TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

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Pogopuschel
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TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Auf Arte lief am Samstag Teil 1 von 3 einer exzellenten Doku über die Entstehung und Entwicklung der Superheldencomics, die auch die Veränderungen in der amerikanischen Gesellschaft widerspiegelt. Vor dem 2. Weltkrieg waren die Comics thematisch viel kontroverser und härter. In den ersten Geschichten von Superman (in Action Comics Nr. 1) geht es um Gewalt gegen Frauen und einen Verschwörung des militärisch-industriellen Komplexes. In Wonder Women gibt Bondage und insgesamt war alles ziemlich brutal (leider auch rassistisch). Nach dem Krieg schlugen dann die Tugendwächter zu und wie in der Filmindustrie mussten sich die Verlage einem moralischen Kodex unterwerfen. Hatten einst 90 % aller US-Kinder Comics gelesen, gingen die Verkäufe nun drastisch zurück. Die Superhelden, die im Krieg noch zu Propagandazwecken kämpften, wichen zunächst Horror und Krimigeschichten, nach der Moralinvasion dann dem Western.

Superman wurde vor einem Untersuchungsausschuss (unamerikanische Umtriebe und so ein Unsinn) tatsächlich vorgeworfen, ein Abbild des Naziübermenschen zu sein, und auf seiner Brust fehle nur noch das zweite S. Da war wohl entfallen das Superman und die meisten Superhelden (auch Captain America) von jüdischen Autoren und Zeichnern geschaffen worden sind. Viele von denen kommen in der Sendung auch zu Wort.

Hier geht es (bis zum 3. Februar) zur Sendung: http://www.arte.tv/guide/de/048390-001/ ... autoplay=1
Die Sendung wird auch noch zweimal wiederholt und es laufen auch noch Teil 2 und 3.

Also eine gute Chance, sich in relativ kurzer Zeit über die Entstehung und Entwicklung der Superheldencomics zu informieren. Die Doku ist auch in einem sehr lockeren, amüsierten Ton gehalten, und kommt nicht besserwisserisch und abfällig daher. :beanie:
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L.N. Muhr
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Pogopuschel hat geschrieben:Auf Arte lief am Samstag Teil 1 von 3 einer exzellenten Doku über die Entstehung und Entwicklung der Superheldencomics, die auch die Veränderungen in der amerikanischen Gesellschaft widerspiegelt. Vor dem 2. Weltkrieg waren die Comics thematisch viel kontroverser und härter. In den ersten Geschichten von Superman (in Action Comics Nr. 1) geht es um Gewalt gegen Frauen und einen Verschwörung des militärisch-industriellen Komplexes. In Wonder Women gibt Bondage und insgesamt war alles ziemlich brutal (leider auch rassistisch). Nach dem Krieg schlugen dann die Tugendwächter zu und wie in der Filmindustrie mussten sich die Verlage einem moralischen Kodex unterwerfen. Hatten einst 90 % aller US-Kinder Comics gelesen, gingen die Verkäufe nun drastisch zurück. Die Superhelden, die im Krieg noch zu Propagandazwecken kämpften, wichen zunächst Horror und Krimigeschichten, nach der Moralinvasion dann dem Western.
Mehr so allgemein in den Raum geworfen:

Bitte hier dringend unterscheiden: es geht wirklich nur um Comichefte. Das ist sehr wichtig zum Verständnis der Doku. Die sehr viel ältere und bedeutend populärere und zu diesem Zeitpunkt ausgereiftere Form des Comicstrip (also im Grund der Comiclektüre für Erwachsene) war von diesen Entwicklungen nicht betroffen. (Persönlich finde ich es schade, dass die Comicstrips bei fast allen populären Comicdokus unter den Tisch fallen. Es ist wichtig zum Verständnis der Historie zu sehen, dass die billig produzierten Hefte zunächst einmal vor allem einen inhaltlichen wie ästhetischen Rückschritt darstellten, den sie teilw. erst Jahrzehnte später aufholen konnten.)

Dazu parallel der Verweis auf Comic Book Confidential, Ron Manns 1988er-Doku zum selben Thema, im Dezember auf DVD erschienen (Besprechung von mir in der aktuellen COMIX). Dort sind ebenfalls Ausschnitte aus den TV-Übertragungen des Untersuchungsausschußes (hier v.a. Bill Gaines) und obskure Lehrfilme darüber, weshalb Comics Kinder zu Mördern machen, zu sehen.
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Pogopuschel
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von Pogopuschel »

Comicstrips gab es schon seit den 1890er Jahren. Der berühmteste dieser Zeit (zumindest der, der mir am prominentesten in meinem Studium der amerikanischen Kultur begegnet ist) ist »Little Orphan Anney«, nix mit Superhelden, mehr Richtung »Ragged Dick« und Charles Dickens. Wobei es mit »Flash Gordon«, »The Phantom« und »Prince Valliant« ab den 1920ern auch in die Heldenrichtung ging (die werden auch in der Doku erwähnt, nicht aber die ernsteren und satirischen Strips).

Zur zeitlichen Einordnung: Superman erschien erstmals in den 1930er Jahren.

Die ersten Superheldencomics gehen eher mit der Entstehung der Pulp-Magazine einher.

Wirklich schade, dass die Tradition der Comicstrips, die sich hier bei uns ja nie so richtig etablieren konnten (auch wenn es heute noch Calvin and Hobbes oder Mecki in aktuellen Zeitschriften gibt), so bei der Thematik der Comics untergegangen sind. Aber Superhelden sind halt momentan, dank der vielen Kinofilme, das angesagte Thema und einer der größten popkulturellen Einflüsse unserer Zeit (die Filme hängen mir ja inzwischen zum Hals raus, aber die Doku finde ich trotzdem superspannend).
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Doop
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von Doop »

Um ganz genau zu sein: der erste comic strip war ab 1895 "The Yellow Kid" von Richard F. Outcold. (Was erschuf Richard F. Outcold? Wäre doch mal eine schöne Eine-Million-Euro-Frage beim Herrn Jauch :-) )
Wichtige frühe strips waren u.a. Little Nemo in Slumberland (ab 1905 von Winsor McCay) und Krazy Kat (von George Herriman ab 1913). "Little Orphan Annie" startete 1924 und war da schon ziemlich spät dran, dafür gibts von Annie aber eine recht berühmte Playboy-Parodie, "Little Fannie Annie" von Harvey Kurtzman (ab 1962).
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L.N. Muhr
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Der hieß Outcault. :wink:
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Doop
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von Doop »

Hmm, ich war gestern out und mir war cold. Vielleicht erklärt das den Verschreiber... ;-)
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Khaanara
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von Khaanara »

Doop hat geschrieben:Um ganz genau zu sein: der erste comic strip war ab 1895 "The Yellow Kid" von Richard F. Outcold. (Was erschuf Richard F. Outcold? Wäre doch mal eine schöne Eine-Million-Euro-Frage beim Herrn Jauch :-) )
Wobei ein Deutscher ja schon 1865 in Prinzip ein Comic herausgegeben hat, welcher ja auch als Vorlage für die Katzenjammer-Kids wohl diente: Max und Moritz – Eine Bubengeschichte in sieben Streichen von Wilhelm Busch.

Aber die USA hat ja auch den Computer und das Telefon "erfunden"! :D

Die oben genannte Sendung werde ich mir wohl heute Abend als Abo in MediathekView einstellen und downloaden und bei Gelegenheit mal anschauen.
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von a3kHH »

Khaanara hat geschrieben:Wobei ein Deutscher ja schon 1865 in Prinzip ein Comic herausgegeben hat, welcher ja auch als Vorlage für die Katzenjammer-Kids wohl diente: Max und Moritz – Eine Bubengeschichte in sieben Streichen von Wilhelm Busch.
Und die waren auch nur die gedruckte und (teilweise) kodifizierte Form der Bildtafeln der Jahrmarktserzähler.
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von Amtranik »

Vermutlich sind die Höhlenmalereien der Steinzeit die wahren ersten Comics..... :kopfkratz:
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a3kHH
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von a3kHH »

Amtranik hat geschrieben:Vermutlich sind die Höhlenmalereien der Steinzeit die wahren ersten Comics..... :kopfkratz:
Ich würd' da nicht so drüber lästern ...
:teufel:
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von Bully »

Amtranik hat geschrieben:Vermutlich sind die Höhlenmalereien der Steinzeit die wahren ersten Comics..... :kopfkratz:
Ja, erste dokumentierte Anwendung von überlagerten Figuren, um Geschwindigkeit darzustellen: Höhlenlöwen waren wohl recht schnell. Ob Höhlenmalereien jetzt aber eine Geschichte erzählen sollten, weiß man nicht.

Aber ansonsten: Sumerische Rollsiegel, Tempelreliefs in Altägypten, Kirchenmalereien, der Teppich von Bayoux(?), Dürers Apokalypse-Holzschnitte.

Ja, ich weiß, dass Comics sequenziell sind, aber spätestens die erste Darstellung des Kreuzweges in Bilderform war sequenziell im Sinne der Definition. Dass ein Comic auf Papier gedruckt sein muss, ist Geschmackssache.
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L.N. Muhr
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Amtranik hat geschrieben:Vermutlich sind die Höhlenmalereien der Steinzeit die wahren ersten Comics..... :kopfkratz:
Das ist eine durchaus gängige, in jeder Literatur zum Thema vertretene These.

Warum nicht? Die Ursprünge der Phantastik liegen im Gilgamesch-Epos.
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L.N. Muhr
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Offenbar habe ich Comicgeschichte geschrieben.

Denn das steht da wirklich genau so:
Genau so ist es. Gerade die neueren "Batman" Verfilmungen zeigen einen total gebrochenen Helden, der im Endeffekt viel mehr mit dem Joker gemein hat als mit der Polizei. Und das ist etwas, was in den 80er Jahren von Autoren wie L. N. Muhr oder Frank Miller eingeführt wurde: dass man plötzlich Helden hat, von denen man überhaupt nicht mehr weiß, ob die eigentlich noch auf der guten Seite stehen. Und mittlerweile sind die Schattenseiten für das Publikum viel interessanter als die Glanzlichter.
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Khaanara
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von Khaanara »

Gestern den ersten Teil angesehen und für sehr interessant befunden. Wie L.N. schhon sagte geht es um die ersten Comichefte (am Anfang wird auch die Idee dazu mit dem zusammenfalten einer Zeitung auf das Heftformat und 10 cent-Aufbabber als Anekdote erzählt!), darunter dann speziell die Superheldencomics. Chronologisch werden die bekanntesten Helden dann vorgestellt. Die erste Episode geht bis zur McCarthy-Ära.

Die Dokuserie landet bei mir ins Archiv. ;-)
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Re: TV-Tip: Die Entwicklung der Superheldencomics

Ungelesener Beitrag von Uschi Zietsch »

L.N. Muhr hat geschrieben:Offenbar habe ich Comicgeschichte geschrieben.

Denn das steht da wirklich genau so:
Genau so ist es. Gerade die neueren "Batman" Verfilmungen zeigen einen total gebrochenen Helden, der im Endeffekt viel mehr mit dem Joker gemein hat als mit der Polizei. Und das ist etwas, was in den 80er Jahren von Autoren wie L. N. Muhr oder Frank Miller eingeführt wurde: dass man plötzlich Helden hat, von denen man überhaupt nicht mehr weiß, ob die eigentlich noch auf der guten Seite stehen. Und mittlerweile sind die Schattenseiten für das Publikum viel interessanter als die Glanzlichter.
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