Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

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Teddy
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Mammut hat geschrieben: 19. Dezember 2017 16:27 Sehe ich genauso. Ich hatte meine Eindrücke hier gepostet, ich hoffe, ich darf das als Vergleich verlinken:
http://www.scifinet.org/scifinetboard/i ... rfsteller/
Klar. So was ist ausdrücklich erwünscht. :prima:
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1967

Hugo: Beste Novelette und Nebula: Beste Novella
Jack Vance - Die letzte Burg (The Last Castle)
Die Erde ist nach einem interstellaren Krieg fast vollständig entvölkert. Nur eine kleine Gruppe Menschen ist zu ihr zurückgekehrt, die auf neun Burgen in einer feudalen, sehr konservativen, nur auf Etikette bedachten Gesellschaft leben. Da sämtliche Arbeit von drei versklavten Alienrassen getan wird, leben die Menschen in Müßiggang und pseudo- intellektueller Gelehrsamkeit bis eines Tages die Alienrasse der Meks die Burgen verlässt und eine offenen Krieg gegen die Menschen beginnt. Den meisten Menschen ist das eher lästig, selbst dann, als alle bis auf die letzte Burg gefallen sind.
Die Chuzpe, mit der die Burgmenschen ihre Meinung vertreten, dass es für alle anderen Lebewesen geradezu ein Glück wäre, für sie zu arbeiten, ist typisch Vance und sehr amüsant zu lesen. Auch die Geschichte und die Schlacht um die letzte Burg ist gelungen. In der moralischen Aussage und insbesondere im Umgang mit den Sklavenrassen eher zwiespältig.

Nebula: Beste Novelette
Gordon R. Dickson - Sie nennen ihn Lord (Call Him Lord)
Der Sohn des Herrschers eines mal wieder feudalen galaktischen Imperiums besucht die Erde, die eine Art Museumsplanet ist, auf der einige Menschen nach alter Sitte leben. Hier wird er von Kyle, der ihm als sein Leibwächter vorgestellt wird, in seine eigene Vergangenheit eingewiesen. Der Sohn entpuppt sich als arrogant, überheblich und verzogen. Er trinkt zu viel und fängt Streit und Schlägereien an.
Gut geschriebene Geschichte mit einer Pointe, die erst gelungen wirkt, über die man dann aber nicht zu lange nachdenken sollte. Dann wird's eher hanebüchen.

Hugo: Beste Short Story
Larry Niven - Neutronenstern (Neutron Star)
Eine Forschungsmission, die einen Neutronenstern untersucht, endet tödlich. Da der Hersteller des Forschungsschiffs um sein Renommee fürchtet, nötigt er den Ich-Erzähler, der eine Menge Schulden angehäuft hat, zu einer zweiten Mission. Die Erklärung der Todesursache sind schlicht
die gigantischen Gezeitenkräfte des Neutronensterns.
Dass die Wissenschaftler der ersten Mission das nicht erkannt haben sollen, ist in etwas so glaubwürdig, als wüsste ein Geologe nicht, dass Vulkane auch ausbrechen können. Weiterhin missfällt mir, dass Niven realistische Hard-SF mit Hokuspokus verbindet, wie dem Hüllenmaterial, das nur Licht und sonst absolut nichts durchlässt. Zumal er dies benutzt, um Spannung zu erzeugen.
Beachtlich ist hingegen, dass er 1966 eine Geschichte über einen Neutronenstern schreibt und 1967 der erste Neutronenstern entdeckt wird. Das nenne ich Timing.

Nebula: Beste Short Story
Richard McKenna - Das tiefe Land (The Secret Place)
In einer Wüstengegend in Oregon, mitten im Nirgendwo, wird ein toter Junge mit einem einem Sack Golderz und einem kleinen Stück Uran aufgefunden. Jahre später, im Jahr 1944, erinnert sich das Militär an den Vorfall und schickt ein Geologenteam, das die Gegend auf ein Uranvorkommen hin untersuchen soll. Da das Gebiet unter einer hunderte Meter starken Lavaschicht liegt, ist an einen Uranfund nicht zu denken. Trotzdem entscheidet das Militär, dass die Suche fortgesetzt wird. Der geologische Leiter lässt daraufhin die Gegend geologisch Kartographieren, damit immerhin wissenschaftlich etwas bei der Aktion herausspringt. Als das Team abzieht, muss ein junger Geologe bleiben und die Suche fortsetzen. Er findet die Schwester des toten Jungen, die völlig in sich zurückgezogen lebt. Erst als er sie mit in die Wüste nimmt, blüht sie förmlich auf und erzählt von der Schönheit der Landschaft, von Hexen, Zauberei und Schätzen. Der Geologe erkennt, dass sie genau die Landschaft beschreibt, die unter der Lava liegt.
Eigentlich sind Übergänge in Feenreiche in der Fantasy oder Parallelwelten in der SF nichts Neues. McKenna gelingt aber eine faszinierende Geschichte, die nur Andeutungen liefert und trotzdem zu einem schlüssigen Gesamtbild kommt. Auch was Figuren und Aufbau angeht eine sehr gelungene Geschichte.
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1968

1968 steht ganz im Zeichen von Harlan Ellisons bahnbrechenden Anthologie "Dangerous Visions", aus der 9 Nominierungen und 4 Gewinner stammen.

Hugo: Beste Novella (tie)
Philip José Farmer - Die Reiter der Purpurnen Sozialhilfe (Riders of the Purple Wage)
In der Zukunft sorgt Uncle Sam für alle und jeden, sodass sich Chib ganz seiner Kunst widmen kann. Er hat eine neue Maltechnik erfunden und wird von einem berühmten Kunstkritiker gepusht. Sein Großvater, der sich bei ihm zu Hause versteckt, ist der letzte Großkapitalist, der sein Vermögen nicht abgegeben hat, sondern illegalerweise 20 Milliarden für sich behalten hat und jetzt der einzige noch gesuchte Verbrecher ist. Das ganze soll wohl eine Satire sein, ist aber leider kaum lustig und liest sich über weite Strecken nur langweilig. Dazu gibt es eine Menge Vulgärsprache, die wahrscheinlich 1968 schon kaum für Empörung gesorgt hat. Außerdem lässt Farmer so ziemlich jeden Namen fallen, den er aus griechischer Sage, Bibel oder Weltliteratur kennt, was die Sache auch nicht besser macht. Diese Novelle kann man sich getrost sparen.

Anne McCaffrey - Die Welt der Drachen (1. Teil) (Weyr Search)
"Weyr Search" bildet mit der ein Jahr später erschienenen Novelle "Dragonrider" eine abgeschlossene Handlung, die dann auch zusammen den ersten Roman Dragonflight (dt. Welt der Drachen) der Pern-Serie bilden.
Die Drachenreiter-Romane sind eigentlich reine Fantasy, die aber eine SF-Tarnung haben. Das führt zu der Prämisse, dass es sich bei den Bewohnern von Pern um gestrandete Raumfahrer handelt, die über die Jahrhunderte in eine mittelalterlich, feudale Gesellschaft zurückgefallen sind. So wird auch Wert auf reine Blutlinien gelegt, wenn die Neue Weyrherrin gesucht wird. Lässt man diese Befremdlichkeiten außen vor, bekommt man eine ordentliche Fantasygeschichte. Kann man lesen, muss man aber nicht.

Nebula: Beste Novella
Michael Moorcock - Sehet – ein Mensch (Behold the Man)
Kurz vorweg: Moorcock hat die Novelle später zu einem Kurzroman ausgebaut, der unter dem Titel I.N.R.I. oder Die Reise mit der Zeitmaschine (im Original ebenfalls Behold the Man) erschienen ist.
Der Zeitreisende Karl Glogauer will die Kreuzigung Jesu miterleben. Er trifft Johannes den Täufer und findet schließlich auch einen verbitterten Joseph, Maria, eher Schlampe als Heilige, und einen sabbernden Idioten Jesus. Karl nimmt darauf hin selbst langsam die Rolle Jesu ein, schart Jünger um sich, predigt und zieht schließlich nach Jerusalem ein. Parallel dazu erzählt Moorcock das Leben Karls vor der Reise, eines labilen an C. G. Jung und der Religionswissenschaft interessierten Außenseiters, der sein Studium abgebrochen hat und eher schlecht durchs Leben kommt.
Moorcock verdeutlicht in seinem Roman die Entstehung von Mythen. Es ist völlig egal, ob es einen realen Jesus gegeben hat. Jeder kann die Rolle übernehmen, der Rest wird schon irgendwie zurechtgebogen. So entstehen große Religionen letztendlich nur aus Zufällen heraus.
Die Geschichte muss 1967 den SF-Lesern wie ein Hammer erschienen sein und sie ist auch heute noch beeindruckend und lesenswert.

Hugo und Nebula: Beste Novellette
Fritz Leiber - Ich muß mal wieder würfeln (Gonna Roll the Bones)
Die Geschichte spielt in einer Bergbausiedlung in der Zukunft, zumindest werden dauernd Raumschiffe und andere Planeten erwähnt. Für die Handlung spielt das aber keine Rolle. Es geht um einen Bergmann, der zusammen mit Frau und Mutter in ärmlichen Verhältnissen lebt und ab und zu mal würfeln geht. (Was er so perfekt beherrscht, dass er eigentlich allein von Würfeln reich sein müsste.) In einem neu eröffneten Casino spielt er an einem Würfeltisch gegen einen der großen Spieler, der sich nach und nach als der personifizierte Tod/Teufel herausstellt.
Ich bin nicht sicher, ob ich das Ende dieser bemerkenswerten Geschichte verstanden habe: Einiges spricht dafür, dass alles nur ein Traum war und Frau/Mutter ihn betäubt haben. Wie auch immer, das Würfelduell zwischen dem Ich-Erzähler und dem Leibhaftigen ist schon sehr gelungen.

Hugo: Beste Short Story
Harlan Ellison - Ich muss schreien und habe keinen Mund (I Have No Mouth, and I Must Scream)
Während des Wettrüstens haben die Großmächte immer leistungsfähigere Computer gebaut, die dann ein Bewusstsein entwickelt, sich zusammengeschlossen und die Menschheit vernichtet haben. Nur fünf Menschen wurden verschont, die nun im Innern des planetenweiten Computers herumirren und von diesem gequält werden. Da sie nicht altern ist dies quasi die ewige Hölle. Einen Menschen gelingt es dem Computer auszutricksen, sodass die vier anderen Menschen sterben. Dafür wird er jetzt um so schlimmer gequält.
Hat man einmal begriffen, worum es geht, passiert nicht mehr viel. Ellison findet keine Mittel, die Situation der fünf Menschen vorstellbar zu machen: "Der Ton kroch höher und höher auf einer unbegreiflichen Tonleiter..." oder "Es war Licht dieser Klang. Halb Ton und halb Licht." Das Unbegreifliche mit dem Adjektiv "unbegreiflich" zu beschreiben, ist etwas einfallslos.

Nebula: Beste Short Story
Samuel R. Delany - Jawohl, und Gomorrah (Aye, and Gomorrah…)
In der Zukunft gibt es Raumer, die für die Arbeit im All optimiert wurden, was bedeutet, dass sie schon vor der Pubertät in geschlechtslose Menschen verwandelt wurden. Die Geschichte begleitet fünf Raumer auf Vergnügungstour rund um die Welt. Dabei werden immer wieder Frelks erwähnt. In Istanbul wird einer der Raumer von einem Frelk, einer Frau, angesprochen und in einem längerem Gespräch wird klar, dass Frelks Menschen sind, die sich sexuell zu den androgynen Raumern hingezogen fühlen und dafür bezahlen, was viele Raumer offenbar auch annehmen.
In der Geschichte geht es um Homosexualität, hier übertragen auf die Situation der Frelks. Ihr Verlangen findet halb im Verborgenen statt, nur toleriert, nicht akzeptiert. Die Frelk-Frau wiederum betont, dass sie für "ihre Perversion" nichts kann. Andererseits wird zweimal angedeutet, dass Homosexualität als normal gilt.
Ich denke mal, dass im prüden Amerika heute noch viele Leute mit der Geschichte ihre Probleme haben. In dem Sinne ist sie immer noch aktuell. Sie ist auch eigenständig genug, um nicht als reine "Geschichte mit einer Botschaft" abgetan zu werden.
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Mammut
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Mammut »

Zwei der Werke habe ich schon vor längerem gelesen, das Fazit fällt aus der Erinnerung aber genauso aus wie bei dir. Ich muss schreien und habe keinen Mund war irgendwie nicht schlecht, konnte mich aber eigentlich nicht fesseln und die Details der Geschichte sind mir ziemlich verloren gegangen.
Michael Moorcock - Sehet habe ich ebenfalls in der Kurzversion gelesen und nachdem Moorcock nicht unbedingt mein Lieblingsschriftsteller ist, fande ich diese Geschichte aber ausgesprochen lesenswert. Sehr schön.

Deine Anregung aufnehmend habe ich mir die Leiber Story vorgenommen und war nicht enttäuscht, im Gegenteil.

Fritz Leibers Geschichte "Ich muss mal wieder würfeln" erschien 1967 in der berühmten Anthologie Dangerous Vision von Harlan Ellison:
http://www.isfdb.org/cgi-bin/title.cgi?41361

Auf Deutsch erschien die Geschichte als Würfelspiele in 15 Science Fiction Stories II, einem schwer erhältlichen Band von 1970 sowie in dem Playboy Taschenbuch Die besten Stories von Fritz Leiber als "Ich muss mal wieder würfeln".
Die Geschichte gewann den Hugo 1968 und den Nebula Award 1967 als Best Novelette.

https://www.tor-online.de/feature/buch/ ... ards-1968/

https://nebulas.sfwa.org/award-year/1967/

Ich war heute von der Lektüre echt fasziniert. Die Geschichte ist sehr reich an Metaphern, versprüht eine unglaubliche Magie, wie in einem Theaterstück oder Musical ist soviel Zauber enthalten, dabei ist die eigentliche Story, nämlich das Würfelspiel, zwar sehr spannend, aber eigentlich gar nicht so beeindruckend, aber der alte Fritz spielt so dermaßen mit den Erwartungen des Lesers und hält ihn bei der Stange, das ist schon furchterregend gut. Am Ende denkt ich, ich bin begeistert, habe aber nicht alle Zwischentöne und Hintergründe verstanden oder erfasst, die der Autor präsentiert, aber empfinde die Lektüre trotz diesem Umstand als erweiternd. Für mich klang es wie das Spiel zweier Götter und der Spieler, mit dem Rücken zur Wand, gewann am Ende nicht nur seine Seele.
​Eine klare Leseempfehlung, auch wenn es eigentlich eine Horrorgeschichte ist, die aber sich im Gewand einer SF Story präsentiert, oder von mir aus auch einer Westerngeschichte.

Im gleichen Jahr erschien übrigens Cthon von Piers Anthony und Hawksbill Station von Robert Silverberg, das scheint ein toller Jahrgang gewesen zu sein, da muss ich noch die ein oder andere Lektüre einschieben. Aber vorher lese ich direkt den ganzen Leiber Band. Großartig!
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Mammut hat geschrieben: 19. Januar 2018 17:33 Aber vorher lese ich direkt den ganzen Leiber Band. Großartig!
Viel Spaß dabei. Ich habe meine Meinung zu Leibers Kurzgeschichten hier notiert:
viewtopic.php?f=25&t=8879&start=15#p184226
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1969 (Hugo)

Hugo: Beste Novella
Robert Silverberg - Schwingen der Nacht (Teil 1) (Nightwings)
Erster Teil des aus drei Novellen bestehenden Romans "Schwingen der Nacht".
Die Handlung spielt in einer fernen Zukunft, in der die Menschheit nach einer Phase der Hochzivilisation wieder auf ein eher primitives technisches Level herabgesunken ist. Die Erde wurde zwischenzeitlich von einer außerirdischen Rasse angegriffen und auch andere Außerirdische besuchen die Erde als Touristen. Fast alle Menschen sind einer Kaste zugeordnet. Hauptfigur ist ein Mitglied der Kaste der Wächter, der mit einer Schmetterlingsfrau und einem kastenlosen Mutanten auf dem Weg nach Roum (das ehemalige Rom) ist. Aufgabe der Wächter ist es, einmal täglich den Weltraum nach einer weiteren Alieninvasion abzusuchen. Dazu haben sie ein Gerät dabei, dass keiner mehr versteht und offenbar sind die Wächter auch derart verändert, dass sie mit ihrem Gehirn das All abscannen können. In Roum gibt sich der Mutant als Alien zu erkennen, der die Invasion vorbereitet und der Wächter erkennt die Invasionsflotte mit seinem Gerät und gibt Alarm. Aber eine ernsthafte Verteidigung kommt nicht zustande.
Silverberg erzählt seine Geschchite nur über Andeutungen, sodass sich der Leser die Vergangenheit der Erde selber erschließen muss. Dies, zusammen mit gelungenen Figuren und einer leidlich spannenden Handlung, macht Schwingen der Nacht auch heute noch zu einer lesenswerten Novelle.

Hugo: Beste Novelette
Poul Anderson - The Sharing of Flesh <keine Übersetzung>
Ausgangspunkt ist ein Sternenreich der Menschen, das durch Krieg größtenteils zerstört wurde. Eine neue Regierung schickt nun Schiffe zu den ehemaligen Kolonien, um zu erfassen, ob es Überlebende gibt und in wie weit es sich lohnt, diese zu unterstützen. Auf einem solchen Planeten findet die Expedition Menschen, die teils in einer primitiven Stadt, teils in Hütten im Urwald leben. Obwohl diese Siedler den Expeditionsmitgliedern sehr freundlich gegenübertreten, wird ein Expeditionsmitglied von einem Einheimischen völlig überraschend ermordet und ausgeweidet. Der Vorgang wird von der Frau des Ermordeten live über die Kameras beobachtet, mit der alle Expeditionsmitglieder ausgestattet sind. Die Expedition findet heraus, dass alle Siedler einem kannibalistischem Ritual anhängen und versuchen die Ursache dieses Rituals aufzuspüren.
Insgesamt eine lesenswerte Geschichte, auch wenn der heutige Leser wahrscheinlich schneller auf des Rätsels Lösung kommt als die Wissenschaftler der Expedition. Nicht so gut gefallen hat mir das Rachemotiv der Ehefrau, die von einem Planeten stammt, wo jeder einzelne ein Recht auf persönliche Rache hat, was der Kapitän der Expedition so zu akzeptieren hat. Insbesondere letzteres finde ich lächerlich, da es offensichtlich ausschließlich der Plotdramaturgie und nicht der Logik dient.

Hugo: Beste Short Story
Harlan Ellison - Die Bestie, die im Herzen der Welt ihre Liebe hinausschrie (The Beast that Shouted Love at the Heart of the World)
Ich habe die Geschichte zweimal gelesen und es hat zweimal keinen Spaß gemacht.
Ein Verrückter verübt eine Massenvergiftung, einen Flugzeugabsturz und ein Massaker mit einer Handfeuerwaffe, bei dem er gefasst wird. Viel später findet ein Expeditionskorps in einer anderen Galaxie ein Denkmal von einen Alien, dessen Gesichtsausdruck an den Verrückten erinnert. Dann wird das Wort "Wennseits" eingeführt. Nun ist der Verrückte ein siebenköpfiger Drache auf einer malvenfarbenen Ebene, der gesucht und auch gefunden wird. Er wird in die Drainage-Station der dritten Rot-Aktiv-Stufe gebracht, eine Art Forschungsstation. Dort diskutieren Semph und Linah, was mit dem Wahnsinn, den sie aus dem Drachen/Menschen herausziehen (drainieren) machen sollen. [Hier fehlen in der aktuellen Heyne-Ausgabe einige Seiten, was wohl ob der konfusen Handlung niemand bemerkt hat.] Semph ist der Wissenschaftler, der das drainieren entdeckt hat. Er hat Skrupel und lässt den Wahnsinn nicht nach außen. Dafür wird er vom Mittelpunkt, einer Vereinigung von 60 Alienrassen, zum Tode verurteilt. In einer Zwischenepisode wird erwähnt, dass Attila Rom nicht geplündert hat. Am Ende gibt es einen Mittelpunkt, der frei von Wahnsinn ist und eine übrige Welt voll Wahnsinn. Den bekommt dann auch Friedrich Drucker aus Stuttgart zu spüren, der eine Kiste öffnet und der vierte Weltkrieg beginnt.
Die Geschichte lies sich noch verwirrender als die Zusammenfassung. Insgesamt lässt sich folgende Handlung destillieren:
Ein Zusammenschluss von 60 Alienrassen, die sich selbst der Mittelpunkt nennen, hat erkannt, dass Wahnsinn eine organische Substanz ist, die aus Wahnsinnigen abgezogen werden kann und in die Raum-Zeit außerhalb der Mitte verklappt werden kann. Der Wissenschaftler, der dies herausgefunden hat, bekommt Skrupel und will das Verklappen verhindern, wird aber von der Mitte zum Tode verurteilt. Die Welt außerhalb der Mitte, insbesondere die Erde, muss mit dem Wahnsinn, der nun den vierten Weltkrieg verursacht, leben.
Wenn man eine Menge Zeit investiert und vielleicht jemanden hat, mit dem man sie diskutieren kann, könnte die Geschichte vielleicht sogar gefallen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es viele solche Leser gibt und finde es sehr erstaunlich, dass sie den Hugo gewonnen hat.
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Ender
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Ender »

Ich pack's mal hier rein:
Der dritte (und abschließende) Teil von Hardy Kettlitz' umfangreicher Übersicht "Die Hugo Awards" ist mittlerweile erschienen.
Darin werden die Jahre von 2000 bis 2017 behandelt.

HIER geht's zum dazugehörigen Artikel auf 'diezukunft.de'.
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1969 (Nebula)

Nebula: Beste Novella
Anne McCaffrey - Dragonrider
Zweiter Teil des aus zwei Novellen bestehenden Romans Dragonflight (dt. Welt der Drachen)
Auf Pern treten in unterschiedlichen Abständen giftige Fäden in der Atmosphäre auf, die alle Vegetation und den Boden zerstören, wenn sie diesen erreichen. Die Fäden werden deshalb durch die Drachenreiter noch im Flug vernichtet. Nach einer langen Zeit ohne Fäden sind die Drachenreiter nur noch spärlich besetzt, da niemand die Gefahr der Fäden mehr ernst nimmt, die nur noch durch Lieder bekannt sind. Als die Fäden dann kommen, kann die Welt nur gerettet werden
da die Heldin erkennt, dass Drachen auch durch die Zeit reisen können und Hilfe aus der Vergangenheit geholt werden kann.
Wie ober schon erwähnt, ordentlicher Roman, den man trotzdem nicht gelesen haben muss. Da gibt es heute deutlich interessantere Fantasy.

Nebula: Beste Novelette
Richard Wilson - Eine Mutter für die Erde (Mother to the World)
Die Menschheit wurde durch eine biologische Waffe vollständig ausgelöscht, bis auf Martin und Siss, die sich durch reinen Zufall in von der Umwelt isolierten Räumen der NASA befanden. Er ist 42, Siss 28, aber geistig zurückgeblieben auf dem Stand einer 8-jährigen. Zuerst leben die beiden in New York, wo es noch Gebäude mit Elektrizität gibt, aber auch zunehmend Fäulnis, Ratten und Rudel von Hunden. Sie ziehen aufs Land und fangen an, ihre Nahrung selbst anzubauen. Langsam entwickelt Martin echte Liebe zu Siss, die er zuerst nur als zu beschützenden, geistig zurückgebliebenen Menschen betrachtet hat.
Ganz nette Geschichte, die die meisten Probleme, die man als letzter Mensch der Erde hat, eher ausblendet. Dafür betont Wilson dauernd, dass die beiden nackt herumlaufen, was in New York die meiste Zeit im Jahr eine eher schlecht Idee sein dürfte. Hier ist ein Flower-Power-Einschlag nicht zu verleugnen. Kann man lesen, muss man aber nicht.

Nebula: Beste Short Story
Kate Wilhelm - Die Planer (The Planners)
Die Geschichte greift die Idee auf, dass erlerntes Verhalten anhand von biochemischen Faktoren - hier sRNA - gespeichert und auch auf andere Lebewesen übertragen werden kann. In einer Forschungseinrichtung werden solche Versuche an Affen durchgeführt, die auch recht erfolgreich sind. Der Biologe Darin, der an dem Projekt beteiligt ist, versucht gleichzeitig, einen geistig komplett zurückgebliebenen Jungen mit dieser Methode zu behandeln, was fehlschlägt. Die Geschichte hat kein richtiges Ende und schon gar keine Pointe. Sie zeichnet sich dadurch aus. dass sie komplett aus der Sicht von Darin erzählt wird, wobei Darin Gedanken und Phantasien (meist sexueller Natur) nahezu gleichberechtigt neben der erzählten Wirklichkeit stehen. Das macht die Geschichte nicht gerade leicht zu lesen und es bleibt ein etwas zwiespältiger Gesamteindruck zurück.
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1970 (Novella)

Hugo: Beste Novella
Fritz Leiber - Das Schiff der Schatten (Ship of Shadows)
Spar ist halbblind, kahl, zahnlos und arbeitet in einer Bar in der Schwerelosigkeit, wo er offenbar selbst zu viele Drogen konsumiert. Er kann nicht lesen und erinnert sich nicht an seine eigene Vergangenheit. In der Bar hängen viele zerbrochene Menschen herum, aber auch Crown, der Chef von Laderaum 3, der sich wir ein Mafiosi aufführt. Der Leser bekommt langsam mit, dass die Geschichte auf einem großen Raumschiff spielt, auf dem eine Menge völlig falsch zu laufen scheint. Mithilfe eines Arztes und einer sprechenden Katze findet Spar die erschreckende Wahrheit der Schiffs heraus, wobei das Ende nicht ohne Hoffnung ist. Insgesamt lesenswerte Geschichte, die sich erst sehr lang auf die Bar beschränkt, um dann sehr schnell zum Ende zu finden.

Nebula: Beste Novella
Harlan Ellison - Ein Junge und sein Hund (A Boy and His Dog)
Nach einem Atomkrieg lebt ein Teil der Bevölkerung in unterirdischen Städten, der andere Teil in den Ruinen der alten Städte. Dieser Teil wird von fast ausschließlich männlichen Banden beherrscht, die das gesellschaftliche Leben am laufen halten. Trotzdem geht es eher zu wie bei Mad Max. Vic schlägt sich in dieser Welt als Einzelgängen durch, begleitet nur von seinem intelligenten Hund Blood. Als Blood eine Frau wittert folgt Vic dieser, um sie zu vergewaltigen. Sie werden aber durch eine Bande gestört. Nach viel Rumgekämpfe ist das Mädchen weg und Vic folgt ihr in eine unterirdische Stadt.
Die ersten 2/3 der Geschichte spielen auf der Oberfläche und sind sehr spannend geschrieben. Auch das Setting und die Beziehung von Vic zu seinem Hund sind gelungen. Der Teil in der Stadt fällt dagegen ab, was vor allem an den Pappkamaraden liegt, mit denen Ellison sie bevölkert hat. Dafür entschädigt er mit einer bösen Schlusspointe. Insgesamt eine empfehlenswerte Geschichte.
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Mammut
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Mammut »

Die Fritz Leiber Geschichte habe ich auch gelesen, war sehr stimmungsvoll, aber so ganz überzeugt war ich nicht:
http://www.scifinet.org/scifinetboard/i ... -schatten/

Samuel R. Delany - Zeit, betrachtet als eine Spirale aus Halbedelsteinen, fand ich sehr lohnenswert, aber auch ein wenig verwirrend:
http://www.scifinet.org/scifinetboard/i ... elsteinen/
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Mammut hat geschrieben: 24. Oktober 2018 19:59 Die Fritz Leiber Geschichte habe ich auch gelesen, war sehr stimmungsvoll, aber so ganz überzeugt war ich nicht:
http://www.scifinet.org/scifinetboard/i ... -schatten/
Ja, am Ende passt einiges nicht so richtig: Was ist mit den Offizieren? Sind die auch von der Krankheit betroffen? Und was tun die eigentlich den ganzen Tag? Oder auch das Verhalten des Doc. Der hat doch offenbar den Durchblick. Warum hat er Spar erst so zögerlich geholfen? Ich denke Leiber wollte/konnte das gar nicht zufriedenstellend erklären, weshalb das Ende auch so abrupt kam.
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1970 (Novelette & Short Story)

Hugo: Short Story und Nebula: Novellette
Samuel R. Delany - Zeit, betrachtet als eine Spirale aus Halbedelsteinen (Time Considered as a Helix of Semi-Precious Stones)
Die Geschichte spielt in einer Zukunft, in der mehrer Planeten und Monde des Sonnensystems besiedelt sind und Reisen zwischen ihnen etwas gewöhnliches sind. Der Ich-Erzähler HCE hat es von Weisen zum erfolgreichen Kriminellen gebracht und ist auf dem Weg sich im gehobenen organisierten Verbrechen zu etablieren. Er benutzt ständig neue Identitäten und Verkleidungen, wobei seine Initialen immer HCE sind, eine klein Hommage an Humphrey Chimpden Earwicker aus Finnegans Wake, der dort auch als "Here Comes Everybody" bezeichnet wird. Die Geschichte beginnt mit HCEs Ankunft in New York. Verfolgt von einer Spezaileinheit der Polizei gelingt es ihm, gestohlene Ware, die er in einem kleinen Koffer mit sich führt, die aber ansonsten unbenannt bleibt, an einen hochstehenden Verbrecher zu verkaufen, was die Grundlage für seinen eigenen Aufstieg bildet. In diese Handlung eingebettet sind die "Sänger," Menschen die durch ihren Gesang andere Menschen extrem beeinflussen können und für die Gesellschaft eine enorme Bedeutung haben. Von diesen werden auch jeden Monat Code-Wörter ausgegeben, die in der Unterwelt zur Kommunikation genutzt werden. Auch hier erzeugen vor allen Klang und Betonung die Bedeutung des Wortes, sodass insbesondere die Polizei wenig vom Wissen des aktuellen Wortes hat. Die Wörter sind immer Namen von den titelgebenden Halbedelsteinen.
Delany kann gut schreiben und die Geschichte fasziniert vor allem durch das Auftreten der Sänger. Trotzdem hattet ich am Ende das Gefühl, dass ich nicht alles mitbekommen habe. Warum geben beispielsweise die Sänger die Wörter aus und warum müssen die sich von Mund zu Mund verbreiten, wie in einem Fritz-Lang-Film? Insgesamt lesenswert, wenn man nicht Wert darauf legt, das am Ende alles glasklar auf dem Tisch liegt.

Nebula: Short Story
Robert Silverberg - Passagiere (Passengers)
Die Geschichte spielt in der nahen Zukunft von 1970. Seit einigen Jahren existieren Wesen, die Menschen für ein paar Tage übernehmen. Der Mensch kann sich danach an nichts mehr erinnern. Dies passiert eher selten, bei manchen Menschen aber auch häufiger. Die Gesellschaft hat diese Übernahmen tabuisiert, man spricht nicht darüber und tut so, als sei gar nichts passiert. Charles kann sich nach einer Übernahme erstmalig schwach an das Geschehene erinnern. Er fühlt sich stark zu einer Frau hingezogen, von der er meint, dass er während der Übernahme mit ihr geschlafen hat.
Sehr interessante Geschichte, die nichts erklärt, sondern nur einen kurzen Ausschnitt einer unangenehmen Welt schildert.
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

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1971

Hugo und Nebula: Beste Novella
Fritz Leiber - Das Haus der Diebe (Ill Met in Lankhmar)
Bei der Novelle handelt es sich um eine Geschichte vom Fafhred und dem grauen Mauser, deren Abenteuer sieben Bände füllen. Obwohl die meisten der Geschichten um Leibers Diebesduo viel älter sind, ist "Das Haus der Diebe" von der Handlungschronologie eine der ersten Geschichten, nämlich diejenige, in der sich Fafhred und Mauser kennen lernen. Die Geschichte enthält zahlreiche typische Elemente, wie Magie, Kämpfe und Saufgelage, aber auch einen schweren Schlag für die beiden Helden. Ich fand es schwach, dass Fafhred und Mauser meist völlig planlos agieren und sich nur auf ihre Kampfkünste verlassen. Am Ende muss dann gar ein Deus ex Machina her. Wahrscheinlich hat diese Erzählung die Preise stellvertretend für die ganze Reihe bekommen. Für sich genommen ist es eine ordentliche Geschichte, aber auch nicht mehr.

Hugo: Beste Short Story und Nebula: Beste Novelette
Theodore Sturgeon - Die langsamste Skulptur der Welt (Slow Sculpture)
Eine unheilbar kranke Frau trifft auf einen Mann, der sich als Universalgenie herausstellt und auch die Fähigkeit hat, ihren Krebs zu heilen. Trotz seiner Fähigkeiten lebt der Mann völlig zurückgezogen von der Menschheit, da diese seine Ideen und Erfindungen nie dazu verwendet hat, die Welt zu verbessern, sondern ihm die Patente für viel Geld abgekauft hat, um sie wegzuschließen. Die Frau erkennt, dass auch der Erfinder emotional Verkrüppelt ist, was nur langsam geheilt werden kann. In der Geschichte wird das Bild eines Bonsai benutzt: aus einem anfangs verkümmerten Baum kann mit viel Geduld ein wunderbarer Bonsai entstehen, die titelgebende "Slow Sculpture".
Meiner Meinung nach ist das Bild des Bonsai für die beiden Figuren etwas schief oder vielleicht habe ich auch nicht verstanden, worauf Sturgeon genau hinaus will. Die Erklärung der Behandlungsmethode der Krebserkrankung durch elektrische Ladungen in Zellen ist vom naturwissenschaftlichen Standpunkt hanebüchen. Ich war an alte Filme erinnert, in denen Tote durch Blitze zum Leben erweckt wurden. Davon abgesehen ist das eine durchaus interessante, lesenswerte Geschichte. Trotzdem gibt es von Sturgeon bessere Erzählungen.

Nebula: Beste Short Story
<kein Preis>

Warum die Mehrheit der SFWA keine der nominierten Geschichten für preiswürdig hielt, ist mir völlig unklar. Auf Platz 2 kam "The Island of Doctor Death and Other Stories" von Gene Wolfe, eine bewegende Erzählung über einen Jungen, der sich, ob der Medikamentensucht seiner Mutter, in eine phantastische Geschichte (Dr. Moreau lässt grüßen) zurückzieht und dem die Figuren in realen Leben erscheinen.
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Mammut
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Mammut »

Teddy hat geschrieben: 27. Oktober 2018 02:55 1971

Hugo und Nebula: Beste Novella
Fritz Leiber - Das Haus der Diebe (Ill Met in Lankhmar)
Bei der Novelle handelt es sich um eine Geschichte vom Fafhred und dem grauen Mauser, deren Abenteuer sieben Bände füllen. Obwohl die meisten der Geschichten um Leibers Diebesduo viel älter sind, ist "Das Haus der Diebe" von der Handlungschronologie eine der ersten Geschichten, nämlich diejenige, in der sich Fafhred und Mauser kennen lernen. Die Geschichte enthält zahlreiche typische Elemente, wie Magie, Kämpfe und Saufgelage, aber auch einen schweren Schlag für die beiden Helden. Ich fand es schwach, dass Fafhred und Mauser meist völlig planlos agieren und sich nur auf ihre Kampfkünste verlassen. Am Ende muss dann gar ein Deus ex Machina her. Wahrscheinlich hat diese Erzählung die Preise stellvertretend für die ganze Reihe bekommen. Für sich genommen ist es eine ordentliche Geschichte, aber auch nicht mehr.
Die Geschichte hat mir persönlich ausgesprochen gut gefallen. Gerade weil sie vielleicht so planlos und unkontrolliert reagieren und somit eigentlich dem Geschehen mehr oder minder ausgeliefert sind.
So verschieden sind die Geschmäcker.
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Teddy
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Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Mammut hat geschrieben: 28. Oktober 2018 13:40
Teddy hat geschrieben: 27. Oktober 2018 02:55 1971

Hugo und Nebula: Beste Novella
Fritz Leiber - Das Haus der Diebe (Ill Met in Lankhmar)
Bei der Novelle handelt es sich um eine Geschichte vom Fafhred und dem grauen Mauser, deren Abenteuer sieben Bände füllen. Obwohl die meisten der Geschichten um Leibers Diebesduo viel älter sind, ist "Das Haus der Diebe" von der Handlungschronologie eine der ersten Geschichten, nämlich diejenige, in der sich Fafhred und Mauser kennen lernen. Die Geschichte enthält zahlreiche typische Elemente, wie Magie, Kämpfe und Saufgelage, aber auch einen schweren Schlag für die beiden Helden. Ich fand es schwach, dass Fafhred und Mauser meist völlig planlos agieren und sich nur auf ihre Kampfkünste verlassen. Am Ende muss dann gar ein Deus ex Machina her. Wahrscheinlich hat diese Erzählung die Preise stellvertretend für die ganze Reihe bekommen. Für sich genommen ist es eine ordentliche Geschichte, aber auch nicht mehr.
Die Geschichte hat mir persönlich ausgesprochen gut gefallen. Gerade weil sie vielleicht so planlos und unkontrolliert reagieren und somit eigentlich dem Geschehen mehr oder minder ausgeliefert sind.
So verschieden sind die Geschmäcker.
Nun hab ich die Geschichte ja auch nicht verrissen. Halt nur gut und nicht herausragend.
Ich kenne sonst gar keine Fafhred und Mauser-Geschichten. Kannst du welche empfehlen, die man deiner Meinung nach auf jeden Fall gelesen haben sollte?
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