Hallo,
ich habe die Diskussion bis hierher stillschweigend verfolgt und bin nun sehr froh, dass sie 'gemäßigtere' Formen annimmt.
Andreas Eschbach hat geschrieben:Was für Bedingungen braucht die Produktion hervorragender SF? Außer Phantasie, handwerklichem Können und Leidenschaft? Und was davon fehlt und wieso?
Für mich als Autor steht als Bedingung auf jeden Fall auch die Größe des erreichbaren Zielpublikums.
Nach dem Achtungserfolg meines Debütromans
Alles bleibt anders (im Kleinverlag immerhin inzwischen eine Auflage von etwa 5.000 Exemplaren), stellte ich mir ganz klar die Frage: Wo willst du hin? Möchtest du für einen überschaubaren Markt schreiben oder die Chance nutzen und einen größeren erreichen?
Da ich selbst sowohl Science Fiction und Fantasy sehr gerne lese als auch Krimis und Thriller (eigentlich lese ich genreübergreifend alles, was spannend ist), entschied ich mich, nach
Alles bleibt anders das Segment zu wechseln.
Für den Thriller sind die Marktchancen im Moment ganz hervorragend.
Andreas Eschbach hat geschrieben:Man steht als Autor besser da, wenn man von starken Konkurrenten umgeben ist. Wenn man als Teil einer kreativen Welle daherkommt. Konkurrenz belebt das Geschäft! Erstens, weil man sich mehr ins Zeug legt, um das, was man macht, noch besser zu machen – da hilft der heiße Atem von Konkurrenten im Nacken ungemein. Zweitens und viel wichtiger aber, weil man anders wahrgenommen wird: Der einzelne Solitär wird als Kuriosum betrachtet – kommt dagegen eine ganze Woge von Autoren an, dann verleiht das jedem einzelnen davon das Fluidum einer gewissen "Unausweichlichkeit"; als Leser verbindet man eher das Gefühl damit, sich damit auseinandersetzen zu müssen. ("Alle Welt redet jetzt von den Schwedenkrimis; ich muss glaub ich doch mal einen lesen.")
Da stimme ich Andreas völlig zu. Denn im Thrillerbereich ist exakt das eingetreten. Vor zehn Jahren noch war es fast unmöglich, als deutscher Autor einen Thriller in einem Publikumsverlag zu platzieren oder für seinen Thriller ein Setting in Deutschland zu wählen.
Heute ist das ganz anders: Vor allem Sebastian Fitzek hat da den Weg bereitet; Wulf Dorn, Vincent Kliesch u. a. sind nachgefolgt und sie nehmen sich alle wechselseitig nichts vom Kuchen weg, denn dieser wird plötzlich immer größer.
Soll ich also SF schreiben und dafür parallel dazu einen ungeliebten Brot-Job ausüben oder soll ich mich an den Thriller wagen, in der Hoffnung, mehr als ein Taschengeld zu verdienen?
Mein Plan ist aufgegangen, denn ich hatte für meinen zweiten Roman
Vater, Mutter, Tod binnen sechs Tagen einen Vertrag mit Ullstein.
Und das heißt weder, dass er 'Auftragsschreiberei' war, noch, dass ich etwas geschrieben hätte, das ich selbst nicht gerne lesen würde.
Ganz im Gegenteil.
Die SF hat m. E. ein Imageproblem, das hatte z. B. der Krimi in den Achtzigern auch.
Vergangene Woche war ich bei der Veranstaltung
„Willkommen in der Matrix“ – Science-Fiction zwischen Kunst und Kommerz mit Joachim Körber und Sascha Mamczak im Brecht-Haus hier in Berlin.
Interessant in dem Zusammenhang fand ich, dass Sascha Mamczak davon sprach, dass die Verlage zunehmend dazu übergehen, überhaupt kein Genre mehr auf den Roman zu drucken (siehe auch z. B. Andreas' Romane). Sosehr dies vielleicht auch den einen oder anderen SF-Puristen schmerzen wird: Ich glaube, der SF wird das auf lange Sicht helfen.
Mit einem SF-Roman seine schriftstellerische Karriere starten zu wollen, ist nicht unbedingt die weiseste Entscheidung.
Frank Schätzing ist das klüger angegangen.
Alles bleibt anders soll auf keinen Fall mein letzter SF-Roman gewesen sein. Aber ich glaube - über meinen kleinen Umweg - könnte der zweite SF-Roman dann noch erfolgreicher sein.
Liebe Grüße aus Berlin
Siegfried Langer