Ich habe die Diskussion über den Popularitätsschub durch »Star Wars« jetzt hier ein wenig verfolgt. Dazu wurde einiges geschrieben, das man korrigieren muß, oder das man näher spezifizieren kann.
Aussage 1:
Kringel hat geschrieben:Hm, aber nach Star Wars ging's mit den "Goldenen Achtzigern" erst so richtig los, oder täuscht mich meiner Erinnerung da?
»Krieg der Sterne« kam am 10. Februar 1978 in die deutschen Kinos.
1981 erschien die erste Ausgabe des Heyne SF-Magazins in Taschenbuchform. Im Vorwort schreibt Wolfgang Jeschke, daß der Markt für SF-Magazine in Deutschland schwierig sei (was auch so blieb: trotz Boom-Phase – wie bald klar wird – wurde das Magazin nach 12 Ausgaben eingestellt. Nachfolger wurde das Heyne SF-Jahr, das erstmals 1986 erschien...), aber er schreibt auch:
Wolfgang Jeschke hat geschrieben:Trotz alledem ist das Interesse an Science Fiction gewachsen und wächst weiter. Das Angebot hat sich in den letzten drei Jahren verdoppelt und ist im Begriff, sich zu verdreifachen. In dem breiten Bett der angeschwollenen SF-Flut wird so manches an Schutt und taubem Gestein mitgeführt. Der Wunsch nach Information, nach Auswahl, nach Hinweis auf Höhepunkte, auf Herausragendes wird so zwangsläufig immer dringender.
Fazit: Laut Jeschke wuchs der SF-Markt in Deutschland ab 1978. Die Folge waren zahlreiche Versuche ein SF-Magazin zu etablieren (alle scheiterten), aber auch ein Ausbau bestehender SF-Reihen, bzw. das Entstehen neuer.
Wie lange hielt dieser Trend an?
1986 brach der Markt für SF schließlich ein.
Im Heyne SF-Jahr 1987 schreibt Wolfgang Jeschke folgendes:
Wolfgang Jeschke hat geschrieben:1986 war kein gutes Jahr für die Science Fiction in Deutschland, ganz besonders nicht für die deutsche und auch nicht für die Kurzprosa. Allenthalben wurden die Programme zurückgefahren, die monatliche Titelanzahl wurde vermindert - vor allem auf Kosten deutscher (europäischer) Autoren und auf Kosten von Collections und Anthologien. Das ist allerdings kein allein deutsches Phänomen: Während die SF in den USA einen ungeheuren Boom erlebt und nach dem Rekordjahr 1985 im Jahr 1986 einer neuen Rekordmarke zustrebte, was die publizierte Titelanzahl betrifft, haben auch dort die Magazine um ihre Existenz zu kämpfen, ist auch dort die Anzahl der veröffentlichten Anthologien und Collections weiter zurückgegangen.
Aussage 2:
heino hat geschrieben:Wenn ich daran denke, dass der Popularitätsschub durch Star wars und Star Trek zur Schwemme der Endlosserien geführt hat, stellen sich mir die Nackenhaare auf.
Führte der Boom von 1978 tatsächlich unmittelbar zu mehr Serien?
Nein, die eroberten die Regale erst so richtig, als der Markt für SF insgesamt schrumpfte. Auch dazu wiederum Wolfgang Jeschke im SF-Jahr 1987:
Wolfgang Jeschke hat geschrieben:Noch nie gingen Serien und Zyklen so gut wie heute (doppelt bis dreimal so viele Nachbestellungen wie bei Einzeltiteln), noch nie wurde so begierig, so ungeduldig, so fordernd nach dem Erscheinen von Fortsetzungsbänden gefragt. (...) Das macht es für einen Herausgeber zunehmend schwierig, interessante Einzeltitel zu plazieren und neue Autoren aufzubauen, von denen er die Science Fiction der neunziger Jahre erwartet - von Experimenten mit deutschen Autoren ganz zu schweigen.
Aussage 3:
molosovsky hat geschrieben:»Star Wars« als Paukenschlag für den SF-Aufschwung der ›Goldenen Achtziger‹? — Sorry, aber ich habe anscheinend in einer anderen Dimension gelebt.
Richtig ist, dass die Achtziger eine Boomphase der Phantastik waren, aber nicht unbedingt nur der SF.
Und dann: »Star Wars« kenntzeichnet m.E. den Zeitpunkt, als die SF vor der Fantasy kapituliert und das Hirn am Eingang abgegeben hat.
Nun gut, ob der wachsende Markt für SF in der ersten Hälfte der Achtziger Jahre wirklich einen Aufschwung in der Qualität der neu geschriebenen Texte bedeutet, bleibt durch obige Zitate unklar. Allerdings zeigt ein Blick auf die Erstveröffentlichungsdaten z.B. vieler Romane von Philip K: Dick, daß diese erst in den Achtzigern erstmals in Deutschland erschienen. Auch Reihen wie die Heyne-SF-Bibliothek (ab 1982) waren ein Gewinn.
Ein für den deutschen Leser spürbare qualitative Aufwertung des Marktes fand also statt. Zumindest eben bis 1986.
Konnte die Fantasy nach 1986 von der Schwäche der SF-Verkäufe profitieren? Nein. Auch dazu sagt Wolfgang Jeschke im SF-Jahr 1987 ein paar Worte:
Wolfgang Jeschke hat geschrieben:Apropos - ohne zu früh jubeln zu wollen: Die ersten Anzeichen eines transatlantischen Hochdruckkeils sind unverkennbar. Seit August ist ein leichter Aufwind spürbar, der sich von Monat zu Monat verstärkt hat - allerdings nur für die Science Fiction; der Fantasy-Markt ist offenbar doch nachhaltiger geschädigt und wird womöglich lange brauchen, um sich zu erholen. Die Fantasy hat, im Gegensatz zur SF mit ihrer Stammleserschaft, doch eine Menge Käufer angezogen, die einer Mode nachliefen und nun wieder abspringen. Da wird viel entrümpelt werden. Nun, wen wundert's? Wer bedauert's?
Der Fantasy-Markt brach nach 1986 sogar noch langanhaltender ein.
Die späten Achtziger brachten auch das Ende für einige SF-Reihen anderen Verlage als Heyne. Besserung kam erst 1995 auf, aber dann stiegen die Verkaufszahlen langsam wieder an, zuerst bei der SF, dann aber bald vor allem bei der Fantasy.