Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Science Fiction in Buchform
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Knochenmann
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Knochenmann »

Das letze Drittel in dem Buch wird noch interresant.
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Uschi Zietsch
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Uschi Zietsch »

Ja, aber Band 1 hat mich ja schon nicht vollumfänglich überzeugt. Oh, ich hab grad auf meiner Festplatte entdeckt, dass ich längst was dazu geschrieben hatte. Also hier mein langer Sermon dazu:

Mich hat der Roman nicht überzeugt – weder als Historischer Roman noch als Science Fiction. Für mich sitzt er völlig zwischen den Stühlen und das auf nicht gelungene Weise.
Streckenweise wirkt er wie eine historische Doku-Soap, aber dafür hat er zu wenig emotionale Elemente.
Das SF-Element ist absolut willkürlich aufgesetzt, ich vermute mal, weil es sonst nicht durch die Zensur gehen würde, wenn Cixin eine Alternate History mit einem irdischen Invasoren beschrieben hätte.

Literarisch ist der Roman mäßig. Mag vielleicht an der Übersetzung liegen, das kann ich nicht beurteilen, aber schöner Stil, guter Aufbau und Spannungsbogen ist anders. Leicht lesbar, zum Glück, denn sonst hätte ich schon nach den ersten 100 Seiten aufgesteckt. Ich hatte ja vorher geschrieben, dass ich nicht weiß, warum ich es interessant finde – aber leider hat dieser Eindruck genau im Anschluss an meinen Kommentar aufgehört. Ich habe dann eigentlich nur noch gelesen, um meinen Senf abgeben zu können.
Der Aufbau der Geschichte ist misslungen, es gibt viele Sprünge, Spannungsaufbau wird so gut wie nicht betrieben. Bei dem Kapitel mit den „Rebellen“, „Adventisten“ und wer da noch alles war, stand ich kurz davor, zuzuklappen und nie wieder anzufassen. Ein völlig wirres Kapitel, bei dem ich keine Ahnung hatte, wer die alle sein sollen, wozu sie da sind, warum sie gegeneinander kämpfen und sich doch alle an einem Ort treffen, und so weiter. Das funktioniert so nicht.
Das findet ca. in der Mitte statt – und danach wird die ganze Geschichte aufgerollt, sodass man sich fragt, was war eigentlich mit den Kapiteln davor?

Die Charakterisierung der Personen findet so wenig statt, dass ich nach einer kurzen Lesepause von ein paar Tagen überhaupt nicht mehr wusste, wer wer war. Sympathische Charaktere – Fehlanzeige. Unsympathen – ebenso. Mir waren die Personen allesamt schlichtweg und durchgehend völlig wurscht. Ich hatte keine Ahnung, wer die waren, warum die waren und welche Romanaufgabe sie zu erledigen hatten. Die Menschen sind blutleer und so emotionslos dargestellt, dass ich bei dem Wort „zärtlich“, das einmal im Text vorkommt, völlig aus dem Takt gekommen bin. Hä? Wieso jetzt auf einmal Emotion und „Liebe“? Soll man diese Person mögen, damit ihr späterer Tod tragisch ist? Nö. Ich hatte bis zum Tod desjenigen schon wieder keine Ahnung mehr, wer das war. Dazu werden altbackene Klischees bedient, wie der Polizist, der wie Humphrey Bogart dargestellt ist. Ich sehe bei der ganzen Geschichte einfach keine Chinesen vor mir. Ich habe nicht erfahren, wie sie leben und denken. Nicht mal, was sie essen. Selbst der historische Anfang, der interessant, mitreißend und verstörend ist, ist für mich nichts, das mich mit Chinesen verbindet. Hätten auch Spanier sein können, die ja auch ähnliches veranstaltet haben.

Motivation? Sorry. Nachdem ich mich fast 400 Seiten lang gefragt habe, was denn nun die Geschichte ist und worum es eigentlich geht, stellt sich heraus: es ist ein simpler Racheakt. Ein Mädchen, vor dessen Augen der Vater grausam ermordet wird, ist, wie wir 300 Seiten später feststellen, dadurch zur Psychopathin geworden. Sie mordet deswegen nicht nur, nein, sie verrät gleich die ganze Erde an böse Außerirdische, weil: die Menschheit ist schlecht. Insgesamt. Komplett. Sie kennt zwar nur einen winzigen Bruchteil ihres eigenen Landes und ist nur wenigen Menschen jemals begegnet, lebt den Großteil ihres Lebens völlig isoliert in der Pampa auf einem Hügel, und dennoch: alle, alle, alle Menschen sind schlecht und gehören ausgemerzt!
Überzeugt das? Nein. Kein bisschen. Die Frau ist nicht willens, mal über den Tellerrand zu schauen. Sie ist engstirnig, ignorant, und emotional und sozial dumm.

Die Außerirdischen? Sind böse. Nee, echt? Gähn. Ja. Menschen sind Ungeziefer und gehören ausgemerzt. Haben die Aliens jetzt einfach mal so entschieden. Auch wenn die Kommunikationsleitung pro Weg 4 Jahre braucht und sie eigentlich bisher nicht allzu viel mitbekommen haben können von der Erde. Und angeblich absolut gar nicht menschlich sind. Sich aber so verhalten: „ich fälle das göttliche Urteil, einen komplett unbedeutenden Planeten irgendwo am Rande von Nirgendwo, der nicht mal Raumfahrt hat und für niemanden außer sich selbst eine Gefahr darstellt, auszuradieren.“ Und das nur, weil einer sagt: kommt her und macht uns platt?
Das ist nicht nur keine modern angepasste SF, das ist richtig schlechte SF.

Absurdes: Die beiden Photonen und die Verschwörung über Jahrzehnte mit Millionen treuester absolutester loyalester Anhänger. Niemand kann global über so lange Zeit eine derartige geheime Verschwörung mit derart ihm verfallenen Jüngern durchziehen. Auch eine Sekte kann nur eine gewisse Mitgliederzahl unter Kontrolle halten. Aber niemals global so viele durchgängig, die nichts hinterfragen und alle einhellig der Meinung sind, alle Menschen sind schlecht und gehören vernichtet, aber nicht durch einen selbst, sondern durch Außerirdische. Das ist nicht nur grotesk, das widerspricht den natürlichen Instinken, allen voran dem Überlebensinstinkt. Es kommt zwar immer mal ein Massenselbstmord bei Sekten vor, aber auch der ist zahlenmäßig gering. Vor allem ändern sich die Lebensumstände. Jemand verliebt sich oder wird schwanger. Dann will man leben und nicht alles ausmerzen. Nein. Sorry. Diese Prämisse ist sowas von Quatsch, dass ich ab da nur noch verärgert bin. Und wie diese Sekte dann ausradiert wird – also bitte. A propos, ist eigentlich der Countdown jemals wieder erwähnt worden?

Pluspunkt: Das Three Body-Spiel. Die Szenarien innerhalb des Spieles sind großartig, hochinteressant, Technobabble passend eingefügt, sehr viel Fantasie. Macht sehr viel Spaß. Ein Highlight, das das Buch insgesamt rettet, aber leider, leider nur auf wenigen Seiten stattfindet.

Der Hype um das Buch ist mir schon klar. Die Kulturrevolution in China. Das ist einfach die Thematik, die akzeptiert wird, und weil die SF eh nur am Rande vorkommt, kann man die getrost beiseitelassen. Nur leider, scheint mir, zeigt die geschilderte Historie sehr wenige Ausschnitte und betritt nur den Rand. Ich weiß über die gesellschaftliche Entwicklung Chinas jetzt eigentlich nicht mehr als vorher. Aber fürs Feuilleton ist es offenbar ausreichend.
Warum es so ein Mega-Bestseller ist, erschließt sich mir allerdings nicht. Ist das so ein „Must-Have“, weil man sonst Kulturbanause ist?

Fazit: Kann man lesen, muss man aber nicht. Die Storyline ist altbacken erzählt und nicht mehr als eine klischeebehaftete Rachegeschichte. Ich vergebe soliden Durchschnitt, 3/5 Sternchen.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Doop »

Uschi Zietsch hat geschrieben: 2. Mai 2019 12:41 Motivation? Sorry. Nachdem ich mich fast 400 Seiten lang gefragt habe, was denn nun die Geschichte ist und worum es eigentlich geht, stellt sich heraus: es ist ein simpler Racheakt. Ein Mädchen, vor dessen Augen der Vater grausam ermordet wird, ist, wie wir 300 Seiten später feststellen, dadurch zur Psychopathin geworden. Sie mordet deswegen nicht nur, nein, sie verrät gleich die ganze Erde an böse Außerirdische, weil: die Menschheit ist schlecht. Insgesamt. Komplett. Sie kennt zwar nur einen winzigen Bruchteil ihres eigenen Landes und ist nur wenigen Menschen jemals begegnet, lebt den Großteil ihres Lebens völlig isoliert in der Pampa auf einem Hügel, und dennoch: alle, alle, alle Menschen sind schlecht und gehören ausgemerzt!
Überzeugt das? Nein. Kein bisschen. Die Frau ist nicht willens, mal über den Tellerrand zu schauen. Sie ist engstirnig, ignorant, und emotional und sozial dumm.
Das ist der Punkt, an dem das Buch für mich gestorben ist. Denn was ist die Botschaft, die Cixin Liu da aussendet, was ist sein Menschenbild und was sein politisches Bild? Die Kulturrevolution hatte schlimme Auswüchse, aber die Dissidenten sind noch schlimmer. Die geben gleich die ganze Erde preis, um sich für persönliches Unrecht zu rächen? Nichts im Buch hat eine solche Entwicklung im Charakter der Wissenschaftlerin angekündigt. Wenn ich ein SF-Buch aus einer kommunistischen (oder auch jeder anderen) Diktatur lese, dann erwarte ich, dass der Autor versucht, Grenzen der Zensur zu überwinden, dass er Systemkritik äußert, verklausuliert im Phantastischen, so dass es die Zensur nicht versteht. So wie es die Strugazkis taten. Oder Lem. Oder Szameit, Prokop oder die Brauns.

Ich hoffte auf Steinmüllers "Andymon" und bekam Krögers "Engel in den grünen Kugeln". Naja, vielleicht nicht ganz, aber die Richtung ist vorhanden. Die in der DDR sozialisierten Foristen werden wissen, was ich meine.

Als im Kommunismus groß gewordener SF-Leser glaube ich auch heute noch die Codes zu erkennen, mit denen Systemkritik in der SF verpackt wird. Nichts davon fand ich bei Cixin Liu. Das ist am Ende doch alles sehr systemkonform, was der Mann da schreibt, ob aus Überzeugung oder weil die chinesische Zensur weniger dumm ist als die ostdeutsche vermag ich nicht zu sagen. Die Gräuel der Kulturrevolution zu zeigen, Mao nicht einmal zu erwähnen und ein Opfer der Kulturrevolution zur potentiellen Menschheitsvernichterin zu machen, das muss man erst mal bringen. Ich war jedenfalls sehr enttäuscht, hatte ich doch einen modernen Klassiker erwartet. Was ich bekam, war ein Buch, das die schlechten Dinge des Golden Age der westlichen SF kopiert und die guten Sachen (Freiheitsliebe, Individualismus) ignoriert. Die Figuren haben bei mir keinerlei Sympathien geweckt und für die zugegeben wirklich coole Darstellung der Spielewelt gebe ich einen von fünf Punkten. Es wundert mich sehr, dass das Buch ein solch großer Erfolg im Westen wurde.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Doop hat geschrieben: 2. Mai 2019 17:02 Wenn ich ein SF-Buch aus einer kommunistischen (oder auch jeder anderen) Diktatur lese, dann erwarte ich, dass der Autor versucht, Grenzen der Zensur zu überwinden, dass er Systemkritik äußert, ...
Echt? Ich erwarte, dass der Autor einen spannenden Roman abliefert unabhängig davon, in welchem System er lebt.
Müssten dann westliche Autoren dann nicht auch eine ständige Systemkritik üben? Ich habe da in beiden Fällen nichts dagegen, wenn es nicht zu plump daher kommt, aber erwarten tue ich das bestimmt nicht.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Doop »

Teddy hat geschrieben: 2. Mai 2019 23:13 Müssten dann westliche Autoren dann nicht auch eine ständige Systemkritik üben?
Zum einen tun das die allermeisten. Nicht unbedingt "System"kritik, aber sehr wohl Kritik. Jedenfalls die, die ich so kenne.

Aber sie müssen es weniger, weil sie sich politisch jederzeit offen äußern können. Kein Autor in einer offenen Gesellschaft muss seine Kritik "verpacken" oder "verstecken". Warum auch? Anders aber in einer repressiven Gesellschaft. Und wenige sind derzeit repressiver als die Volksrepublik China.

Und wenn Cixin Liu schon keine Kritik äußern mag, dann erwarte ich zumindest nicht, dass er am Ende des Romans die Dissidentin zur klischeehaften, fast schon psychopathischen Bösewichtin macht.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Doop hat geschrieben: 2. Mai 2019 23:28 Und wenn Cixin Liu schon keine Kritik äußern mag, dann erwarte ich zumindest nicht, dass er am Ende des Romans die Dissidentin zur klischeehaften, fast schon psychopathischen Bösewichtin macht.
Aber das ist doch nur deine Interpretation. Da wäre ich nie drauf gekommen. Im Gegenteil habe ich gedacht, die Kulturrevolution war derart schlimm, dass sie aus einer normalen Wissenschaftlerin eine völlig verbitterte, gebrochene Frau machen kann, die zu so einer Tat in der Lage ist.
Mich hat der ganze erste Teil, in dem es um die Kulturrevolution ging, sehr bewegt, sodass ich viel über die Kulturrevolution und ihre Grauen nachgelesen habe. Da kannte ich mich kaum aus. Ich habe mich auch dauernd gewundert, dass man darüber in China so offen schreiben darf, da mein gesamtes Wissen über China offenbar stark von Vorurteilen geprägt ist.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Doop »

Man kann schon seit einiger Zeit über die Gräuel der Kulturrevolution reden. Man sollte nur nicht Mao erwähnen und die Frage stellen, wessen Schuld das war. Aber bestimmt kann Knochenmann dazu mehr sagen, er ist ja sehr oft vor Ort.

Ich fand die Schilderung der Kulturrevolution auch gelungen, aber das furchtbare Verbrechen der Wissenschaftlerin erklären sie nicht.
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Knochenmann
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Knochenmann »

Also, meine Meinung in Anbetracht Cixin Lius Gewamstwerk, meines Wissens über die chinesische Kultur und Mentalität und meines noch geringeren wissens über die DDR:

Aslo, das was wir über Zensur und Repression in China zu wissen glauben (also: sowas wie in der DDR) stimmt aus verschiedenen Gründen nicht, manche davon sind kultureller, manche machtpolitischer, viele davon wirtschaftlicher und viele davon technischer Natur.

Um nur ein Beispiel zu nennen, was die unterdrückung der Geschichte angeht: Ich war bei einer Touristenführung zur Großen Mauer mit dabei. Die führerin plauderte dabei munter drauf los, im Sinne von: "Das da ist der Tiamenplatz, falls ihr den nicht kennt, das ist der Platz vor vor 30 Jahren die Panzer über die Studenten gerollt sind" oder: "Das hier ist das Grab von Kaider soundso, das wurde damals von der Kulturrevolution geöffnet von Mao um den ganzen alten Krempel zu verkaufen". Ich hab die Chinesen als relativ locker im Umgang mit ihrer Vergangenheit erlebt, auch bei anderen Anlässen, also keineswegs im Sinne von: da am Nebentisch, das könnte ein Stasi sein.

Das einzige mal das ich meine chineischen Kollegen unentspannt erlebt habe, das war ausgerechnet beim Putschversuch in der Türkei. Hier wurde mir tatsächlich vorgeschlagen, das Thema zu wechseln.

...also, vielleicht gibt es ja Repression, aber die geht vielleicht in eine andere Richtung als man das gemeinhin annhemen könnte.

...was mich zu Cixin Liu bringt: Der hat auch auch "Spielel Spiegel" geschieben, eine Kruzgeschichte, in der praktisch die halbe chinesische Führungsebene + das Militär als korrupt dagestellt wird. Wenn sowas durch die Zensur geht, dann weiß ich nicht womit sich die chinesische Zensur den ganzen Tag beschäftigt.

Was jetzt die Rolle von der Verräterin der Menschheit angeht: hier muss man sagen das das in den Büchern immer wieder vorkommt. Schon in den drei Sonnen ist ja noch das eine Alien mitdabei, das seine eigene Rasse verrät um der Menschheit noch eine Chance zu geben. Und das kommt auch in den restlichen Büchern vor: in Teil 2 ist es der Wandschauer, der als Inividuuum außerhalb der Gesellschaft steht, in Band 3 ist es die Schwerthalterin, die allein Entscheidungen trifft.

Ich würde mich also bei den "Drei Sonnen" nicht auf geschichtlichen Revanchismus versteifen, sondern es geht mehr um das Inividuum gegen die Gesellschaft.

Kurz Gesag: die Gesellschaft plant, baut, macht, trifft entscheidungen für alle, hat aber nicht immer recht. Und die Protagonisten selber: tun was sie tun müssen, liegen falsch und richtig, werden von der Gesellschaft unterstützt, benutzt, verraten oder aufgegeben. Haben aber dennoch einen Einfluss auf das Ganze.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Uschi Zietsch »

Doop hat geschrieben: 3. Mai 2019 03:43 Ich fand die Schilderung der Kulturrevolution auch gelungen, aber das furchtbare Verbrechen der Wissenschaftlerin erklären sie nicht.
Ja, mir fehlt einfach die Motivation für zwei eiskalte Morde und den Verrat insgesamt. Dass sie durchgeknallt ist, okay, dass sie zur Serienmörderin deswegen wird, auch ok. Vielleicht sogar zur Massenmörderin, indem sie irgendwas hochjagt. Aber über einen ungreifbaren Funk ein SIgnal zu senden "kommt her und macht uns alle platt" passt nicht ins Profil. Da kommen mir ein bisschen zu viele Paranoien vor. Vor allem will sie damit ja nichts Gutes bewirken. Und sämtliche Kinder dieser Welt gleich mit wegzuputzen, obwohl sie selbst eines geboren hat - nö. Das ist mir zu wenig erklärt und zu wenig nachvollziehbar. Und vor allem, sie erlebt es ja gar nicht mehr - 400 Jahre.

Kein Mensch, und dazu gehört auch die Verschwörungssekte, plant einen solchen Rachefeldzug, wenn er ihn selbst und die Genugtuung dafür nicht mehr miterleben kann. 400 Jahre plant KEINER in die Zukunft. Weder die Verräter noch die Verteidiger. Weil keiner über den Tellerrand seines eigenen Alters schaut. Vor allem gerade die Chinesen, so habe ich sie auf meiner Reise erlebt, leben ausschließlich im Hier und Jetzt und holen raus, was geht.
Und selbst wenn jetzt einige Weltretter noch für den Schlag planen, in spätestens 100 Jahren interessiert das keinen mehr. Da ist keine greifbare Bedrohung in Sicht, also wozu sollte man sich auf etwas vorbereiten, das vielleicht nie stattfindet?

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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Kringel »

Durchgeknallt ist sie mir nicht vorgekommen und es ist mir auch nicht so vorgekommen, als hätte sie viel geplant oder auch nur nachgedacht. Es war einfach eine mehr oder weniger spontane Reaktion in einer bestimmten Situation. Verstanden habe ich diese Reaktion auch nicht so richtig, aber ich fand sie wenigstens nicht hundertprozentig unglaubwürdig.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

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Die Reaktion der Physikerin fand ich ok, das wird später im Roman schlimmer wenn es um die ETA geht.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Kringel hat geschrieben: 3. Mai 2019 09:05 Verstanden habe ich diese Reaktion auch nicht so richtig, aber ich fand sie wenigstens nicht hundertprozentig unglaubwürdig.
Das sehe ich auch so.
Warum muss die Reaktion auch verstehen? Ich verstehe viele menschliche Handlungsweisen nicht. Ich kann noch nicht einmal Rassismus hundertprozentig verstehen und Rassisten gibt es wie Sand am Meer. Und Hannibal Lecter muss ich gar nicht verstehen. Trotzdem ein toller Film.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Doop »

Knochenmann hat geschrieben: 3. Mai 2019 07:57 ...was mich zu Cixin Liu bringt: Der hat auch auch "Spielel Spiegel" geschieben, eine Kruzgeschichte, in der praktisch die halbe chinesische Führungsebene + das Militär als korrupt dagestellt wird. Wenn sowas durch die Zensur geht, dann weiß ich nicht womit sich die chinesische Zensur den ganzen Tag beschäftigt.
Vielleicht bin ich zu harsch mit Cixin Liu ins Gericht gegangen, aber das Buch gefällt mir dennoch nicht. Und die Darstellung der Dissidentin gefällt mir am wenigsten.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Doop »

Teddy hat geschrieben: 3. Mai 2019 11:23 Warum muss die Reaktion auch verstehen? Ich verstehe viele menschliche Handlungsweisen nicht. Ich kann noch nicht einmal Rassismus hundertprozentig verstehen und Rassisten gibt es wie Sand am Meer. Und Hannibal Lecter muss ich gar nicht verstehen. Trotzdem ein toller Film.
Das ist es ja Rassisten verstehe ich sehr gut. Deren Motivation und Denke kann ich nachvollziehen. Ich teile sie nicht, ich lehne sie ab. Sie ist unmoralisch, aber sie ist leider ihrem Grund nach auch im Menschen angelegt. Die Angst vor dem Anderen, die ja evolutionär ganz sinnvoll ist, da der andere nur selten als Freund kam. Und der menschliche Drang sich selbst besser zu finden als alle anderen. Alles nachvollziehbar. Und man kann Rassisten auch in der Literatur sehr gut nachvollziehbar darstellen.

Und Hannibal Lecter ist ein Serienkiller, dem das Töten und Essen von Menschen Freude bereitet. Auch das kann ich auf intellektueller Ebene nachvollziehen, weil ich weiß, dass es Menschen gibt, die ihre dunkelsten, zerstörerischsten Impulse nicht im Griff haben. Wobei man berücksichtigen muss, dass Hannibal Lecter eine Figur aus dem Horror ist, die einem bestimmten Zweck dient. Man muss ihn nicht im Detail verstehen, so wenig wie es nötig ist Dracula im Detail zu verstehen. Die Wissenschaftlerin bei Liu ist eine sehr realistisch angelegte Figur, Lecter ist das nicht.
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Re: Die Drei Sonnen - Cixin Liu

Ungelesener Beitrag von Uschi Zietsch »

Kringel hat geschrieben: 3. Mai 2019 09:05 Durchgeknallt ist sie mir nicht vorgekommen und es ist mir auch nicht so vorgekommen, als hätte sie viel geplant oder auch nur nachgedacht. Es war einfach eine mehr oder weniger spontane Reaktion in einer bestimmten Situation. Verstanden habe ich diese Reaktion auch nicht so richtig, aber ich fand sie wenigstens nicht hundertprozentig unglaubwürdig.
Na ja, aber ich finde das ehrlich gesagt umso schlimmer, wenn es spontan war. Den Eindruck hatte ich aber auch nicht. Die hatte die zwei Morde jahrelang im Vorfeld geplant und dann, als die Warnung aus dem All kam und sie für einen Moment die ABSOLUTE Macht über das Schicksal der Menschheit in Händen hielt, die Gelegenheit ergriffen, denn es kam ihrem Hass ja entgegen. Insofern - ja, könnte ich da jetzt doch eine Motivation darin entdecken.

Also schön, das mal beiseite, dass man bei der Frau Nachvollziehbarkeit konstruieren kann (interessant, dass sich keiner von uns an ihren Namen erinnert), das mit den Photonen und der Millionen-Sekte mit 400-Jahres-Plan und wie sie plattgemacht wird, bleibt absolut unglaubwürdig. Und die Aliens sind einfach Menschen.
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