Der aktuelle Sieger des Goodreads Choice Awards Dez. 2024 wird dort diesem Genre zugeordnet. Von insgesamt 278.000 abgegebenen Stimmen erhielt der Titel „The Ministry of Time“ von Kaliane Bradley 30% , etwa doppelt soviel wie der Zweitplazierte. Genretypische Hard SF mit „Mercy of Gods“ vom Autorenduo Abraham/Franck (James A. Corey) ist abgeschlagen auf Platz 4 gelandet (ca. 6% der Stimmen).
Der Inhalt von „The Ministry of Time“ - eine deutsche Übersetzung ist für 2025 angekündigt, wobei 'Romance' noch vor der einschlägigen SF Trope führend genannt wird, Hervorhebung durch mich) wie der Verlag es kurz beschreibt:
„Ein Mann trifft eine Frau. Die Vergangenheit trifft die Zukunft. Der Anfang trifft das Ende. – Romance, Zeitreise und große Literatur vereinen sich im aufregendsten Debüt des Jahres!“ (1)
Zuerst müssen wir uns darüber im Klaren sein, worüber wir reden. Romanze ( engl. „romance“ mit einem kleinen „r“) leitet sich in diesem Zusammenhang nicht von der philosophischen Bewegung und dem literarischen Genre der „Romantik“ ab (im engl. wird Romance für beides verwendet, Romatik ist dann hier großgeschrieben) . "romance" bezieht sich vielmehr tatsächlich auf Liebesromanzen (allerdings mit einer ordentlichen Portion Adult Content , also Sex) – was zur Zeit beim grasierenden reaktionären Backslash in den USA Romantasy-Autorinnen (siehe u.a. die sehr erfolgreiche Britin Sara J. Maas 2024 in Utah) schon Bücherbanne einbrachte (2). Ja, manche Amerikaner wundern sich immer noch das für die Reproduktion sexuelle Aktivität eine Rolle spielt

„Of course the girls are reading horny fairy books. It’s cheaper than travel and more fun than therapy.“ (Emily Mulligan im TheGuardian) (3)
Weiterhin ist man verführt den Trend als „Soft SF“ zu bezeichnen. Was aber auch nicht stimmt, da dieser Begriff in den 60er Jahren von New Wave geprägt wurde (obwohl es schon früher Werke derart gab). John Clute beschreibt den Begriff in seiner Enzyklopädie der SF, der sich in erster Linie weniger auf romantische Tendenzen bezieht, als das er das gesamte Spektrum menschlicher Gefühle umfassen sollte. Wissenschaftliche Bezüge kamen so in erster Linie aus den Geistes- oder Sozialwissenschaften („weiche“ Wissenschaften).
„This not very precise item of sf terminology formed by analogy with hard SF is generally applied either to sf that deals with the Soft Sciences or to sf that does not deal with recognizable science at all, but emphasizes human feelings“ (John Clute) (4)
Deshalb kann Science-Fiction-Romance natürlich auch Hard SF sein, wenn sie Gregory Benfords Forderung folgt( einem Physikprofessor, der SF schreibt und für seine Romane „Zeitschaft“, „Cosm“ oder die Ocean/Galactic Center-Reihe bekannt ist), nämlich
„ ...alle Hard SF sollte den Gesetzen der Physik folgen, aber es ist notwendig, sie zu humanisieren".
Mit anderen Worten, die Auswirkungen technologischer Veränderungen (wissenschaftlich fundiert) auf individuelle (einschließlich Liebesbeziehungen) und politisch-soziale Bereiche sollten auch hier zum Tragen kommen.
Wie seht ihr das?
1) Goodreads SF choice Awards 2024 https://www.goodreads.com/choiceawards/ ... books-2024
2) Bookbans https://www.theguardian.com/books/artic ... tewide-ban
3) Emily Mulligan https://www.theguardian.com/commentisfr ... an-therapy