
Der Meister der Space Opera hat sich mal in etwas andere Gefilde gewagt ... und der Erfolg gibt ihm Recht! Denn kaum ist kein Raumschiff auf dem Cover abgebildet und es steht "Thriller" darauf, schon gelingt die Wahrnehmung über die üblichen Genregrenzen hinaus und damit sogar der Sprung auf die Spiegel-Bestsellerliste. Der Roman spielt in einer nahen Zukunft, in der die Entwicklung von immer "klügeren" Computern in Verbindung mit der totalen weltweiten Vernetzung schließlich zur Entstehung einer künstlichen, einer sogenannten "Maschinenintelligenz" führt. Auf den Spuren eines Hackers, einer UN-Sonderbeauftragten und eines auf Cyberkriminalität spezialisierten Ermittlers verfolgen wir den verzweifelten Versuch der Menschheit, die Kontrolle über den Planeten zurückzugewinnen und den drohenden Untergang unserer Zivilisation zu verhindern.
Andreas beschreibt im Rahmen einer temporeichen und spannenden Handlung sehr ausführlich und anschaulich, wie eine solche MI entstehen könnte und vor allem - und das war für mich das Interessanteste am Roman - welche Folgen eine solche Entwicklung auf unsere moderne Welt haben könnte und wie unfähig und überfordert die Menschheit, gefangen in ihren üblichen Denkmustern aus Schuldzuweisungen, Wichtigtuerei und Machthunger, darauf reagiert.
Die Auftritte der MI selbst wirkten für meinen Geschmack manchmal etwas seltsam, oder anders ausgedrückt: in ihrem Verhalten erschien mir diese oftmals doch allzu menschlich. Auch stören mich in solchen Geschichten (so auch hier) die immer wieder auftretenden "Superhacker", die einfach alles können, jedes Passwort mühelos knacken, sich in fremden Systemen sofort zurechtfinden und über jeden Schritt ihrer Gegenspieler stets genau Bescheid wissen.
Insgesamt ist "Das Erwachen" aber ein gut durchdachter und geschriebener Roman, der brisante Fragen aufwirft und Denkanstöße bietet.
Er ist für eine SF-unerfahrene Thriller-Leserschaft zu empfehlen, aber eben auch für alteingesessene Brandhorst-Fans, nicht zuletzt weil hin und wieder eben doch seine klassischen Wurzeln durchschimmern - etwa wenn eine Marsmission geschildert wird, wenn Theorien zur Besiedelung des Universums angerissen oder Überlegungen darüber angestellt werden, ob die biologisch-organische Evolution nicht irgendwann "zwangsläufig" zur Entstehung einer überlegenen künstlichen Intelligenz führen muss.
Mir hat "Das Erwachen" deutlich besser gefallen als die sonst so erfolgreichen Technik-Thriller à la Elsberg, Takano oder Suarez, die mir oft zu reißerisch sind und mit denen ich in der Regel nicht so viel anfangen kann.
8/10