Der "Liest zur Zeit" Thread

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Cyberduck
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Liest zur Zeit: Die Galaxie und das Licht darin (Becky Chambers)
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Re: Der "Liest zur Zeit" Thread

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"Das Objekt" (Joshua Tree)

Im Jahr 2023 entdeckt die NASA-Physikerin Melody Adams am Gemini North Observatorium ein fremdes Objekt im äußeren Sonnensystem. Es stammt aus dem interstellaren Raum und bewegt sich auf einer Bahn, die es nach einem Vorbeiflug an der Sonne wieder aus dem Sonnensystem hinausführen würde. Das Objekt weist jedoch einige Auffälligkeiten auf. So hat es einen Schweif, der nicht auf natürliche Weise durch Sonneneinfluss entstanden sein kann, und ändert plötzlich seine Geschwindigkeit und Flugbahn. Dies sind starke Hinweise darauf, dass es sich nicht um einen natürlichen Himmelskörper handelt.

Die NASA, die zunächst zögerlich ist, es mit einem künstlichen Objekt zu tun zu haben, erwartet nach dem Bremsmanöver einen Absturz auf Saturn. Da dies nicht geschieht, reagiert sie alarmiert und entwickelt eine Mission, um das Objekt im Marsorbit abzufangen. Dafür wird in atemberaubender Eile ein Raumschiff konzipiert und gestartet. Der Roman schildert diesen Teil sehr detailliert: Die technischen Herausforderungen, die politischen Diskussionen über die Finanzierung, die internationale Zusammenarbeit und die enormen logistischen Hürden einer so kurzfristigen Mission werden ebenso thematisiert wie das Auswahlverfahren der Astronauten und deren Ausbildung. Sogar der Start der Mission ist mit heutigen Standardverfahren der Raumfahrt vergleichbar. Anschaulich und nachvollziehbar werden die zwischenmenschlichen Aspekte einer mehrmonatigen Reise bis zum Marsorbit beschrieben.

Erst in der zweiten Hälfte kommt es zum eigentlichen Kontakt. Das Raumschiff erreicht das Objekt, das sich zunächst wie ein großer Gesteinsbrocken präsentiert und damit alle bis dahin eher ernüchternden Erkenntnisse bestätigt. Allerdings tauchen auch Unstimmigkeiten auf, die Zweifel an der Theorie eines gewöhnlichen Gesteinsbrockens aufkommen lassen. Bei weiteren Erkundungen reagieren die sonst so professionellen Astronauten zunehmend emotional und entdecken dabei Ungeheuerliches.

Mit diesem Zusammentreffen wechselt der Roman deutlich den Ton: Aus der nüchternen, realistischen Erzählung wird eine überwiegend fiktionale Geschichte, die den Erstkontakt aus einer ungewöhnlichen Perspektive beschreibt. Das weckt Assoziationen zu "Blindflug" von Peter Watts, in dem ebenfalls eine Begegnung stattfindet, die sehr weit jenseits des Vorstellbaren liegt. Allerdings bleibt "Das Objekt" weniger komplex hinsichtlich psychologischer Tiefe und philosophischer Implikationen als es bei "Blindflug" der Fall ist.

Zusammengefasst erzählt "Das Objekt" zunächst eine fast dokumentarische Geschichte über die Planung und Durchführung einer Raumfahrtmission, die sich dann zu einer dramatischen, aber stets naturwissenschaftlich angehauchten Geschichte über den ersten Kontakt mit außerirdischer Intelligenz entwickelt. Der Roman bleibt dabei durchgehend der Hard SF verpflichtet, auch wenn der zweite Teil stärker fiktional geprägt ist.

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