Philip K. Dick: Zeit aus den Fugen

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Rusch
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Philip K. Dick: Zeit aus den Fugen

Ungelesener Beitrag von Rusch »

Stimmt, Zeit aus den Fugen ist ein guter Roman, der doch sehr repräsentativ für Dick ist (-> Scheinrealitäten, Kritik des Bürgertum der 60er Jahre, etc.)
deval
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Dick

Ungelesener Beitrag von deval »

Schön das ihr -Zeit aus den Fugen- erwähnt. Eines habe ich bei dem Buch nicht verstanden. Vielleicht könnt ihr mich aufklären.

Die Welt um Reagle Gumm ist ja echt. Die Leute zwar Schauspieler und die Kulissen gestellt, aber halt echt. Sie ist aus seinen Erinnerungen geschaffen worden, aber materiell und nicht imaginär. So habe ich das verstanden. Wie kann es dann sein, das vor seinen Augen Gegenstände verschwinden und nur ein Zettel zurückbleibt? Die Begebenheiten werden von Dick zwar geschildert, aber doch nicht so richtig aufgeklärt, oder?


Gerade durch diese Schilderungen wie Gegenstände und Menschen einfach so verschwinden, habe ich mir wesentlich mehr von der Geschichte erhofft. Kennt noch jemand die Star Trek Folge -Realität oder Wahnsinn-? Wo Riker auf einen Planeten geschmuggelt wird und anschließend in einer Irrenanstalt zu sich kommt. Die Folge fand ich genial. Und so ähnlich fängt auch der Plot bei Dick an, nur im Laufe der Geschichte wird er immer flacher. Die Auflösung finde ich geradezu enttäuschend.
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Kringel
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Ungelesener Beitrag von Kringel »

Ist schon lange her, daß ich das Buch gelesen habe, aber wenn ich mich recht erinnere, verschwinden die Sachen ja nicht wirklich vor seinen Augen. Es könnte doch sein, daß die Sachen aus irgend einem Grund weggebracht werden mußten (Reparatur oder so), was er nicht hätte bemerken sollen.
deval
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Ungelesener Beitrag von deval »

Diese Imbissbude samt Verkäufer (so ziemlich am Anfang der Story) löst sich vor seinen Augen auf und zurück bleibt ein Zettel mit der Beschreibung -Imbissbude-. Das ist ihm wohl schon öfters passiert, denn er legt den Zettel zu den anderen die er bereits gesammelt hat. Sonst wäre an dieser Zettelgeschichte ja nichts ungewöhnliches.

Auch seinem Schwager passiert etwas ähnliches als er mit dem Bus nach Hause fährt. Gumm hat ihm vorher erzählt, das irgendetwas mit der Realität nicht stimmt. Als er im Bus sitzt muß er daran denken und versucht sich nun einzureden, das alles eine Illusion ist. In dem Augenblick verschwinden die Fahrgäste und der Bus. Das einzig reale außer ihm ist nur der Busfahrer.

Oder kann es sein, das es an der Übersetzung, bzw. dem Erscheinungsjahr der Bücher liegt? Ich habe die Haffmans Ausgabe. -Zeit aus den Fugen- gibt es ja auch in der neuen Heyne Ausgabe.
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Kringel
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Ungelesener Beitrag von Kringel »

Hm, dann kann ich mir das nur so vorstellen, daß es sich um Hologramme gehandelt hat, oder er war hypnotisiert oder sonstwas...
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Rusch
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Ungelesener Beitrag von Rusch »

Ich habe das so aufgefasst, dass sei eine Welt geschaffen haben, in der Gumm möglichst lang der Illusion verfallen bleibt. Es war doch so, dass schon einige Male sein Gehirn beeinflusst, Erinnerungen gelöscht und eine neue Illusion gestartet wurde. Wahrscheinlich ist sein Gehirn so justiert worden, dass bestimmte Dinge von ihm einfach nicht wahrgenommen werden. Drogen können diesen Effekt noch unterstützt haben. Immer wenn Gumm eine Illusion durchschaute haben sie ihn einer Gehirnwäsche unterzogen und die neue Welt so geschaffen, dass der alte Fehler behoben wurde. Irgendwann haben sie dann auch begonnen, die Schauspieler ebenfalls zu konditionieren. Aber was tut man nicht alles um die Welt zu retten.
deval
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Dick

Ungelesener Beitrag von deval »

Also, ich will jetzt nicht zu sehr auf dieser Sache rumreiten, vermutlich ist es so wie du angedeutet hast.

Aber gerade dieser Aspekt war für mich der interessanteste von allen. Dinge lösen sich vor Gumms Augen auf und zurück bleibt ein kleiner Papierschnipsel. Dick ist später auf diese Sache aber auch nicht mehr eingegangen wenn mich nicht alles täuscht.

Die gesamte Stadt war ja echt, keine Vorspielung. Gumm schafft es ja später auch diese Stadt zu verlassen und einen Weg in die Gegenwartswelt zu finden. Die Stadt die er verläßt löst sich nicht auf oder so, er fährt einfach mit einem LKW aus ihr heraus.

Aber, wie gesagt, es ist auch nicht ganz so wichtig für mich. Wäre nur schön gewesen wenn es mir jemand eindeutig hätte erklären können.
heino
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Ungelesener Beitrag von heino »

Du hast völlig recht, er erklärt diese Vorgänge nicht immer. Ich glaube aber, daß er das absichtlich gemacht hat, um den Eindruck der Paranoia und Verunsicherung seiner Figuren auf den Leser zu übertragen. Dieses Element kann man in vielen seiner Bücher finden (Irrgarten des Todes, Die 3 Stigmata des Palmer Eldritch u.a.), insofern ist es wohl einfach ein Stilmittel
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Lemmy
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Zeit aus den Fugen

Ungelesener Beitrag von Lemmy »

Ist schon etwas her, seit ich Zeit aus den Fugen gelesen habe. Ich kann mich aber noch gut an die beklemmende Atmosphäre erinnern.
Vielleicht hat Dick befürchtet, dass Amerika von einer faschistoiden Regierung beherrscht werden könnte, z. Zt. Mc Carthys ist eine solche Befürchtung ja auch nicht so abwegig, Dick hat das Stilmittel SF dazu genutzt, sich mit einer solchen politischen Entwicklung auseinander zu setzen.
deval
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Re: Zeit aus den Fugen

Ungelesener Beitrag von deval »

Lemmy hat geschrieben:Ist schon etwas her, seit ich Zeit aus den Fugen gelesen habe. Ich kann mich aber noch gut an die beklemmende Atmosphäre erinnern.
Vielleicht hat Dick befürchtet, dass Amerika von einer faschistoiden Regierung beherrscht werden könnte, z. Zt. Mc Carthys ist eine solche Befürchtung ja auch nicht so abwegig, Dick hat das Stilmittel SF dazu genutzt, sich mit einer solchen politischen Entwicklung auseinander zu setzen.
Kannst du das bitte näher erklären?
heino
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Ungelesener Beitrag von heino »

Naja, das kann man vielleicht am besten an "Eine andere Welt" sehen, in der die USA einer Parallelwelt eine Diktatur unter Richard Nixon sind. Dick hat halt immer wieder politische Bezüge in seinen Werken aufgegriffen und oft waren das faschistische oder militaristische Tendenzen auf Seiten der amerikanischen Regierung, siehe auch der totale polizeiliche Überwachungsapparat in "Der dunkle Schirm".
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Lemmy
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Ungelesener Beitrag von Lemmy »

Wie Heino bereits ausgeführt hat, nimmt Dick in mehreren seiner Bücher
Bezug auf politische Grundstimmungen.
Die am Anfang v. Zeit aus den Fugen beschriebene Kleinstadtidylle zerfällt
immer mehr, der Hauptakteur wird bespitzelt & am Verlassen der Stadt
gehindert.
Auch in den scheinbar demokratischen USA der 50er wurden hinter den Kulissen Menschen oft zu Unrecht bespitzelt & verfolgt; werden Opfer einer
Verschwörung. Dieses Szenario kommt im Buch recht gut rüber.

Die Raketenangriffe der Mondbewohner auf die Erde stehen für den damals
drohenden Atomkrieg zwischen der USA & UdSSR.

Zeit aus den Fugen erschien 1959, Mc Carthy wurde 1954 seines Amtes
enthoben.
Müsste Zeit aus den Fugen nochmal lesen, um hier etwas detaillieter zu Werke gehen zu können, hoffe ich hab mich einigermaßen verständlich ausdrücken können.
Beste Grüße
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