Hard-Sci-Fi

Science Fiction in Buchform
Benutzeravatar
Flossensauger
SMOF
SMOF
Beiträge: 1111
Registriert: 2. Dezember 2014 20:27
Land: Deutschland

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Flossensauger »

Cyberduck hat geschrieben: Gestern 13:32
Meiner Meinung nach zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie großen Wert auf wissenschaftliche Plausibilität und technische Exaktheit legt. Gentechnisch wiederbelebte Vampire als Raumschiffkapitäne und hybride Besatzungsmitglieder mit einem Cube im Schädel gehören für mich nicht dazu. Das Buch ist gut, da besteht für mich kein Zweifel. Aber als Hard-SF würde ich es nicht unbedingt einordnen.


Vielleicht liege auch ich falsch...
Und guck:

Das der Vampir in dem Buch mit 46 (real existierenden) wissenschaftlichen Fussnoten erklärt wird (Sackgasse der Evolution, durch Gentechnik herangezogen, selbst die Angst vor Kreuzen wird plausibel erklärt), die Arbeitswelt der Erde anhand der "Arbeitszombies" auf dem Niveau eines besseren Soziologie-Abstracts dargestellt wird, man für die Kommunikation mit den Aliens ein Linguistik-Studium braucht... .

Für mich ist das die Definition von Hard-SF.

Gerade den Vampir benutze ich in diversen Gesprächen gerne, um zu zeigen was wissenschaftlich möglich ist. Es wird kein Naturgesetz verletzt, das wäre alles so möglich. (Wenn Watts sich das nicht ausgedacht hätte.)

Ehrlich wundere ich mich gerade, wie man das nicht so sehen kann. Liegt's am Vampir? Die gezüchtete Raumschiffsbesatzung wird doch jetzt schon realistisch durchgedacht, um bemannte langjährige Raumflüge überhaupt zu ermöglichen.

Ich will dir nix böses, ich versteh's nur nicht.
deval
SMOF
SMOF
Beiträge: 4883
Registriert: 27. Dezember 2001 00:00
Land: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von deval »

Erinnert mich an die Diskussion ob Star Wars jetzt Fantasy oder SF ist. Für die einen ist es SF, für die anderen eben Fantasy. Alles OK.

Hier ist es genauso. Ich sehe es wie Cyberduck, für mich ist das keine Hard SF. Kann aber auch damit leben, wenn es dass für dich ist.
Ist doch alles im Lot.
"Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg."
Psalm 119, 105


www.fantasybuch.de
Benutzeravatar
Flossensauger
SMOF
SMOF
Beiträge: 1111
Registriert: 2. Dezember 2014 20:27
Land: Deutschland

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Flossensauger »

Klar, keinen Stress. Aber dann verstehe ich die Definition von Hard-SF nicht. Bitte erklärt es mir. Ohne Streit, alles easy.
Hahlebopp
True-Fan
True-Fan
Beiträge: 328
Registriert: 24. April 2018 20:29
Land: Deutschland

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Hahlebopp »

Ich würde sagen, in der Science-Fiction wird das Unerklärbare mehr oder weniger naturwissenschaftlich begründet. Und bei der Hard-SF haben jene "Naturwissenschaften" nicht nur eine eigene innere (Pseudo-) Logik, sondern auch einen tatsächlichen Bezug zum aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik.

Wenn ich z.B. eine Zeitreise mit einem Fluxkompensator erkläre, ist das keine Hard-SF.
Wenn (in den 90ern) in Stark Trek eine Zeitverschiebung mit einer "ominösen" Tachyonenstrahlung erklärt wurde, dann war das: Grauzone - würde ich sagen.
Und eine Zeit-Dilatation, weil ein Raumschiff nahe der Lichtgeschwindigkeit reist, während auch andere (angeblich) nicht übertretbare phys. Gesetze eingehalten werden - wie z.B. die Lichtgeschwindigkeit als maximale, aber praktisch nicht erreichbare Obergrenze - dann ist das für mich Hard-SF.

Ist aber natürlich alles sehr, sehr subjektiv und so wirklich in Stein meißeln kann man das Alles nicht.
Frankenstein orientierte sich ja seiner Zeit auch stark an aktuellen wissenschaftlichen Themen, aber ... Zeiten ändern sich.
Benutzeravatar
Flossensauger
SMOF
SMOF
Beiträge: 1111
Registriert: 2. Dezember 2014 20:27
Land: Deutschland

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Flossensauger »

Tja,

bei Peter Watts besteht fast das halbe Buch aus den Fussnoten, wo er eine reale Erklärung gibt und weiterführenden, realen Literaturhinweisen, wo man sich seine Überlegungen anschauen kann, auch begründet.

Und jetzt weiss ich auch nicht weiter.
Benutzeravatar
Teddy
SMOF
SMOF
Beiträge: 2621
Registriert: 9. Juni 2014 20:26
Bundesland: NRW
Land: Deutschland
Wohnort: Neuss

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Teddy »

Für mich gehört Blindflug klar zur Hard-SF.
Trotzdem passte der Vampir auch mir nicht so recht. Vielleicht hätte Watts besser zwei getrennte Geschichten erzählt: Eine über einen Erstkontakt und eine über die Entdeckung, dass es früher einmal tatsächlich ein Raubtier namens Vampir gegeben hat. In Blindflug lenkt der Vampir eher ab, als etwas zur Handlung beizuträgt.
Benutzeravatar
Cyberduck
Fan
Fan
Beiträge: 34
Registriert: 6. Januar 2025 13:27
Bundesland: Bayern (Hallertau)
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Die 22 Tode der Madison May (Max Barry)
Kontaktdaten:

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Cyberduck »

Flossensauger hat geschrieben: Gestern 20:13 Klar, keinen Stress. Aber dann verstehe ich die Definition von Hard-SF nicht. Bitte erklärt es mir. Ohne Streit, alles easy.
Ich denke, dass "Hard SF" kein starrer Begriff ist, sondern eher ein Spektrum beschreibt.

In der Expanse-Reihe wird viel Wert auf realistische Physik im All, politische und gesellschaftliche Strukturen sowie technische Details gelegt. All diese Aspekte sind sehr handfest und nachvollziehbar. Sie bleibt näher an bekannten Technologien und einer plausiblen Zukunft der Menschheit. Der Fokus liegt stark auf Mechanik, Politik und Ökonomie und weniger auf spekulativer Biologie oder Philosophie. Auch wenn diese Aspekte im Protomolekül Anwendung finden.

Blindflug ist dagegen im gesamten Setting spekulativer. Zwar baut Watts auf soliden wissenschaftlichen Grundlagen wie Neurobiologie, Evolution oder Kognitionswissenschaften auf, er benutzt diese aber auch, um sehr philosophische und metaphysische Fragen zu stellen. Dadurch wird die Geschichte abstrakter und kopflastiger, was sie von der eher techniknahen Science Fiction der Expanse-Reihe unterscheidet. Ich akzeptiere jedoch die wissenschaftliche Basis, auf der Blindflug beruht. Natürlich...

Letztendlich wird es stark vom Leser abhängen, welches Spektrum seiner Definition von Hard SF entspricht. Die technisch-realistischen Aspekte, wie man sie bei Expanse findet, oder die wissenschaftlich-philosophischen Aspekte, wie Watts sie bei Blindflug einsetzt. Beide Bücher (bzw. Werke) sind naturwissenschaftlich geprägt, aber Blindflug nutzt die Naturwissenschaft, um sehr tief in philosophische und existenzielle Fragen vorzudringen, die ich persönlich nicht mehr der Hard SF zuordnen würde. Wer sich mehr im Grenzbereich zwischen Natur- und Geisteswissenschaften aufhält, wird vermutlich zu einem anderen Ergebnis kommen als jemand, der eine klare Tendenz in eine dieser Richtungen hat.
A.S.7
Neo
Neo
Beiträge: 4
Registriert: 3. Juli 2025 23:18
Bundesland: NRW
Land: Deutschland

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von A.S.7 »

Cyberduck hat geschrieben: Gestern 13:32
Teddy hat geschrieben: Gestern 12:34
Cyberduck hat geschrieben: Gestern 01:00 "Blindflug" von Watts war das beste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Aber klassische Hard-SF ist das nicht...
A.S.7 hat ja auch nach moderner Hard-SF gefragt. :wink:
Was ist "moderne" Hard-SF?

Meiner Meinung nach zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie großen Wert auf wissenschaftliche Plausibilität und technische Exaktheit legt. Gentechnisch wiederbelebte Vampire als Raumschiffkapitäne und hybride Besatzungsmitglieder mit einem Cube im Schädel gehören für mich nicht dazu. Das Buch ist gut, da besteht für mich kein Zweifel. Aber als Hard-SF würde ich es nicht unbedingt einordnen.

Wenn ich den Begriff der wissenschaftlichen Plausibilität jedoch zu eng fasse, würde ich dem OP auf jeden Fall "Blindflug" von Peter Watts empfehlen. Es ist das beste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Oder die "Trisolaris"-Trilogie, die zusammen mit "Expanse" - was für mich klassische Hard-SF ist - das Beste ist, was ich seit Langem gelesen habe. Aber meiner Meinung nach hat er nicht danach gefragt. Vielleicht wäre es interessant zu erfahren, was der OP unter Hard-SF versteht. Oder was man grundsätzlich darunter versteht. Vielleicht liege auch ich falsch...

Hey hey, danke schonmal für die vielen Empfehlungen :)
Also ja Hard-SF, damit meinte ich jetzt prinzipiell SF, die sich durch eine hohe wissenschaftliche Genauigkeit und technische Plausibilität auszeichnet. Und da die Wissenschaft ja auch immer weiter voranschreitet, hatte ich nach "modernen", also der heutigen Wissenschaft bzw. ab 2010 (auch schon recht alt) gefragt.

Klar bleibt Fiktion Fiktion, aber ich schreibe z. B. gerade an einem Hard Sci-Fi Roman basierend auf den Forschungen zur Quantenmechanik und da machen die paar Jahre einen großen Unterschied. (Vielleicht dann in 20 JAhren auch nicht mehr HArd weil überholt)

So eine richtige Grenze scheint es da aber nicht zu geben, oder? Gerade "Expanse" ist ja auch Hard-SF aber z.B. das Protomolekül hat zum derzeitigen Standpunkt ja keine wissenschaftliche Plausibilität.

Also und was Star Wars betrifft... Ist eher Science Fantasy oder? Also ich liebs trotzdem :rotfl:
A.S.7
Neo
Neo
Beiträge: 4
Registriert: 3. Juli 2025 23:18
Bundesland: NRW
Land: Deutschland

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von A.S.7 »

Flossensauger hat geschrieben: Gestern 17:42
Cyberduck hat geschrieben: Gestern 13:32
Meiner Meinung nach zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie großen Wert auf wissenschaftliche Plausibilität und technische Exaktheit legt. Gentechnisch wiederbelebte Vampire als Raumschiffkapitäne und hybride Besatzungsmitglieder mit einem Cube im Schädel gehören für mich nicht dazu. Das Buch ist gut, da besteht für mich kein Zweifel. Aber als Hard-SF würde ich es nicht unbedingt einordnen.


Vielleicht liege auch ich falsch...
Und guck:

Das der Vampir in dem Buch mit 46 (real existierenden) wissenschaftlichen Fussnoten erklärt wird (Sackgasse der Evolution, durch Gentechnik herangezogen, selbst die Angst vor Kreuzen wird plausibel erklärt), die Arbeitswelt der Erde anhand der "Arbeitszombies" auf dem Niveau eines besseren Soziologie-Abstracts dargestellt wird, man für die Kommunikation mit den Aliens ein Linguistik-Studium braucht... .

Für mich ist das die Definition von Hard-SF.

Gerade den Vampir benutze ich in diversen Gesprächen gerne, um zu zeigen was wissenschaftlich möglich ist. Es wird kein Naturgesetz verletzt, das wäre alles so möglich. (Wenn Watts sich das nicht ausgedacht hätte.)

Ehrlich wundere ich mich gerade, wie man das nicht so sehen kann. Liegt's am Vampir? Die gezüchtete Raumschiffsbesatzung wird doch jetzt schon realistisch durchgedacht, um bemannte langjährige Raumflüge überhaupt zu ermöglichen.

Ich will dir nix böses, ich versteh's nur nicht.


Finde die Debatte interessant. Vampire hätte ich jetzt auch erstmal in die Fantasy-Schublade gepackt. Aber wenn man die Begriffsdefinition von Science-Fiction genauer betrachtet...

Fiktion = die Schaffung einer eigenen Welt durch Literatur, Film, Malerei oder andere Formen der Darstellung sowie den Umgang mit einer solchen Welt. (Google) und Science... ja selbsterklärend.
Wenn er also einen, in seiner erschaffenen Welt, wissenschaftlich plausiblen Vampir erfindet und da sogar tiefgreifender ins Detail geht... Würde ich auch Hard-SF sagen auch wenns komisch klingt. :)
deval
SMOF
SMOF
Beiträge: 4883
Registriert: 27. Dezember 2001 00:00
Land: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von deval »

Dann ist jedes SF Buch Hard SF, weil auf irgendeiner Seite im Buch irgendetwas wissenschaftlich erklärt wird und vielleicht auch tiefer darauf eingegangen wird.
Irgendetwas zu erfinden, seien es nun Vampire, Morlocks, Ewoks, Zeitreisen oder Warp Antriebe und dazu selbsterfundene Erklärungen, warum es diese "Dinge" gibt oder geben könnte, zu postulieren, hat m. M. n. mit Hard SF überhaupt nichts zu tun.

Wenn ihr das anders seht, kann ich es aber so stehen lassen, kein Problem. Auf eine Diskussion um des Kaisers Bart ist mir die Zeit dann doch zu schade. Ich mag auch kein Schubladendenken.
"Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg."
Psalm 119, 105


www.fantasybuch.de
Benutzeravatar
Mammut
SMOF
SMOF
Beiträge: 2433
Registriert: 16. Januar 2002 00:00
Land: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Mammut »

deval hat geschrieben: Heute 07:21 Dann ist jedes SF Buch Hard SF, weil auf irgendeiner Seite im Buch irgendetwas wissenschaftlich erklärt wird und vielleicht auch tiefer darauf eingegangen wird.
Wikipedia hat eine Definition von Hard SF:
https://en.wikipedia.org/wiki/Hard_science_fiction

Brandon Q. Morris definiert es m.E. ein wenig strikter:
https://hardsf.de/was-ist-eigentlich-ha ... e-fiction/

Und das schreibt Alessandra Reß:
https://www.tor-online.de/magazin/scien ... ssen-musst

Gefühlt finde ich aber, ist der Begriff Hard SF weiter einschränkend. Für mich war Hard Science Fiction immer die Art von SF, die vermittelt, wissenschaftlich zu sein und auch so rüber kommt. Alastair Reynolds wäre für mich keine Hard SF, genauso wenig Philip K. Dick, Do Androids Dream of Electric Sheep?. Aber wie oft bei Genredefinitionen hat man eine Vorstellung im Blick, aber so richtig klar definiert ist ein Subgenre selten und es macht immer Spaß, darüber zu diskutieren. :headbanger:
Benutzeravatar
Naut
SMOF
SMOF
Beiträge: 2769
Registriert: 2. Februar 2012 08:29
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Hannig: Parts Per Million

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Naut »

Inwiefern ist Morris strikter als die in WP gegebene Definition? Soweit ich das verstehe, sind die deckungsgleich.
Benutzeravatar
Cyberduck
Fan
Fan
Beiträge: 34
Registriert: 6. Januar 2025 13:27
Bundesland: Bayern (Hallertau)
Land: Deutschland
Liest zur Zeit: Die 22 Tode der Madison May (Max Barry)
Kontaktdaten:

Re: Hard-Sci-Fi

Ungelesener Beitrag von Cyberduck »

A.S.7 hat geschrieben: Heute 03:07 [...]Klar bleibt Fiktion Fiktion, aber ich schreibe z. B. gerade an einem Hard Sci-Fi Roman basierend auf den Forschungen zur Quantenmechanik und da machen die paar Jahre einen großen Unterschied. (Vielleicht dann in 20 JAhren auch nicht mehr HArd weil überholt)[...]
Ich lese gerade das Buch "Die 22 Tode der Madison May" von Max Berry. Auch hier könnte man am Ende vermutlich diskutieren, ob es sich um Hard SF handelt oder nicht. Die Geschichte handelt von einer Frau, die in verschiedenen Parallelwelten mehrfach getötet wird. Allerdings erwarte ich nach allem, was ich bislang über das Buch gelesen habe, keine detaillierte Erklärung der Viele-Welten-Theorie der Quantenphysik, sondern vielmehr eine Auseinandersetzung mit den emotionalen und existenziellen Konsequenzen, die sich aus der Existenz unzähliger Versionen derselben Personen ergeben. Ich bin aber noch am Anfang und Madison ist bislang erst einmal gestorben. Ich denke, ich komme heute aber ein gutes Stück weiter.

Übrigens: Wenn du dein Buch noch dieses Jahr veröffentlichst, könntest du im Titel ein "und" oder ein "oder" einbauen? Ich tue mich in dieser Kategorie der Lesechallenge, die sich in einem Parallelthread hier im Forum abspielt, furchtbar schwer. (War ein Scherz ... ;-))
Antworten