Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

Science Fiction in Buchform
Hahlebopp
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

Ungelesener Beitrag von Hahlebopp »

Na der Zeitraum 50er/60er ist vielleicht etwas sehr schwammig umrissen, aber ich würde schon sagen, dass sich aus heutiger Sicht viele klassische Geschichten doch recht trocken lesen. Sprich, dass es vor allem an Spannung fehlt. Es gibt zumeist keinen Witz, keine Emotionen, die Protagonisten sind zumeist nur vernünftige, grundanständige Wissenschaftler und Frauen sind höchstens Stichwortgeber ... Aber das gilt nicht mal so sehr nur für Hard-SF. Ich würde sagen, generell sind viele klassische Sachen einfach schlecht gealtert. Um mal bei amerikanischen Autoren zu bleiben, hier einige Sachen die ich so zuletzt gelesen habe und die mich insgesamt doch ziemlich enttäuschten.
- Stanley G. Weinbaum - Die Proteus Insel
- Hal Clement - Schwerkraft
- praktisch alles aus der Anthology "Aufbruch in die Galaxis"
http://www.isfdb.org/cgi-bin/pl.cgi?471700

Selbst heute noch so vielgelobte Klassiker wie etwa Bradburys "Fahrenheit 451" oder Haldemans "Der ewige Krieg" würde ich selbst überhaupt nicht mehr empfehlen. Wobei ich damit aber wahrscheinlich auch so ziemlich allein dastehe.

(Diese hier aufgeführte Anthology hatte ich übrigens wohl einzig wegen der Kurzgeschichte "Gar elump war der Pluckerwank" von C. L. Moore gekauft und gelesen. Die Idee speziell hinter dieser einen Kurzgeschichte fand ich dann auch durchaus außergewöhnlich und sehr innovativ. Die Umsetzung bzw. die Geschichte als Ganzes aber leider trotzdem recht langweilig.)
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L.N. Muhr
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Gut, aber irgendwie fällt keins der von dir genannten Beispiele in die Rubrik Hard SF der 50er und 50er Jahre. (Der Clement so halbwegs.)

(Die von dir erwähnte Antho ist übrigens super. Ausgehend von den Texten, die ich in anderer Form habe.)

Du bastelst dir da was zurecht, indem du mal eben Texte, die zwanzig Jahre vor den Fünfzigerjahren entstanden und eh alles und social fiction und hard sf in einen Topf wirfst, um daraus ein Argument zu brauen.

Das sind Ressentiments, keine Argumente.
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L.N. Muhr
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

(Fahrenheit 451 ist übrigens ein gutes Beispiel für ein Buch mit Witz und Emotion und einer eigenständigen weiblichen Hauptfigur.)

(Allgemein gilt, dass in der SF ab den Fünfzigerjahren die moralischen Grauzonen erkundet wurden. Und nicht nur dort. Die grundanständigen Wissenschaftler oder deren gegenstücke, die mad scientists, finden wir eher so in den Zwanziger- und Dreissigerjahren.)
Hahlebopp
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

Ungelesener Beitrag von Hahlebopp »

Naja, das waren halt die Sachen, welche ich zuletzt gelesen habe und welche mir weniger gefielen. Jetzt ganz zuletzt habe ich noch "Die Mutanten" von Lewis Padgett (also ebenfalls, mitunter von C. L. Moore) gelesen - das müsste noch in diese Liste mit rein - und hatte dort genau das gleiche Problem.
"Trocken" umschreibt's dann glaube ich schon ganz treffend, würde ich zumindest sagen.

L.N. Muhr hat geschrieben: 18. August 2022 14:31(Die von dir erwähnte Antho ist übrigens super. Ausgehend von den Texten, die ich in anderer Form habe.)
Nee, isse definitiv nicht. War sie vielleicht mal vor 30 Jahren. Aber heute? ... Oder wenn, dann würde ich doch eher sagen, dass es eine eine Frage des Geschmacks ist.
Und natürlich unterliegt so etwas immer auch dem Zeitgeist. Ich nehm mal als Extrembeispiel Fontanes "Effi Briest". Das mag vor 100 Jahren tatsächlich mal hochinteressant gewesen sein, da extrem mutig seinerzeit und wider dem kleinbürgerlichen Mief. Heute aber ist's trotzdem nur noch eine super langweilige Folter für Schüler im Deutschunterricht.
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

Ungelesener Beitrag von Hahlebopp »

Ender hat geschrieben: 18. August 2022 11:52Zu deutschsprachigen SF-Romanen:
Für meinen ganz persönlichen Geschmack war da in den letzten paar Jahren eine ganze Menge dabei, was den internationalen Vergleich nicht scheuen muss. Von Humor bis Dystopie, von Space Opera bis Near Future Thriller, von Social Fiction bis High Tech ... alles dabei.
Andreas Brandhorst: Das Schiff
Marc-Uwe Kling: Qualityland
Julia von Lucadou: Die Hochhausspringerin
Sameena Jehanzeb: Was Preema nicht weiß
Dirk van den Boom: Die Welten der Skiir
James Sullivan: Die Stadt der Symbionten
Marie Graßhoff: Neon Birds
Melanie Vogltanz: Shape Me
Tom Hillenbrand: Hologrammatica
... zum Beispiel.
Ich kenne bisher nur "Das Schiff" von Andreas Brandhorst aus dieser Liste. Das hat mir tatsächlich ausgesprochen gut gefallen.
Hier hatte auch ein paar Zeilen dazu geschrieben:
viewtopic.php?p=236294#p236294
Ich bin bisher tatsächlich noch nicht dazu gekommen - der SuB nimmt einfach kein Ende - aber von ihm wollte ich auf jeden Fall auch nochmal andere Bücher antesten.

Qualityland hatte ich auch schon mehrfach überlegt. Nur konnte ich mit den Känguruh-Sachen von Marc-Uwe-Kling nie etwas anfangen. War einfach nicht mein Humor. Deshalb ... naja, mal schauen. Lass ich noch etwas sacken.

Wer es noch nicht kennt - ist schon etwas älter - aber seinen Auftritt damals bei Volker Pispers fand ich ja legendär. :D

Link: https://www.youtube.com/watch?v=8vFL0QWxugI


Und den Rest der Liste werde ich mal morgen, wenn ich wieder etwas Zeit habe, oder die Tage durchgehen.
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

Ungelesener Beitrag von Flossensauger »

Hahlebopp hat geschrieben: 18. August 2022 20:44 Wer es noch nicht kennt - ist schon etwas älter - aber seinen Auftritt damals bei Volker Pispers fand ich ja legendär. :D
Volker Pispers gelesen und fand ich überlesen. Legendärer Fehler, mache ich immer wieder.

Tja. Inhaltlich war seine Kritik vielleicht nicht ausgefeilt, aber der Neo-Liberalen SPD (Hartz 4) und der damit einhergehenden Spaltung zur "Die Linke" sicherlich angemessen. Er hätte auch einfach nur "Bleaurgh!" sagen können.

Was sagt uns das über die aktuelle FDP Regierung und sprechende Känguruhs aus? Das ist SF? Porsche fahren ohne Tempolimit? Halte ich eher für 1920er SF.
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L.N. Muhr
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Hahlebopp hat geschrieben: 18. August 2022 20:05 Naja, das waren halt die Sachen, welche ich zuletzt gelesen habe und welche mir weniger gefielen. Jetzt ganz zuletzt habe ich noch "Die Mutanten" von Lewis Padgett (also ebenfalls, mitunter von C. L. Moore) gelesen - das müsste noch in diese Liste mit rein - und hatte dort genau das gleiche Problem.
"Trocken" umschreibt's dann glaube ich schon ganz treffend, würde ich zumindest sagen.

L.N. Muhr hat geschrieben: 18. August 2022 14:31(Die von dir erwähnte Antho ist übrigens super. Ausgehend von den Texten, die ich in anderer Form habe.)
Nee, isse definitiv nicht. War sie vielleicht mal vor 30 Jahren. Aber heute? ... Oder wenn, dann würde ich doch eher sagen, dass es eine eine Frage des Geschmacks ist.
Und natürlich unterliegt so etwas immer auch dem Zeitgeist. Ich nehm mal als Extrembeispiel Fontanes "Effi Briest". Das mag vor 100 Jahren tatsächlich mal hochinteressant gewesen sein, da extrem mutig seinerzeit und wider dem kleinbürgerlichen Mief. Heute aber ist's trotzdem nur noch eine super langweilige Folter für Schüler im Deutschunterricht.
Ich fand Padgett und/ oder/ bzw. Moore nie trocken. Gerade Moore solo war doch sehr farbig.

Dein Absolutismus im Urteil betont übrigens eher den Mangel des Arguments, statt ihn zu übertünchen. Ist sie "definitiv nicht"? Wer definiert das? Könnte man im Umkehrschluss auch sagen, dass dein Verständniskanal zu schmal ist, dass du schlicht zu eher wenig Texten Zugang findest, aus Gründen, die (für mich) nicht definierbar sind, und dir daher das Verständnis dafür fehlt, dass andere entweder einen ganz anderen Verständniskanal haben oder sogar einen breiteren? Und aus diesem Mangel an Verständnis heraus erwachsen deine Absoluturteile?

Ich meine, es ist ja so: es gibt Leute, die fahren total ab - auf Konsalik, Karl May oder Fontane, manchmal auf zwei davon, ziemlich sicher selten bis nie auf alle drei; auf Asimov, Heinlein und Dominik, manchmal auf zwei davon, ziemlich sicher selten bis nie auf alle drei; usw. usf.. Und wenn jemand total von Konsalik oder Fontane geflasht ist, willst du dem echt sagen, dass ihm das gerade nicht passiert ist? Weil "definitiv"?
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Scotty
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Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

Ungelesener Beitrag von Scotty »

Ich finde, das sind jetzt Wortklaubereien. "Die von dir erwähnte Antho ist übrigens super." ist ebenfalls sehr absolut. Streng genommen wäre wahrscheinlich"...finde ich wirklich super..." richtig gewesen.
"...das ist sie definitiv nicht..." ist auch eine absolute Aussage die mangels Definition nicht passt.

Am Ende wisst ihr aber beide, dass der jeweils andere seinen ganz persönlichen Eindruck teilt, was in der Kommunikation nicht immer schön ist und auch zu Missverständnissen führen kann....aber es ist ganz normal.

Ich denke, ich habe jedenfalls schon oft gesagt: "Mannschaft A hat definitiv besser gespielt als Mannschaft B, aber trotzdem verloren ."

Ich finde die inhaltliche Diskussion sehr interessant und freue mich wenn ihr sie weiterführt, aber vielleicht mit etwas mehr Nachsicht für den anderen.
Lese zur Zeit:
Tade Thompson - Fern vom Licht des Himmels
Davor:
Laura Purcell - Das Korsett
Pierce Brown - Red Rising
Emily St John Mandel - Das Licht der letzten Tage
Eoin Colfer - Hinterher ist man immer tot
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    Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

    Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

    Scotty hat geschrieben: 19. August 2022 19:05 Ich finde, das sind jetzt Wortklaubereien. "Die von dir erwähnte Antho ist übrigens super." ist ebenfalls sehr absolut.
    Und mit was? Mit Absicht. Vorführeffekt.

    (Darum hatte ich's ja in Klammern nachgesetzt.)
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    Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

    Ungelesener Beitrag von Max Sinister »

    Dirk hat geschrieben: 23. Mai 2011 16:58
    Siegfried Langer hat geschrieben: Es schadet m. E. nie, zu analysieren, warum etwas - unabhängig von den eigenen Vorlieben - Erfolg hat oder warum es keinen hat.
    Konsequenzen kann man danach - ganz individuell - in unterschiedlicher Richtung ziehen. ;-)
    WOW!
    Den Satz würde ich mir gerne kopieren, ausdrucken, und über meinen Rechner hängen :prima:
    Das ist mir mal passiert, als ich einen Dan Brown gelesen habe, weil nichts anderes zur Hand war. Was ich denke, was der Grund dafür ist? Er beschäftigt sich mit großen Dingen, und das beeindruckt die Leute. (Seine Recherche ist natürlich oft genug Mist, auch wenn er das Gegenteil behauptet.)

    Deswegen bin ich auch auf die Idee für ein gewisses Projekt gekommen. Der Zweite Weltkrieg ist definitiv ein großes Thema...
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    Re: Deutsche Science Fiction ist flüssiger als flüssig

    Ungelesener Beitrag von Hahlebopp »

    L.N. Muhr hat geschrieben: 19. August 2022 12:02
    Hahlebopp hat geschrieben: 18. August 2022 20:05 Naja, das waren halt die Sachen, welche ich zuletzt gelesen habe und welche mir weniger gefielen. Jetzt ganz zuletzt habe ich noch "Die Mutanten" von Lewis Padgett (also ebenfalls, mitunter von C. L. Moore) gelesen - das müsste noch in diese Liste mit rein - und hatte dort genau das gleiche Problem.
    "Trocken" umschreibt's dann glaube ich schon ganz treffend, würde ich zumindest sagen.

    L.N. Muhr hat geschrieben: 18. August 2022 14:31(Die von dir erwähnte Antho ist übrigens super. Ausgehend von den Texten, die ich in anderer Form habe.)
    Nee, isse definitiv nicht. War sie vielleicht mal vor 30 Jahren. Aber heute? ... Oder wenn, dann würde ich doch eher sagen, dass es eine eine Frage des Geschmacks ist.
    Und natürlich unterliegt so etwas immer auch dem Zeitgeist. Ich nehm mal als Extrembeispiel Fontanes "Effi Briest". Das mag vor 100 Jahren tatsächlich mal hochinteressant gewesen sein, da extrem mutig seinerzeit und wider dem kleinbürgerlichen Mief. Heute aber ist's trotzdem nur noch eine super langweilige Folter für Schüler im Deutschunterricht.
    Ich fand Padgett und/ oder/ bzw. Moore nie trocken. Gerade Moore solo war doch sehr farbig.

    Dein Absolutismus im Urteil betont übrigens eher den Mangel des Arguments, statt ihn zu übertünchen. Ist sie "definitiv nicht"? Wer definiert das? Könnte man im Umkehrschluss auch sagen, dass dein Verständniskanal zu schmal ist, dass du schlicht zu eher wenig Texten Zugang findest, aus Gründen, die (für mich) nicht definierbar sind, und dir daher das Verständnis dafür fehlt, dass andere entweder einen ganz anderen Verständniskanal haben oder sogar einen breiteren? Und aus diesem Mangel an Verständnis heraus erwachsen deine Absoluturteile?

    Ich meine, es ist ja so: es gibt Leute, die fahren total ab - auf Konsalik, Karl May oder Fontane, manchmal auf zwei davon, ziemlich sicher selten bis nie auf alle drei; auf Asimov, Heinlein und Dominik, manchmal auf zwei davon, ziemlich sicher selten bis nie auf alle drei; usw. usf.. Und wenn jemand total von Konsalik oder Fontane geflasht ist, willst du dem echt sagen, dass ihm das gerade nicht passiert ist? Weil "definitiv"?
    Hehe, ich wusste dass das kommt.
    Der Satz mit dem "definitiv" war natürlich auch ein klein wenig ironisch gemeint. Hätte da wahrscheinlich mal besser noch ein *Augenzwinker-Smiley* dahinter packen sollen.
    Nee, jaa ... also ich denke mal du sieht die Sache da wahrscheinlich auch einfach von einer mehr fachlichen Seite aus und hast damit auch sicherlich recht. Aber für mich zählt ja letztlich doch nur die ganz schnöde eigene, rein subjektive Lesermeinung.
    Meine Deutsch-Lehrerin war damals übrigens auch ganz begeistert von Fontane. Kann mich noch gut erinnern, dass sie damals überhaupt nicht verstehen konnte, wie schlecht das Buch bei uns Schülern ankam. :)

    PS: Leider konnte ich nicht früher antworten. Erst war ich das ganze (vorletzte) Wochenende unterwegs. Und dann anschließend gesundheitlich "ein klein wenig" außer Gefecht gesetzt.
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