Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

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muellermanfred
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Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von muellermanfred »

Helft mir mal auf die Sprünge: Wie schreibt man eigentlich eine Science-Fiction-Geschichte?

Es gibt Genres, da hätte ich absolut kein Problem, mir neue Handlungen auszudenken. Aber Science Fiction? Nada. Ich habe in meinem Leben eine taugliche SF-Geschichte geschrieben, doch wenn ich mich jetzt hinsetze, um eine Idee zu skizzieren, ist es so, als würde ich in ein dunkles Loch starren, aus dem nichts rauskommt.

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Thomas Wawerka
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

muellermanfred hat geschrieben:Helft mir mal auf die Sprünge: Wie schreibt man eigentlich eine Science-Fiction-Geschichte?

Es gibt Genres, da hätte ich absolut kein Problem, mir neue Handlungen auszudenken. Aber Science Fiction? Nada. Ich habe in meinem Leben eine taugliche SF-Geschichte geschrieben, doch wenn ich mich jetzt hinsetze, um eine Idee zu skizzieren, ist es so, als würde ich in ein dunkles Loch starren, aus dem nichts rauskommt.

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Du pimpst einfach irgendeine Story mit ordentlich Technik auf, verlegst sie in die Zukunft und/oder den Weltraum, erfindest noch ein paar coole Worte - tataa! Nee, mal im Ernst: SF-Geschichten haben doch eher selten "Eigenarten", die nicht die Kulisse, die Verpackung, das Drumherum betreffen, sondern die Geschichte selbst ... weswegen ich mich manchmal frage, ob SF tatsächlich ein Genre ist (ob das Genre nicht eher "Fantastik" ist - Thema: "Die Begegnung mit dem ganz Anderen") und SF selbst sich daneben nicht verschiedenen anderen Genres zuordnen lässt: dem Krimi, dem Abenteuer, der Robinsonade etc.
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von Dschinnie »

Andersrum gefragt: Wenn du keine Story im Kopf hast, warum willst du dann unbedingt (jetzt) SF schreiben?
Das soll nicht ironisch klingen, ich suche nach einem Lösungsansatz :)
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Don Dirk

Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von Don Dirk »

Mach es wie ich :wink:
Ich zeige dir mal, wie meine Space OPera "Pate der Verlorenen" zustande kam.

1. Schritt
Nimm dir ein aktuelles Problem / Geisteshaltung oder einen politischen Zustand, und überlege dir, was du dazu zu sagen hast.
(Geringschätzung menschlichen Lebens und Schaffens zugunsten ungebremster Profit- und Machtgier)
Dann extrapolierst du dasin eine beliebige Zukunft, peppst das Ganze mit den entsprechenden technischen Mitteln auf, und hast eine Grundlage, ein Fundament, für eine Story.
(Fernste Zukunft, interstellare Raumfahrt)
2. Schritt
Dass lässt du reifen bis dir Figuren durch den Kopf wanderen, die vielleicht vollkommen konträre Positionen zu deinem Fundament vertreten.
(Phelan Delft, Sohn eines Mafiapaten / Grandlord Pattinson, Adliger und Mächtiger)
Lass dir Zeit mit ihnen, lerne sie kennen, erlebe, wie sie in deiner Welt zurechtkommen und ihren Träumen nachjagen.
(Phelan verabscheut die Neurosklaverei und die windigen Geschäfte seines Vaters. Er will unabhängiger werden, und mit den Geschäften seines Alten nix zu tun haben.
Grandlord Pattinson sieht die Hanse als schwach an, weil sie Menschen immer noch "zu human" behandelt, anstatt die Technik der Neurosklaverei stärker einzusetzen. Er sieht sich selber an der Spitze einer neuen Macht, die die Hanse ablöst und das Potenzial der Menschheit vollends ausschöpft, notfalls mit brutaler Gewalt und Zwang
)
3.Schritt
Anhand des Fundaments und der Figuren versuche herauszukristalliesieren, ob du pure Unterhaltung mit kritischem Subtext, oder mahnen Zeigefinger mit unterhaltenden Subtext schreiben möchtest.
(Bei mir pure Unterhaltung mit kritischem Subtext, daher Space Opera mit Anleihen an Mafiafilme)
Und dann geht es ab ans Werk :D
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lapismont
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von lapismont »

Am einfachsten ist es, wenn Du eine Geschichte ganz ohne Recherche schreibst. Immer, wenn Du nicht weißt, wie es funktioniert oder heißt, denkst Du Dir einen technisch klingenden Begriff aus.
Auch das Beschreiben von Figuren überlässt Du einer gewissen Spielermentalität oder würfelst die Anzahl der Körperteil und ihre physischen Dimensionen einfach aus. Ein W6 liefert fast realistische Werte.
Hilfreich ist auch eine selbstbestimmte Orthografie, sowie willkürliche Zeilen- und Seitenumbrüche. Wenn das nicht modern-futuristisch genug ist, lass ab und zu Endungen von Adverben und Adjektiven weg.
Die Handlung sollte unbedingt nichtlinear sein, daher schreibe unbedingt völlig planlos. Dem Leser hilfst Du, indem Du ab und zu eine Kapitelüberschrift mit dem Wort Singularität oder Transzendenz auffüllst.

Und vermeide unbedingt den Fehler, eine selbstgezeichnete Karte beizulegen, denn sonst denkt jeder, es wäre Fantasy.
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Thomas Wawerka
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

lapismont hat geschrieben:Am einfachsten ist es, wenn Du eine Geschichte ganz ohne Recherche schreibst. Immer, wenn Du nicht weißt, wie es funktioniert oder heißt, denkst Du Dir einen technisch klingenden Begriff aus.
Auch das Beschreiben von Figuren überlässt Du einer gewissen Spielermentalität oder würfelst die Anzahl der Körperteil und ihre physischen Dimensionen einfach aus. Ein W6 liefert fast realistische Werte.
Hilfreich ist auch eine selbstbestimmte Orthografie, sowie willkürliche Zeilen- und Seitenumbrüche. Wenn das nicht modern-futuristisch genug ist, lass ab und zu Endungen von Adverben und Adjektiven weg.
Die Handlung sollte unbedingt nichtlinear sein, daher schreibe unbedingt völlig planlos. Dem Leser hilfst Du, indem Du ab und zu eine Kapitelüberschrift mit dem Wort Singularität oder Transzendenz auffüllst.

Und vermeide unbedingt den Fehler, eine selbstgezeichnete Karte beizulegen, denn sonst denkt jeder, es wäre Fantasy.
Da hat jemand von Burroughs gelernt ... William S., nicht Edgar R. Noch eine solche Regel: Zerschnibble deinen Text und setze ihn willkürlich wieder zusammen! - Obwohl Edgar R. wahrscheinlich auch einfach drauflos geschrieben hat. Interessant bei solchen Vielschreibern, die in Sachen Exotik unterwegs sind, ist, dass sie oft auch keinen Plan hatten. Man kann das sehr schön bei Karl May und Robert Kraft sehen. Sie haben sich in eine Art Trance versetzt und dann gings ab ... Ich bin gar nicht so. Ich kaue meist ewig auf einem Thema herum, und ehe das schriftlichen Niederschlag findet, vergeht jede Menge Zeit. Und dann nochmal Zeit, während es schriftlichen Niederschlag findet. Dann ist es mir immer nicht gut genug und und und. Etliche SF-Stories sind bei mir in Auseinandersetzungen mit bestimmten Vorstellungen entstanden, von denen ich gelesen und/oder gehört hatte. Am liebsten sind mir die Geschichten, bei deren Schreiben ich mich von Bezugsrahmen weitestmöglich entfernen konnte, die für sich stehen, die SF sein könnten oder auch nicht oder was ganz anderes.
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von RoM »

Sofern der Schreiber nicht mit einer kongenialen Idee umzugehen hat, ist die SF - wie jedes anderes Genre - die Bühne für die Konfrontation unterschiedlicher Figuren. Nicht selten verschwurbeln sich professorale "Eggheads" mit den Ziegelsteinen ihrer Ergüsse im komplexen Wissenschafts-El-Dorado. Schlußendlich geht es aber darum wie der Mensch, wie das Leben reagiert. Andernfalls man/frau es mit ruckelndem Techno-BlaBla zu tun bekommt. Inner oder Outer Space ist hierbei "nur" der Sehnsucht des Fans geschuldet, etwas Ungewöhnliches zu durchleben. Emotionen wie Gedanken bleiben im Ideal unsere Ernte daraus.
Das Phantastische an sich ist seit dem ersten erzählten Witz überhaupt die Möglichkeit der Realität die eigene Individualität entgegen zu halten. Inklusive des Risikos gar eine eigene Religion zu befördern.
Bleibt zu hoffen, daß sich die Menscheit immer Stories zu erzählen hat. :rotfl:
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Gernot
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von Gernot »

RoM hat geschrieben:Schlußendlich geht es aber darum wie der Mensch, wie das Leben reagiert.
Dem kann ich zustimmen. Gerade Science-Fiction älteren Datums ist oft sehr an den wissenschaftlich-technischen Phänomenen orientiert und weniger an den Menschen. Das liest sich dann wie ein fiktiver Expeditionsbericht, mehr in der Art von Sachbüchern oder Dokumentationen. Als Freund des Dokumentarischen habe ich derartige SF-Geschichten auch gern gelesen, vor allem in meiner Jugend, etwa vom österreichischen Autor Erich Dolezal, der in seinen Jugendbüchern immer viel vom astronomischen Wissen seiner Zeit verpackte. In der heutigen Spaßgesellschaft wird so etwas als unerträglich belehrend empfunden, mir hat es damals spannende und interessante (und durchaus auch lehrreiche) Lesestunden beschert.

Auch bei anderen - bekannteren - Autoren der älteren Generation, wie Arthur Clarke oder Isaac Asimov, treten die Menschen und ihre Schicksale zugunsten der großen kosmischen Ereignisse manchmal etwas in den Hintergrund.

Die Frage aus der Überschrift habe ich mir selbst ursprünglich auch so beantwortet, dass ich von einem außergewöhnlichen wissenschaftlichen Phänomen oder von einer technischen Entwicklung ausgegangen bin und versucht habe, drumherum eine Story zu erfinden. Das wird in dieser Form leicht etwas blutleer.

Ich habe das Pendel aber auch schon zu weit in die Gegenrichtung ausschlagen lassen. Ich konzentrierte mich ganz auf die zwischenmenschliche Entwicklung, der SF-Rahmen geriet zur Staffage, und ich musste mir die Kritik anhören, warum ich das Ganze auf einer Raumstation spielen lasse, das sei für die eigentliche Handlung völlig unnötig.

Am besten ist wie üblich ein vernünftiger Mittelweg, also etwa ein Konzept, in dem ein technisch-wissenschaftlicher Sachverhalt unmittelbar auf menschliche Charaktere und Schicksale einwirkt. Z. B., wenn ein Astronaut nach seiner Rückkehr aufgrund der relativistischen Zeitdehnung jünger ist als sein Sohn, was sicher interessante Auswirkungen auf die Vater-Sohn-Beziehung hat. Oder, wenn ein Wissenschaftler einen Replikator baut und eine exakte Kopie seiner selbst herstellt. Wie gehen die "Zwillinge" miteinander und mit ihrer Umwelt um?

Eine andere Möglichkeit, den menschlichen Mikro- mit dem kosmischen Makrokosmos zu verbinden, ist ein Zoom von den Einzelschicksalen hinaus zu einer Gesamtperspektive. Als mustergültiges Beispiel für die gelungene Umsetzung dieses Prinzips möchte ich Andreas Eschbachs "Haarteppichknüpfer" nennen.

Noch was zum "Technobabble": Damit muss man natürlich vorsichtig umgehen, allzu leicht wird werden die cool klingenden Fremdwörter zum Selbstzweck. Zum Beispiel sage ich einfach "humanoid", wenn ich nicht erklären will, warum Außerirdische menschenähnlich aussehen.
Manchmal trägt derartiges pseudowissenschaftliches Kauderwelsch aber auch zum Charme einer Story bei, zumindest bei Star Trek ist es mir so gegangen. Da wird mit Verteron-Partikeln auf Duranium-Hüllen geschossen, dass der Heisenberg-Kompensator nur so raucht. Ich kann so etwas manchmal als amüsante Satire auf heutige Fachsprachen sehen, wie es auch Stanislaw Lem in "Solaris" gemacht hat, wo für die seltsamen Formen, die der lebende Ozean produziert, ausgefeilte Bezeichnungen und Kategorisierungen entwickelt werden, ohne dass sie jemand wirklich versteht.
Das Fliegen wird erst möglich, wenn zuvor vom Fliegen geträumt wurde. (Stanislaw Lem)

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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von RoM »

Gernot hat geschrieben:
Manchmal trägt derartiges pseudowissenschaftliches Kauderwelsch aber auch zum Charme einer Story bei, zumindest bei Star Trek ist es mir so gegangen. Da wird mit Verteron-Partikeln auf Duranium-Hüllen geschossen, dass der Heisenberg-Kompensator nur so raucht.
Gelegentlich wird hier die Pseudowissenschaft auch als Deus-ex-machina genutzt, um eine dramatische Situation aufzulösen. Herrlich beliebt die "Tachion-Interferenzen auf dem unteren Em-Band". In banaleren Fällen wird dann eine "Sub-Raum-Anomalie" zur Erklärung bemüht. Star Trek Episoden sind aber immer dann am eindrucksvollsten für mich, wenn es um große, oder kleine menschliche Konflikte geht. 'Ensign Ro' oder ''Data's Child'. :prima:
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von Bully »

Ach, es ist ganz einfach. Die Wissenschaft hat festgestellt, dass das Weltall nicht nur von Photonen, Neutrinos und ähnlichen technisch klingenden Blahblah durchstrahlt wird, sondern auch von sogenannten Inspirat-Ionen - elektrisch geladenen Teilchen der inspririerenden Säure. Trifft ein solches Ion auf ein geeignetes Hindernis wie das menschliche Hirn, wird die elektrische Ladung übertragen, daher der Ausdruck "Geistesblitz", und des Hirnes Eigentümer wird inspiriert, SF-Romane zu schreiben. (Oder Fantasy, oder Opern, er erfindet eine neue Religion, Energiequelle oder eine beliebige Kombination der vorgenannten. Möglicherweise gibt es mehrere Sorten inspirierender Ionen. Die Wissenschaftler im Cern müssen auch noch anderes tun.)
Als Ionenquelle können neben echten Blitzen, Höhenstrahlung und geheimnisvoll-grün wabernden Meteoriten auch ausrechend dimensionierte Röhrenbildschirme dienen. Dann ist SF-Schreiben ganz einfach, man muss nur solange auf den angeschalteten Monitor starren, bis letzterer anfängt zu bluten. Ab dann muss man nur noch tippen, tippen, tippen.

Nagut, es ist doch nicht ganz einfach.
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von a3kHH »

lapismont hat geschrieben:W6
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von muellermanfred »

Die Frage war durchaus ernst gemeint. Deshalb freut es mich um so mehr, daß ihr so ausführlich antwortet! :prima:

Mir steht der Sinn nicht nach Genredefinition. Davon hat es tonnenweise gegeben in den letzten Jahrzehnten. Da werden sich auch in Zukunft genug Leute profilieren und langatmige Artikel verfassen, die dann vielleicht im SF-Jahr erscheinen. Nein danke.

Zu den Methoden:

Cut-up ist im Fandom in den frühen 80ern aufgetaucht. Ich muß heute noch grinsen, wenn ich an die zusammengestoppelten Fanzines von Viktor Pawel und Peter Müller denke, die auch solche Experimente enthielten. Ich hab’s sogar gelesen … Als Kreativitätstechnik ist es vielleicht geeignet, wenn man es nicht zu weit treibt. Riecht ein bißchen nach Lostrommel, aber man kann sich ja auch mal überraschen lassen.

Entwicklungen weiterdenken … Naheliegend, aber tückisch. Zu schnell landet man als Laie mit einer Extrapolation im Abseits. Gut, wenn man dann auch soziale Extrapolation mit eingebaut hat. Gerade einige Romane und Kurzgeschichten deutscher Autoren haben in den frühen 80ern Aspekte von Hartz-IV-Land so treffend vorhergesagt, die sind heute noch lesbar.

Technobabble … Ich bewundere ganz aktuell Miriam Pharo, die das bis zum Exzess treibt und es auch gut unterfüttert hat. Da muß sie sich natürlich Fragen gefallen lassen, ob sich so ein Element so in den Vordergrund drängen darf. Dafür spricht, daß es ein direkter Einblick in eine weiterentwickelte Lebensrealität ist, dagegen, daß ich ja auch nicht ständig über die technischen Vorgänge in einem Mobilfunknetz spreche, wenn ich ein Handygespräch beschreibe.

Als Leser interessieren mich Figuren und ihr Weg. Da müssen die Geschichten herkommen. Wenn die Geschichte ohne allen Zierkram funktioniert, muß ich keine Science Fiction schreiben. Also sollte das Dekor mehr als das sein, sondern handlungstragend und -motivierend. Niffeneggers Zeitreisender ist das aktuellste, was mir dahingehend gut gefiel. Muß toll sein, wenn einem sowas einfällt …
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von Uschi Zietsch »

muellermanfred hat geschrieben:Muß toll sein, wenn einem sowas einfällt …
Ja. Grummel ... Das ist so ein Fall "verdammt, warum ist mir das nicht eingefallen ..."
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von Gernot »

RoM hat geschrieben: Gelegentlich wird hier die Pseudowissenschaft auch als Deus-ex-machina genutzt, um eine dramatische Situation aufzulösen. Herrlich beliebt die "Tachion-Interferenzen auf dem unteren Em-Band". In banaleren Fällen wird dann eine "Sub-Raum-Anomalie" zur Erklärung bemüht. Star Trek Episoden sind aber immer dann am eindrucksvollsten für mich, wenn es um große, oder kleine menschliche Konflikte geht. 'Ensign Ro' oder ''Data's Child'. :prima:
Das meinte ich mit meinem "humanoid"-Beispiel: Ein gescheit klingendes Wort dient als Ersatz für eine Erklärung. Aber die Deus-ex-machina-Gefahr geht ja noch viel weiter, vor allem in der phantastischen Literatur ist sie als Versuchung immer präsent. In der Fantasy wird dann einfach ein Zauber erfunden, der den Handlungsknoten wieder "löst" (eher auf die gordische Art). In der SF müssen oft Zeitparadoxien herhalten: Da wird die Enterprise schon wieder in einer malerischen Explosion zerstört, und auf einmal ist das alles gar nicht passiert, weil sich das Raumschiff - und mit ihm der Zuseher - in einem Universum mit einer anderen Zeitlinie wiederfindet.

Zu den menschlichen Konflikten: Gerade die Star-Trek-Serien sind voll von Figuren, die schon von der Person her für derartige Geschichten prädestiniert sind:
* Der Android Data, der menschlich sein will (Obwohl mir gerade die Folge mit seiner Tochter weniger gefallen hat, das Ganze war mir doch etwas zu kitschig.)
* Der Klingone Worf zwischen den Wertsystemen seines Kriegervolkes und der Föderation
* Der Formwandler Odo oder das symbiotische Wesen Dax von Deep Space 9, die (wie alle Außerirdischen im Star Trek-Universum) nur allzu menschliche Eigenschaften allegorisch überzeichnen

In der "Voyager"-Serie, die ich für die schwächste aus der Star Trek-Reihe halte, sind die meisten Personen leider etwas farblos, abgesehen vielleicht vom holografischen Doktor oder von Seven of Nine, die sich im Spannungsfeld zwischen Borg'schem Kollektivismus und menschlichem Individualismus wiederfindet.
Insgesamt lebt Star Trek von Konflikten zwischen Personen, Persönlichkeit-Aspekten und Wertsystemen. Einige Folgen (vor allem aus "The Next Generation") liefern Stoff für tiefsinnige, philosophische Überlegungen. Meine Schwester ist Philosophielehrerin in einem Gymnasium, sie verwendet gelegentlich Star-Trek-Folgen als Einstieg in den Diskurs um philosophische Grundfragen.

Das ist für mich die große Chance von Science-Fiction bzw. allgemein von phantastischer Literatur: Man kann eine philosophische, moralische oder auch theologische Frage ganz konkret erfassbar machen, indem man ihre an sich hypothetischen Voraussetzungen ("Was wäre, wenn...") einfach geschehen lässt. Das ist die Chance, das noch immer präsente Trivialliteratur-Vorurteil zu überwinden.
Das Fliegen wird erst möglich, wenn zuvor vom Fliegen geträumt wurde. (Stanislaw Lem)

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Thomas Wawerka
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Re: Mist, ich kann keine SF schreiben. Wie geht das noch?

Ungelesener Beitrag von Thomas Wawerka »

Gernot hat geschrieben:Das ist für mich die große Chance von Science-Fiction bzw. allgemein von phantastischer Literatur: Man kann eine philosophische, moralische oder auch theologische Frage ganz konkret erfassbar machen, indem man ihre an sich hypothetischen Voraussetzungen ("Was wäre, wenn...") einfach geschehen lässt.
Genau. Kognitive Operationen in alternativen Universen. Wir haben mit der Integration der Fantastik ins Denken das gelernt, was ein Quantencomputer in Zukunft einmal leisten können soll.
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