"Pantopia" von Theresa Hannig

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Gernot
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"Pantopia" von Theresa Hannig

Ungelesener Beitrag von Gernot »

Eine Software für KI-unterstützte Finanztransaktionen entwickelt unerwarteterweise ein eigenes Bewusstsein und entwickelt sich zu einer Art Weltregierung.
Aber nicht als Diktatur.
Die überragende Macht der Maschinenintelligenz wird im Gegenteil dazu eingesetzt, menschenrechtswidrige und umweltfeindliche Kräfte in die Schranken zu weisen. Das Gesellschaftssystem ist eine Weiterentwicklung des Kapitalismus, in der unbedingte Kostenwahrheit herrscht, wobei die ökologischen und gesellschaftlichen Kosten mit eingerechnet werden. Es wird niemand zu irgendetwas gezwungen, sondern die Entscheidungen der Menschen werden über das Geld in gesamtgesellschaftlich vernünftige Bahnen gelenkt. So sorgt ein Deus ex machina für eine bessere Welt.

Es tut einem notorischen Optimisten wie mir gut, angesichts der zahlreichen dystopischen Romane – und angesichts der auch nicht rosigen Wirklichkeit – einmal eine so positive Zukunftsvision vorzufinden.
Der Weg in diese utopische Zukunft mit seinen Gefahren und Komplikationen wird spannend beschrieben, ich konnte mich beim Lesen gut mit der Protagonistin, der Softwareentwicklerin Patricia identifizieren. Vor allem die Passagen, in denen es um die Softwareentwicklung geht, sind absolut glaubwürdig und kompetent geschrieben. Hier zeigt sich, dass die Autorin in diesem Bereich gearbeitet hat.

Alles in allem: Absolut empfehlenswert!


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Das Fliegen wird erst möglich, wenn zuvor vom Fliegen geträumt wurde. (Stanislaw Lem)

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WeepingElf
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Re: "Pantopia" von Theresa Hannig

Ungelesener Beitrag von WeepingElf »

Das hört sich schon mal nicht uninteressant an, auch wenn ich eigentlich kein Freund von solchen Deus-ex-machina-Geschichten bin und auch keine "Philosophenherrscher", seien es Menschen oder künstliche Intelligenzen, haben möchte. Zumal eine KI, die das zu Ende dächte, zu dem Schluss kommen mag, dass die Menschen das Problem sind und verschwinden müssen, aber das ist ja ein alter Hut. Es führt nichts darum herum: wir müssen die Probleme, die wir uns selbst eingebrockt haben, auch selbst lösen, dabei wird uns kein Gott, kein Alien und auch keine KI helfen.
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Shock Wave Rider
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Re: "Pantopia" von Theresa Hannig

Ungelesener Beitrag von Shock Wave Rider »

WeepingElf hat geschrieben: 8. Oktober 2023 21:34 Es führt nichts darum herum: wir müssen die Probleme, die wir uns selbst eingebrockt haben, auch selbst lösen, dabei wird uns kein Gott, kein Alien und auch keine KI helfen.
Du vergisst die Evolution.
Die wird sich selbst helfen.

tröstet
Ralf
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Re: "Pantopia" von Theresa Hannig

Ungelesener Beitrag von keenSo »

Das ist ein schöner Roman, für mich, so eine John Scalzi Feel Good Geschichte. Sehr anders von Theresa Hannig's ersten beiden Romanen (Die Optimierer). Die sollten wohn nicht dystopisch sein, hatten aber einen dystopischen Vibe für mich. In Pantopia ist alles feel good.
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Re: "Pantopia" von Theresa Hannig

Ungelesener Beitrag von Ender »

keenSo hat geschrieben: 9. Oktober 2023 11:32 In Pantopia ist alles feel good.
Wobei es mir damit so ein bisschen ähnlich ging wie mit Robinsons "Ministerium für die Zukunft": Einerseits schön, mal positive Ideen für eine, sagen wir mal, Wende zum Guten zu lesen. Andererseits dieses ungute Gefühl: Das würde sich in der Realität nie umsetzen lassen, weil das egoistische Festhalten an Gewohnheiten und Sichern von Vorteilen zu allzu großen Widerständen und letztlich zum Scheitern führen würde.
Sehe ich das zu pessimistisch? Ich fürchte nicht. Gerade die letzten Jahre haben doch gezeigt, dass ein solidarisches Vorgehen und vernunftgesteuerte Problemlösungen leider nicht zustande kommen.

Nichtsdestotrotz hat mir der Roman (mit 1,2 kleinen Abstrichen) auch gut gefallen.
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Re: "Pantopia" von Theresa Hannig

Ungelesener Beitrag von WeepingElf »

Ich habe den Roman jetzt gelesen und auf meinem Blog eine kurze Rezension gepostet. Zusammengefasst fand ich den Roman spannend und gut zu lesen; was mir nicht gefiel ist, dass mit der KI "Einbug" eine Art deus ex machina auf den Plan tritt, und mir nicht klar wurde, wie und warum deren Weltrettungsplan funktioniert. Geschähe das wirklich, wäre ich sehr misstrauisch, weil ich ein Schneeballsystem, eine totalitäre Sekte oder gar eine Kombination von beiden vermuten würde. Der Roman zeigt also keinen gangbaren Weg in eine nachhaltige Zukunft auf, die wird vielmehr aus dem Hut gezaubert und bleibt eine Black Box.
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Re: "Pantopia" von Theresa Hannig

Ungelesener Beitrag von lapismont »

Einbug ist keine deus ex machina sondern ein Protagonist. Die KI entwickelt Methoden, die Menschen über ihre Begierden und Wünsche dazu zu bewegen, das Richtige zu tun.
Dass es funktioniert, ist hier halt der Weltenbau. Wurde von Theresa ja auch als Utopie entworfen.

Mir leuchtet es schon ein, dass man uns dazu überreden kann, ökologisch sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Würde man tatsächlich überall auf die Preise die tatsächlichen Kosten für faire Bezahlung, Umweltschutz, Nachhaltigkeit etc. zahlen, kaufte man anders ein.
Im Roman wird das einfach mal durchgespielt und innerhalb der Romanwelt funktioniert das auch in sich schlüssig.

Das ganze ist immer noch ein SF-Roman und keine wirtschaftswissenschaftliche Empfehlung für die Regierung. Insofern ist Gangbarkeit eine Möglichkeit, aber kein Muss. Das Beamen von Star Trek ist auch aus dem Hut gezaubert, ein seltsamer Vorwurf für fiktionale Werke, finde ich.
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Re: "Pantopia" von Theresa Hannig

Ungelesener Beitrag von WeepingElf »

Ja, was Du schreibst, stimmt schon. Es ist ein SF-Roman, und es geht nicht wirklich darum, eine konkrete Handlungsanweisung für die Lösung der gegenwärtigen Probleme zu liefern. Der Ansatz, ökonomische Anreize für ökologisch sinnvolle Entscheidungen zu treffen, ist gut, das habe ich schon verstanden. Ich habe nur noch nicht so genau verstanden, wie sich das Ganze finanziert, das Geld für das bedingungslose Grundeinkommen, das die Weltrepublik Pantopia ihren Mitglieder zahlt, muss ja irgendwo herkommen. Aber die Volkswirtschaft ist ja kein Nullsummenspiel, da gibt es schon Möglichkeiten, Geld zu "schöpfen", man muss "nur" die Menschen glauben machen, dass das Geld was wert ist. Vielleicht ist das alles ja in sich völlig logisch und stimmig, und würde auch ohne KI funktionieren, nur habe ich das einfach noch nicht so recht durchdrungen. (Dasselbe gilt aber auch für die "Carboncoin" in Robinsons Das Ministerium für die Zukunft, das habe ich auch noch nicht so ganz verstanden.)
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