DSFP 2020: Die Preisträger

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shugal
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DSFP 2020: Die Preisträger

Ungelesener Beitrag von shugal »

Das Komitee zur Vergabe des Deutschen Science-Fiction-Preises freut sich, die Preisträger des DSFP 2019 bekanntzugeben. Für den DSFP 2020 sind alle im Original in deutscher Sprache im Jahr 2019 erstmals in gedruckter Form erschienenen Texte des Literaturgenres Science-Fiction relevant.

Der Deutsche Science-Fiction-Preis 2020 wird auf dem WetzKon 3 (03.–05. Juli 2020), dem diesjährigen JahresCon des Science-Fiction-Club Deutschland e. V., in Wetzlar (Phantastische Bibliothek Wetzlar, Turmstr. 20, 35578 Wetzlar) verliehen. Der DSFP ist mit 1.000 Euro je Kategorie dotiert.

Das Komitee beglückwünscht die Preisträger und Platzierten zu ihrem Erfolg und bedankt sich bei den Herausgebern und Lektoren, den Verlagen und ihren Mitarbeitern für die Unterstützung der deutschsprachigen Science-Fiction. Besonderer Dank gilt den Autoren und Verlagen, die die Arbeit des Komitees durch Überlassung von Leseexemplaren unterstützt haben.

Kategorie »Beste deutschsprachige Kurzgeschichte«

Der Deutsche Science-Fiction-Preis 2020 für die beste Kurzgeschichte geht an:

»Don’t Be Evil« von Tom Turtschi, erschienen in »Nova 28«, herausgegeben von Michael Haitel und Michael K. Iwoleit, p.machinery, ISBN-13 978-3-95765-326-5, ISSN 1864-2829

Die weiteren Platzierungen:
  • 2. »Coleo« von Nadine Muriel, erschienen in »Alien Eroticon: Erotische SF«, herausgegeben von Detlef Klewer, Eridanus Verlag, ISBN-13 978-3-946348-21-4
  • 3. »Requiem« von Karl Wolfgang Flender, erschienen in » 2029 – Geschichten von morgen«, herausgegeben von Stefan Brandt, Christian Granderath und Manfred Hattendorf, Suhrkamp Verlag, ISBN-13 978-3-518-47029-9
  • 4. »Partition« von Gabriele Behrend, erschienen in »Gegen Unendlich 15«, herausgegeben von Michael J. Awe und Andreas Fieberg, p.machinery, ISBN-13 978-3-95765-172-3
  • 4. Vom Krug auf dem Hügel in Tennessee« von Christopher Ecker, erschienen in »Exodus 39«, herausgegeben von René Moreau, Olaf Kemmler und Fabian Tomaschek, Eigenverlag René Moreau, ISSN 1860-675X
  • 6. »Ich bin dein Mensch« von Emma Braslavsky, erschienen in »2029 – Geschichten von morgen«, herausgegeben von Stefan Brandt, Christian Granderath und Manfred Hattendorf, Suhrkamp Verlag, ISBN-13 978-3-518-47029-9
  • 7. »Der letzte Bibliothekar« bzw. »Byzantium« von Dimitrios Kasprzyk, erschienen in »Andromeda Nachrichten 267«, herausgegeben von Michael Haitel, Science Fiction Club Deutschland e. V., ISSN 0934-3318, sowie in »Krieg der Mondvölker«, herausgegeben von Peggy Weber-Gehrke, Verlag für moderne Phantastik, ISBN-13 978-3-9818752-3-2 und 978-3-9818752-4-9 (eBooks)
  • 8. »Koloss aus dem Orbit« von Jacqueline Montemurri, erschienen in » Exodus 39«, herausgegeben von René Moreau, Olaf Kemmler und Fabian Tomaschek, Eigenverlag René Moreau, ISSN 1860-675X
Kategorie »Bester deutschsprachiger Roman«

Der Deutsche Science-Fiction-Preis 2020 für den besten Roman geht an:

»Der Würfel« von Bijan Moini, Atrium Verlag, 406 Seiten, ISBN-13 978-3-85535-059-9

Die weiteren Platzierungen:
  • 2. »Das Netz der Sterne« von Andreas Brandhorst, Piper-Verlag, 512 Seiten, ISBN 978-3-492-70512-7
  • 3. »Metropole 7 – Der letzte Admiral Band 1« von Dirk van den Boom, Cross Cult (Amigo Grafik), 397 Seiten, ISBN-13 978-3-95981-388-4
  • 4. »Shape me« von Melanie Vogltanz, Verlag ohneohren, 288 Seiten, ISBN 978-3-903296-22-0
  • 5. »K.I. – Wer das Schicksal programmiert« von Christian J. Meier, Polarise (dpunkt.verlag), 272 Seiten, ISBN 978-3-947619-19-1
  • 6. »Resonanz – Die Reise der Scythe Band 3« von Dirk van den Boom, Cross Cult (Amigo Grafik), 426 Seiten, ISBN-13 978-3-95981-531-4
  • 7. »GRM« von Sibylle Berg, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 634 Seiten, ISBN-13 978-3-462-05143-8
  • 8. »Die Starfarer-Verschwörung – Die Sax-Chroniken Band 1« von Richard Schwartz, Piper-Verlag, 528 Seiten, ISBN 978-3-492-70368-0
Martin Stricker
Für das DSFP-Preiskomitee
Frankfurt am Main, den 17.05.2020
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Flossensauger
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Re: DSFP 2020: Die Preisträger

Ungelesener Beitrag von Flossensauger »

Bis auf Sibylle Berg (die auf dieser Liste fehlplaziert ist, da reiner Horror) habe ich genau nix gelesen. Schade irgendwie.

Vom siegreichen Roman lese ich heute das erste mal, kenne weder Autor noch Verlag.

Ja, ich empfinde mich als interessierten viel Leser, der auch gerne im näherem Umfeld schaut und auch neuem, anderem eine Chance gibt.


(Was ich nicht mehr mache: Deutsche SF- Periodika zu kaufen, ausser den Jubelbänden bei Pabel/Moewig. Das Chaos, die schwankende Qualität, die Terminunfähigkeit, die fehlende Kontrolle an Lektorat und grundlegender Qualität der Texte hat es mir verlitten. Teuer ist's für mich noch dazu (ich weiss um die Problematik!).)
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Ender
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Re: DSFP 2020: Die Preisträger

Ungelesener Beitrag von Ender »

Wie es der Zufall will, habe ich die betreffenden Romane gelesen. Hier sind meine ganz persönlichen Eindrücke:


Bijan Moini - Der Würfel
Deutschland wird (wie viele andere Länder auch) von einer Art KI regiert, von einem Algorithmus, der die Bedürfnisse der Menschen anhand der gesammelten und analysierten Daten errechnet.
Plausible und glaubwürdige Darstellung der Auswirkungen einer solchen totalen Datenabhängigkeit, sowie auch der Probleme der Verweigerer. Es ist zwar nicht vorgeschrieben, sich dem "Würfel" zu unterwerfen, aber die Rechte der sog. Offliner werden immer weiter beschnitten, der gesellschaftliche Druck wird immer größer (Ausgrenzung, Mobbing). Am stärksten ist der Roman immer dann, wenn Diskussionen über das Für und Wider des Systems geführt werden, denn dabei kommen alle Seiten mit ihren Argumenten zu Wort.
Ich persönlich fand
die Hauptfigur, die einerseits als jahrelanger sturer und eigensinniger Verweigerer vorgestellt wird, sich aber im Verlauf der Handlung permanent als das Gegenteil erweist: wankelmütig, leicht beeinflussbar. Das passt nicht zusammen.
und
das Ende: Nichts gegen ein Unhappy Ending, aber am Schluss ist letztlich alles wieder haargenau so wie am Anfang des Buches. Das macht alles irgendwie sinnlos.
nicht richtig überzeugend. Trotzdem ein absolut lesenswerter Roman.

Andreas Brandhorst - Das Netz der Sterne
Eine typische Brandhorst-Space-Opera mit einem gigantischen Universum, Aliens, Raumschiffen, einer durchdachten Geschichte, Spannung, Action, Abenteuer, Exotik und einem leichten Touch Fantasy.
Wer solche Werke des Autors mag (so wie ich zum Beispiel) wird auch hier wieder bestens bedient. Und ich habe sogar von Leuten gehört, die sonst keine Fans seiner Space Operas sind, aber diesen Roman trotzdem mochten.

Dirk van den Boom - Metropole 7 (Der letzte Admiral 1)
Wieder einmal wurde die Welt von einer überlegenen Alienrasse überrannt ... hier handelt es sich allerdings - und das ist das Originelle daran - nicht um eine bösartige, grausame, kriegerische Besatzungsmacht, sondern offenbar eher um eine Art pflanzenähnlichen Organismus, der sich einfach im Universum ausbreitet, seine "Saat" verteilt und seiner Umgebung so lange die Nährstoffe nimmt, bis keine mehr vorhanden sind. Und dann weiterzieht. Blöd halt, wenn es sich bei dieser Umgebung um die Erde handelt.
Schöne Prämisse, eine bunt zusammengewürfelte Protagonistengruppe, die sich auf das große Abenteuer begibt, und auch einige ruhige Momente und interessante Gedanken (z.B. zum Thema Vorurteile).
Gestört haben mich einige "Deus ex machina" - Momente, in denen für das jeweilige Problem plötzlich eine Lösung aus dem Hut gezaubert wurde, die man als Leser dann einfach so hinnehmen muss. Aber insgesamt fühlte ich mich bestens unterhalten. Und so richtig losgehen wird es wohl erst im zweiten Teil, das lässt zumindest das Ende vermuten.
Aber wer Dirks Trilogien kennt, ahnt: vielleicht geht doch alles noch in eine völlig andere Richtung. Wer weiß? (Er selbst vermutlich auch noch nicht)

Melanie Vogltanz - Shape Me
Ein Roman, der auf ganz vielen Ebenen funktioniert: Er behandelt aktuelle Themen (Überwachung, Schönheitswahn), er denkt bestimmte Entwicklungen weiter (Kalorienkonto, Gesundheitsdiktatur, implantierte Chips), er präsentiert spektakuläre Zukunftstechnologien (Körpertausch), er stellt relevante Fragen (Moral, Äußerlichkeiten, "Der Mensch hinter der Fassade"), er unterhält mit spannender Handlung und überraschenden Wendungen (Kriminalfall), er ist sprachlich sehr gekonnt und souverän geschrieben und er ist von außergewöhnlich realistischen Figuren bevölkert; von Figuren, die ganz einfach dermaßen ECHT sind, wie man es nur in wenigen Büchern findet.
Mein persönlicher Favorit aus dieser Liste. Mit Abstand.

Christian J. Meier - K.I.-Wer das Schicksal programmiert
Eine weitere "KI lenkt und manipuliert die Welt"-Geschichte mit großen Ähnlichkeiten zu "Der Würfel". Im Gegensatz dazu bleibt der Weltenbau hier aber wesentlich oberflächlicher und das ganze Szenario damit weniger eindringlich, weniger bedrückend und damit letztlich auch weniger glaubwürdig. Auch die Figuren bleiben ziemlich blass. Stattdessen wird wesentlich mehr Wert auf eine spannende Story mit viel Tempo und auch Action gelegt.
Der Roman liest sich dadurch recht flott und unterhaltsam, allerdings ohne dass nach dem Zuklappen des Buchs bei mir noch irgendetwas hängengeblieben wäre.

Dirk van den Boom - Resonanz (Die Reise der Scythe 3)
Vorab: Man muss die ersten beiden Teile gelesen haben, sonst versteht man hier nicht viel.
Während in Band 1 der Trilogie eine interessante Welt vorgestellt und in Band 2 das Leben innerhalb des geschlossenen Systems der "Sphäre" beschrieben wurde, geht es im letzten Teil wesentlich weniger handfest und konkret zu. Paralleluniversen, Illusionen, verschiedene Dimensionen, wechselnde Realitätsebenen ... mir war das alles einfach zu abstrakt, als dass ich da wirklich mitfiebern könnte oder großen Spaß daran hätte.
Durch die vielen Ebenen wirkte die ganze Handlung letztlich irgendwie willkürlich.
Zweifellos ordentlich und fantasievoll geschrieben, aber für mich persönlich deutlich uninteressanter als die ersten beiden Teile der Trilogie.

Sibylle Berg - GRM.Brainfuck
Großbritannien in der nahen Zukunft: Arm gegen Reich, Oben gegen Unten, Gut gegen B... äh, nein: Böse gegen Noch Böser. Aktuelle Entwicklungen in Gesellschaft, Politik und (z.T.) Technik werden analysiert und weitergedacht. Dabei kommt es zu vielen klugen Gedanken und Beobachtungen und zu Schlussfolgerungen, denen man - je nachdem - in weiten Teilen folgen und zustimmen kann (oder auch nicht). Vorgetragen in authentischer, direkter, schonungsloser Sprache.
Meine Probleme damit: Erstens ist es mehr Essay als Roman. Es gibt kaum Handlung, stattdessen permanente Betrachtungen, Beschreibungen und Analysen. Zweitens stumpft man beim Lesen ab. Was am Anfang noch krass und heftig (aber durchaus gelungen) erscheint, nervt irgendwann nur noch. Wirklich ALLE Menschen in diesem Buch sind kaputt, asozial, primitiv, pervers. Dadurch ist das alles sehr eindimensional, und irgendwann wird es einfach ermüdend, immer neue Beispiele von zerstörten Leben, heruntergekommenen Typen, brutalen Sadisten und degenerierten Idioten aufgetischt zu bekommen. Die teilweise wirklich interessanten Gedanken und gelungenen Analysen gehen in diesem Jauchebad zunehmend unter.
Für 200 Seiten hätte ich mir das gefallen lassen, für über 600 trägt es mMn nicht.

Richard Schwartz - Die Starfarer-Verschwörung (Die Sax-Chroniken 1)
Bunte Abenteuergeschichte auf einem fernen Planeten (wobei es nicht um Aliens geht) in einer Zukunft, in der die Menschheit sich ausgebreitet und weiterentwickelt, aber in weiten Teilen auch wieder zurückentwickelt hat.
Mir persönlich war das zu seicht, ohne große Höhepunkte, mit zu vielen Zufällen und nicht sonderlich interessanten Figuren. Das war mein zweiter Roman dieses Autors, und wieder hatte ich den Eindruck, dass Schwartz Probleme damit hat, einen durchgängigen Spannungsbogen aufzubauen. Stattdessen ist der Ablauf stets: a) ein Problem tritt auf, b) mit Hilfe der genialen KI oder wahlweise eines übermächtigen, alleskönnenden Verbündeten kann es ruckzuck gelöst werden, c) weiter geht's bis zum nächsten Problem, und dann: siehe a). Da ist kein echter roter Faden zu erkennen, alles plätschert einfach so dahin. Man kann es lesen, es tut nicht wirklich weh, aber ich persönlich fand es ziemlich langweilig.
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Re: DSFP 2020: Die Preisträger

Ungelesener Beitrag von lapismont »

Klingt jetzt nicht so, als ob ich Der Würfel lesen müsste. Shape Me und GRM sehen wir gleich, Ralf.

Die anderen Romane habe ich nicht gelesen.
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