Diese Frage kann man mit einem sehr eindeutigem sowohl-als-auch beantworten.Fastjack hat geschrieben:Is das jetzt nur eine subjektive Einschätzung von mir oder waren die früheren SF Autoren einfach visionärer und "besser", was das erschaffen von faszinierenden Welten angeht, als ihre heutigen Erben ?

Ja, die früheren Autoren waren "visionärer". Dies war allerdings kein Problem, es gab nur ein geringes Fundament, auf dem sie aufbauen mussten. Die drei Roboter-Grundgesetze heißen ja nicht umsonst die Asimovschen - und jeder nachfolgende Autor musste (und muß) sie erst einmal verstehen / durchdringen, um eine Roboter-Story zu schreiben.
Vom rein literarischen her hat sich die SF allerdings extrem weiterentwickelt und die Alt-Autoren weit hinter sich gelassen. Viele neue Autoren haben objektiv gesehen eine wesentlich bessere Schreibe. Und trotzdem mögen Leute wie Du und ich die "Alten" lieber. Warum ? Nun, da gibt es zwei Gründe : Die optimistische Grundsicht und der Sense of Wonder.
Die "alten" Autoren stammen bestenfalls aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Nach den Weltkriegen in der Sturm- und Drangzeit der amerikanischen Innovationen waren sie als auch die globale Gesellschaft insgesamt optimistisch gestimmt und sicher, die Welt würde besser werden. Das atmen auch die damaligen Stories. In den 70er/80er Jahren schlug dies um, man sah die "Grenzen des Wachstums". Korea und Vietnam taten ein übriges, um die einfach Schwarzweiß-Sicht durch Grautöne zu verändern. In der Folge wurde man immer pessimistischer, was sich in vielen Dystopien (die Gesellschaft in "Blade Runner") niederschlug. Heute geht das Leuten wie Dir und mir einfach auf den Wecker und wir ziehen uns auf die Klassiker zurück.
Dann der Sense of Wonder. Bei den klassischen Autoren wie Heinlein, Anderson, de Camp usw. habe ich beim Lesen oft den Eindruck, sie hätten staunend in die neue Welt geguckt und die Wunder, die sie sahen, einfach aufgeschrieben. Den modernen Autoren ist dieses kindliche Staunen vergangen, schon früh sehen sie, daß diese Wunder zweischneidige Schwerter sind. Aimov sah die ersten Computer und fragte sich begeistert, was die einmal alles können würden. Frank Hebben sieht sein Laptop und fragt sich, was die Menschen mit dieser Technologie noch alles anstellen werden. Der Zugang ist ein anderer geworden, die heutige Denke ist deutlich komplexer.
Früher wurde eine Menge Müll veröffentlicht - in den Staaten. Da hier in Deutschland SF ein kleines Randgenre war, wurden nur die besten Autoren übersetzt, es fand eine sehr starke Filterung statt. Bestes Beispiel dafür ist "Rocketship Galileo" von Heinlein. Das ist, glaube ich, gottseidank bis heute nicht übersetzt worden. Die SF ist aber im Mainstream angekommen, Eschbachs "Ausgebrannt" ist nach herrschender Lehre ein Thriller, keine SF. Deshalb wird heute deutlich mehr Müll veröffentlicht als früher, wozu der Konsolidierungsprozeß der großen SF-Verlage auch nicht wenig beigetragen hat.
Trotzdem halte ich es für falsch, von der "Guten Alten Zeit" zu schwärmen. Sie war nicht "besser", sie war anders. Und wenn man die oberen Qualitätsstufen betrachtet, behaupte ich sogar, daß die heutige SF tatsächlich besser ist. Mehr sophisticated, weniger einfach gestrickt, mit komplexeren (realistischeren ?) Weltbildern und einem deutlich besserem schriftstellerischem Niveau sind viele der heutigen Autoren auch den "Großen Alten" weit überlegen. Das letzte Beispiel, daß mir da untergekommen ist, kommt aus dem PR-Bereich. Pan-Thau-Ra von Borsch/Brandhorst/Hillefeld ist eine ziemlich gute Geschichte, die im PR-Universum (und nicht nur da) ihresgleichen sucht. Die ersten Battletech-Geschichten (d.h. der erste Zyklus) kann sich sehr wohl mit den großen Weltenentwürfen von Asimov et.al. messen, auch der Sense of Wonder ist hier stark präsent. Auch der Armageddon-Zyklus soll gut sein. Ich bin aber momentan sehr auf dem Deutsche-SF-Trip, hier ist die Qualität augenblicklich besser als sonstwo auf der Welt. Aberich such' morgen noch ein paar angloamerikanische Beispiele raus.
GN8
