Thomas Wawerka hat geschrieben:Beverly hat geschrieben:Wir brauchen irgendeinen technologischen Durchbruch
Ich denke, wir bräuchten vor allem erstmal einen Grund.
Gernot hat geschrieben:Wir brauchen technische Innovationen, und wir brauchen handfeste Gründe für den Aufbruch ins All. Die Seefahrer vergangener Zeiten waren zwar sicherlich auch - und möglicherweise vorwiegend - von Abenteuerlust und Entdeckerfreude getrieben,(...)
Den handfesten
Hinderungsgrund sehe ich in den vorhandenen unzulänglichen Antriebssystemen. Wenn der überwunden wäre, ginge es mit der Raumfahrt wahrscheinlich ebenso "von selbst" voran und die Diskurse von Raumfahrt-Gegnern erwiesen sich als ideologische Kopfgeburten, für die es keine materielle Basis gibt.
Aber ob und wann es etwas Besseres gibt als die akuten Riesenraketen mit Megakosten und Mini-Nutzlast, weiß ich nicht. Das kann lange auf sich warten lassen, langsam besser werden, schubweise oder plötzlich besser werden.
Naja, vor zwanzig Jahren hatte ich immer die schönen Flachbildschirme bei "Star Trek" bewundert und geglaubt, die gäbe es wirklich erst im 24. Jahrhundert. Jetzt habe ich selbst einen.
Gründe gibt es viele, handfeste und hintergründige.
Als übergreifende Motivation ist die nicht von der Hand zu weisende Beobachtung, dass sich in zu Wohlstand gekommenen Gesellschaften bzw. den wohlhabenden Teilen von Klassengesellschaften die Zustände durchsetzen, die Aldous Huxley in "Schöne neue Welt" beschrieben hat. Sie verblöden, weil sie keine Herausforderungen und keinen tieferen Daseinszweck als die leicht gewordene Aufrechterhaltung der Existenz haben.
Die Erforschung und Erschließung des Weltraums bietet neue Herausforderungen ohne Ende und IMHO hat der Verzicht auf Raumfahrt im großen Stil wesentlich zu den Degenerationserscheinungen der letzten Jahrzehnte beigetragen.
So hat die Einstellung des Mondprogramms 1972 nicht dazu geführt, dass die USA in irgendeiner Art und Weise friedlicher, umweltfreundlicher, sozialer, humaner oder gerechter wurden. Im Gegenteil: seit der Amtsübernahme durch Ronald Reagan, der im Internet als Gegner der Raumfahrt gehandelt wird, geht es mit dem Land sozusagen schubweise bergab. Ein Krieg nach dem anderen, die Armen werden ärmer und die Reichen reicher und in der Politik muss schon jemand wie Newt Gingrich als Lichtblick herhalten (aber nur, weil er für Raumfahrt ist).
Am Weltraum-Tourismus mit kurzen Hopsern ins All wird schon heute gearbeitet und hat sich das erst einmal durchgesetzt, mögen Folgeprojekte wie "Hotel im Erdorbit" avisiert werden.
Dem Mars mit verbesserten Antrieben so einfach wie heute die Antarktis zu erreichen, würde die Erforschung des Planeten und seiner Entwicklung zu einem bezahlbaren Projekt machen. Rohstoffsucher ließen dann auch nicht lange auf sich warten - es sei denn, sie finden in erdnahen Asteroiden einfacher abzubauende und zu transportierende Bodenschätze.
Aus einer Forschungsstation aus dem Mars kann sich eine dauerhaft besiedelte Kolonie entwickeln. So, wie im Foundation-Zyklus von Asimos die Siedlung einiger Gelehrter zu einem neuen Gemeinwesen wurde. So wie aus deiner Sicht der Mars die Grenze dessen ist, was wir erreichen könnten, ist aus der Sicht von Menschen aus dem Mars der Asteroidengürtel die Grenze. Da errichten sie einige Bergwerkssiedlungen, die sich verselbstständigen, nach Jupiter schielen und Saturn für unerreichbar halten ... so könnte sich selbst in einem konservativen Szenario die Menschheit in 5000 Jahren über das ganze Sonnensystem ausbreiten.
Vor einigen Jahren spöttelte jemand über eine "Mondkolonie für Arbeitslose". Wenn der Flug zum Mond nicht mehr kostet als die Passage über den Atlantik oder nach Australien, werden mit Sicherheit Menschen dorthin auswandern.
Als die brasilianische Regierung beschloss, ein Waldschutzgesetz aufzuheben, war einer meiner freundlicheren Gedanken, möglichst viele Brasilianer auf den Mond zu schießen.
So, wie es heute ist, könnten die Brasilianer sagen, sie erschließen ihren Wald ebenso wie es die Europäer oder auch die Nordamerikaner mit ihren Wäldern getan haben. Nur war das wirklich gut? Selbst im besten hat hat man da alle 2 km ein Dorfkaff und alle 10 km eine hässliche oder langweilige Provinzstadt und Europa sah vor 5000 Jahren doch schöner aus. Im schlimmsten Fall gibt das Abholzen von immer mehr Wald dem Irdischen Klima den Rest und wir bekommen Zustände wie in "Der Wüstenplanet".
Wenn immer weitere "Erschließung" die Erde bestenfalls zu einem trostlosen Ort mit Feldern für Biosprit und Neubaugebieten macht, muss die Erschließung in den Weltraum ausweichen. Dass es auf dem Mond und unseren Nachbarplaneten keine belebte Natur gibt, die dabei kaputt gehen kann, halte ich sogar für einen Vorteil.
Die Suche nach extrasolaren Planeten geht munter weiter und irgendwann wird auch mal eine "zweite Erde" entdeckt werden. Ich bin nicht mal so begeistert davon, dass die Menschen über eine andere belebte Welt herfallen, aber die zweite Erde wird die Imagination vieler Menschen mehr beflügeln als es die toten Nachbarplaneten der Erde vermocht haben, und der Raumfahrt einen Innovationsschub geben.