Uschi Zietsch hat geschrieben:
Und noch mal @Ellen - ernsthafte Frage: Wie würdest du dir denn eine radikale Umgestaltung - grob angerissen - vorstellen?
Gute Frage.
Zunächst einmal bin ich ja kein Autor, sondern Konsument. Aus Konsumentensicht ist es so: ich wäre für radikale Schnitte offen. Wenn ihr also "kill your idols" spielen wollt, bin ich dabei. Du weisst ja besser als ich, dass man nur die vermisst, die man gemocht hat. Ebenso wäre ich offen für extreme Zeit- und Schauplatzwechsel. Peter Terrid hat mal vorgeschlagen, die Serie tatsächlich in eine weit entfernte Zukunft zu verlegen. Warum nicht? Wenn ein gutes Handlungskonzept dafür vorliegt und ein Team, dass das stemmen kann...
Aus Konsumentensicht gebe ich den Autoren carte blanche. Meckern kann ich hinterher. Oder loben. Das trennt mich von größeren Teilen des PR-Forums.
Aus kreativer Sicht fände ich es lange nötig, den Gegnern ein differenzierteres Antlitz zu geben. Wenn wir denn unbedingt immer einen "Gegner"-Zyklus wollen, was auch debatabel wäre. Auch Tiuphoren und Gyanli waren im Endeffekt nur weitere BEMs, lefzensabbernde Killer hinter Gesichtsmasken, die man im Egoshooter so schön abknallen kann, weil sie nichts bedeuten. (Also die gleiche Art Gegner wie in den meisten Marvel-Filmen.) Drama heisst im Kern Interessenskonflikt, und der wird durch Differenzierung verständlich. Dieser Aspekt, das Drama, fehlte im ganzen Tiuphoren-Komplex bzw. war nur sehr gering angerissen. Was der Konzeption geschuldet war, da war auch kaum mehr rauszuholen, denke ich. Dieser gigantomanische Schluss der Tiuphoren-Geschichte zeigt ja klar, dass es der Geschichte an Drama mangelte. Sonst wäre da nicht so ein gewaltiger Knall inszeniert worden.
Umbau 1 also: weg vom Egoshooter-Konflikt, hin zum Drama-Konflikt. Die derzeitige Tefroder-Handlung deutet an, dass ihr das könnt.
Umbau 2: ich bestehe nicht auf Terra als Handlungsort. Nicht einmal auf Terras Existenz. Zumal die SF genug Möglichkeiten bietet, Terra wieder zurück in die Handlung zu führen. (Ich sag nur "Mars". Ist bis heute unerklärt.)
Umbau 3:
Lange Zeitsprünge haben immer zu Konflikten in der Leserschaft geführt, weil nur sehr wneige Figuren einen tausendjährigen Abgrund überwinden. Ich mochte es dagegen, wie gewisse Geschichten einzelner Akteure zu Ende geführt wurden und das war es dann. Ich bewundere bis heute Ernst, wie er im Linguiden-Zyklus den ganzen Komplex 1.000 - 1.599 sauber aufgeräumt hat. Dadurch entsteht trotz Zeitsprung der Eindruck eines geschlossenes Handlungsblockes. Derzeit fürchtet ihr euch anscheinend davor, Geschichten auch mal auszuerzählen. Dabei ist jede Geschichte immer nur so gut wie ihr Schluss. Figuren werden im Hintergrund geparkt, um sie bei Gelegenheit entstauben zu können. Dabei hat dieses Entstauben selten gut getan. Michael Rhodans Handlung war im KdZ-Zyklus auserzählt, Alaskas im Armada-Zyklus. Die SOL flog in einem sehr guten Heft während der Chronofossilien davon. Ernst verweigerte Nikki Frickel den Zellaktivator - man hat nie wieder von ihr gehört.
Ergo: Dinge zu Ende bringen und einen Cut machen.
Ich glaube, das viele PR-Leser einer Illusion unterliegen. Die sagen, sie mögen das Große, Kosmische der Serie. Und deshalb wird ihnen das geliefert. Dabei waren alle prägenden kosmischen Episoden, begonnen von den Zgmahkonen über Bardioc, Laire, Ganerc Callibso, Ordoban im Kern sehr menschliche Geschichten, die diese große kosmische Makro-Ebene auf die Mikro-Ebene des Erlebens einzelner, tragischer Figuren hinunterbrachen. Viele Leser merken gar nicht, dass sie eigentlich ganz klassisches Drama lesen, weil es ihnen sehr geschickt in einer Verpackung geliefert wird, auf der steht "Das. Ist. Großes. Kosmisches. Drama!"
Es nützt der größte Knall nichts, wenn einem egal ist, wer da explodiert. Auch das weisst du viel, viel besser als ich.
Dass die Serie nicht gegen die Leser entscheiden kann, weiss ich. Aber du hast gefragt, und das ist hier reines Sandkasten-Spiel.