Seite 1 von 1

Jack Womack

Verfasst: 13. August 2012 19:09
von Stefanie
Eins der Bücher, die mich dieses Jahr länger beschäftigt haben:

"Random Acts of Senseless Violence" von Jack Womack - das war mal sowas "ganz anderes", ich fand es sehr originell. Der Autor wird hier und im SFN selten genannt, mich würde interessieren, wer den sonst noch liest ;) und ob es Lesetipps gibt. Laut wikipedia hat der gute Mann lange nichts mehr veröffentlicht ...
Ist "Random Acts ..." sein größter Wurf? Wer kennt seine anderen Romane?

"Random Acts ..." - der Titel weckt eine Erwartungshaltung, die auf den ersten Seiten brutal enttäuscht wird. Die Geschichte wird in Form von Tagebucheinträgen eines zwölfjährigen Mädchens "Lola" erzählt und es fängt in der Art "Papi, Mami, meine Schwester und ich waren heute ein Eis essen" an.
Der soziale Abstieg der Familie vollzieht sich schnell und endgültig, die Welt der Erzählerin kippt und bald ergibt auch der Titel Sinn.
Ich halte das Buch für nicht übersetzbar (es ist auf Deutsch erschienen, aber ich kann mir nicht denken, dass das was taugt):
Das Original kommt ohne ein einziges Komma aus (nicht, weil man auf Englisch keine bräuchte, sondern weil die Zwölfjährige keine benutzt). Die Sprache wird mehr und mehr durchsetzt von Womacks selbst erfundenem street english (GROßARTIG), was Lola von ihren neuen Freundinnen lernt.
Die Figur entwickelt sich innerhalb kurzer Zeit wie selbstverständlich von einer artigen Privatschülerin zum Straßenkind zur Mörderin.
Das setting (New York, technologisch könnte es Heute sein, verrohte/verelendete Gesellschaft, mehrere amerikanische Präsidenten werden im Laufe des Buches nebenbei ermordet, das Militär soll in NY Ordnung schaffen, trägt aber eher zu den Verwüstungen und den Morden bei ...) hat mich fasziniert.
Ich finde das Buch sehr lesenswert, vor allem wegen der Sprache (von einer Übersetzung würde ich die Finger lassen - ist das Buch deswegen so unbekannt bei uns, weil die deutsche Version nichts taugt?)

Re: Jack Womack

Verfasst: 15. August 2012 20:06
von Bungle
Ich habe "Ambient" auf Deutsch gelesen, ist schon lange her. Für mich war das eine Satire, weil die Gewalt in diesem Roman so dermaßen überzogen war. Was mir aufgefallen ist, eine Gang sprach ein Englisch, das mich stark an das Bühnenenglisch eines Shakespeare erinnerte. Zumindest das hat der Übersetzer gut herübergebracht.

MB

Edit: "Elvissey" wartet darauf, gelesen zu werden.

Re: Jack Womack

Verfasst: 18. August 2012 22:20
von Stefanie
Ich hoffe ja noch drauf, dass hunderte Jack Womack Fans aus ihren Löchern gekrochen kommen und mir haarklein auseinandersetzen, welches sein bestes Buch ist und warum und welches ich deswegen unbedingt lesen muss ... :D
Aber ich seh schon, ich werd blind probieren müssen.
Diese sprachlichen Spielereien scheinen sein Markenzeichen zu sein. War für mich auch die größte Kreativleistung des Autors in Random Acts of Senseless Violence. Die Gewaltdarstellungen sind in dem Buch auch seltsam, weil alles aus der Sicht dieses kleinen Mädchens erzählt wird. Das Buch nimmt sich aber schon ernst.
Von dem was ich so ergoogeln konnte, werde ich wohl Elvissey ausprobieren.

Re: Jack Womack

Verfasst: 19. August 2012 08:38
von don redhorse
Dann schreib uns ne kleine Rezension in diesen Thread und bekehre uns damit zu Womack-Fans. :prima:

Ich tu mich immer etwas schwer damit, neue Autoren auszuprobieren, wenn ich nicht gerade ein Buch von ihnen im Buchladen probeschmökern konnte oder im Rahmen einer Anthologie auf ihn/sie stoße (so geschehen mit China Mieville), daher freue ich mich immer, wenn jemand mir etwas ehrlich empfehlen kann (oder abrät :wink: ).

Re: Jack Womack

Verfasst: 20. August 2012 18:52
von Stefanie
Hehe, Rezension ... ich hab zu Random Acts längst alles gesagt, was mir einfiel :P

Ich tu mich ebenfalls schwer damit, Bücher blind zu kaufen - deswegen auch diesen thread.

Ich kann eine ehrliche Empfehlung für Random Acts auf Englisch aussprechen, vorausgesetzt man fühlt sich im Englischen sicher und ist gewohnt Englisch zu lesen (wenn man mit "normalem" Englisch schon zu kämpfen hat, dürfte Womacks street English die reinste Folter werden).
Ohne sie gelesen zu haben rate ich von der deutschen Übersetzung ab: die paar Muster, die ich in Womacks Spracherfindung erkennen konnte (ich bin für diese sprachliche Analyse ziemlich inkompetent, aber ein paar Sachen hab ich gesehen), lassen sich nicht 1:1 ins Deutsche übertragen. Also falls sich das Buch auf deutsch gut liest, dann muss man die kreative Leistung des Übersetzers würdigen, kann aber gar nicht sehen, was der Autor in der Vorlage geleistet hat. Und falls sich das Buch auf deutsch mies liest (was ich vermute), dann ist am Übersetzer nix zu würdigen ;) und man hat immer noch keinen Zugang zu dem, was der Autor in der Vorlage serviert hat ...

Mal sehen, einen zweiten Roman des Autors leg ich mir auf alle Fälle auf den SUB.

Re: Jack Womack

Verfasst: 21. August 2012 07:31
von don redhorse
Ich würde die deutsche Übersetzung erst prügeln, wenn sie vorliegt. :wink: Also mal abwarten. Mein Englisch ist, naja, Schulenglisch halt. Um einem japanischen Touristen zu erklären, wie er die nächste Bushaltestelle findet, reicht es aus, aber Originale lesen geht nicht. Ich hab schon teils massive Schwierigkeiten mit englischen Webseiten.

Manchmal kann man aber auch positive Überraschungen erleben, wie z.B. "Clockwork Orange", dessen deutsche Fassung meiner Meinung nach echt gut ist. Die Eindeutschung von englischem Slang - besonderes wenn es sich auch noch um vom Autoren erfundenen, also fiktiven Slang handelt - ist natürlich ein Problem. In einer Übersetzung von "Brave New World" wurde da echt Bockmist verbrochen, und auch in einigen New Wave- und Cyberpunk-Romanen. (Nein, das wird jetzt kein Artikel dazu; da brems ich mich lieber mal selbst!)
Also, erst mal deutsche Fassung von Womack abwarten. :prima: