"Das neue Buch Genesis" von Bernard Beckett
Verfasst: 10. August 2022 14:01
Dieser schon etwas ältere Roman (2009, Verlag script5, Imprint des Loewe Verlags) habe ich zufällig in der Bücherei gefunden.
Den neuseeländischen Autor hatte ich bislang nicht gekannt, auch hier im Forum habe ich nichts zu ihm gefunden (nur ein paar andere Becketts).
Vorweg: Absolute Empfehlung! Ich habe den 170-Seiten-Roman gestern angefangen und am Abend ausgelesen.
Es beginnt mit einem Post-Apokalypse-Szenario. Nach furchtbaren atomaren und biologischen Kriegen hat sich auf einer Insel eine kleine Gemeinschaft abgeschottet und versucht, eine "ideale" Gesellschaft aufzubauen, angelehnt an antike Staatstheorien (vor allem Plato).
Das ist ja nicht so besonders originell, auch die Eingangsszene nicht: Die Protagonistin tritt zu einer Aufnahmsprüfung für eine Elite-Akademie an, wo sie die Geschichte und den Aufbau dieses Staates erzählen muss. Das wirkt am Anfang wie ein gekünstelter Versuch, das äußerst ausgetüftelte Worldbuilding in einem Dialog unterzubringen. Es liest sich trotzdem spannend, zumal auch die Protagonistin mit ihren Gedanken und Gefühlen dabei vorgestellt wird. Sie steht dem erfolgreichen, aber sehr totaliären Staatssystem kritisch gegenüber und ist oft im Zwiespalt, einerseits ihre Meinung zu sagen und andereseits die Prüfungskommission nicht mit "staatsfeindlichen" Äußerungen zu konfrontieren.
Dabei geht es nicht nur diese fiktive Welt und ihre Geschichte, sondern auch um allgemeine philosophische, vor allem anthropologische Fragen, mit Themen wie der Stellung des Menschen im Vergleich zu Tieren und künstlichen Intelligenzen, der Existenz einer Seele und eines Bewusstseins und ob KIs so etwas haben können. Ausführlich kommt das berühmte Gedankenexperiment "Das chinesische Zimmer" zur Sprache. Ich mag solche philosophische Abschweifungen in Romanen.
Doch gegen Ende der Story kommen dann eine Reihe Twists, die auch mich erfahrenen Science-Fiction-Leser absolut überrascht haben. Nichts ist, wie es scheint, auch das Vorherige erscheint in einem völlig anderen Licht. Solche Wendungen sind nicht ungefährlich, man kann sich als Leser auch verarscht fühlen, wenn einen der Autor zu exzessiv auf falsche Fährten lockt. Das ist hier nicht der Fall, alles löst sich auf völlig unerwartete und doch irgendwie plausible Weise auf.
Falls das Büchlein jemandem von euch in die Hände fallen sollte: Wie schon gesagt, sehr zu empfehlen!
Den neuseeländischen Autor hatte ich bislang nicht gekannt, auch hier im Forum habe ich nichts zu ihm gefunden (nur ein paar andere Becketts).
Vorweg: Absolute Empfehlung! Ich habe den 170-Seiten-Roman gestern angefangen und am Abend ausgelesen.
Es beginnt mit einem Post-Apokalypse-Szenario. Nach furchtbaren atomaren und biologischen Kriegen hat sich auf einer Insel eine kleine Gemeinschaft abgeschottet und versucht, eine "ideale" Gesellschaft aufzubauen, angelehnt an antike Staatstheorien (vor allem Plato).
Das ist ja nicht so besonders originell, auch die Eingangsszene nicht: Die Protagonistin tritt zu einer Aufnahmsprüfung für eine Elite-Akademie an, wo sie die Geschichte und den Aufbau dieses Staates erzählen muss. Das wirkt am Anfang wie ein gekünstelter Versuch, das äußerst ausgetüftelte Worldbuilding in einem Dialog unterzubringen. Es liest sich trotzdem spannend, zumal auch die Protagonistin mit ihren Gedanken und Gefühlen dabei vorgestellt wird. Sie steht dem erfolgreichen, aber sehr totaliären Staatssystem kritisch gegenüber und ist oft im Zwiespalt, einerseits ihre Meinung zu sagen und andereseits die Prüfungskommission nicht mit "staatsfeindlichen" Äußerungen zu konfrontieren.
Dabei geht es nicht nur diese fiktive Welt und ihre Geschichte, sondern auch um allgemeine philosophische, vor allem anthropologische Fragen, mit Themen wie der Stellung des Menschen im Vergleich zu Tieren und künstlichen Intelligenzen, der Existenz einer Seele und eines Bewusstseins und ob KIs so etwas haben können. Ausführlich kommt das berühmte Gedankenexperiment "Das chinesische Zimmer" zur Sprache. Ich mag solche philosophische Abschweifungen in Romanen.
Doch gegen Ende der Story kommen dann eine Reihe Twists, die auch mich erfahrenen Science-Fiction-Leser absolut überrascht haben. Nichts ist, wie es scheint, auch das Vorherige erscheint in einem völlig anderen Licht. Solche Wendungen sind nicht ungefährlich, man kann sich als Leser auch verarscht fühlen, wenn einen der Autor zu exzessiv auf falsche Fährten lockt. Das ist hier nicht der Fall, alles löst sich auf völlig unerwartete und doch irgendwie plausible Weise auf.
Falls das Büchlein jemandem von euch in die Hände fallen sollte: Wie schon gesagt, sehr zu empfehlen!