Der "Liest zur Zeit" Thread

Science Fiction in Buchform
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Badabumm
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Badabumm »

Da ticken Frauen eben anders...
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Harald Lesch
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Ender
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Ender »

Hmm, das nun nicht unbedingt. Vielmehr steht man als VerfasserIn einer solchen Geschichte wahrscheinlich vor dem Dilemma: Spare ich die Hintergründe aus und riskiere, dass Teile der Leserschaft das als Mangel empfinden werden? Oder gehe ich näher darauf ein, obwohl es mir in meinem Roman ja eigentlich um etwas ganz anderes geht?
Da musste sich die Autorin halt entscheiden.
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L.N. Muhr
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Teddy hat geschrieben: 2. August 2019 22:28 Die Frau nimmt an, dass eine Waffe alles Leben außerhalb zerstört hat. Damit wird auch begründet, warum die Frau gar nicht erst versucht, die Barriere zu durchbrechen.
Der unterbewusste Wunsch, eingesperrt zu sein - in einem Habitat, oder anders formuliert: der Wunsch, dass alle anderen ausgesperrt sind. Hier kommt auch die Ambivalenz des Gefangenseins zum Ausdruck: sind vielleicht die auf der anderen Seite alle mit sich eingesperrt?
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Badabumm
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Badabumm »

Die auf der anderen Seite haben aber 99,99% mehr Platz. Dann wäre ich lieber auf deren Seite... Denn eingesperrt sind ohnehin alle, weil die Erde endlich ist.
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Harald Lesch
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Teddy
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Teddy »

L.N. Muhr hat geschrieben: 5. August 2019 10:21
Teddy hat geschrieben: 2. August 2019 22:28 Die Frau nimmt an, dass eine Waffe alles Leben außerhalb zerstört hat. Damit wird auch begründet, warum die Frau gar nicht erst versucht, die Barriere zu durchbrechen.
Der unterbewusste Wunsch, eingesperrt zu sein - in einem Habitat, oder anders formuliert: der Wunsch, dass alle anderen ausgesperrt sind. Hier kommt auch die Ambivalenz des Gefangenseins zum Ausdruck: sind vielleicht die auf der anderen Seite alle mit sich eingesperrt?
Das kann schon sein und wird im Roman ja auch ein wenig angedeutet, aber erst nachdem die Frau schon ein Jahr alleine lebt. Ich glaube am Anfang wäre die natürliche Reaktion fast aller Menschen, zu versuchen auszubrechen.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Badabumm »

Den Film gibt es jetzt in der Mediathek:

http://cdn-storage.br.de/geo/b7/2019-08 ... dece_X.mp4

Aber das Buch kam besser...
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Harald Lesch
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Andreas Eschbach
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Das Buch ist großartig. Wobei auch der Film sehenswert ist, aber, nun ja, ich hab's im Zweifelsfall halt immer eher mit dem Buch …
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Shock Wave Rider
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Shock Wave Rider »

Ich versuche mal, meine seit Mai gelesenen Bücher aufzuarbeiten.
Warum seit Mai? Deshalb:

Otmar Jenner: Der Älteste
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Das Buch hat drei Monate meiner Lesezeit blockiert. Nachdem ich bereits im Februar mit der Lektüre begonnen hatte, bedurfte es eines gewaltigen Willensakts, um sie Anfang Mai endlich zu beenden. Nein, ich mag es nicht allein auf das Buch schieben. Irgendwie war ich in der Zeit generell nicht gut drauf. Aber dennoch - ein weniger anspruchsvolles, weniger kompliziertes Buch hätte mich vermutlich weniger abgeschreckt.
Dabei ist die Grundidee interessant, und es lässt sich auch ganz gut an. Ein Journalist findet Hinweise auf einen Menschen, der anscheinend über 400 Jahre alt ist. Nach einigen Recherchen begegnet er dem Ältesten in Spanien, wo er ihn immer wieder zu Interviews trifft. Hier erfährt er nach und nach die Hintergründe der Langlebigkeit, der ständige Druck sich eine neue Identität aufzubauen, aber auch, dass es ebenso noch andere Langlebige (um nicht "Unsterbliche" zu sagen) gibt wie auch entschlossene Widersacher. Schließlich wird auch der Journalist in den Club aufgenommen.
Über 75% des Buches sind sprachlich recht anspruchsvoll, aber inhaltlich sehr ansprechend geschrieben. Es hat mich nie wirklich vom Hocker gerissen, hat der Unsterblichkeits-Problematik auch kaum neue Facetten hinzugefügt. Aber sowohl Journalist als auch der Älteste waren interessante Figuren, denen man gern zuhörte. Die Genmodifikation unseres Journalistenhelden hätte ein guter Endpunkt sein können. Leider flanscht der Autor danach ziemlich unmotiviert eine Chronik der näheren Zukunft (leider auch im trockenen Chronistenstil heruntergeschrieben) und eine Liebesgeschichte zwischen dem Journalisten und einer Unsterblichen an. Ein Zusammenhang mit der ursprünglichen Handlung ist genau so wenig zu erkennen wie die innere Notwendigkeit dieser Supplemente. Leider verdirbt der Autor damit die bis dato durchaus vorhandenen guten Ansätze. Weniger wäre mehr gewesen.

Hans Esselborn: Die Erfindung der Zukunft in der Literatur
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Der Kölner Literaturwissenschaftler Hans Esselborn hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich um die wissenschaftliche Aufarbeitung von Science-Fiction-Literatur verdient gemacht. Im vorliegenden Buch will er nicht weniger als eine Geschichte der deutschen Science Fiction schreiben. Gelungen ist ihm das nur teilweise. Positiv zu Buche schlägt das Bemühen um eine Poetik der SF und die Erinnerung an nahezu vergessene Klassiker wie Paul Scheerbarths "Lesabendio", Alfred Döblins "Berge Meere und Giganten" sowie Ernst Jüngers "Heliopolis". Deutlich im Soll bleibt Esselborn aber, wenn es um eine halbwegs vollständige Abdeckung der deutschsprachigen SF-Literatur seit dem 2. Weltkrieg geht. Der Leser hätte sich zumindest klare Kriterien gewünscht, weswegen genau die betrachteten Werke ausgewählt und alle anderen verworfen wurden. Hinzu gesellen sich formale Nachlässigkeiten wie fehlerhafte Referenzen zum Literaturverzeichnis bzw. unklare Kapiteleinteilungen.
Für eine detaillierte Bewertung verweise ich auf meine Rezension in den Andromeda Nachrichten 266.

Otto (Oskar?) Hoffmann: Die fremde Welt
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Man kann Detlef Münch, dem Inhaber des Dortmunder synergen-Verlages, zum vorliegenden Fund nur herzlich gratulieren. Dieser bislang nur 1913 als Fortsetzungsgeschichte in einer Zeitschrift erschienene Roman schildert eine Reise zum Mars, bei der die Forschungsreisenden auf nicht nur kulturell und ethisch, sondern auch evolutionär fortgeschrittene Martier stoßen: 3 Meter große gesichtslose Telepathen und Telekineten mit Röntgenblick und der Möglichkeit der Gedankenfotografie. Solch eine weitreichende Vision steht einzigartig da im Vergleich zur restlichen Marsliteratur aus wilhelminischer Zeit. Die evolutionär fort entwickelten Martier zeigen denn auch nur rudimentäres Interesse an den terranischen Wissenschaftlern.
Ich beteilige mich nicht an den Spekulationen, ob es sich bei dem Autorennamen "Otto Hoffmann" um ein Pseudonym des Vielschreiber Oskar Hoffmann handelt (was Detlef Münch meint) oder nicht (wozu Franz Rottensteiner und andere SF-Rezensenten tendieren). Wer sich für die frühen deutschen utopisch-abenteuerlichen Zukunftsromane interessiert, wird die Lektüre von "Die fremde Welt" genießen.

Gruß
Ralf
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Shock Wave Rider »

Weiter geht es in meiner persönlichen Lesechronik seit Mai 2019

Pamela Fuchs: Todesdomina
Im Jahr 2015 erregte ein Todesfall Aufsehen in Österreich: der Freier einer Domina kam bei Atemreduktionsspielen zu Tode. Der anschließende Prozess gegen Pamela Fuchs, so der bürgerliche Name der verantwortlichen Bizarr-Dienstleisterin, erzeugte große mediale Anteilnahme und endete mit einem Freispruch.
Natürlich legt Pamela Fuchs im vorliegenden, mit durchaus therapeutischen Intentionen geschriebene Buch noch einmal ihre Version der Geschichte dar, die schließlich zu ihrem Freispruch führte. Wer hier irgendwelche weiterreichenden Enthüllungen erwartete, geht nachvollziehbarer Weise leer aus. Wir erfahren aber auch, dass Fuchs' Vater regelmäßig ihre Mutter schlug, sie selbst vom Stiefgroßvater mißbraucht und von ihrem ersten Freund krankenhausreif geprügelt wurde.
Das relativ dünne Büchlein wird angefettet mit einem recht umfangreichen Fototeil, wo man sowohl Kinder- und Jugendfotos als auch professionelle Fotos von Frau Fuchs als Domina findet.
Bei allem Mitgefühl, das man Frau Fuchs wegen ihres Schicksals entgegenbringen mag, behält das Buch ein Geschmäckle. Es wirkt wie auf die Schnelle zusammengetackert, um aus der medialen Aufmerksamkeit um den Prozess nachträglich Kapital zu schlagen. Gibt es im englischen Ausdrücke wie "exploitation book" oder "bookbait"? Falls ja: das vorliegende Buch ist ein prototypisches Exemplar dieser Gattung.

Klaus Bollhöfener: phantastisch! Nr. 74
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Eine Ausgabe mit viel Licht, aber auch vereinzelten Schatten. Unterm Strich bleibt eine lohnenswerte Lektüre mit überwiegend interessanten Beiträgen, aus denen Schnurrers Beelzebub 6 sowie seine Stephen-Fry-Hommage, Meiers Apokalypsen-Studie und Kemmlers Sieber-Lonati-Porträt herausragen.
Eine detaillierte Besprechung findet man hier.


Susanne Schnitzler: Tödliche Geheimnisse
(Die neunte Expansion, Band 19)

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Leider kein Glanzstück der Reihe. Ich hatte Probleme, einen Einsteig zu finden. Zu viele Figuren und Schauplätze werden auf zu verwirrende Weise eingeführt. Ausgesprochen ungut für die Lesemotivation fand ich es, dass wir im zweiten Kapitel einen Frachtraumschiffkapitän kennenlernen, der am Ende eben jenes zweiten Kapitels samt Schiff atomisiert wird. Ich habe meine Einstiegsprobleme auf suboptimale Randbedingungen bei der Lektüre geschoben (meine Frau unterbrach sie mehrfach durch Rückfragen zu diversen Alltagsproblemen). Aber ich weiß, dass es anderen Lesern ebenso ging.
Mit fortschreitender Handlung schritt auch meine Verwirrung fort - die Handlung brachte keinerlei Klarheit über Stellung oder Intentionen der Figuren geschweige denn deren Beziehungen untereinander. Erst gegen Ende kam etwas Stringenz in die Sache. Immerhin lernten wir, dass das Versprechen der Hondh auf ewiges Leben mit Vorsicht zu genießen ist
Was macht man nach der Lektüre? Abhaken, Mund abwischen und sich freuen auf die kommenden D9E-Bände!

Gruß
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von heino »

Joe R. Lansdale - Kahlschlag

Dazu muss ich nicht viel sagen, wer Lansdales Bücher mag, wird auch hiermit glücklich werden. Die Story um eine Frau, die im Texas der 1930er Jahre erst in Notwehr ihren Ehemann, den Constable des Ortes, erschießt und dann unfreiwillig seine Stelle übernimmt und diese wider Erwarten besser ausfüllt als er, ist einfach, aber gut. Wie immer bei Lansdale, lebt der Roman von den tollen Charakteren und viel Lokal- und Zeitkolorit. Nur der Vergleich auf dem Einband, der die Protagonistin mit Lisbeth Salander gleichstellt, ist völliger Blödsinn.

Charlie Jane Anders - Alle Vögel unter dem Himmel

Schönes Buch über die Auseinandersetzungen zwischen Magie (als Stand-In für Mutter Natur) und Wissenschaft in Form eines Romans über zwei Teenager, die sich anfreunden, bald aber auf verschiedenen Seiten stehen. Die Stärke des Buches ist dabei die Schilderung der beiden Hauptfiguren als Aussenseiter, die Schwäche ist in meinen Augen, dass Frau Anders zum Einen ständig betonen muss, was für absolute Geeks die beiden doch sind, und dass ihre Vorstellung von Feminismus ab und an etwas penetrant durchscheint. Aber insgesamt ist das ein sehr guter Erstling, die Frau kann was.
Lese zur Zeit:

Colson Whitehead - Underground railroad
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Uschi Zietsch
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Uschi Zietsch »

Mir hat Kahlschlag sehr gut gefallen.

S. L. Huang: Nullsummenspiel

Ich hab das zusammen mit dem Metropolist als Neuerscheinung für die Lesechallenge gekauft und bin froh, dass ich mich für den Metropolist entschieden hatte.
Huang ist so ein richtiger Tausendsassa, sie ist Stuntfrau, hat diverses Zeug studiert, ist MIT-Absolventin und meint jetzt, mit all dem Wissen ein Buch schreiben zu können, das natürlich jede Menge Vorschusslorbeeren bekommen hat.
Zitat zu ihrer Vita:
S. L. Huang rechtfertigt ihren MIT-Abschluss damit, durch ihn exzentrisch-mathematische Superhelden-Romane schreiben zu können. Nullsummenspiel ist ihr Debütroman. Sie ist Hollywood-Stuntfrau und Schusswaffen-Expertin, die u.a. in Battlestar Galactica and Raising Hope mitgewirkt hat. Derzeit lebt sie in Tokio.
Tja. Nun. Wir haben hier keinen Superhelden-Roman. Denn die Protagonistin ist eine psychopathische soziopathische eiskalte Killerin. Damit das nicht so rüberkommt, mag sie Kinder. Muaha. Aber die kleine, latinofarbige Cas Russell (Klischee ich hör dich stampfen) ist schlichtweg unsympathisch. Sie hat nicht mehr alle Bällchen im Karton. Ihre Superheldengabe Mathematik ist kein Novum, hatten wir schon in einigen TV-Serien wie Numbers, neu ist allerdings, dass sie das nutzt, um andere abzumurksen. Immer in Selbstverteidigung, natürlich, bis auf den einen oder anderen Rachemord.

Zusammen mit einem schwarzen Privatdetektiv (sic!), einem gelähmten Superhacker (sic!) und einem echten Psychopathen, der abgesehen von den Massakern, die er anrichtet, wie der Revolvermann dargestellt wird, tritt sie gegen eine geheimnisvolle Organisation an, die unter einer Telepathin und Suggestorin die Weltherrschaft antreten will - natürlich nur, um Gutes zu tun und den Frieden zu bringen. Pech nur für alle, die dabei im Weg stehen, ob zufällig oder nicht. Und dann gibt es noch eine geheimnisvolle Gegenorganisation, die diese Organisation aufhalten will und sich auch nicht weiter für Kollateralschäden interessiert.

Dabei hat die Protagonistin natürlich ein Geheimnis, sie hat nämlich ihr Gedächtnis verloren. Vermutlich aus gutem Grund, da ihre Fähigkeit anscheinend nicht angeboren ist, sondern ihr eingespritzt wurde (The Boys lassen grüßen), aber wir erfahren es nie.

Das ist auch das Hauptmanko: Anscheinend bereitet die Autorin schon Teil Zwei vor, denn das Ende ist nur ein Zwischenhalt.
Die Gegenorganisation ist ausgelöscht, die Organisation muss lediglich ihre Wunden lecken, und unsere psychopathische Mathematikerin weiß weiterhin nichts über sich.
Hat aber auf einmal zwei Freunde (besagten Detektiv und Hacker) und findet das ganz dufte.

Klar, jede Menge Action, was durchaus Spannung aufbaut, aber die Story ist nicht nur megadünn, sie strotzt vor Klischees, sie bietet nichts, was wir nicht schon zigmal gehabt hätten (was an sich okay ist, wenn es gut verpackt erzählt wird), und dass es ein Debüt ist, merkt man. Ich gehe davon aus, dass da ein Lektor sehr kräftig drübergegangen ist und dafür gesorgt hat, dass es 08/15-lesbar ist. Und es gibt keine Auflösung, was ein absolutes No-Go ist, auch wenn es der erste Band von -zig sein sollte. Was da am Schluss hinplätschert und versickert ist mega-mau. 200 statt 409 Seiten, und es wäre ganz okay gewesen, weil man mit dem Tempo vieles verzeihen könnte. So habe ich mich teilweise so gelangweilt bei den sich wiederholenden endlosen Monologen einer unsympathischen Heldin, die den psychopathischen Serienkiller und Massenmörder anhimmelt, dass ich Seiten überblättert habe.

Das Cover übrigens finde ich prima.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Shock Wave Rider »

Bei der Rekapitulation meiner persönlichen Lesechronik befinde ich mich immer noch im Mai 2019.

Friedrich Eduard Bilz: Der Naturstaat
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Der Autor dieses im Jahr 1907 erstmals erschienenen Folianten, Friedrich Eduard Bilz, war einer der wichtigsten Vertreter der so genannten Reformbewegung in Deutschland (heutige Überbleibsel: FKK-Bewegung und Reformhäuser) und Erfinder einer Limonade, die zunächst Bilz-Brause hieß, später aber als Abkürzung des lateinischen "sine alcohole" (= ohne Alkohol) in "Sinalco" umbenannt wurde.
In "Der Naturstaat" nehmen die bereits weit fortgeschrittenen Menschen des Jahres 2048 Funkkontakt zu den Marsbewohnern auf. Die berichten in langen Depeschen über den dort bereits seit langem errichteten Naturstaat, eine utopische Vorstellung Bilz'. Martier wie Menschen leben in Einklang mit der Natur, d.h. vegetarische Nahrung, Abstinenz von allen Drogen (auch von Alkohol und NIkotin), sportliche Fitness und sparsame Kleidung (wenn überhaupt). Es heißt aber auch freie Liebe, völlige Gleichberechtigung der Frau und Toleranz gegenüber Homosexuellen.
Interessant, wie sich in dieser Utopie ausgesprochen strenge Vorgaben mit hochmodernen, sehr freizügigen Ansichten mischen. Allerdings hat das Buch eher den Charakter einer Eassysammlung als den eines Romans. Die Rahmenhandlung verblasst zunehmend. Detlef Münch gebührt das Verdienst, dieses gleichsam kuriose wie interessante Werk in seinem synergen Verlag wieder herausgegeben zu haben - zum Glück in einer Fassung, die etwa ein Drittel des ursprünglichen Umfangs von über 1000 Foliantenseiten umfasst. Das reicht auch.

Andreas Brandhorst: Ewiges Leben
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Brandhorst greift in diesem Thriller ein hochaktuelles Thema auf (Unsterblichkeit durch Genmanipulation bzw. durch Bewusstseinsupload in den Arbeitsspeicher eines Rechners). Er lässt drei hochinteressante und facettenreiche Identifikationsfiguren konfliktreich miteinander interagieren. Das Buch ist routiniert, flüssig und über weite Strecken sehr spannend geschrieben. Gegen Ende hat er mich etwas verloren, weil die Beschreibungen der virtuellen Realität für meinen Geschmack etwas zu pompös gerieten. Warum lässt er eigentlich regelmäßig Dampfloks auftreten?
Unterm Strich ein insgesamt unterhaltsamer Thriller, der einige ethische Probleme, die mit Unterblichkeit verbunden sind, zumindest anreißt. Mehr erwarte ich von einem Roman auch nicht.

Uwe Post: für immer 8 bit
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Der Roman nimmt den Leser mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1983. Der Held, ein 15jähriger Atari-Nerd, liebt Musik und ... Anna. Lange macht sie sich nichts aus dem Nerd. Bis sie erkennt, dass seine Programmierfähigkeiten durchaus kommerziell zu verwerten sind. Auf ihre Idee hin programmieren die beiden ein Strip-Poker-Spiel, wobei Anna für die Fotos der diversen Enthüllungsstufen Modell steht. Das Spiel entwickelt sich zu einem Erfolg, bereitet den beiden Autoren ein ordentliches Taschengeld aber auch manchen Verdruss. Schließlich werden die Vorstände von Atari auf sie aufmerksam...
Ein Roman für blasse, pickelgesichtige Nerds. Ein nostalgisches Jugendmärchen für alte Säcke wie mich.
Ich hoffe ja auf die Fortsetzung "8 bit sind nur die halbe Wahrheit".

Gruß
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Shock Wave Rider »

Peter Handke: Abschied des Träumers vom neunten Land
Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drine oder Gerechtigkeit für Serbien
Sommerlicher Nachtrag zu einer winterlichen Reise

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Sammlung von drei Texten des Kärntner Querkopfs mit slowenischen Wurzeln über den Jugoslawienkrieg. Handke vertritt in diesen Texten, die zwischen Essay und Reportage changieren, proserbische Positionen mit durchaus nachvollziehbaren Argumenten. Damit stellte er sich gegen die damalige Mehrheitsmeinung, die in den Serben die alleinigen Aggressoren der Jugoslawienkriege sahen. Eine Haltung, die ihm starken Protest einbrachte.
Man kann viel zu der Problematik schreiben. Ich fand es erfrischend, Statements von einem zu lesen, der noch seinen eigenen Kopf zum Denken gebraucht und der selbst in das betroffene Land reist und mit eigenen Sinnesorganen Eindrücke sammelt. Seines späteren Gefängnisbesuchs bei Milosevic hätte es nicht unbedingt gebraucht. Aber so ist Handke nun mal.

Der Handke war das letzte Buch, das ich im Mai 2019 beendete. Die folgenden Bücher habe ich im Juni 2019 inkorporiert.

Oskar Hoffmann: Unter Marsmenschen
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Dieser Marsroman aus dem Jahr 1905 wurde von Dieter von Reeken im Rahmen der Kollektion Hoffmann in einer kommentierten Neuausgabe wieder veröffentlicht. Oskar Hoffmann hat sich als Autor sowohl von populär-naturwissenschaftlichen Werken als auch von utopisch-technischen Abenteuerromanen hervorgetan. Das vorliegende Werk ist der Nachfolgeroman von "MacMilfords Reisen im Universum. Von der Terra zur Luna oder Unter den Seleniten" und schildert eine wissenschaftliche Expedition zum Mars. Hochinteressantes Detail: Hoffmann beschreibt eine Maschine, die einen Körper in seine einzelnen Atome zerlegt und diese an einem anderen Ort originalgetreu wieder zusammensetzt. Im vorliegenden Roman gelingt diese Frühform des Beamens allerdings nicht, so dass die Reise denn doch mit einem "herkömmlichen" Antigravitationsraumschiff angetreten werden muss. Die Marsbewohner stehen den Erdlingen zunächst freundlich gegenüber. Das ändert sich aber, als einer der Professoren einer Marsfrau Hoffnungen macht. Der Rückflug verläuft denn auch nicht ganz spannungsfrei. Immer noch gut lesbare Räuberpistole, wenn man nicht allzu viel über den wissenschaftlichen Gehalt und die interne Logik nachdenkt.

Jerry Yulsman: Elleander Morning oder Der Krieg, der nicht stattfand
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Diese vertrackte Mischung aus Zeitverschränkungen, Paralleluniversen, Alternate History und einigem mehr habe ich im Rahmen der Phantastik-Lesechallenge 2019 gelesen für die Kategorie "Preisträger des Jahres 1987" (das Buch gewann den Kurd-Laßwitz-Preis als "Bester internationaler Roman"). Meine begeisterte Rückmeldung habe ich im entsprechenden Thread abgesondert.

Gruß
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Badabumm »

Danke für deine Oldie-Tipps. Da tun sich ganz neue Welten auf. Hört sich faszinierend an.
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

Ungelesener Beitrag von Scotty »

Hatte das Buch von Jerry Yulsman bisher auch noch nicht auf dem Radar. Leider gibt es das Buch nicht mehr auf deutsch. Habs mir als E-Book in Englisch geholt.
Lese zur Zeit:
Tade Thompson - Fern vom Licht des Himmels
Davor:
Laura Purcell - Das Korsett
Pierce Brown - Red Rising
Emily St John Mandel - Das Licht der letzten Tage
Eoin Colfer - Hinterher ist man immer tot
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