Frank Böhmert hat geschrieben:Was wäre geschehen, wenn die Kunstakademie Hitler aufgenommen hätte?
Vielleicht das:
Wir freuten uns, daß Kaiser Wilhelm, jetzt ziemlich weißhaarig, persönlich am Flugplatz anwesend war, als wir in Berlin landeten. Wir begleiteten ihn in einem offenen Fahrzeug, das anscheinend keine Räder hatte, durch die Straßen der Stadt; der Kaiser erzählte uns, es schwebe auf einem Kissen aus Luft, was Dark unwahrscheinlich vorkam. An einer Stelle, wo die Menge dicht war und unser Wagen daher etwas langsamer wurde, schoß ein dunkelhaariger Mann aus der Menge hervor, schob dem Kaiser einen Gegenstand in die Hand, rief etwas und zog sich wieder zurück. "Ha!" bemerkte der Kaiser. "Nicht schlecht. Er sagte, er wolle es Ihnen als Andenken geben - es wäre ein schöner Gedanke, daß sein Name und sein Werk zu anderen Welten reisten." Er reichte uns das Ding, damit wir es uns ansehen konnten. Es war ein detailliertes, wenn auch lebloses Portrait in farbiger Tusche von uns vieren, anscheinend strahlte von unseren Köpfen ein starkes Licht aus, das auf eine Darstellung des vor uns liegenden Planeten fiel.
"Ich habe seine Arbeiten gesehen", bemerkte der Kaiser. "Er macht Illustrationen für ein paar kitschige Magazine, die meine Enkel lesen. Nun, man darf wohl sagen, daß Sie die einzigen Forschungsreisenden sind, die einen echten Hitler für ihre Privatgalerie besitzen."
aus
Donald R. Bensen
"Zwischenhalt"(And having writ ...)
Vielleicht versagt er aber auch auf diesem Gebiet und findet statt dessen seine wahre Bestimmung in einem anderen Beruf:
Ich wußte sofort, daß es sich um den deutschen Zeppelin
Ostwald handelte, benannt nach dem berühmten Pionier auf dem Gebiet der physikalischen Chemie und der Elektrochemie. Es war das Prunkstück jener mächtigen Flotte von Leichtfrachtern und Luxuspassagierschiffen, die von Berlin, Bremerhaven und Baden-Baden aus die ganze Welt ansteuerten. Jene unvergleichliche Friedensarmada, deren titanische Schiffe die Namen von weltberühmten Wissenschaftlern trugen. Die Deutschen
Mach,
Nernst,
Humboldt und
Fritz Haber waren vertreten, der Franzose
Antoine Henri Becquerel, der Amerikaner
Edison und die Polin
Sklodowska sowie deren Sohn
T. Sklodowska-Edison und sogar ein Jude -
Einstein. Die große humanitäre Flotte, in der ich als Verkaufsberater und Experte keinen unbedeutenden Platz innehatte! Ich dachte mit berechtigtem Stolz an die edle Leistung des Vaterlandes.
Ich wußte auch, ohne lange zu überlegen, daß die Länge der
Ostwald mehr als die Hälfte des insgesamt 490 Meter hohen Empire State Building betrug. Und erneut schwellte Stolz in meiner Brust, als mir einfiel, daß der Berliner Zeppelinturm nur um ein paar Meter niedriger war. Deutschland, so sagte ich mir, hat es nicht nötig, nach primitiven Zahlenrekorden zu streben - seine glanzvollen wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften sprechen auf der ganzen Welt für sich.
All dies ging mir blitzschnell durch den Kopf, und ich verlangsamte keine Sekunde meinen zackigen Schritt. Während mein Blick aus schwindelnden Höhen zurückkehrte, summte ich leise
Deutschland, Deutschland über alles vor mich hin.
...
Der einzige Mißklang in diesem Bild war ein hochgewachsener, bleicher, hagerer Mann mit unbestreitbar hebräischen Zügen. Seine dunkle Kleidung wirkte zwar ordentlich, aber ein wenig schäbig, und seine Schultern fielen nach vorn. Er sah mich prüfend an, wandte sich jedoch sofort ab, als ich seinen Blick erwiderte. Ich schmunzelte ein wenig, weil mir einfiel, was mein Sohn über das City College von New York gesagt hatte: Eingeweihte legten die Abkürzung CCNY im Spaß als
Neu-
Yiddisch aus. Zu meiner Ehre muß ich betonen, daß ich keinerlei Bosheit empfand als ich lachte. Deutschland mit seiner sprichwörtlichen Toleranz und seinem Edelmut hat den beschämenden Antisemitismus von einst längst überwunden. Wenn wir fair sind, müssen wir sogar zugeben, daß etwa ein Drittel unserer großen Männer, darunter Haber und Einstein, Juden waren oder zumindest ein paar Tropfen jüdisches Blut in den Adern hatten. Allerdings lauern im Unterbewußtsein vor allem der älteren Leute die bösen Erinnerungen, und sie brechen gelegentlich an die Oberfläche durch wie U-Boote auf Feindfahrt.
Meine heitere Laune stellte sich rasch wieder ein. Ich strich mit einer knappen, fast militärischen Geste den kurzen Oberlippenbart glatt und schob mechanisch die schwarze Haarsträhne (ich leugne nicht, daß ich sie färbe) zurück, die mir immer wieder in die Stirn fällt.
aus
Fritz Leiber
"Versäum nicht den Zeppelin!"(Catch that Zeppelin)
Zurück zum ursprünglichen Thema: Interessant, das sich neben Philip Roth nun ein zweiter Literat in die "Niederungen" der SF(Alternativwelt) wagt

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