Michel Houellebecq: Unterwerfung

Science Fiction in Buchform
heino
SMOF
SMOF
Beiträge: 7529
Registriert: 2. Mai 2003 20:29
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Wohnort: Köln

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von heino »

Hätte er, aber es ist nicht überraschend, dass hier aus Marketingsicht die Gunst der Stunde genutzt wird.
Lese zur Zeit:

Martin Sonneborn - Herr Sonneborn bleibt in Brüssel
Benutzeravatar
Knochenmann
Der Sailor-Mod
Der Sailor-Mod
Beiträge: 12943
Registriert: 26. April 2004 19:03
Land: Österreich!

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von Knochenmann »

Besprechung des Buches auf derstandatd.at

Da kling das Buch eher lahm. Aber es wurde auch im Kulturressort besprochen, denen traue ich nicht mal eine Besprechung der Kleinen Raupe Nimmersatt zu.
Als ich jung war, war der Pluto noch ein Planet

Mod-Hammer flieg und sieg!


Alle Bücher müssen gelesen werden
Gast09
SMOF
SMOF
Beiträge: 2816
Registriert: 10. Juni 2008 10:37

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von Gast09 »

Habe in dieser Godesberger Buchhandlung die ersten 5 Seiten überflogen. Sagen wir mal so: Ich bevorzuge die Kleine Raupe Nimmersatt.
Gast09
Benutzeravatar
lapismont
SMOF
SMOF
Beiträge: 13662
Registriert: 17. Februar 2004 13:23
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Hannes Riffel (Hrsg.) – Vor der Revolution
Michael Moorcock – Elric
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von lapismont »

Auf der Zukunft gibt es eine vielleicht genre-afinere Besprechung, die aber ähnlich negativ ausfällt:

Vielweiberei und verdreifachte Gehälter
Benutzeravatar
Pogopuschel
SMOF
SMOF
Beiträge: 3850
Registriert: 7. Juli 2004 23:34
Land: Deutschland
Wohnort: Westerwald

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Nach den Kritiken, die ich bisher gelesen habe, soll der Roman keine plumpe Islamschelte sein, sondern differenziert nach allen Seiten austeilen. Es soll auch kein "Schreckensszenario" geben, wie die ARD berichtete. Im Gegenteil, Frankreich soll unter dem islamischen Präsidenten sogar aufblühen.
Meine Internetseite (mit Buchbesprechungen): http://lesenswelt.de/
Benutzeravatar
lapismont
SMOF
SMOF
Beiträge: 13662
Registriert: 17. Februar 2004 13:23
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Hannes Riffel (Hrsg.) – Vor der Revolution
Michael Moorcock – Elric
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von lapismont »

Pogopuschel hat geschrieben:Nach den Kritiken, die ich bisher gelesen habe, soll der Roman keine plumpe Islamschelte sein, sondern differenziert nach allen Seiten austeilen. Es soll auch kein "Schreckensszenario" geben, wie die ARD berichtete. Im Gegenteil, Frankreich soll unter dem islamischen Präsidenten sogar aufblühen.
was aber nichts über eine glaubwürdige oder ansprechende Lektüre sagt. :popcorn:
Benutzeravatar
Pogopuschel
SMOF
SMOF
Beiträge: 3850
Registriert: 7. Juli 2004 23:34
Land: Deutschland
Wohnort: Westerwald

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Wir werden es erst wissen, wenn wir das Buch selbst gelesen haben.
Meine Internetseite (mit Buchbesprechungen): http://lesenswelt.de/
Benutzeravatar
lapismont
SMOF
SMOF
Beiträge: 13662
Registriert: 17. Februar 2004 13:23
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Hannes Riffel (Hrsg.) – Vor der Revolution
Michael Moorcock – Elric
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von lapismont »

Pogopuschel hat geschrieben:Wir werden es erst wissen, wenn wir das Buch selbst gelesen haben.
Dann werde ich wohl unwissend bleiben müssen.
:bier:
Benutzeravatar
Bully
SMOF
SMOF
Beiträge: 4780
Registriert: 8. Dezember 2007 17:24
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Wohnort: (Ober)Hagen
Kontaktdaten:

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von Bully »

Naja, "naiv und wenig plausibel" klingt für mich nicht nach "differenziert nach allen Seiten austeilen".

Wobei das natürlich kein direkter Widerspruch ist, aber Satire kommt muMn am besten, wenn sie möglichst knirsch an der Wirklichkeit vorbeistreicht.

Oder es handelt sich um Realsatire, worüber der gute alte Juvenal so schön sagte: "Manchmal ist es schwieriger, keine Satire zu schreiben." Und danach sieht es gerade nicht aus.
Anderswo known as Yart Fulgen
Gast09
SMOF
SMOF
Beiträge: 2816
Registriert: 10. Juni 2008 10:37

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von Gast09 »

Gelesen und für Steppenwolf! befunden.
Es ist kein makro-politisches Buch, keine Gesellschafts-Vision, kein Groß-Szenario. Es ist eine eher kleine Handlung, gespeist von Gedanken und Empfindungen eines Einzelgängers, der, ähnlich wie bei HH, den Tag abwürgt, ihn sanft umbringt, dabei die Schmerzen erträgt, die ältere Männer nun mal haben (hier Fußpilz, Ischias und Anal-Fisteln) und sich, vergleichbar mit dem Fänger im Roggen nicht in der Lage sieht, sich mit der Realität seines Privat- und Berufslebens (als Uni-Prof) zu arrangieren. Auf Fragen antwortet er eher einsilbig; etwas von Der Fremde ist wohl auch drin.
Sein Leben verläuft eher orientierungslos.
Er irrt mehr oder weniger Ziellos durchs leben, vagabundiert zwischen Prostituierten, Kloster, eigener Wohnung und Urlaubsdomizil hin und her, hat kein Interesse an seiner Lehrtätigkeit (höchstens an der ein oder anderen Studentin) ist aber gleichwohl enttäuscht als seine Uni nach dem Wahlsieg der Moslem-Bruderschaft geschlossen wird und man ihm ab diesem Zeitpunkt die volle Pension anbietet. Er verabscheut das Buch Die Geschichte der O, ist aber gleichwohl fasziniert von der dort beschriebenen Unterwerfung und fühlt sich geehrt, als er in das Gebäude eingeladen wird, wo dieses Buch geschrieben worden ist.
Erst am Ende, als er sich etwas intensiver mit dem Islam beschäftigt, deutet sich eine Wende an.
Eine nun unter islamischer Leitung geführte Uni bietet ihm an, seinen früheren Job wieder anzutreten. Es wird allerdings von ihm erwartet, dass er zum Islam konvertiert. Zunächst zögert er. Als ihm jedoch eröffnet wird, dass sein zukünftiges Gehalt ausreichen wird, um drei Frauen zu haben und man eine Ehevermittlerin einsetzen wird, die ihm drei seiner Studentinnen zuweisen wird, schmilzt sein Widerstand dahin.
Eine Wende hin zum Glücklichen.
Auch für jm der sich mit dem französischen Gesellschafts- und Politik-System und insbesondere mit der französischen Literatur nicht auskennt, ist das, was in diesem Buch geschrieben steht, durchaus nachvollziehbar. Manchmal etwas überladen; zu viele Namen, Titel, Querverweise, letztendlich aber flüssig geschrieben und in sich glaubhaft.
Habe ich so nicht erwartet.
Man sieht mich überrascht.
Gast09
Benutzeravatar
Pogopuschel
SMOF
SMOF
Beiträge: 3850
Registriert: 7. Juli 2004 23:34
Land: Deutschland
Wohnort: Westerwald

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Pogopuschel hat geschrieben:Wir werden es erst wissen, wenn wir das Buch selbst gelesen haben.
Das fällt mir ein, dass ich es inzwischen ja gelesen habe:

Sehr kluges Buch über einen Literaturprofessor in der Midlife-Crisis, der dank des Wahlsiegs der muslimischen Partei vor eine Entscheidung gestellt wird, mit der er entweder seine Ideale verraten muss und ein schönes Leben führen kann, oder mit der er seinen Idealen treu bleibt und ein nicht ganz so schönes Leben führen kann. Kein islamfeindliches Buch, da es doch eine sehr gemäßigte Variante des Islams schildert, die es in ihrer Liberalität meines Wissens nach in keinem islamischen Land in dieser Form gibt. Insofern sogar eine Utopie, die einem Atheisten wie mir aber immer noch zuwider ist. Das Buch ist recht sperrig geschrieben, und wird sicher viele Leserinnen enttäuschen, die kontroverse Islamkritik erwarten.
Meine Internetseite (mit Buchbesprechungen): http://lesenswelt.de/
Benutzeravatar
Ming der Grausame
Evil Ruler of Mongo
Evil Ruler of Mongo
Beiträge: 5385
Registriert: 9. August 2011 22:13
Bundesland: Delaware
Land: Vereinigten Staaten
Liest zur Zeit: Mike McQuay: Escape from New York
Wohnort: Wilmington
Kontaktdaten:

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von Ming der Grausame »

L.N. Muhr hat geschrieben:Der Verlag hätte das Buch vorerst auf Eis legen sollen.
Warum? Nur damit mein SUB nicht so schnell anwächst? Die französische Ausgabe habe ich schon und die deutsche Ausgabe kam gerade recht, damit es als Geschenk dienen konnte.
heino hat geschrieben:aber es ist nicht überraschend, dass hier aus Marketingsicht die Gunst der Stunde genutzt wird.
Grünau. Wenn es Suppe regnet, verkauft man schließlich auch keine Gabeln, nicht wahr?
„Weisen Sie Mittelmäßigkeit wie eine Seuche zurück, verbannen Sie sie aus ihrem Leben.“ – Buck Rogers
#The World from the nefarious Ming the Merciless
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2539
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Michel Houellebecq: Unterwerfung

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Manchmal ist es ja etwas besser, einen kontroversen Roman mit ein wenig Abstand zu lesen. Hier mein Eindruck:

Unterwerfung spielt nur wenige Jahre in der Zukunft. Die etablierten Parteien haben es sich bei den Wählern so verscherzt, dass Marine Le Pen und der charismatische Kandidat der Muslimbruderschaft die meisten Stimmen bekommen und in den zweiten Wahlgang gehen, aus der der Muslinbruder als Gewinner hervorgeht, da er von den anderen Parteien unterstützt wird um Le Pen zu verhindern.
Innerhalb kürsester Zeit (wenige Monate) wird der Staat massiv umgebaut: Die Familie wird stark gefördert, d.h. insbesondere Frauen haben zu Hause zu bleiben und werden aus dem Berufsleben gedrägt. Die Schulzeit wird auf 6 Jahre beschränkt, danach gibt es nur noch Privatschulen. Lehrer müssen sich zum Islam bekennen. Körperbetonte Kleidung bei Frauen verschwindet aus der Öffentlichkeit. Polygamie ist erlaubt und wenn von jungen Ehefrauen die Rede ist, sind die 15. Und alle Franzosen machen brav mit. Das ist für mich doch sehr unglaubwürdig. (Man überlege nur, was in Deutschland eine Schulzeitverkürzung um ein Jahr für Proteststürme ausgelöst hat. Eine Halbierung der Schulzeit? Ernsthaft? Alles, wofür Frauen in den letzten 100 Jahren gekämpft waben, lassen sie sich in wenigen Monaten ohne Proteste wegnehmen?)
Diese bewegenden Zeiten werden erzählt aus der Sicht der Hauptfigur François (Ich-Erzähler), einen 40-jährigen Professor der Sorbonne, der sich jedes Jahr eine neue Freundin aus den Erstsemesterinnen wählt und Experte des französischen Schriftstellers Joris-Karl Huysmans ist, wobei er selbst sagt, dass er wissenschaftlich nicht viel zu Wege gebracht hat. Zwischen den Leben von François und Huysmans ergeben sich einige Parallelen, beide erleben eine Sinnkrise und François sucht dasselbe Kloster auf wie Huysmans, konvertiert aber nicht wie letzterer zum Katholizismus sondern kehrt nach Paris zurück, wo er sich mit den Rektor der Sorbonne trifft, der unter Berufung eher kruder Quellen die Vorzüge der Konvertierung zum Islam preist. Letztendlich läuft es aber auf zwei Dinge hinaus: Mehrer junge Ehefrauen und das dreifache Gehalt.
Ich habe mich eher schwer getan mit dem Roman: Viele Dinge sind unglaubwürdig, wie die oben erwähnte Passivität der französischen Bevölkerung. Auch schein fast jede Figur im Roman überzeugt zu sein, dass die europäischen Länder alle kurz vor einem Bürgerkrieg stehen. Dann kenne ich weder Werke von Huysmans nach der anderen häufig erwähnten französischen Schriftsteller, so dass mir ein großer Teil des Roman verwehrt blieb. Und bis auf das offen satirische Ende ist mir auch nicht klar, was an dem Roman ernst gemeint ist, was Provokation und was Satire.
Unfreiwillig komisch ist zumindest folgendes Zitat. Als noch mit einem Sieg Le Pens gerechnet wird, was einen Austritt aus der EU und eine Finanzkrise zur Folge haben soll, wird François geraten:
"Und es ist nicht gesagt, dass die französischen Banken, selbst die etabliertesten, das überleben. Ich würde Ihnen darum empfehlen, ein Konto bei einer ausländischen Bank zu eröffnen, genauer gesagt bei einer englischen..."
Zumindest der Brexit wurde der alternativen Zukunft erspart.
Antworten