ja, die Ausbeutung der Flüchtlinge als Sklaven, die Ausnutzung ihrer Zwangslage durch gierige Schieberbanden, das wird alles angerissen. Aber gerade, wenn Brenner so richtig im Elend hätte versinken können und man die Sch*lage dem Leser einmal richtig vor Augen hätte führen können, kommt eine dieser unwahrscheinlichen Wendungen, nach denen es ihm plötzlich wieder deutlich besser geht. So erweist sich die Szene bei der Überfahrt über das Mittelmeer in einem total überfüllten, kaum seetauglichen Schiff als genau so eine verpasste Chance wie das gesamte Buch.
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23 Autoren haben 23 seiner Bilder ausgewählt und sich davon zu fantastischen Kurzgeschichten inspirieren lassen. Das Ergebnis wird in einem liebevoll ausgestatten gebundenen Buch im quadratischen Großformat präsentiert. Besondere Sorgfalt wurde auf die qualitativ hochwertige Wiedergabe von Schwietzkes Bilder gelegt. Aber auch die Stories erreichen insgesamt ein Niveau, wie man es in vergleichbaren Themen-Anthologien selten findet. Gewiss: nicht in jeder Auster steckt eine Perle. Es würde den Rahmen sprengen, wollte ich auf jede Story einzeln eingehen. Deshalb liste ich nur die besten auf.
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Abgerundet wird der Foliant mit einem Interview, das die Herausgeberin mit dem Künstler führte. Schwietzke gibt Einblicke in seine Arbeitsweise, seine Lebenseinstellung und seine Inspirationsquellen. Hochinteressant seine Kommentare zu einzelnen Bildern und deren literarischen Umsetzungen.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Jürgen Bertram - Asien, atemlos
Bertram war Auslandskorrespondent der ARD in China und Südostasien und das Buch besteht aus Schilderungen der Dinge, die er in den 1990 u.a. in Thailand, Singapur, Burma und Vietnam erlebt hat. Dadurch gewinnt der Leser einen kleinen Eindruck davon, wie sich diese Länder aus den verschiedensten Diktaturen gelöst haben (bis auf Burma natürlich) und einige davon zu den kapitalistischen Großmächten entwickeln konnten, die sie heute sind. Trotz einiger stilistischer Schwächen fand ich das Buch sehr interessant und spannend.
Gaston Leroux - The phantom of the opera
Ganz ehrlich, ich kann nicht verstehen, wie dieser kitschige Schmonz so einen Klassikerstatus erlangen konnte. Das Thema muss doch schon im Entstehungsjahr vollkommen überholt gewesen sein und der Stil ist grausig melodramatisch. Wenigstens ist es kurz, knapp 100 Seiten hat man in 3 Stunden erledigt.
Bertram war Auslandskorrespondent der ARD in China und Südostasien und das Buch besteht aus Schilderungen der Dinge, die er in den 1990 u.a. in Thailand, Singapur, Burma und Vietnam erlebt hat. Dadurch gewinnt der Leser einen kleinen Eindruck davon, wie sich diese Länder aus den verschiedensten Diktaturen gelöst haben (bis auf Burma natürlich) und einige davon zu den kapitalistischen Großmächten entwickeln konnten, die sie heute sind. Trotz einiger stilistischer Schwächen fand ich das Buch sehr interessant und spannend.
Gaston Leroux - The phantom of the opera
Ganz ehrlich, ich kann nicht verstehen, wie dieser kitschige Schmonz so einen Klassikerstatus erlangen konnte. Das Thema muss doch schon im Entstehungsjahr vollkommen überholt gewesen sein und der Stil ist grausig melodramatisch. Wenigstens ist es kurz, knapp 100 Seiten hat man in 3 Stunden erledigt.
Lese zur Zeit:
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Weiter geht es mit der Lesechronik aus dem Juli 2019, weiter geht es auch mit der Lektüre für den Deutschen Science Fiction Preis.
Robert Corvus: Das Imago-Projekt
Nachdem ich mit dem Vorgänger „Feuer der Leere“ so gar nicht warm geworden war, bin ich an den Nachfolge-Roman mit entsprechenden Vorbehalten rangegangen.
Überraschenderweise entpuppt sich "Das Imago-Projekt" als solide, gut ausgearbeitete Space Opera, die bisweilen an die besten Werke Brandhorsts erinnert, insbesondere an die erste "Kantaki"-Trilogie. Wir steigen ein in ein faszinierendes Universum voller exotischer Zutaten (die Astriden, das Schleier-System mit der Dyson-Sphäre, das lebende Raumschiff SQUID), erleben interessante Figuren und folgen einem solide gebauten Plot, der nur selten Gefahr lief, die Aufmerksamkeit des Lesers zu verlieren. Das Ende fand ich nicht 100%ig zufriedenstellend, aber das ist sowieso schwierig.
Unterm Strich: Eine solide bis faszinierende Space Opera, die mich zwar nicht überwältigt hat, deren Lektüre mich aber auch nicht reut.
Klaus Bollhöfener (Hg.): phantastisch! Nr. 75
Die Kronjuwelen-Ausgabe von „phantastisch!“, und es sind immer noch keine Abnutzungserscheinungen zu erkennen. Im Gegenteil: Die Nr. 75 habe ich wieder richtig gern gelesen. Hier mein Fazit aus dem entsprechenden Thread, wo man auch Details zu den einzelnen Artikeln findet:
Als Vorbereitung auf die "Abweichung" habe ich erst einmal den "Aufgang eines Gestirns" gelesen. Sprich: "Aszendenz" vor "Varianz".
Dirk wird immer professioneller. Der erste Band der "Scythe"-Trilogie punktet mit interessantem Personal, konfliktreichen Beziehungen, einer interstellar vagabundierenden Hohlkugel, die sich Raumschiffe diverser Spezies einverleibt, einer flüssig lesbaren Schreibe mit einer gehörigen Portion van den Boom'schen Sarkasmus', einem auf verschiedene Handlungsstränge aufgeteilten Spannungsbogen, die sich am Ende in der geheimnisvollen Riesenhohlkugel vereinen, spannungsreiche Machtkonstellationen und merkwürdigen extraterrestrischen Ritualen. Ein spannende, rundum farbige Space Opera, die sich gut runterliest und Lust auf die Fortsetzung macht.
Dennoch: strukturelle Ähnlichkeiten mit "Canopus" drängen sich geradezu auf. Dirk fügt die üblichen Versatzstücke zu einer bewährten Dramaturgie zusammen.
Außerdem fand ich es schade, dass ausgerechnet wieder mal die Menschen in der Hohlkugel eine Sonderrolle zu spielen scheinen.
Dieses war der erste Streich,
doch der zweite folgt sogleich:
Dirk van den Boom: Die Reise der Scythe 2 - Varianz
Was bin ich froh, dass ich die "Aszendenz" noch vorgeschaltet hatte! Ohne den ersten Teil hätte ich bei "Varianz" nicht allzu viel kapiert.
"Varianz" leidet allerdings unter dem typischen Mittelband-einer-Trilogie-Problem: Da wurde in „Aszendenz“ ein vielschichtiges, konfliktreiches Ensemble eingeführt, viele interessante Spezies und rätselhafte Phänomene aufgetan und der Leser mit einem veritablen Cliffhanger zurückgelassen - aber was geschieht damit? Statt die eingefädelten Konflikte konsequent fortzuführen und das bereits recht umfangreiche Personal uns noch näher zu bringen, werden jede Menge zusätzlicher (und mE völlig unnötiger) Kaninchen aus dem Hut gezogen: Kyen, der Wagemutige, dem doch tatsächlich die Flucht gelungen ist (aber als es drauf ankommt, zieht er den Schwanz ein - wozu brauchte man diese Figur eigentlich?), das Raumschiffpärchen der An'Sa und der Skendi, das die Sphäre verfolgt, der Sonnenherr mit den sieben Brüdern, Tizia, ...
Unter dem Druck dieser viel zu vielen neuen Figuren werden die bereits eingeführten Charaktere zu sehr aus den Augen verloren.
Die Zerfaserung passt zwar irgendwie zum Titel ("Varianz"), führte bei mir aber zu zunehmender Konfusion (wer ist das jetzt schon wieder?) und deutlich nachlassenden Interesse. Während ich am Ende von Teil 1 wirklich gespannt auf Teil 2 war, möchte ich mir Teil 3 am liebsten sparen.
Bei der Skiir-Trilogie hatte ich ein ähnliches Problem mit Band 2.
Gruß
Ralf
Robert Corvus: Das Imago-Projekt
Nachdem ich mit dem Vorgänger „Feuer der Leere“ so gar nicht warm geworden war, bin ich an den Nachfolge-Roman mit entsprechenden Vorbehalten rangegangen.
Überraschenderweise entpuppt sich "Das Imago-Projekt" als solide, gut ausgearbeitete Space Opera, die bisweilen an die besten Werke Brandhorsts erinnert, insbesondere an die erste "Kantaki"-Trilogie. Wir steigen ein in ein faszinierendes Universum voller exotischer Zutaten (die Astriden, das Schleier-System mit der Dyson-Sphäre, das lebende Raumschiff SQUID), erleben interessante Figuren und folgen einem solide gebauten Plot, der nur selten Gefahr lief, die Aufmerksamkeit des Lesers zu verlieren. Das Ende fand ich nicht 100%ig zufriedenstellend, aber das ist sowieso schwierig.
Unterm Strich: Eine solide bis faszinierende Space Opera, die mich zwar nicht überwältigt hat, deren Lektüre mich aber auch nicht reut.
Klaus Bollhöfener (Hg.): phantastisch! Nr. 75
Die Kronjuwelen-Ausgabe von „phantastisch!“, und es sind immer noch keine Abnutzungserscheinungen zu erkennen. Im Gegenteil: Die Nr. 75 habe ich wieder richtig gern gelesen. Hier mein Fazit aus dem entsprechenden Thread, wo man auch Details zu den einzelnen Artikeln findet:
Dirk van den Boom: Die Reise der Scythe 1 - AszendenzDas ist wieder einmal ein rundum gute, interessante Ausgabe. Ich habe über 80% der Artikel inkorporiert und nichts bereut. Highlights sind Schnurrers Artikel über Beelzebub und den Orchideengarten, Hofmanns Heinlein-Hommage, Illmers Artikel über die Folio Society und Klaudia Seibels Sport-Artikel.
Klaus, bitte mach weiter so!
Als Vorbereitung auf die "Abweichung" habe ich erst einmal den "Aufgang eines Gestirns" gelesen. Sprich: "Aszendenz" vor "Varianz".
Dirk wird immer professioneller. Der erste Band der "Scythe"-Trilogie punktet mit interessantem Personal, konfliktreichen Beziehungen, einer interstellar vagabundierenden Hohlkugel, die sich Raumschiffe diverser Spezies einverleibt, einer flüssig lesbaren Schreibe mit einer gehörigen Portion van den Boom'schen Sarkasmus', einem auf verschiedene Handlungsstränge aufgeteilten Spannungsbogen, die sich am Ende in der geheimnisvollen Riesenhohlkugel vereinen, spannungsreiche Machtkonstellationen und merkwürdigen extraterrestrischen Ritualen. Ein spannende, rundum farbige Space Opera, die sich gut runterliest und Lust auf die Fortsetzung macht.
Dennoch: strukturelle Ähnlichkeiten mit "Canopus" drängen sich geradezu auf. Dirk fügt die üblichen Versatzstücke zu einer bewährten Dramaturgie zusammen.
Außerdem fand ich es schade, dass ausgerechnet wieder mal die Menschen in der Hohlkugel eine Sonderrolle zu spielen scheinen.
Dieses war der erste Streich,
doch der zweite folgt sogleich:
Dirk van den Boom: Die Reise der Scythe 2 - Varianz
Was bin ich froh, dass ich die "Aszendenz" noch vorgeschaltet hatte! Ohne den ersten Teil hätte ich bei "Varianz" nicht allzu viel kapiert.
"Varianz" leidet allerdings unter dem typischen Mittelband-einer-Trilogie-Problem: Da wurde in „Aszendenz“ ein vielschichtiges, konfliktreiches Ensemble eingeführt, viele interessante Spezies und rätselhafte Phänomene aufgetan und der Leser mit einem veritablen Cliffhanger zurückgelassen - aber was geschieht damit? Statt die eingefädelten Konflikte konsequent fortzuführen und das bereits recht umfangreiche Personal uns noch näher zu bringen, werden jede Menge zusätzlicher (und mE völlig unnötiger) Kaninchen aus dem Hut gezogen: Kyen, der Wagemutige, dem doch tatsächlich die Flucht gelungen ist (aber als es drauf ankommt, zieht er den Schwanz ein - wozu brauchte man diese Figur eigentlich?), das Raumschiffpärchen der An'Sa und der Skendi, das die Sphäre verfolgt, der Sonnenherr mit den sieben Brüdern, Tizia, ...
Unter dem Druck dieser viel zu vielen neuen Figuren werden die bereits eingeführten Charaktere zu sehr aus den Augen verloren.
Die Zerfaserung passt zwar irgendwie zum Titel ("Varianz"), führte bei mir aber zu zunehmender Konfusion (wer ist das jetzt schon wieder?) und deutlich nachlassenden Interesse. Während ich am Ende von Teil 1 wirklich gespannt auf Teil 2 war, möchte ich mir Teil 3 am liebsten sparen.
Bei der Skiir-Trilogie hatte ich ein ähnliches Problem mit Band 2.
Gruß
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Das Buch wurde erst durch die erste Verfilmung berühmt. Und Klassiker ist kein literarischer Maßstab, sondern nur einer, der besagt, dass ein Werk in irgendeiner Hinsicht bedeutend ist, in welcher auch immer.heino hat geschrieben: ↑19. August 2019 20:22
Gaston Leroux - The phantom of the opera
Ganz ehrlich, ich kann nicht verstehen, wie dieser kitschige Schmonz so einen Klassikerstatus erlangen konnte. Das Thema muss doch schon im Entstehungsjahr vollkommen überholt gewesen sein und der Stil ist grausig melodramatisch. Wenigstens ist es kurz, knapp 100 Seiten hat man in 3 Stunden erledigt.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread
Danke für diese völlig unnötige Belehrung
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