Diese seltsame Lust-vs.-Pflicht-Diskussion kommt immer wieder auf. Und ich kann sie immer noch nicht nachvollziehen.
Wieso sollte es keinen Spaß machen, eine Leseplanung für die nächsten 5-10 zu lesenden Bücher zu erstellen und diese dann, ja, abzuarbeiten?
Die Aussagen "Arbeit kann/darf keinen Spaß machen." bzw. "Nur, was spontan geschieht, macht auch Spaß." konnte ich noch nie unterschreiben.
(Exkurs: Ich empfinde die Bezeichnung "Work-Life-Balance" als extrem irreführend. Die Bezeichnung impliziert, dass ich tot bin, wenn ich arbeite. Für mich ist Arbeit aber eins der genuinsten Lebenszeichen überhaupt. Griffiger formuliert: Tote arbeiten nicht. Die alten Mönche forderten einen Wechsel zwischen der "vita activa" und der "vita contemplativa". Wichtig; "vita" (= Leben) ist beides!)
Konkret zum Lesen und zu Lesevorsätzen: Das vergangene Jahr habe ich relativ planlos begonnen, DSFP-Pflichten abgearbeitet und die alten Goldmann-Sternanthologien gelesen, weil ich darüber im November einen Vortrag halten wollte. Ende September hatte ich gerade einmal 39 Bücher und Zeitschriften gelesen, eine für meine Verhältnisse eher bescheidene Zahl. Zumindest war sie weit vom Ergebnis des Vorjahres entfernt. Das und die Tatsache, dass ich keinen Überblick über meinen SUB hatte und die ziellose Willkür (=Spontaneität) bei der Auswahl der zu lesenden Bücher führten zu deutlicher Unlust.
Erst als ich nach einem umfassenden Bücherneukauf im September den SUB-Bestand in einer Excel-Liste erfasste, systematisch auswertete und aufgrund dessen strategische Lesepläne erstellte, kam ich besser voran. Zwischen dem 20. September und dem 31. Dezember 2015 wuchs die Zahl der gelesenen Bücher von 39 auf 76. In den letzten gut drei Monaten habe ich also fast genau so viel gelesen wie in den knapp neun Monaten zuvor. Gleichzeitig sank auch der Stapel. Und - das alles bereitete mir richtig Spaß!
Ich erwarte von niemandem, dass er meine Ansichten versteht oder gar teilt. Aber Respekt oder zumindest Toleranz erwarte ich schon - wie auch ich jeden respektiere, der an das Lesen anders herangeht als ich. Das ist halt Privatsache.
Für das laufende Jahr habe ich mir u.a. vorgenommen, endlich den Ziegelstein (knapp 900 großformatige Seiten) mit
H.G. Wells' sämtlichen Kurzgeschichten auf englisch zu lesen. Dafür habe ich das Buch in vier etwa gleich große Abschnitte aufgeteilt, von denen ich einen pro Quartal inkorporieren möchte. (Ist übrigens allgemein eine gute Strategie, um größere Aufgaben zu bewältigen statt zu prokrastinieren - die Zerlegung in kleine, leichter abzuarbeitende Teilaufgaben.)
Einen weiteren Schwerpunkt 2016 wird
das wissenschaftlich-philosophische Werk von Kurd Laßwitz bilden. Im Mai möchte ich die Werkausgabe von Dieter von Reeken im Rahmen unseres Phantasten-Stammtisches vorstellen. Bis dahin möchte ich zumindest die meisten Bücher auch gelesen haben.
Des weiteren möchte ich mich verstärkt der
Werkausgabe von James Tiptree jr. im Septime-Verlag widmen. Vier Bände mit Erzählungen sowie die Biographie von Julie Philipps habe ich bereits inkorporiert. Dabei soll es aber nicht bleiben.
Insgesamt möchte ich in diesem Jahr auf
mindestens 80 Einträge in meiner Leseliste kommen. Das Jahr 2014 und die letzten drei Monate 2015 haben gezeigt: es ist möglich!
Und der ständige, meist vergebliche Vorsatz: Der
SUB soll
dauerhaft weniger als 20 Bücher umfassen. Das erfordert viel Disziplin - beim Lesen und vor allem beim Bücherneukauf. Manche Dinge flattern ja abonnementbedingt ungeplant in den Briefkasten. Im Moment ist die SUB-Liste 22 Einträge lang. Das ist strenggenommen eine Zielverfehlung, aber eine, auf der man gut aufbauen bzw. von der man gut abbauen kann.
Gruß
Ralf