Science Fiction am Ende?

Science Fiction in Buchform
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Andreas Eschbach
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Sie haben das Ende der Science-Fiction erreicht.

Sie können nun vom Bücherregal zurücktreten und ins normale Leben zurückkehren.


:bier:
Dirk
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Dirk »

ÖRRRCHCH ... ich bin geblendet :smokin

Normales Leben? :kopfkratz: Was war das doch gleich? Nanotechnik, Gentechnik, Tentakel, Titten ... ich hab's gleich. Ganz bestimmt weiß ich noch, was normales Leben ist. Hatte das nicht was mit grünem Blut und spitzen Ohren zu tun? :kopfkratz:
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Bungle
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Bungle »

Ich bin froh, dass die Science Fiction am Ende doch noch gestorben ist.
Sie hat ein reiches Erbe hinterlassen, und das kralle ich mir jetzt! :teufel:

MB
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lapismont
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von lapismont »

Bungle hat geschrieben:Ich bin froh, dass die Science Fiction am Ende doch noch gestorben ist.
Sie hat ein reiches Erbe hinterlassen, und das kralle ich mir jetzt! :teufel:

MB
Was sind denn schon alle 70 Jahre tot?
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Andreas Eschbach
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Zeitmaschine macht's möglich.

Ah, Mist: Das ist ja wieder Science-Fiction!

:-)
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Jörg Isenberg
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Jörg Isenberg »

He, ich will mich auch amüsieren! :(
Wer hat die SF gemeuchelt, was habe ich verpasst, und warum ist das so lustig?
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Gernot
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Gernot »

Jörg Isenberg hat geschrieben:
Eine Erzählung ist immer auch Fiktion, unabhängig von Qualitätsmerkmalen. Somit ist die SF eine Fiktion innerhalb der Fiktion und katalysiert hierdurch auch immer eine mehr oder minder ausgeprägte Unglaubwürdigkeit. Diese Unglaubwürdigkeit wiederum ist von eingeschliffenen Ausdrucksformen (Stil, Ästhetik, Inhalte, Termini technici) geprägt.
Die SF definiert sich durch diese Doppel-Fiktionalität mitsamt diesen speziellen Ausdrucksformen, und vielleicht ist das der Knackpunkt in diesem Zusammenhang. Den meisten SF-Texten ist eine gedankenlose Selbstverständlichkeit bzw. Nichtreflexion des Doppel-Fiktionalen eigen. Ob bewusster oder unbewusster Vorgang, das Ergebnis bleibt sich gleich: Blendwerk, welches den Blick auf das Wesentliche (den wie auch immer gearteten Kern einer Geschichte) verschleiert. Der SF-Fan liebt und braucht dieses Blendwerk, das „eitle Reh“ der Hochliteratur wird es als unterhalb seiner intellektuellen Wahrnehmungs- bzw. Reizschwelle liegend betrachten und daher ignorieren. Das „eitle Reh“ bevorzugt gut sortierte Werkzeugkästen (mögliche Übereinstimmungen von Fiktion und Realität) und lehnt Wundertüten ab – das wäre in seinen Augen ein schlechter Tausch.
Der Idealzustand ist möglicherweise folgender: Man packt einige dieserWerkzeuge in die Wundertüte und sortiert dafür die abgedroschensten „Wunder“ (Mechanismen) aus. Vielleicht kann hier die SF als Mischform einen neuen Weg beschreiten, scheinbare Gegensätze aushebeln, so wie beispielsweise die Fantasy-Literatur Schützenhilfe durch den magischen Realismus erhalten hat (der wiederum Literaturnobelpreisträger hervorbrachte).
Ich selbst bin übrigens ein Wundertütenliebhaber. Aber ich mache mir halt so meine Gedanken.
Wenn ich das richtig verstehe, geht es dir viel um Plausibilität: Der "Werkzeugkasten" vermittelt Inhalte, die plausibel und nachvollziehbar machen, dass die Fiktion genau so sein könnte. Die "Wundertüte" setzt sich hingegen einfach darüber hinweg: Statt "Das könnte in Wirklichkeit auch so passieren" heißt es: "Das könnte so passieren wenn ...", z. B. wenn man mit Überlichtgeschwindigkeit reisen könnte, wenn man sich unsichtbar machen könnte usw.
In diesem Sinn bin ich auch ein Freund der Wundertüte, des "Was wäre, wenn?", aber nur in sehr sparsamer Dosis. Allzu leicht artet das sonst in Beliebigkeit aus, zur reinen Dekoration ohne Bezug zur Geschichte, oder, noch schlimmer, zum Deus ex machina. In diesem Thread http://forum.sf-fan.de/viewtopic.php?f=1&t=6555 (Thema kurzgefasst: "SF - wie geht das?") stehen schon einige interessante Gedanken dazu.
Das Fliegen wird erst möglich, wenn zuvor vom Fliegen geträumt wurde. (Stanislaw Lem)

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Jörg Isenberg
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Jörg Isenberg »

Gernot hat geschrieben: Wenn ich das richtig verstehe, geht es dir viel um Plausibilität: Der "Werkzeugkasten" vermittelt Inhalte, die plausibel und nachvollziehbar machen, dass die Fiktion genau so sein könnte. Die "Wundertüte" setzt sich hingegen einfach darüber hinweg: Statt "Das könnte in Wirklichkeit auch so passieren" heißt es: "Das könnte so passieren wenn ...", z. B. wenn man mit Überlichtgeschwindigkeit reisen könnte, wenn man sich unsichtbar machen könnte usw.
In diesem Sinn bin ich auch ein Freund der Wundertüte, des "Was wäre, wenn?", aber nur in sehr sparsamer Dosis. Allzu leicht artet das sonst in Beliebigkeit aus, zur reinen Dekoration ohne Bezug zur Geschichte, oder, noch schlimmer, zum Deus ex machina. In diesem Thread http://forum.sf-fan.de/viewtopic.php?f=1&t=6555 (Thema kurzgefasst: "SF - wie geht das?") stehen schon einige interessante Gedanken dazu.
Jawoll, Gernot, genau so sehe ich das.
Ich krame es nochmal kurz hervor: Deine Frage bezog sich auf (aus meiner Sicht) verzichtbare Mechanismen der SF-Literatur. Ich möchte noch hinzufügen, dass in der Vergangenheit natürlich immer mal wieder großartige SF-Romane geschrieben wurden, die alle Prämissen einer wunderbar austarierten Erzählung erfüllen. Ich vermute, dass diese Romane aus dem Außenseiterblickwinkel heraus geschrieben wurden, dem ein universales Verständnis von Literatur zugrunde lag – eben kein genretypisches. Man hantierte hier ganz selbstverständlich mit dem Werkzeugkasten und verzichtete auf die Dekoration. Eine Vermutung, wie gesagt, eine Beweisführung wäre sehr, äh, arbeitsintensiv.
Und, nun ja ... heißt das jetzt im Umkehrschluss, dass ein „reiner“ SF-Autor keine herausragend gute SF schreiben kann, es nie konnte, aufgrund einer gewissen Betriebsblindheit? Mal ganz, ganz frech gefragt (und vielleicht ist diese Frage ja gar nicht so neu).
Danke für den Thread-Tipp, ich werde mich da mal einlesen.
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Naut
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Naut »

Jörg, ich denke, ich habe Probleme, Deine Frage überhaupt zu verstehen. Was ist denn ein "reiner" SF-Autor?
Natürlich könnte ich eine Reihe literarisch untadeliger SF-Autoren aufzählen: Margaret Atwood, Gene Wolfe, John Brunner, ...

Würdest Du bei allen ein Haar in der Suppe finden? Atwood, die ihren Status als SF-Schreiberin immer wieder selbst hinterfragt, Wolfe, der auch außerhalb des Genres gewildert hat, Brunner, der einen Großteil seines eigenen Werkes als trivialen Schrott ansah?

Meinst Du vielleicht, dass ein SF-Autor, der sich nicht für andere Formen von Literatur, für andere Möglichkeiten interessiert, die Perfektion nicht erreichen kann? Dass er nur immer "lediglich unterhaltende" Kost hervorbringt, die nur dank der Trickkiste SF funktioniert?

Das stimmt vielleicht sogar.

Andererseits stelle ich oft fest, dass ich zwar die gute, wie Du schreibst austarierte Erzählung genieße, mein Herz aber auch an den verrückten Wundern der SF hängt. Ich will einfach beides!
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Jörg Isenberg
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Jörg Isenberg »

Naut hat geschrieben:Jörg, ich denke, ich habe Probleme, Deine Frage überhaupt zu verstehen. Was ist denn ein "reiner" SF-Autor?
Natürlich könnte ich eine Reihe literarisch untadeliger SF-Autoren aufzählen: Margaret Atwood, Gene Wolfe, John Brunner, ...

Würdest Du bei allen ein Haar in der Suppe finden? Atwood, die ihren Status als SF-Schreiberin immer wieder selbst hinterfragt, Wolfe, der auch außerhalb des Genres gewildert hat, Brunner, der einen Großteil seines eigenen Werkes als trivialen Schrott ansah?

Meinst Du vielleicht, dass ein SF-Autor, der sich nicht für andere Formen von Literatur, für andere Möglichkeiten interessiert, die Perfektion nicht erreichen kann? Dass er nur immer "lediglich unterhaltende" Kost hervorbringt, die nur dank der Trickkiste SF funktioniert?

Das stimmt vielleicht sogar.

Andererseits stelle ich oft fest, dass ich zwar die gute, wie Du schreibst austarierte Erzählung genieße, mein Herz aber auch an den verrückten Wundern der SF hängt. Ich will einfach beides!
Ich ... will auch beides. Ja, doch! Wenn ich solche Fragen wie oben formuliere, stelle ich sie mir auch selbst und denke ernsthaft darüber nach, weil ich den Gegenstand der Diskussion - „Science Fiction am Ende?“ – a) zunächst einmal als angenehm provokativ empfinde und b) gleichzeitig für total überzogen halte. Meine Äußerungen sind daher ein ausformulierter Zwiespalt. Und wenn Du mich fragst, was ein "reiner" SF-Autor ist, muss ich ehrlich gesagt passen, das ist ein unausgereifter Ansatz, mea culpa, und ich suche nach einem neuen.

Die „verrückten Wunder“ sind mir eine Herzensangelegenheit. Ich lese seit 35 Jahren immer mal wieder rein unterhaltende SF, das schmeißt man nicht so einfach über Bord. Auf der anderen Seite siehst du die Leistungen der Großen der Literatur, suchst nach etwas Vergleichbarem im SF-Genre und findest es bestenfalls alle paar Jubeljahre einmal. Das ist frustrierend. Ich meine, ICH finde das frustrierend. Und ich gebe zu, es ist auch ganz und gar nicht einfach, das in Worte zu fassen, zu erklären, denn alle Vergleiche hinken oder sind überhaupt unzulässig. Wie erklärt man den Unterschied zwischen einer grammatikalisch sauberen Satzkonstruktion und "Wortmagie"? Und was wäre ICH für ein Autor, der ICH mir darüber keine Gedanken machte? Damit, scheint’s, habe ich ein Problem. Aber genug davon! Ich bin der Rufer in der Wüste, der besser mal die Klappe halten und sich ein schattiges Plätzchen suchen sollte. :D
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Gernot
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Gernot »

Naut hat geschrieben:Was ist denn ein "reiner" SF-Autor?
Ein reiner SF-Autor ist ein SF-Autor, der gerade aus der Dusche kommt. :wink:


Was ich damit sagen will: Inhaltlich lassen sich die Genres nie voneinander abgrenzen. Es braucht in einem SF-Roman nur jemand ermordet werden (was oft vorkommt), und schon haben wir Krimi- und Thriller-Elemente drinnen. Ein Genre in Reinkultur ist ein theoretisches Konstrukt, das in der Wirklichkeit nicht vorkommt. Die Zuordnung erfolgt danach, was vorherrscht (eine Frage, die zuweilen nicht eindeutig beantwortet werden kann), oder auch danach, was der Verlag draufschreibt, um das Buch möglichst gut zu verkaufen.

"Science Fiction am Ende" wäre in diesem Sinn eine oberflächliche Feststellung, die sich darauf bezieht, dass es in den Buchhandlungen zwar weniger oder nur schlecht bestückte SF-Regale gibt. Das schließt nicht aus, dass unter falscher Flagge (als Thriller usw.) waschechte - und gute - SF weiterhin existiert.
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molosovsky
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von molosovsky »

@Jörg Isenberg:
Wunderbare Beiträge hier. Danke! — Es ist immer sehr spannend, wenn ein Thread mal so schön verläuft, dass die Teilnehmer (wie Du eben zuletzt) sich trauen, uneingeschüchtert Gedankengänge zu äußern. Wenn es nicht nur um das Hin- und Herhauen von Feststellungen und entsprechenden Stellungskampf geht, sondern die Ruhe da ist, auch mal eigenen Zwiespalt mitzuteilen (was ja schnell mal als Blöße zeigen aufgefasst werden kann), wenn Bespiegelungen aus verschiedenen Perspektiven möglich sind.

Allgemein:
Bei der Frage zum »Ende der SF« kommen schnell mal mindestens folgende drei Auffassungen des Genre-Begriffs »SF« einander ins Gehege:

1) SF, so wie der Handel, das Marketing sie verstehen, aufs Buch pappen (oder auch nicht). So ärgerlich eine Praxis hier zuweilen sein kann, ermuntere ich dazu, mal gelassen zurückzutreten und sich zu besinnen: »Ach ja, hier geht es ums Ansprechen und Zum-Produkt-Lotsen von potentiellen Käufern. Also letztendlich um Aufmerksamkeitsmanagement (nannte sich früher: Marktschreierei).« — Wollen wir also die Zurechnungsfähigkeit dieser Art von ›Deutungshoheit‹ den Genre-Begriff SF betreffend mal mit großer Vorsicht genießen, ohne zu vergessen, jenen Verlagen und Programmgestaltern unseren Respekt und Dank zu zollen, die auf diesem Felde (noch) keinen (kompletten) Schindluder treiben.

Wenn sich bei den Gepflogenheiten, wie und ob und was als SF etikettiert wird merklich etwas so geändert hat, so dass man von einem »Ende der SF« unken kann, dann liegt das sicher zum einen an einer mutmaßlichen oder gut extrapolierten Sondierung des möglichen gesamten Publikums (vulgo: des Mainstreams oder Ottonormalpublikums); und (bei den umsichtigeren Programmgestaltern) auch an den Stimmungslagen, die dem Fachpublikum (also: SF-Fandom) abgelauscht werden. Also, spielt eine Rolle auch der SF-Genre-Begriff von …

2) … der Peer-Group, der Leserkreise, die mehr oder minder ausschließlich, oder zumindest mit großem Interesse und einhergehender Leidenschaft ›auch‹ SF lesen und entsprechend in eine vom Fandom gepflegte Diskurs-Tradition eingebunden sind. Wenn ich als Stichpunkte anführen darf, dass …
a) durch das Pendeln der Kreativen zwischen Markttauglichkeit (Wiedererkennbarkeit, Genre-Formel) und — man verzeihe mir den hehren Ausdruck — ›künstlerischer Ambition‹ (Originalität, Abweichung) …
b) … im Laufe von Jahren eine Genre-Dialektik der Ausreifung, Verfestigung, Hochblüte, Selbstbezüglichkeit, Überstrappazierung, Routinie-Ermüdung, Neulandsuche, Grenzüberschreitung, Abzweigung und Ausdifferzierung stattfindet, und es …
c) … deshalb logischerweise viele verschiedene Gruppen gibt, die z.B. einer bestimmten Spielart der SF die Treue halten, so ist es nicht verwunderlich, wenn …
d) … die Gespräche der Kenner über SF (und was SF sei) mitunter wie ein babylonisches Gezeter anmutet.
(Notfalls hier einfach an Morgan Freeman in dem Costerner-»Robin Hood« denken: »Gott liebt die wunderbare Vielfalt«)

Schnell vergisst man da die Einigkeit der Liebe für das Genre angesichts der schier unüberschaubaren verschiedenen und teils einander widerstrebenden Sichtweisen. Die Klage der einen über ein »Ende der SF« mag dann durchaus begründet sein, weil eben ihre Variante im Rückgang befindlich ist; während andere, neue Varianten, Wiedergeburten des Genres noch oft genug gedreht, gewendet und von genügend Lesern abgeschmeckt werden müssen, bis sich verfestigt, dass es sich hier ›auch‹ tatsächlich um SF handelt (egal was Gruppe 1) auf den Umschlang etikettiert, oder kritische Mengen von Gruppe 2) noch abschlägig herumdefinieren).

3) Schließlich der einzelne Leser, bei dem es eben vor allem darauf ankommt, wie seine ureigenste Lesereise sich gestaltet und gestaltet hat, wie der Verlauf dieser Reise wiederum seine Kenntnis, sein Urteilsvermögen, seinen Geschmack geformt hat. Nicht zuletzt hängt die Beantwortung der Frage nach einem »Ende der SF« durch diesen gedachten einzelnen SF-Lesern davon ab, wie seine Kenntnisse des Genre-Begriffes geartet sind, z.B. stur dem folgend, was Gruppe 1) deklariert (wie brunzdumm das auch teilweise sein mag); oder einem essentialistischen Genre-Verständnis folgend mit fixen EIn- und Ausschlusskriterien;
… diese beiden Beispiel-SF-Fans werden öfter herbe Enttäuschungen verbuchen müssen angesichts des Wandels der Moden und Begrifflichkeiten als z.B. SF-Fans, die sich lieber pragmatisch mit Einzelfällen auseinandersetzen, denen ein-eindeutige Schubladen-Taxonomien suspekt sind, und die über genug gedankliches Slalom-Geschick verfügen, auch mal etwas als SF zu nehmen, das weder von einer Quelle kommt, die SF-Stallgeruch hat, noch dass SF drauf steht.

Ich persönlich z.B. kann durchaus der Aussage zustimmen, dass ›SF‹ als als Marktschreier-Anpreisungs-Schlagwort in den letzten Jahren von bestimmten Verwerten gemieden wird, sich de facto aber die SF als Ganzes, mit mannigfachen verschiedenen Erscheinungsformen tummelt und sprießt wie Bolle. — Oder, wie auch schon mal gesagt wurde, nicht nur von mir: SF hat gewonnen, sie wird deshalb seltener augenfällig ausgeschildert, weil man stillschweigend davon ausgeht, dass die SF-Zeit schon da ist (nur eben — William Gibson folgend — nicht gleichmäßig verteilt, und sicher nicht mehr so optimistisch Pfadfinder-fröhlich zu haben wie in manchen vergangenen Segmenten des Annodunnemals).

Beste Grüße
Alex / molo
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV STAND: 30. JANUAR 2013.

»Die Wirklichkeit ist überall gleich – nämlich unbekannt.« — Egon Friedell
(Ich weiß es im moment schlicht nicht besser.)

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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Bungle »

Ich empfinde auch wie Jörg. Ich lese ja nicht nur SF/Phantastik. Ich habe eine Vorstellung von guter Literatur. Ich liebe die Wundertüte, aber ich weiß, dass sie den Werkzeugkasten nicht ersetzen kann, wenn auch SF wirklich gut sein soll. Diese Ambivalenz lässt sich gut aushalten. Ich freue mich immer, wenn ich bei der Lektüre von Wundertüten-SF erkenne, dass die Autoren auch ihr literarisches Handwerk verstehen und auch die Essenz hinter dem Kulissenzauber (siehe Definition von Thomas) vermitteln können.

@ Molo: gute Zusammenfassung der Auffassungen von Science Fiction.

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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Gernot »

Bungle hat geschrieben:Ich empfinde auch wie Jörg. Ich lese ja nicht nur SF/Phantastik. Ich habe eine Vorstellung von guter Literatur. Ich liebe die Wundertüte, aber ich weiß, dass sie den Werkzeugkasten nicht ersetzen kann, wenn auch SF wirklich gut sein soll. Diese Ambivalenz lässt sich gut aushalten. Ich freue mich immer, wenn ich bei der Lektüre von Wundertüten-SF erkenne, dass die Autoren auch ihr literarisches Handwerk verstehen und auch die Essenz hinter dem Kulissenzauber (siehe Definition von Thomas) vermitteln können.
Dem schließe ich mich an.
Bungle hat geschrieben: @ Molo: gute Zusammenfassung der Auffassungen von Science Fiction.
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Re: Science Fiction am Ende?

Ungelesener Beitrag von Bully »

Andreas Eschbach hat geschrieben:Sie haben das Ende der Science-Fiction erreicht.
...

Ich habe es geahnt: die Science Fiction ist eine Scheibe. :bier:
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