c't-Jahrgang 2008: Die Ausgaben 2 bis 18
Verfasst: 18. September 2008 10:32
In diesen Thread kann man noch "posthum" Kommentare zu den Stories abgeben, die in den c't-Ausgaben 2-18/2008 erschienen sind.
Ich gehe mal mit gutem Beispiel voran:
Andrea Stevens: Soulstar V. 3
(c't 2/2008 S. 190-193)
Lester und Ringwood entwickeln Sammy, einen Roboter mit Seele. Das ständige An- und Abschalten ruft eine metaphysische Gestalt auf den Plan.
Flott geschriebene Satire, rundum gute Unterhaltung. Aber nicht mehr.
Peter Schattschneider: Die Lösung des Vielkörperproblems
(c't 3/2008 S. 204-208)
Ein Raumschiff strandet in der Nähe eines Schwarzen Loches. In der Zwischenzeit schlägt auf der Erde ein Meteorit ein und vernichtet die Menschheit und das meiste andere Leben. Als das Raumschiff dem Schwarzen Loch entkommen kann, erlebt die Besatzung bei Annäherung an die Erde eine Überraschung.
Keine Erzählung, bestenfalls ein Exposé mit dem Charme einer Physik-Dissertation.
Jörg Rohrbach: Der Wille zur Macht
(c't 4/2008 S. 220-223)
Pauls Sohn Finn ist im Betatest einer Simulation gefangen. Doch Paul beherrscht die Kunst des luziden Träumens.
Alles etwas zu glatt, Paul zu sehr Superheld und Übervater, dazu kleinere stilistische Holperer.
Andrea Stevens: Der Feind in mir
(c't 5/2008 S. 230-235)
Ein leerer Raumtransporter landet unsanft auf einem Bergwerksasteroiden. Der Bordcumputer bittet um Hilfe gegen Feinde an Bord, die sich in sog. Dunkelfelder bewegen.
Interessante Variation einer bekannten Idee, über weite Strecken spannend und rasant geschrieben, Auflösung etwas dünne.
Desiree und Frank Hoese: Eine Studie in Null und Eins
(c't 6/2008 S. 246-251 und c't 7/2008 S. 216-221)
Privatdetektiv Vinzent erfährt, dass Ellen, die Frau seines Freundes Henry, ermordert wurden. Das Problem: Vinzent, Ellen und Henry sind Avatare, elektronische Kopien realer Menschen im Cybverspace. Und Avatare sind in der realen Welt gerade nicht gut gelitten.
Super Idee, schöne Variation bekannter Muster, verpackt in spannende, gut geschriebene Krimihandlung.
Frank Hebben: Gelée Royale
(c't 8/2008 S. 204-210)
Die Welt der Zukunft ist ein von Zentralcomputern gesteuertes System. Die Menschen werden technisch aufgerüstet für die Aufgabe, die ihnen vom System zugedacht wird. Da dringt in den Container eines Rechenknechts eine synthetische Biene ein.
Tolle Idee, viel sozialer Hintergrund, überzeugende Charakterisierung des Protagonisten, sehr eindrücklich und erlebbar geschrieben, Mutter-Exkurs hätte ausgearbeitet werden können.
Lea Spark: Paul und wie er Petit zu lieben lernte
(c't 9/2008 S. 216-220)
Die Journalisten Rita und Paul sollen seltsame Geschehnisse in und um einem Zeitkraftwerk untersuchen. Ritas Hund Petit frisst organische Speichermedien, die noch wichtig werden.
Nette Grundidee, aber irgendwann den Faden verloren. Story vermutlich überlastet.
Guido Seifert: Lykaon
(c't 10/2008 S. 218-223 und c't 11/2008 S. 230-232)
Die KI-Dominanz hat die Herrschaft der Realisierten Vernunft geschaffen. Franziska möchte ihren Mann Joe auf den Weg der Vernunft führen. Doch der kämpft als Freiläufer gegen das System. Und müht sich gerade mit einem 17jährigen Neuzugang namens Lisa ab.
Bekannte Idee, recht gut gestrickter Plot, dichte Atmosphäre, sauber geschrieben. Aber mir fehlt etwas Originalität. Wozu brauchte er Lisa? Warum ist Franziska so oberflächlich charakterisiert?
Niklas Peinecke: Im Garten eines Kraken
(c't 12/2008 S. 210-216)
Das Bewusstsein von Mördern wird in U-Boote transferiert, die auf dem Meeresboden nach Rohstoffen suchen müssen. Dies ist die Geschichte von Vinzent, der eine neue Art von Atlantis findet.
Geniale Idee, sahnemäßiger Anfang, phantastische Schilderung von Körper- und Bewusstseinsphänomenen, dichte Erzählweise. Aber gegen Ende wirkt es etwas konstruiert und zu wenig gestaltet. Für meinen Geschmack auch zu viel Zufall im Spiel. Episode mit Tiefseekraken ausarbeiten oder ganz weglassen.
Jörg Isenberg: Weltenbrand
(c't 13/2008 S. 234-238 und c't 14/2008 S. 218-223)
Die Menschheit ist gespalten in Holos und Realos. Ein Chef der Holos, Siegmund Tomek, will sich mit dem Gewerkschaftsboss der Realos, Jacques Cavalares, treffen. Auf dem Weg dorthin erleidet Tomeks Auto einen Unfall und kommt auf Bauer Jorichs Wiese zum Liegen.
Bekannte Rahmenidee, interessantes klaustrophobisches Setting, aber wenig draus gemacht. Isenberg kann besser.
Stefan Brecht/Markus Friedrich: Leben im Cyberspace (Interview mit William Gibson)
(c't 15/2008 S. 204-206)
Diesmal keine Story, sondern ein Interview mit William Gibson, dem Erfinder des Cyberspace und Schöpfer des Cyberpunk. Es plätschert ganz nett an der Oberfläche, tut aber den Interviewpartnern nicht besonders weh. Ich hatte mehr erwartet.
Christian Weis: Gedankenfresser 1.0
(c't 16/2008 S. 206-209 und c't 17/2008 S. 200-205)
Privatdetektiv Kozak bekommt Besuch von Ciara, der kleinen Schwester seiner früheren Geliebten Larissa, und dem Prototyp des Kampfroboters Keno4, den sie gerade aus den Lagern des Technologie-Multis GLOBOTRONIC entwendet hat. Nun wird sie von einer Spezialeinheit des Konzerns gejagt. Und GLOBOTRONIC hat noch andere unausgereifte Erfindungen in Reserve...
Spannend geschriebener Krimi mit interessanten Wendungen, gern gelesen, wenngleich kein Meilenstein. So langsam finde ich Geschmack an Kozak und freue mich auf weitere Stories mit ihm. Aber vor allem den "Gedankenfresser" hätte ich gern etwas unmittelbarer erlebt.
Arno Endler: Gefangen
(c't 18/2008 S. 202-206)
Maik verbringt sein Leben in einer Wohnung, wo er betreut/überwacht wird von LLR, einer KI. Während er seine Achtstundenschichten am Computer ableistet, wird sein Bewusstsein ausgeschaltet. Da erreichen ihn seltsame Botschaften, die darauf hindeuten, dass er vielleicht in einer Simulation gefangen ist.
Bekannte Idee, aber gut ausgearbeitet mit netter Wendung am Schluss. Solide, wenngleich nicht überragend.
Insgesamt kann die c't das exzellente Niveau des Vorjahres nicht ganz halten. Bislang fehlen experimentelle Texte. Perlen sind die Stories von den Hoeses und von Hebben. Durchgefallen sind die Werke von Schattschneider und Rohrbach. Der Rest bewegt sich meist auf solidem, aber nicht berauschendem Level.
Gruß
Ralf
Ich gehe mal mit gutem Beispiel voran:
Andrea Stevens: Soulstar V. 3
(c't 2/2008 S. 190-193)
Lester und Ringwood entwickeln Sammy, einen Roboter mit Seele. Das ständige An- und Abschalten ruft eine metaphysische Gestalt auf den Plan.
Flott geschriebene Satire, rundum gute Unterhaltung. Aber nicht mehr.
Peter Schattschneider: Die Lösung des Vielkörperproblems
(c't 3/2008 S. 204-208)
Ein Raumschiff strandet in der Nähe eines Schwarzen Loches. In der Zwischenzeit schlägt auf der Erde ein Meteorit ein und vernichtet die Menschheit und das meiste andere Leben. Als das Raumschiff dem Schwarzen Loch entkommen kann, erlebt die Besatzung bei Annäherung an die Erde eine Überraschung.
Keine Erzählung, bestenfalls ein Exposé mit dem Charme einer Physik-Dissertation.
Jörg Rohrbach: Der Wille zur Macht
(c't 4/2008 S. 220-223)
Pauls Sohn Finn ist im Betatest einer Simulation gefangen. Doch Paul beherrscht die Kunst des luziden Träumens.
Alles etwas zu glatt, Paul zu sehr Superheld und Übervater, dazu kleinere stilistische Holperer.
Andrea Stevens: Der Feind in mir
(c't 5/2008 S. 230-235)
Ein leerer Raumtransporter landet unsanft auf einem Bergwerksasteroiden. Der Bordcumputer bittet um Hilfe gegen Feinde an Bord, die sich in sog. Dunkelfelder bewegen.
Interessante Variation einer bekannten Idee, über weite Strecken spannend und rasant geschrieben, Auflösung etwas dünne.
Desiree und Frank Hoese: Eine Studie in Null und Eins
(c't 6/2008 S. 246-251 und c't 7/2008 S. 216-221)
Privatdetektiv Vinzent erfährt, dass Ellen, die Frau seines Freundes Henry, ermordert wurden. Das Problem: Vinzent, Ellen und Henry sind Avatare, elektronische Kopien realer Menschen im Cybverspace. Und Avatare sind in der realen Welt gerade nicht gut gelitten.
Super Idee, schöne Variation bekannter Muster, verpackt in spannende, gut geschriebene Krimihandlung.
Frank Hebben: Gelée Royale
(c't 8/2008 S. 204-210)
Die Welt der Zukunft ist ein von Zentralcomputern gesteuertes System. Die Menschen werden technisch aufgerüstet für die Aufgabe, die ihnen vom System zugedacht wird. Da dringt in den Container eines Rechenknechts eine synthetische Biene ein.
Tolle Idee, viel sozialer Hintergrund, überzeugende Charakterisierung des Protagonisten, sehr eindrücklich und erlebbar geschrieben, Mutter-Exkurs hätte ausgearbeitet werden können.
Lea Spark: Paul und wie er Petit zu lieben lernte
(c't 9/2008 S. 216-220)
Die Journalisten Rita und Paul sollen seltsame Geschehnisse in und um einem Zeitkraftwerk untersuchen. Ritas Hund Petit frisst organische Speichermedien, die noch wichtig werden.
Nette Grundidee, aber irgendwann den Faden verloren. Story vermutlich überlastet.
Guido Seifert: Lykaon
(c't 10/2008 S. 218-223 und c't 11/2008 S. 230-232)
Die KI-Dominanz hat die Herrschaft der Realisierten Vernunft geschaffen. Franziska möchte ihren Mann Joe auf den Weg der Vernunft führen. Doch der kämpft als Freiläufer gegen das System. Und müht sich gerade mit einem 17jährigen Neuzugang namens Lisa ab.
Bekannte Idee, recht gut gestrickter Plot, dichte Atmosphäre, sauber geschrieben. Aber mir fehlt etwas Originalität. Wozu brauchte er Lisa? Warum ist Franziska so oberflächlich charakterisiert?
Niklas Peinecke: Im Garten eines Kraken
(c't 12/2008 S. 210-216)
Das Bewusstsein von Mördern wird in U-Boote transferiert, die auf dem Meeresboden nach Rohstoffen suchen müssen. Dies ist die Geschichte von Vinzent, der eine neue Art von Atlantis findet.
Geniale Idee, sahnemäßiger Anfang, phantastische Schilderung von Körper- und Bewusstseinsphänomenen, dichte Erzählweise. Aber gegen Ende wirkt es etwas konstruiert und zu wenig gestaltet. Für meinen Geschmack auch zu viel Zufall im Spiel. Episode mit Tiefseekraken ausarbeiten oder ganz weglassen.
Jörg Isenberg: Weltenbrand
(c't 13/2008 S. 234-238 und c't 14/2008 S. 218-223)
Die Menschheit ist gespalten in Holos und Realos. Ein Chef der Holos, Siegmund Tomek, will sich mit dem Gewerkschaftsboss der Realos, Jacques Cavalares, treffen. Auf dem Weg dorthin erleidet Tomeks Auto einen Unfall und kommt auf Bauer Jorichs Wiese zum Liegen.
Bekannte Rahmenidee, interessantes klaustrophobisches Setting, aber wenig draus gemacht. Isenberg kann besser.
Stefan Brecht/Markus Friedrich: Leben im Cyberspace (Interview mit William Gibson)
(c't 15/2008 S. 204-206)
Diesmal keine Story, sondern ein Interview mit William Gibson, dem Erfinder des Cyberspace und Schöpfer des Cyberpunk. Es plätschert ganz nett an der Oberfläche, tut aber den Interviewpartnern nicht besonders weh. Ich hatte mehr erwartet.
Christian Weis: Gedankenfresser 1.0
(c't 16/2008 S. 206-209 und c't 17/2008 S. 200-205)
Privatdetektiv Kozak bekommt Besuch von Ciara, der kleinen Schwester seiner früheren Geliebten Larissa, und dem Prototyp des Kampfroboters Keno4, den sie gerade aus den Lagern des Technologie-Multis GLOBOTRONIC entwendet hat. Nun wird sie von einer Spezialeinheit des Konzerns gejagt. Und GLOBOTRONIC hat noch andere unausgereifte Erfindungen in Reserve...
Spannend geschriebener Krimi mit interessanten Wendungen, gern gelesen, wenngleich kein Meilenstein. So langsam finde ich Geschmack an Kozak und freue mich auf weitere Stories mit ihm. Aber vor allem den "Gedankenfresser" hätte ich gern etwas unmittelbarer erlebt.
Arno Endler: Gefangen
(c't 18/2008 S. 202-206)
Maik verbringt sein Leben in einer Wohnung, wo er betreut/überwacht wird von LLR, einer KI. Während er seine Achtstundenschichten am Computer ableistet, wird sein Bewusstsein ausgeschaltet. Da erreichen ihn seltsame Botschaften, die darauf hindeuten, dass er vielleicht in einer Simulation gefangen ist.
Bekannte Idee, aber gut ausgearbeitet mit netter Wendung am Schluss. Solide, wenngleich nicht überragend.
Insgesamt kann die c't das exzellente Niveau des Vorjahres nicht ganz halten. Bislang fehlen experimentelle Texte. Perlen sind die Stories von den Hoeses und von Hebben. Durchgefallen sind die Werke von Schattschneider und Rohrbach. Der Rest bewegt sich meist auf solidem, aber nicht berauschendem Level.
Gruß
Ralf