heino hat geschrieben: ↑15. Mai 2016 09:46
- Felix J. Palma:Die Landkarte des Himmels
Ich war ja von Palmas ersten Buch nicht so begeistert, fand es zu selbstgefällig und schwatzhaft. Bei diesem Buch ist es ganz genauso. Die grundlegende Idee ist wirklich klasse, aber Palma zieht alles unnötig in die Länge, füllt etliche Seiten mit unnötigem Beiwerk und hat zumindest mir damit die Lust an dem Roman etwas vermiest.
Aufgrund der Lesechallenge habe ich den ersten Band, Die Landkarte der Zeit, nun auch gelesen.
Also, im Schnelldurchgang.
So viel Geschwafel auf über 700 Seiten. Ja, Herr Palma kann sehr gut schreiben, aber dieses im Stil des 19. Jahrhunderts gehaltene Zeug kann mich heutzutage einfach nicht mehr begeistern. Letztendlich bleibt eine sehr dünne Geschichte übrig. Wenn ich da an die Die vielen Leben des Harry August denke, an Die Frau des Zeitreisenden ...
ein bisschen was von allem, auch von den Ideen her, hat sich Palma gemopst (ok, nicht vom Harry, der kam erst später). Ja, er ist SF-Nerd und kennt alle Klassiker, schön, dass er uns immer wieder darauf hinweist und ganz viele gescheite Details präsentiert, die mich null interessieren. Aufgeblasen bis zum Gehtnichtmehr, handelnd von mehreren Personen, die letztendlich keinerlei Einfluss auf die Geschichte selbst haben, fängt es erst auf Seite 594 an und ist auch gleich wieder zu Ende, weil danach nichts mehr passiert. Ich hasse die vorgreifenden Prophezeiungen, wie es in der Geschichte weitergeht, und ich hasse den permanent wichtigtuerisch eingreifenden "alleswissenden, alles beherrschenden" - wie er sich selbst bezeichnet, Ich-Erzähler, also der Autor, der immer dann zu Worte kommt, wenn der Autor eigentlich nicht mehr weiterweiß oder womöglich Spannung aufbauen könnte.
Es gibt keinen Protagonisten und keine Bezugsperson, man bleibt auf absoluter Distanz zu der Geschichte, und das ist ihr größtes Manko. Hauptperson ist HG Wells, und am Ende finden wir heraus, dass diese >700 Seiten nichts weiter als die Exposition für einen (mindestens) Dreiteiler sind.
Ich wollte nicht abbrechen, aber das war wirklich Schnelldurchgang, 85% der Seiten habe ich nur überflogen. Mag ja alles schön erzählt sein, und ich denke mal, vor 40 Jahren hätte mich das auch begeistert. Aber inzwischen haben sich die Erzählformen geändert und es gibt eine Menge besserer - allen voran die beiden oben genannten - Storys über die Zeit.
Das Beste am Buch ist der Klappentext, der mich verführt hat. Es stimmt alles, was da hinten steht, abgesehen von "dämonisch" bei Bibliothekar, das ist ja nur ein sozipathischer Mörder, weil er besessener Kunstsammler ist. Aber das, was da hinten so spannend steht, ist zwischen den Deckeln halt einfach unspannend. Sobald auch nur der Hauch einer Chance besteht, dass es spannend werden könnte, wird sofort die Lösung präsentiert, erzählt vom Allwissenden.