Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Science Fiction in Buchform
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Letztens hätte ich mir fast das Buch "Die Hugo Awards" von Hardy Kettlitz gekauft (es lag schon im Warenkorb). Ich bin sicher, dass das ein tolles Buch ist, aber noch besser als zu lesen, was Hardy zu den Hugos zu sagen hat, wäre es doch, die Erzählungen selbst zu lesen. Also habe ich stattdessen "Das Forschungsteam" herausgegeben von Isaac Asimov gekauft, das alle Hugo-Gewinner im Berech Short Fiction der Jahre 1955 bis 1961 enthält. Viele von den Hugo-Gewinnern der folgenden Jahre habe ich ebenfalls in der ein oder anderen Anthologie.
Und wenn man schon dabei ist: Warum eigentlich nur den Hugo? Der Nebula ist doch auch ein wichtiger Preis. Warum nicht alle Erzählungen lesen, die einen Hugo oder Nebula gewonnen haben?
Also gesagt getan, ich werde, beginnend im Jahr 1955, alle mit dem Hugo oder dem Nebula ausgezeichneten Erzählungen (Short Story, Novelette und Novella) lesen. Mal sehen, wann mich die Lust verlässt, bis in die 70er will aber auf jeden Fall kommen.
Ich mache allerdings zwei Einschränkungen: Ich werde nur Geschichten lesen, die übersetzt wurden und die man ohne große Umstände besorgen kann (die Mehrzahl habe ich sowieso schon).
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1955

Nachdem 1953 der erste Hugo für einen Roman verliehen wurde und es 1954 gar keine Hugos gab, wurden 1955 erstmalig Hugos im Bereich Short Story und Novelette verliehen. In den ersten Jahren wurden die Kategorien des Hugos noch häufig gewechselt. Die heutige Form mit den drei Kategorien im Bereich Short Fiction gibt es erst seit 1968.

Beste Novelette:
Walter M. Miller, Jr. - Der Darfsteller (The Darfsteller)
Ryan Thornier, einst gefeierter Bühnenschauspieler, arbeitet als Reinigungskraft in einem Theater der Zukunft, in dem nur noch die absoluten Stars auftreten, oder vielmehr die Rototerversionen der Stars, da es gelungen ist, das, was einen Schauspieler ausmacht, auf Band zu speichern. Die Roboter werden dann von einem Maestro genannten Programm gesteuert, das während der Aufführung die Zuschauerreaktionen berücksichtigt. Als Thornier auch noch seinen Putzjob verlieren soll, sabotiert er das Band der Hauptrolle und lässt sich "überreden", als Mensch zwischen den Roboterdarstellern die Premiere des Stückes zu spielen.
An der Novelle sind zwei Dinge bemerkenswert: Zum einen wählt Miller mit der Zukunft des Theaters ein außergewöhnliches Thema, insbesondere wenn man bedenkt, womit die Magazine in den 50er Jahren gefüllt waren. Zum anderen gelingt ihn eine eindrucksvolle Charakterstudie eines Menschen, dessen ganzes Leben das Theater ist und der selbst als er überflüssig geworden ist die Theaterluft zum Überleben bracht.
Der Darfsteller ist auch heute noch absolut lesenswert und ein würdiger erster Hugo-Gewinner in seiner Kategorie.

Beste Short Story:
Eric Frank Russell - Der Offund (Allamagoosa)
Satire auf überbordende Bürokratie bei der Raumflotte. Raumschiffbesatzung gerät in helle Aufregung, da sich eine Inspektion ankündigt, die die gesamte Ausrüstung des Schiffs auf Vollständigkeit untersuchen will, und niemand den Offund findet, ja schlimmer noch, keiner weiß, was das überhaut ist. Wirkt in Zeiten des Internets etwas angestaubt, liest sich aber immer noch recht amüsant, wobei die Pointe schon vorher zu erkennen ist.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1956

Beste Novelette:
Murray Leinster - Das Forschungsteam (Exploration Team)
Eine Erzählung mit Licht und Schatten: Auf einem Planeten mit sehr aggressiver Fauna gibt es neben einer offiziellen Kolonie einen illegalen Kolonisten, der dort zusammen mit vier gentechnisch veränderten Bären lebt. Als ein Regierungsinspekteur erscheint, findet dieser nur den Illegalen, da die offizielle Kolonie arg in Bedrängnis geraten ist und um das nackte überleben kämpft. Der Illegale und der Inspekteur raufen sich zusammen und machen sich auf die Reise durch die exotische Landschaft, um die Kolonisten zu retten. Warum es eine schwer kriminelle Handlung ist, sich auf dem Planeten zu befinden, ist mir nicht richtig klar geworden. Wahrscheinlich hauptsächlich, damit die" Krimineller und Kriminaler packen es zusammen"-Geschichte erzählt werden kann. Das macht Leinster dann aber auch sehr gut. Ebenfalls auf der Habenseite stehen die Beschreibung der exotische Fauna und die wie Hunde agierenden Bären. Das ständige Gelaber über Roboter und warum sie für die Erschaffung einer Kolonie völlig ungeeignet sind, nervt allerdings und ist auch nicht nachvollziehbar. Insgesamt eine nette Geschichte, die man gut lesen kann, aber auch nicht unbedingt lesen muss.

Beste Short Story:
Arthur C. Clarke - Der Stern (The Star)
Irgendwo habe ich mal gelesen, die drei wichtigsten Dinge einer Kurzgeschichte seien die Pointe, die Pointe und die Pointe. In diesem Sinne ist Arthur C. Clarke hier ein Meisterstück gelungen. Normalerweise mag ich SF mit einem religiösen Hintergrund nicht besonders, aber die Geschichte um einen Jusuiten, der angesichts der Erforschung einer Super Nova seinen Glauben verliert, ist sehr gelungen und auch heute noch lesenswert.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1958

Im Jahr 1957 wurden keine Hugos für Belletristik vergeben, ein Jahr später gab es nur die Kategorie Short Story.

Beste Short Story:
Avram Davidson - Oder alle Meere voll Austern (Or All the Seas with Oysters)
Zwei unterschiedliche Freunde führen gemeinsam einen Fahrradladen. Der eine ist eher ein Lebemann, der jeder Frau hinterherrennt, der andere ein Intellektueller, der sich über alles seine Gedanken macht. Auch über einige Dinge wie Büroklammern oder Kleiderbügel, die nicht sind, was sie zu sein scheinen. Dei Geschichte ist gut geschrieben und die Idee der Mimikri technischer Gegenstände hat durchaus Potenzial, aber Avram bleibt hier doch sehr an der Oberfläche. Kann man lesen, ist aber nichts Weltbewegendes.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1959

Beste Novelette:
Clifford D. Simak - Ein großer Vorgarten (The Big Front Yard)
Simak ist einer der wenigen SF-Autoren, der seine Geschichten oft auf dem Land spielen lässt, wo sympatische Protagonisten sich an den einfachen Dingen des Lebens erfreuen. Hiram Taine ist der Mann, der alles reparieren kann, und der örtliche Antiquitätenhändler in Personalunion. Als verschiedene merkwürdige Dinge in seinem Haus passieren, findet er heraus, dass Außerirdische dort ein Portal zu einem anderen Planeten errichtet haben. Sie wollen aber nur Handel treiben und den Job nimmt Hiram nur zu gerne an.
Die Erzählung punktet mit einer sympathischen Hauptfigur, 50er Jahre Lokalkolorit und unkriegerischen Aliens. Das ganze ist vielleicht ein klein wenig naiv, macht aber trotzdem großen Spaß, wie viele andere Romane und Erzählungen Simaks auch, die in dieser Zeit verankert sind.

Beste Short Story:
Robert Bloch - Der Zug zur Hölle (That Hell-Bound Train)
Welch literarisches Thema: Der Pakt mit dem Teufel! Hier geleistet durch den Landstreicher Martin, der gerade beschlossen hatte, es doch lieber bei der Heilsarmee zu versuchen, als der Leibhaftige erscheint, um die sicher geglaubte Seele nicht "an die andere Seite zu verlieren". Für seine Seele erhält Martin eine Uhr, mit der er die Zeit anhalten kann, wenn er meint, absolut glücklich zu sein. Aber wann ist man glücklich? Martin kann sich sein ganzes Leben nicht entscheiden, es könnte ja ein noch tollerer Moment kommen, sodass er am Ende wieder dem Teufel gegenübersteht und die Uhr nie benutzt hat.
Klingt hier in der Zusammenfassung etwas moralinsauer? Ist es aber nicht. Die Geschichte ist flott geschrieben und die Pointe hat es in sich. Kleiner Faust für zwischendurch. Lesenswert.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1960

Ab diesem Jahr gab es eine Zeit lang nur eine Kategorie Short Fiction, die von Short Story bis Novella alles beinhaltete.

Beste Short Fiction:
Daniel Keyes - Blumen für Algernon (Flowers for Algernon)
Was für eine großartige Geschichte. Der geistig zurückgebliebene Charly wird für den Test eines neuen Medikaments ausgewählt, das die Intelligenz drastische steigert. In Form von Tagebucheinträgen erlebt der Leser diese Veränderung von Charly hautnah mit. Von der fehlerhaften Sprache des Simple bis zur präzisen, durchkomponierten Sprache des Genies. Von heiter, nachdenklich, über hoffnungsvoll bis verzweifelt, als klar wird, dass er seine Intelligenz wieder verlieren wird.
Ich kenne niemanden, den diese Geschichte kalt gelassen hat und nicht umsonst landet "Blumen für Algernon" bei Umfragen zur besten Erzählung aller Zeiten immer wieder auf den vordersten Plätzen. Wer sie noch nicht gelesen hat, sollte dies unbedingt nachholen.
Hier die Besprechung im Kurzgeschichten-Klassiker-Thread:
viewtopic.php?f=17&t=9033&start=98
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1961

Beste Short Fiction:
Poul Anderson - Die längste Reise (The Longest Voyage)
Die Novelle spielt auf einen von Menschen kolonisierten Planeten, der ins Mittelalter zurückgefallen ist und sich zum Zeitpunkt der Handlung am Beginn zur Neuzeit befindet. Eine Entdeckungsfahrt per Segelschiff führt nicht nur zu einem bis dato unbekannten Inselreich, sondern auch zu einem Menschen von einem anderen Planeten, der mit seinem Raumschiff notlanden musste. Interessante und spannend erzählte Konfrontation einer Gesellschaft zwischen Aberglaube und ersten wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Konfrontation mit einer völlig neuen Welt. Eigentlich ist die Geschichte nichts Besonderes, mir hat sie aber trotzdem gut gefallen.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1962

Beste Short Fiction:
Brian W. Aldiss - Am Vorabend der Ewigkeit (The Long Afternoon of Earth)
In diesem Jahr wurde eine Reihe von fünf Erzählungen ausgezeichnet, die kurz darauf auch als Fix-up Novel herausgebracht wurden. In Deutschland ist nur der Roman erschienen, zuerst in gekürzter Form als Am Vorabend der Ewigkeit, später vollständig als Der lange Nachmittag der Erde, wobei die Kürzungen von Aldiss persönlich für die amerikanische Fassung des Romans vorgenommen wurden und die eigentliche Handlung nicht beeinträchtigen.
In ferner Zukunft steht die Sonne kurz vor der Supernova, die Erde rotiert nicht mehr und Pflanzen sind die Herrscher der Welt, auf der der Mensch keine große Rolle mehr spielt. Den Großteil des Romans folgt der Leser zwei Jugendlichen an der Schwelle zum Erwachsen werden auf ihrer Odyssee durch diese Welt, was in erster Linie dazu dient, eine Menge exotischer Schauplätze und Lebensformen kennen zulernen. Da wäre eine intelligente Morchel, die als Parasit den Geist ihres Wirts beeinflusst, vielfältige fleischfressende Pflanzen und gigantische Insekten. Nachfahren der Spinnen sind so groß geworden, dass sie im Weltraum überleben können und ein Netzsystem bis zum Mond gesponnen haben. Hier sieht man schon, dass man den Roman nicht als SF sondern als reine Fantasy lesen sollte. Besonders in der ersten Hälfte verzaubert der Roman mit seiner Fremdartigkeit. In der zweiten Hälfte kommt nicht mehr viel Neues hinzu, sodass die nicht gerade originelle Handlung hier stärker auffällt. Insgesamt kein schlechter Roman, aber auch nichts, was man unbedingt gelesen haben muss.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Kleine Nebenbemerkung: Der Thread ist übrigens nicht als reiner Teddy-Thread geplant. Wer will darf hier gerne seine Meinung zu den Geschichten abgeben. Würde mich freuen. :smokin
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1963

Beste Short Fiction:
Jack Vance - Die Drachenreiter (The Dragon Masters)
Auf einen kolonisiertem Planeten besteht ein feudales System, das sich technisch auf mittelalterlichem Niveau befindet. Die Lords der fünf Täler stecken einen großen Teil ihrer Ressourcen in die Zucht von Kampfdrachen, mit deren Hilfe sie sich gegenseitig bekriegen. Joaz Banbeck, Lord eines der Täler, erkennt, dass die Wiederkehr eines Raumschiffs einer fremden Rasse, der Urs, unmittelbar bevorsteht, die regelmäßig einen großen Teil der Bevölkerung versklavt. Genau diesen Zeitpunkt sucht sich Ervls Carcolo, Lord des benachbarten Tals, aus, um Joaz mit seiner Drachenarmee anzugreifen, sodass dieser sich mit seinem Nachbarn und den Urs herumschlagen muss. Letztere sind eine Drachenrasse, die speziell gezüchtete Menschen für sich kämpfen lassen. In dem Joaz die Sakrioten, Menschen, die sich einer Religion der Nichteinmischung verschrieben haben, in dem Kampf hineinzieht, kann der die Urs besiegen.
Wie meistens spielt die Handlung bei Vance eine eher untergeordnete Rolle. Viel interessanter sind die exotischen Sitten und Bräuche, die Vance in seinen erdachten Gesellschaften entwickelt. Hier speziell die Menschen, die intelligente Drachen züchten und die Drachenwesen, die Menschen züchten. Diesen ist die Kultur der Menschen der Täler so fremd, dass gar keine richtigen Verhandlungen zustande kommen. Auch die Sakrioten, die sehr zurückgezogen leben, aber jede Frage, die ihnen gestellt wird, beantworten müssen, sind hier zu nennen.
Die Novelle hat aber auch einige Minuspunkte: Zu der winzigen Kolonie passt der interstellare Hintergrund nicht so recht. Hier wäre ein reines Fantasysetting passender gewesen. Am Ende gibt Vance von den Sakrioten zuviel preis, sodass sie sich von geheimnisvoll zu banal-egoistisch wandeln.
Insgesamt gut lesbar, aber es gibt auch Besseres von Vance.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1964

Beste Short Fiction:
Poul Anderson - Die Zentrale der Esper (No Truce With Kings)
In einem Amerika nach einem Atomkrieg hat sich ein Pazifikstaat mit feudalen Herrschaftssystem gebildet. Nach dem Putsch einer progressiven Gruppierung entscheidet sich ein alter Kriegsveteran für die alte Regierung und gegen seinen Schwiegersohn, der die Putschisten unterstützt. Eine Unbekannte stellen die Esper da, eine Art Orden mit übersinnlichen Fähigkeiten, die sie von Außerirdischen erhalten, was aber unbekannt ist.
Anderson beschreibt den Krieg und das Eingreifen der Esper durchaus spannend.
Am Ende verschenkt er aber alles. Dem Vater-Schwiegersohn-Konflikt weicht er aus, indem er den Schwiegersohn umkommen lässt und die Außerirdischen entpuppen sich als ware Hansel, die das Gute wollen, aber dann doch nicht so helle sind.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1965

Beste Short Fiction:
Gordon R. Dickson - Frag nicht, Soldat! (Soldier, Ask Not)
Die Geschichte stammt aus dem Dorsai-Zyklus, der wiederum Bestandteil von Dicksons Future History ist.
Die Menschheit hat diverse Planeten besiedelt, wobei es zu einem unverstandenen, "evolutionäre Explosion" genannten Ereignis kam, das zur Zersplitterung der menschlichen Kulturen kam. So gibt es Planeten, die von kriegerischen, wissenschaftlichen oder stark gläubigen Kulturen bewohnt werden.
Bei einem Konflikt stehen sich zwei Armeen gegenüber, wovon eine den streng gläubigen Freundlern angehört. Ich-Erzähler der Geschichte ist ein Kriegsberichterstatter, der aus persönlichen Gründen die fanatischen Freundler hasst und bereit ist, seine journalistische Neutralität aufzugeben und in den Konflikt einzugreifen.
In der Geschichte geht es zwar um einen Krieg, sie ist aber alles andere als Military-SF. Vielmehr spielen Glaube, Philosophie und Wissenschaft der Splitterkulturen die entscheidende Rolle sowohl für die persönliche Kriese des Journalisten, als auch für die Lösung des Konflikts, der fast ohne Opfer vonstatten geht.
Mir gefällt diese Erzählung deutlich besser als die Geschichten, die Heinlein oder Asimov zu der Zeit geschrieben haben. Sie ist kaum gealtert und heute noch lesenswert.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2540
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Donald A. Wollheim (Hrsg) - World's Best SF 1982 - 1991 (also 9 Bände)
Wohnort: Neuss

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Teddy »

1966

Im Jahr 1966 wurden zum ersten Mal die Nebula Awards verliehen und gleich bei der ersten Wahl ergab sich eine Stimmengleichheit für die beste Novelle, sodass Brian W. Aldiss und Roger Zelazny ausgezeichnet wurden.

Nebula: Beste Novella (tie)
Brian W. Aldiss - Der Speichelbaum (The Saliva Tree)
Bei der Novelle handelt es sich um eine Hommage an H.G. Welles. Sie spielt im viktorianischen England und ist auch im Stil einer Scientific Romance verfasst. Junger Mann aus gutem Haus beobachtet den Absturz eines Himmelskörpers in den Teich einer Farm. Im Laufe der Geschichte wird klar, dass es sich um Außerirdische handelt, die unsichtbar sind und die Farm zu ihren Zwecken nutzen. Alles wird ungemein fruchtbar, allerdings für Menschen ungenießbar. Dem jungen Mann gelinkt es, die Außerirdischen zu vertreiben und das Herz der Farmerstochter zu gewinnen, was er seinem Freund H.G. Welles auch alles berichtet. So wäre auch erklärt, woher Wells seine Ideen bekam.
Aldiss trifft den viktorianische Erzählstil sehr gut und auch seine Invasion (oder war es nur ein Picknick?) der Außerirdischen ist durchaus spannend und enthält neue Aspekte dieses alten Themas. Insgesamt eine gelungene, lesenswerte Geschichte.

Roger Zelazny - Der Former (He Who Shapes)
In der Zukunft ist es Psychiatern möglich, sich direkt in die Träume ihrer Patienten einzuklinken und diese zu steuern. Dies ist nicht ganz ungefährlich, da es zu Rückkopplungen kommen kann, sodass der Arzt schwere Traumata erleiden kann. Render, ein Meister dieser Technik, ein Former, wird von einer jungen Psychologin gebeten, sie in die Technik einzuweisen, obwohl sie blind ist. Obwohl er selbst um die Gefahr weiß und sein ehemaliger Professor ihm dringend abrät, wagt Render die Behandlung, da wissenschaftliche Herausforderung und Ruhm locken. Es überrascht nicht, dass er scheitert.
Die Novelle wirkt in zweierlei Hinsicht überladen: Zum einen hat Render noch eine tödlich verunglückte Frau und Tochter, sowie einen Sohn, der hin und wieder aus dem Internat schreibt. Außerdem arbeitet er an einer Vorlesung über Selbstmord. Man hat das Gefühl, diese Handlungsdetails wären wichtig, aber am Ende baumeln sie nur lose herum. Zum zweiten lässt Zelazny in den Träumen beliebig Figuren aus nordischer, griechischer und jüdischer Mystik auftreten, was aber auch nur der Ausschmückung dient. Passend dazu ist die Sprache gerade in den Traumszenen schon fast übertrieben blumig und pathetisch: "...an der Peripherie allen Seins, lag das Dunkel mit seiner Beklemmung."
Die eigentlich gute Grundidee der Geschichte wird durch das Drumherum unnötig aufgebläht.

Nebula: Beste Novelette
Roger Zelazny - Die Türen seines Gesichts (The Doors of His Face, the Lamps of His Mouth)
Geschichte einer Jagt auf ein Seeungeheuer genannt Ikky auf der Venus. Carl, besessen davon einen Ikky zu fangen, verschleuderte sein ganzes Vermögen bei der Jagt und lässt sich seitdem für die Jagten Anderer anheuern. Diesmal von einer reichen Besitzerin eines Kosmetikimperiums, mit der Carl einmal für ein paar Monate liiert war. Zitat: "[Carl ist] ein Schweinehund und sie ist ein Miststück." Fast schon eine Dreiecksgeschichte Mann, Frau, Monster. Die Jagt auf einem gigantischen Floss ist durchaus spannend und atmosphärisch dicht erzählt.

Hugo: Beste Short Fiction und Nebula: Beste Short Story
Harlan Ellison - "Bereue, Harlekin!“ sagte der Tick-Tack-Mann ('Repent, Harlequin!' Said the Ticktockman)
Hat im Kurzgeschichten-Klassiker-Thread den meisten nicht so recht gefallen. Mir auch nicht. Irgendwie mehr Experiment als Geschichte.
Benutzeravatar
Mammut
SMOF
SMOF
Beiträge: 2358
Registriert: 16. Januar 2002 00:00
Land: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Mammut »

Teddy hat geschrieben: 25. März 2017 21:43 1959

Beste Short Story:
Robert Bloch - Der Zug zur Hölle (That Hell-Bound Train)
Welch literarisches Thema: Der Pakt mit dem Teufel! Hier geleistet durch den Landstreicher Martin, der gerade beschlossen hatte, es doch lieber bei der Heilsarmee zu versuchen, als der Leibhaftige erscheint, um die sicher geglaubte Seele nicht "an die andere Seite zu verlieren". Für seine Seele erhält Martin eine Uhr, mit der er die Zeit anhalten kann, wenn er meint, absolut glücklich zu sein. Aber wann ist man glücklich? Martin kann sich sein ganzes Leben nicht entscheiden, es könnte ja ein noch tollerer Moment kommen, sodass er am Ende wieder dem Teufel gegenübersteht und die Uhr nie benutzt hat.
Klingt hier in der Zusammenfassung etwas moralinsauer? Ist es aber nicht. Die Geschichte ist flott geschrieben und die Pointe hat es in sich. Kleiner Faust für zwischendurch. Lesenswert.
Die fand ich auch großartig. Ich finde sowieso das Bloch herausragende Kurzgeschichten geschrieben hat. Der Zug zur Hölle ist ein wirkliches Highlight und da ich sowieso Züge mag, habe ich die Geschichte einfach genossen. :prima:
Benutzeravatar
Mammut
SMOF
SMOF
Beiträge: 2358
Registriert: 16. Januar 2002 00:00
Land: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: Hugo- und Nebula-Gewinner im Bereich Short Fiction

Ungelesener Beitrag von Mammut »

Teddy hat geschrieben: 17. März 2017 20:37 1955

Nachdem 1953 der erste Hugo für einen Roman verliehen wurde und es 1954 gar keine Hugos gab, wurden 1955 erstmalig Hugos im Bereich Short Story und Novelette verliehen. In den ersten Jahren wurden die Kategorien des Hugos noch häufig gewechselt. Die heutige Form mit den drei Kategorien im Bereich Short Fiction gibt es erst seit 1968.

Beste Novelette:
Walter M. Miller, Jr. - Der Darfsteller (The Darfsteller)
Ryan Thornier, einst gefeierter Bühnenschauspieler, arbeitet als Reinigungskraft in einem Theater der Zukunft, in dem nur noch die absoluten Stars auftreten, oder vielmehr die Rototerversionen der Stars, da es gelungen ist, das, was einen Schauspieler ausmacht, auf Band zu speichern. Die Roboter werden dann von einem Maestro genannten Programm gesteuert, das während der Aufführung die Zuschauerreaktionen berücksichtigt. Als Thornier auch noch seinen Putzjob verlieren soll, sabotiert er das Band der Hauptrolle und lässt sich "überreden", als Mensch zwischen den Roboterdarstellern die Premiere des Stückes zu spielen.
An der Novelle sind zwei Dinge bemerkenswert: Zum einen wählt Miller mit der Zukunft des Theaters ein außergewöhnliches Thema, insbesondere wenn man bedenkt, womit die Magazine in den 50er Jahren gefüllt waren. Zum anderen gelingt ihn eine eindrucksvolle Charakterstudie eines Menschen, dessen ganzes Leben das Theater ist und der selbst als er überflüssig geworden ist die Theaterluft zum Überleben bracht.
Der Darfsteller ist auch heute noch absolut lesenswert und ein würdiger erster Hugo-Gewinner in seiner Kategorie.
Sehe ich genauso. Ich hatte meine Eindrücke hier gepostet, ich hoffe, ich darf das als Vergleich verlinken:
http://www.scifinet.org/scifinetboard/i ... rfsteller/
Antworten