VISIONEN 3: Plasmasymphonie
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VISIONEN 3: Plasmasymphonie
Am Montag, dem 4. Dezember 2006 geht es hier mit dem nächsten Kurzgeschichten-Lesezirkel weiter – diesmal ist Helmuth Mommers VISIONEN 3: Plasmasymphonie dran (hier erhältlich). Mehr Informationen zu dieser Anthologie findet ihr unter: http://www.sf-fan.de/content/view/588/26/.
Am Montag geht es also los mit »Das Orakel« von Frank W. Haubold!
Ich freue mich schon auf die Diskussionen!
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Zuletzt geändert von breitsameter am 5. Dezember 2006 10:45, insgesamt 2-mal geändert.
Echte Vampire schillern nicht im Sonnenlicht, sie explodieren. Echte Helden küssen keinen Vampir, sie töten ihn.
Wow, jetzt ist ja richtig was los! Konkurrierende Lesezirkel! Ich versuch mal ab und zu eine Kurzgeschichte zwischenzuschieben!
Lese zur Zeit:
Tade Thompson - Fern vom Licht des Himmels
Davor:
Laura Purcell - Das Korsett
Pierce Brown - Red Rising
Emily St John Mandel - Das Licht der letzten Tage
Eoin Colfer - Hinterher ist man immer tot
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Ich habe das Buch schon durch, werde mir aber Mühe geben, mich aktiv an der Diskussion zu beteiligen, wenn ich die Geschichten auch scho vor einiger Zeit gelesen habe. Eventuelle Gedächtnisschwäche bitte ich zu verzeihen.
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Legen wir also – mit etwas Verspätung – los!
Da wäre als Prolog erstmal das Vorwort von Franz Rottensteiner, in der uns leider zum tausendstenmal erklärt wird, daß die Science Fiction am besten in der Kurzgeschichte funktioniert. Das ist nett formuliert (obwohl der Autor zweimal ansetzt uns das zu sagen), aber gleichzeitig irgendwie ungeschickt und unnötig: denn wer diese Anthologie gekauft hat, ist ja quasi schon bekehrt und zumindest bereit für Kurzgeschichten Geld auszugeben und diese dann auch (hoffentlich) zu lesen.
Dann aber kommt Frank Haubolds Kurzgeschichte »Das Orakel«. Interessant dabei schon die Vorstellung des Autors, denn zum ersten Mal lese ich hier, daß Frank Informatik studierte. Das wußte ich nicht, ist aber passend, denn in der Geschichte geht es ja durchaus um ein Thema der Informatik – die Erschaffung einer KI. Vielleicht eines zuerst: ich mag die ruhige Art, wie Frank seine Charaktere schildert und auch »Das Orakel« hat mir sehr gefallen. Und dabei werden einige Vorbilder der Geschichte durchaus erkennbar – vor allem aber »Counterfeit World« von Daniel F. Galouye, denn dort dient eine solche Simulation auch für Vorhersagen und Marktforschungszwecken. Aber Frank macht darauß etwas eigenes, er verzichtet auf seine eigene Simulation und er tötet Kevin Schwarz.
Ja, das war ein wirklich guter Auftakt für den dritten Band der »Visionen«!
Da wäre als Prolog erstmal das Vorwort von Franz Rottensteiner, in der uns leider zum tausendstenmal erklärt wird, daß die Science Fiction am besten in der Kurzgeschichte funktioniert. Das ist nett formuliert (obwohl der Autor zweimal ansetzt uns das zu sagen), aber gleichzeitig irgendwie ungeschickt und unnötig: denn wer diese Anthologie gekauft hat, ist ja quasi schon bekehrt und zumindest bereit für Kurzgeschichten Geld auszugeben und diese dann auch (hoffentlich) zu lesen.
Dann aber kommt Frank Haubolds Kurzgeschichte »Das Orakel«. Interessant dabei schon die Vorstellung des Autors, denn zum ersten Mal lese ich hier, daß Frank Informatik studierte. Das wußte ich nicht, ist aber passend, denn in der Geschichte geht es ja durchaus um ein Thema der Informatik – die Erschaffung einer KI. Vielleicht eines zuerst: ich mag die ruhige Art, wie Frank seine Charaktere schildert und auch »Das Orakel« hat mir sehr gefallen. Und dabei werden einige Vorbilder der Geschichte durchaus erkennbar – vor allem aber »Counterfeit World« von Daniel F. Galouye, denn dort dient eine solche Simulation auch für Vorhersagen und Marktforschungszwecken. Aber Frank macht darauß etwas eigenes, er verzichtet auf seine eigene Simulation und er tötet Kevin Schwarz.
Ja, das war ein wirklich guter Auftakt für den dritten Band der »Visionen«!
Echte Vampire schillern nicht im Sonnenlicht, sie explodieren. Echte Helden küssen keinen Vampir, sie töten ihn.
Ich les die Tage erst mal Ubik durch. Dann kommt die erste Geschichte dran! hmm, der Frank war ja immer ganz schön kritisch! Bin mal gespannt auf seine eigene Story!
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Ich hab den EIndruck, außer Florian liest bisher keiner!!! Ich habe UBIK jetzt abgeschlossen und mache mich an die erste Story. Kann allerdings sein, dass ich mein Statement erst am Sonntag poste, da ich mal wieder unterwegs bin...
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Mir gefielen in der Geschichte die Charaktere. Die waren wirklich toll geschildert. Das ganze Szenario allerdings erschien mir doch sehr konstruiert.
Schwach fand ich das Gespräch des Jungen mit der KI.
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Doch, ich !!! War nur ein paar Tage damit beschäftigt, die neue LZ Regelung in dem anderen bekannten SF Forum zu schnallen & bin deshalb nicht zum posten gekommen.Scotty hat geschrieben:Ich hab den EIndruck, außer Florian liest bisher keiner!!!
Frank Haubold - Das Orakel
Kann mich Flockies Meinung nur anschließen, mir hat die Story auch gut gefallen. Ne tragische Liebesgeschichte, der Protagonist beschließt seine ehemalige Gefährtin Julia als KI neu zu kreieren. Im Umgang mit der KI Kevin Schwarz stellt er allerdings fest, daß eine Existenz als KI für diese keineswegs wünschenswert ist.
Ohne an der Story selbst herummosern zu wollen:
Haubolds KI Konzeption ( ein Bewußtsein..., das weder Zuneigung noch Furcht, weder Freude noch Hoffnung zu empfinden vermochte) deckt sich nicht mit meiner Vorstellung von einer KI.
Empfindungsfähige KI / Androiden wie Rachel & Co, Call treffen eher meinen Geschmack, da die Unterschiede KI / Mensch verschwimmen, bzw. nicht mehr wahr nehmbar sind. Haubold hat KI und Mensch ganz scharf abgegrenzt.
Eine Sache ist mir allerdings entgangen, und zwar die kurze Bemerkung im Zusammenhang mit Kevins Befindlichkeiten & seiner Eleminierung. War das Eleminierung auf Verlangen ? Wenn ja, warum ? An Kevins Befindlichkeit kanns ja nicht gelegen haben, da er ja über keinerlei Emotionen verfügt.
Lese gerade: Brian W. Aldiss: Helliconia
Höregerade: Frank Herbert : Der Wüstenplanet
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Hmm, ich fange erstmal mit der Aufmachung an: Diese gefällt mir wirklich gut. Vor jeder Geschichte wird kurz der Autor vorgestellt (Obwohl Andreas Eschbach mal ein aktuelles Foto liefern könnte), auch das Cover ist richtig gut. Ich hätte es mir beinahe als Poster bestellt. Aber obwohl es zum Selbstkostenpreis verkauft wird, waren mir 50 EUR zuviel.
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Kann ich verstehen, ist viel Geld, speziell in der heutigen Zeit. Leider konnten wir den Preis nicht tiefer ansetzen, das wäre nur auf Kosten der Grösse gegangen - und so ein Breitwandbild entfaltet einfach in seinen Dimensionen erst in 1 Meter 20 x 60 (im Original 2 Meter 40!) seine volle Wirkung. Aber einmal aufgehängt willst Du´s nicht mehr missen wollen. Das guckst Du nicht nur einmal an, sondern immer wieder, wie ein richtiges Gemälde, über Jahre hinweg, so geht´s zumindest mir; und das Schöne daran ist, es sind soviele Details, fast wie beim Hieronimus Bosch, da findet man immer wieder was Neues. Überleg Dir´s nochmal. - Und sonst tröste Dich mit dem gratis Bildschirmschoner.Scotty hat geschrieben:(...)auch das Cover ist richtig gut. Ich hätte es mir beinahe als Poster bestellt. Aber obwohl es zum Selbstkostenpreis verkauft wird, waren mir 50 EUR zuviel.
Homepage: http://www.helmuthmommers.de
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- frankh
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Zwar soll man als Autor keine Erklärungen nachschieben, aber ich tu's mal trotzdem.Lemmy hat geschrieben:Eine Sache ist mir allerdings entgangen, und zwar die kurze Bemerkung im Zusammenhang mit Kevins Befindlichkeiten & seiner Eleminierung. War das Eleminierung auf Verlangen ? Wenn ja, warum ? An Kevins Befindlichkeit kanns ja nicht gelegen haben, da er ja über keinerlei Emotionen verfügt.
Tötung auf Verlangen: Klares "Ja":
Kevin Schwarz wollte nicht mehr "leben" bzw. existieren. Er verfügt durchaus über Emotionen, aber auf Grund seines Wissens, daß er Teil einer Simulation ist, kann er weder Furcht (wovor auch?) noch Hoffnung (worauf?) empfinden.Als Julius den Computerraum verließ, lebte Kevin Schwarz nicht mehr – falls er überhaupt jemals gelebt hatte. Julius hatte den einzigen und letzten Wunsch der KI erfüllt.
Er drückt das ja auch relativ deutlich aus, als die Sprache auf das Julia-Projekt kommt:
Der Fehler in seiner Konstruktion lag m. E. eher darin, daß man ihm zwar "Erinnerungen" einprogrammiert hat, zu denen er aber keinen emotionalen Zugang haben konnte, da er dieses frühere Leben ja nicht wirklich gelebt hat, denn die Bilder und Sprachmuster unserer Erinnerung sind ja untrennbar mit unseren damaligen emotionalen Präsenz verbunden. Aber das ist ein weites Feld ...„Einen eigenen Willen?”, erwiderte Kevin Schwarz unerwartet heftig. „In einer Umgebung, die Sie festgelegt haben? In Gesellschaft eines Menschen, der ihr vielleicht vollkommen gleichgültig ist? Ohne die Möglichkeit, ein Leben führen zu können, das diese Bezeichnung auch nur andeutungsweise verdient?
Gruß
Frank
So, jetzt habe ich "Das Orakel" auf den letzten Drücker doch noch durchgelesen. Zuächst jedoch ein paar Worte zur Einleitung: Egal ob bekehrt oder nicht bekehrt: Im Gegensatz zu Florian fand ich die Einleitung passend und richtig. Ich lese eigentlich eher selten Kurzgeschichten und bin ein wenig durch das Forum "verführt" worden. Durch die Einleitung bin ich richtig gut eingstimmt worden. Mir wurde das Gefühl vermittelt, ein gutes Buch in der Hand zu halten. Ich denke, ich hätte eine ähnliche Wirkung auch gespürt, wenn ich eine regelmässiger KG Leser wäre.
Nun zu Frank W. Haubolds Story: Ich hatte ja (mehr im Spaß) angekündigt, besonders kritisch zu sein. Das bin ich auch. Aber eins vorweg: Nach meinem Empfinden versteht Frank, wie man gute Stories schreibt. Auch wenn die vorliegende Geschichte mir nicht 100%ig gefalllen hat (dazu später mehr), scheinen ihm die Worte locker aus der Feder geflossen zu sein. Leider habe ich viel zuviele selbsternannte Schreiberlinge erlebt, die versuchen, künstlerisch hochwertige Geschichten zu kreieren und schreiben ein wer weiß was für sperriges Zeug, hängen eine Metapher an die andere etc. All das ist bei Franks Geschichte ganz anders. Ich bin sogleich in die Geschichte gesogen worden und wollte einfach nur wissen, wie es weitergeht. Orakel ist eine sehr dicht geschriebene Story, die auch einige Fragen zum Nachdenken aufwirft:
1. Ist eine KI sich seiner selbst bewusst, oder eine sich streng nach dem Programmcode verhaltene selbstlernende Maschine, die nur nach außen den Eindruck eines eigenen Bewusttseins macht?
2. Ist eine solch aufwändige Gestaltung des Lebensraums der KI überhaupt notwendig, wenn der KI doch der Vergleich in der realen Welt fehlt?
etc etc.
Als sich bei mir am Ende bei allem Spass dann doch ein etwas "unrundes" Gefühl eingestellt hatte, musste ich eine Weile nachdenken, was es denn konkret war, was mir nicht ganz so gefallen hat.
Ich glaube, für eine Kurzgeschichte hat Frank versucht, einfach zuviel reinzupacken: Die traurige Love-Story, die Entwicklung Julius zum Eigenbrödler, das tragische Ende von Prof. Prohaska, die Neuerschaffung Julias, die Entwicklungs Kevins, die ethischen Fragen etc. Am Ende war mich nicht klar: Was ist der Kern der Story? Was ist Kulisse?
Es ist soviel Stoff reingepackt worden, dass mir etwas die emotionale Einbindung des Lesers untergegangen ist. Weite Passagen lesen sich im Stil eines Zeitungsberichts. Ich lese von Akteuren, verfolge ihr Handeln aber fühle nicht wirklich mit. Irgendwie bleibe ich die ganze Zeit Beobachter. Vielleicht war das ja auch so gewollt.
Die Protagonisten hätten vielleicht etwas impliziter beschrieben werden können um ihnen mehr Leben einzuhauchen. Durch explizite Beschreibungen wie "Der Professor hält nicht viel von Teamarbeit" "Der Professor meidet die Öffentlichkeit" entsteht kein Gefühl für die Person. Ein paar kleine indirekte Andeutungen wäre besser gewesen. Kleine Details in der Einrichtung der Wohnung, Anspielungen im Dialog etc.
Was ich jetzt noch gestehen muss: So ganz habe ich die Geschichte nicht verstanden. Irgendwie habe ich das Gefühl, in der Story ist noch eine Pointe, die ich übersehen habe: Hmmm, Kevin spricht Julius mit "Junger Mann" an. Ist das eine Eigenschaft, die er vom Prof. übernommen hat? Kevin wird ausgeknipst. Warum genau? Warum genau hat sich der Prof. umgebracht? Was ist mit Julia? Was ist die Moral von der Geschicht? Ein grobes Bild habe ich ja im Kopf aber irgendwie ist es noch nicht rund!
Schliesslich beschlich mich beim Lesen immer wieder das Gefühl, dass die Story in der Gegenwart handelt. Da wird von Telefonen und Internet in einer Weise gesprochen, dass in mir kein Bild von einer Welt, wie sie in mehr als 17 Jahren sein wird enstehen lässt.
So, das waren viele kritische Worte. Das soll aber nicht über meinen insgesamt wirklich guten Eindruck hinwegtäuschen. Meine Eindrücke sind sicherlich nicht repräsentativ und verstehen sich wirklich als konstruktives Feedback.
Nun zu Frank W. Haubolds Story: Ich hatte ja (mehr im Spaß) angekündigt, besonders kritisch zu sein. Das bin ich auch. Aber eins vorweg: Nach meinem Empfinden versteht Frank, wie man gute Stories schreibt. Auch wenn die vorliegende Geschichte mir nicht 100%ig gefalllen hat (dazu später mehr), scheinen ihm die Worte locker aus der Feder geflossen zu sein. Leider habe ich viel zuviele selbsternannte Schreiberlinge erlebt, die versuchen, künstlerisch hochwertige Geschichten zu kreieren und schreiben ein wer weiß was für sperriges Zeug, hängen eine Metapher an die andere etc. All das ist bei Franks Geschichte ganz anders. Ich bin sogleich in die Geschichte gesogen worden und wollte einfach nur wissen, wie es weitergeht. Orakel ist eine sehr dicht geschriebene Story, die auch einige Fragen zum Nachdenken aufwirft:
1. Ist eine KI sich seiner selbst bewusst, oder eine sich streng nach dem Programmcode verhaltene selbstlernende Maschine, die nur nach außen den Eindruck eines eigenen Bewusttseins macht?
2. Ist eine solch aufwändige Gestaltung des Lebensraums der KI überhaupt notwendig, wenn der KI doch der Vergleich in der realen Welt fehlt?
etc etc.
Als sich bei mir am Ende bei allem Spass dann doch ein etwas "unrundes" Gefühl eingestellt hatte, musste ich eine Weile nachdenken, was es denn konkret war, was mir nicht ganz so gefallen hat.
Ich glaube, für eine Kurzgeschichte hat Frank versucht, einfach zuviel reinzupacken: Die traurige Love-Story, die Entwicklung Julius zum Eigenbrödler, das tragische Ende von Prof. Prohaska, die Neuerschaffung Julias, die Entwicklungs Kevins, die ethischen Fragen etc. Am Ende war mich nicht klar: Was ist der Kern der Story? Was ist Kulisse?
Es ist soviel Stoff reingepackt worden, dass mir etwas die emotionale Einbindung des Lesers untergegangen ist. Weite Passagen lesen sich im Stil eines Zeitungsberichts. Ich lese von Akteuren, verfolge ihr Handeln aber fühle nicht wirklich mit. Irgendwie bleibe ich die ganze Zeit Beobachter. Vielleicht war das ja auch so gewollt.
Die Protagonisten hätten vielleicht etwas impliziter beschrieben werden können um ihnen mehr Leben einzuhauchen. Durch explizite Beschreibungen wie "Der Professor hält nicht viel von Teamarbeit" "Der Professor meidet die Öffentlichkeit" entsteht kein Gefühl für die Person. Ein paar kleine indirekte Andeutungen wäre besser gewesen. Kleine Details in der Einrichtung der Wohnung, Anspielungen im Dialog etc.
Was ich jetzt noch gestehen muss: So ganz habe ich die Geschichte nicht verstanden. Irgendwie habe ich das Gefühl, in der Story ist noch eine Pointe, die ich übersehen habe: Hmmm, Kevin spricht Julius mit "Junger Mann" an. Ist das eine Eigenschaft, die er vom Prof. übernommen hat? Kevin wird ausgeknipst. Warum genau? Warum genau hat sich der Prof. umgebracht? Was ist mit Julia? Was ist die Moral von der Geschicht? Ein grobes Bild habe ich ja im Kopf aber irgendwie ist es noch nicht rund!
Schliesslich beschlich mich beim Lesen immer wieder das Gefühl, dass die Story in der Gegenwart handelt. Da wird von Telefonen und Internet in einer Weise gesprochen, dass in mir kein Bild von einer Welt, wie sie in mehr als 17 Jahren sein wird enstehen lässt.
So, das waren viele kritische Worte. Das soll aber nicht über meinen insgesamt wirklich guten Eindruck hinwegtäuschen. Meine Eindrücke sind sicherlich nicht repräsentativ und verstehen sich wirklich als konstruktives Feedback.
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- frankh
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Hallo Scotty,
danke für Deine ausführlichen Anmerkungen, die allerdings eine längeren Kommentar erfordern, als er im Rahmen eines Forums möglich ist.
Einen Irrtum muß ich dennoch korrigieren: Mir fließen die Wort leider nicht "locker aus der Feder"; das passiert nur Naturtalenten, zu denen ich mich nicht zählen darf. Schreiben ist für mich Arbeit, der ich nach Möglichkeit aus dem Wege gehe - zum Beispiel durch Ausflüge in Internet-Foren.
Zu Deinen KI-Fragen: In der SF-Literatur wird eigentlich nur die starke KI thematisiert, also eine KI, die sich durch (Selbst)bewußtsein und Emotionen auszeichnet. In der Wissenschaft gibt es jedoch kaum noch Anhänger der starken KI (Minsky und Moravec mal ausgenommen). Ich glaube nicht, daß es möglich ist, eine sich ihrer selbst als Wesenheit bewußt werdende Intelligenz zu konstruieren, aber wenn, dann dürfte sie die Kopie eines menschlichen Bewßtseins darstellen. Ein anderes kennen wir ja nicht (oder weiß jemand, was seine Katze denkt?). Folglich muß dann auch die virtuelle Umgebung der KI der eines "normalen" Menschen gleichen.
Zu Deinen Kritikpunkten: Was mich selber ein wenig stört, ist die Tatsache, daß die Geschichte im Laufe des Geschehens immer unterkühlter daherkommt. Da Julia tot ist, und Julius sich immer mehr zum Eigenbrötler entwickelt, läßt sich aber kaum noch emotional Bewegendes darstellen. Außerdem fehlt es auch etwas an äußerer Handlung. Das meiste spielt sich ja im virtuellen Raum des Sanatoriumsparks ab.
Zur Aussage der Geschichte sage ich mal nichts, weil sich da eingentlich jeder Leser sein eigenes Bild machen sollte. Dafür etwas zur Entstehungsgeschichte: Zuerst hieß die Geschichte "Der Spielzeugmann" und sollte im Rahmen des Mars-Projekts die Entwicklung eines gewissen Julius Fromberg zum Konstrukteur der sogeannten Rummdogs (kybernetische Wühlhunde, die auf dem Mars Sonnensteine ausgraben) darstellen. Dann entwickelte die Episode doch ein gewisses Eigenleben, so daß ich auf die Idee kam, sie zur eigenständige Geschichte umzuschreiben. Vielleicht bleiben die Nebengestalten (Eltern, Professor, Kevin) deshalb etwas blaß. Die Interpolation auf eine relativ nahe Zukunft fehlt mir dagegen nicht. Ich verabscheue Geschichten, bei denen in jedem Satz irgend ein neuartiges technisches Gerät auftaucht, nur um deutlich zu machen, daß es eine SF-Geschichte ist. Die KI-Problematik ist ja im Grundsatz auch weniger eine technische als eine philosophische. Die entscheidende Frage lautet aus meiner Sicht: Ist es möglich, daß Menschen eine Wesenheit erschaffen können, die mit einem eigenen Bewußtsein (Ich-Gefühl) ausgestattet ist. Im "Orakel" habe ich das zwar mit "Ja" beantwortet, in der Realität hoffe ich sehr auf das Gegenteil. Die Erschaffung einer solchen Entität wäre das Ende jeglichen Geheimnisses und jeglicher (auch unvernünftiger) Hoffnung.
Gruß
Frank
danke für Deine ausführlichen Anmerkungen, die allerdings eine längeren Kommentar erfordern, als er im Rahmen eines Forums möglich ist.
Einen Irrtum muß ich dennoch korrigieren: Mir fließen die Wort leider nicht "locker aus der Feder"; das passiert nur Naturtalenten, zu denen ich mich nicht zählen darf. Schreiben ist für mich Arbeit, der ich nach Möglichkeit aus dem Wege gehe - zum Beispiel durch Ausflüge in Internet-Foren.
Zu Deinen KI-Fragen: In der SF-Literatur wird eigentlich nur die starke KI thematisiert, also eine KI, die sich durch (Selbst)bewußtsein und Emotionen auszeichnet. In der Wissenschaft gibt es jedoch kaum noch Anhänger der starken KI (Minsky und Moravec mal ausgenommen). Ich glaube nicht, daß es möglich ist, eine sich ihrer selbst als Wesenheit bewußt werdende Intelligenz zu konstruieren, aber wenn, dann dürfte sie die Kopie eines menschlichen Bewßtseins darstellen. Ein anderes kennen wir ja nicht (oder weiß jemand, was seine Katze denkt?). Folglich muß dann auch die virtuelle Umgebung der KI der eines "normalen" Menschen gleichen.
Zu Deinen Kritikpunkten: Was mich selber ein wenig stört, ist die Tatsache, daß die Geschichte im Laufe des Geschehens immer unterkühlter daherkommt. Da Julia tot ist, und Julius sich immer mehr zum Eigenbrötler entwickelt, läßt sich aber kaum noch emotional Bewegendes darstellen. Außerdem fehlt es auch etwas an äußerer Handlung. Das meiste spielt sich ja im virtuellen Raum des Sanatoriumsparks ab.
Zur Aussage der Geschichte sage ich mal nichts, weil sich da eingentlich jeder Leser sein eigenes Bild machen sollte. Dafür etwas zur Entstehungsgeschichte: Zuerst hieß die Geschichte "Der Spielzeugmann" und sollte im Rahmen des Mars-Projekts die Entwicklung eines gewissen Julius Fromberg zum Konstrukteur der sogeannten Rummdogs (kybernetische Wühlhunde, die auf dem Mars Sonnensteine ausgraben) darstellen. Dann entwickelte die Episode doch ein gewisses Eigenleben, so daß ich auf die Idee kam, sie zur eigenständige Geschichte umzuschreiben. Vielleicht bleiben die Nebengestalten (Eltern, Professor, Kevin) deshalb etwas blaß. Die Interpolation auf eine relativ nahe Zukunft fehlt mir dagegen nicht. Ich verabscheue Geschichten, bei denen in jedem Satz irgend ein neuartiges technisches Gerät auftaucht, nur um deutlich zu machen, daß es eine SF-Geschichte ist. Die KI-Problematik ist ja im Grundsatz auch weniger eine technische als eine philosophische. Die entscheidende Frage lautet aus meiner Sicht: Ist es möglich, daß Menschen eine Wesenheit erschaffen können, die mit einem eigenen Bewußtsein (Ich-Gefühl) ausgestattet ist. Im "Orakel" habe ich das zwar mit "Ja" beantwortet, in der Realität hoffe ich sehr auf das Gegenteil. Die Erschaffung einer solchen Entität wäre das Ende jeglichen Geheimnisses und jeglicher (auch unvernünftiger) Hoffnung.
Gruß
Frank
Hallo Frank,
vielen Dank für die zahlreichen Erklärungen. Die Extrapolation der Gegenwart in die Zukunft sehe ich allerdings nach wie vor etwas kritisch, ist aber nur ein unwichtiges Detail. Es gibt meiner Ansicht nach auch die goldene Mitte, d.h. die Darstellung des Gefühls der Zukunft auch ohne dauernd über neuartige Geräte zu schreiben. Wie sieht das Leben in 17 Jahren wohl aus? Wie werden Kinder miteinander spielen? Wie kommunizieren Eltern mit den Kindern? Ich glaube, der Begriff "Telefon" wird in 17 Jahren genauso antiquiert sein, wie heute "Wählscheibe" oder "Schallplatte". Gleiches erwarte ich für den Begriff "Internet". Wir sprechen uns in 17 Jahren wieder.
Dass die KI-Problematik eine philosophische Frage ist, sehe ich genauso. Ich frage mich allerdings - angeregt durch unsere Diskussion - das Gegenteil von dir: Was unterscheidet uns Menschen eigentlich von der KI? Was ist unser Bwusstsein? Sind wir nicht in letzter Konsequenz Automaten und haben in wirklichkeit keinen freien Willen?
Sicherlich haben sich bereits eine Menge schlaue Leute über diese Fragen Gedanken gemacht. Hast du von irgendwelchen Theorien gehört?
Zur Sache mit der "leichten Feder": Klar ist so eine Story eine Menge Arbeit. Immerhin "erlebst" du deine eigene Story ja nicht aus der Sicht des Lesers, musst dir aber trotzdem vorstellen können, wie sie auf diesen wirkt. Das halte ich für extrem schwer. All die Konstruiererei darf der Leser ja nicht merken. Das ist in "Orakel" gut gelungen. Auf mich hat die Story sehr unverkrampft gewirkt, so hart die Arbeit auch war!
vielen Dank für die zahlreichen Erklärungen. Die Extrapolation der Gegenwart in die Zukunft sehe ich allerdings nach wie vor etwas kritisch, ist aber nur ein unwichtiges Detail. Es gibt meiner Ansicht nach auch die goldene Mitte, d.h. die Darstellung des Gefühls der Zukunft auch ohne dauernd über neuartige Geräte zu schreiben. Wie sieht das Leben in 17 Jahren wohl aus? Wie werden Kinder miteinander spielen? Wie kommunizieren Eltern mit den Kindern? Ich glaube, der Begriff "Telefon" wird in 17 Jahren genauso antiquiert sein, wie heute "Wählscheibe" oder "Schallplatte". Gleiches erwarte ich für den Begriff "Internet". Wir sprechen uns in 17 Jahren wieder.
Dass die KI-Problematik eine philosophische Frage ist, sehe ich genauso. Ich frage mich allerdings - angeregt durch unsere Diskussion - das Gegenteil von dir: Was unterscheidet uns Menschen eigentlich von der KI? Was ist unser Bwusstsein? Sind wir nicht in letzter Konsequenz Automaten und haben in wirklichkeit keinen freien Willen?
Sicherlich haben sich bereits eine Menge schlaue Leute über diese Fragen Gedanken gemacht. Hast du von irgendwelchen Theorien gehört?
Zur Sache mit der "leichten Feder": Klar ist so eine Story eine Menge Arbeit. Immerhin "erlebst" du deine eigene Story ja nicht aus der Sicht des Lesers, musst dir aber trotzdem vorstellen können, wie sie auf diesen wirkt. Das halte ich für extrem schwer. All die Konstruiererei darf der Leser ja nicht merken. Das ist in "Orakel" gut gelungen. Auf mich hat die Story sehr unverkrampft gewirkt, so hart die Arbeit auch war!
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