Ja, ich habe den Eindruck, dass Du etwas pampig bist; Dich bei mir - wie es rüberkam - darüber zu beklagen, dass Tolkien manchmal die Klarheit vermissen lässt, die Du Dir wünschst, ist in mehrfacher Hinsicht pampig, da erstens ich nicht für Tolkiens Tun und Lassen verantwortlich bin, da zweitens weder Tolkien noch sonstwer seinen Lesern oder sonstwem Rechenschaft schuldet.
1. Dass manche Autoren das anders halten, ist mir schon klar. Wie Du selbst schreibst, ist das nicht ganz unproblematisch. Jetzt habe ich bei Dir aber den Eindruck, dass Du es Tolkien krummnimmst, dass er genau das nicht macht, was ich meinerseits an Formulierungen wie "sich winden" und "lässt sich nicht festnageln" festmache.
2. Ich habe kein Problem damit, dass Tolkien Mittelerde als eine (ich zitiere aus dem Gedächtnis eine deutsche Übersetzung, bitte nicht hauen) "unwahrscheinliche, aber nicht unmögliche vergangene Epoche unserer Geschichte" bezeichnete. Was ich vermute, was er mit "imagination" meinte, habe ich dargelegt, aber ich habe auch mit anderen Auslegungen erstmal kein "Problem". Ich glaube auch nicht, dass Tolkien glaubte, die buchstäbliche Wahrheit erzählt zu haben, sondern ich stimme Dir zu, dass er mehr eine mythische oder metaphorische Wahrheit erzählen wollte, wie in mythologischen und religiösen Texten. Dass man dem, wass er für im "mythologischen Sinne wahr" hielt, selbst in diesem Sinne nicht zustimmen muss, hat damit nichts zu tun.
Aber bei Dir kommt es rüber, als machtest Du ihm zum _Vorwurf_, dass er keine historisch-wissenschaftliche Wahrheit erzählte, worin ich in der Tat "mein Problem" sehe.
Bzw., wenn das in Wirklichkeit kein Vorwurf sein sollte, war Deine Erwähnung, dass Tolkien das nicht tat, im Kontext dieser Diskussion völlig überflüssig, da er das weder behauptet hat (im Unterschied z.B. zu Karl May), noch von irgendwem angenommen wird (wie Du selbst bestätigt hast), noch ein Kriterium für Fantasy ist (eher im Gegenteil).
3. Welche Argumente? Du machst eine Behauptung über Tolkiens Intention, und eine weitere, dass diese eine gute Ausgangslage für Fantasy sei. Anscheinend hältst Du ersteres nicht für eine Vermutung, sondern für eine Tatsache, und letzteres für die evidente Folgerung. Ohne Dir jetzt beim ersteren groß widersprechen zu wollen, Deine Schlussfolgerung halte ich für falsch. Ich kann Dir aber mehrere Argumente dagegen liefern, wenn sie Dich denn interessieren.
4. Das hast Du etwas falsch verstanden, gegen Intentionen suchen als solches habe ich nichts, und Du kannst meinetwegen so viele Intentionen suchen wie Du willst, aber
a) halte ich es für sportlicher, die im Textkörper selbst zu suchen als sie sich vom Schriftsteller vorkauen zu lassen,
b) halte ich es für möglich, dass ein Schriftsteller über sein Buch Dinge sagt, die falsch sind; aus Absicht, aus Irrtum oder weil darin mehr als eine Wahrheit steckt (nicht im historisch-wissenschaftlichen Sinne, natürlich; Romane sind fiktive Texte und per definitionem ausgedacht)
c) habe ich bei Dir und Tolkien wiederum den Eindruck, dass Tolkien als Mensch nicht Dein Ding ist, da er ein "komischer, reaktionärer Kauz" und "verklemmter Kathole" war, was Dir natürlich alles nicht gefallen muss, aber - wie ich finde - Dir einerseits die Sicht versperrt und andererseits von mir als "Gezeter" wahrgenommen wird
d) hast Du selbst geschrieben, dass Du Genres nicht per Intention des Autoren definieren wolltest; in dem Fall ist die Intention Tolkiens oder sonsteines Schriftstellers hier zumindest Offt, also kann ich mich darüber beschweren.
5. Und Tolkien äußerte sich nicht zu Genre-Fragen (sofern sie je gestellt wurde). Offenbar wirkt er auf Dich deshalb unsympathisch. Ach Gottchen, wie schrecklich.
6. Nein, ich wollte Dir gewiss kein Redeverbot erteilen, aber wenn Du Deine Meinung, sei es als Vermutung, Behauptung oder unerschütterliche Überzeugung darlegst, darf ich die gegenteilige Meinung vertreten.
Die kannst Du Deinerseits entweder achselzuckend zur Kenntnis nehmen (und innerlich als Unfug verwerfen), oder Du könntest Argumente bringen, die Deine Meinung unterstützen und meine untergraben, oder Du könntest sogar - überwältigt von meiner schieren Überzeugungskraft - mir zustimmen. (Nagut, ich träum' ja schon weiter...)
Stattdessen teiltest Du mir mit, dass ich doch bitte beachten sollte, dass Deine Äußerung eine "vorsichtige" Vermutung sei.
Ähm, sorry, aber wieso ich bei vorsichtigen Vermutungen anders argumentieren sollte als bei festen Überzeugungen oder vorsichtigen Überzeugungen oder was auch immer, erschließt sich mir nicht. Und vor allem nicht, _wie_ denn anders?
Wenn Du eine Meinung hast - egal wie "fest" oder "vorsichtig" sie sei - und Du dann so unvorsichtig oder mutig bist, sie zu äußern, dann mach das doch einfach. Nachzuschieben, es sei ja nur eine Vermutung, erregt nur meinen Spott. *g