Die 95. Ausgabe der „phantastisch!“, die wie immer unter der Chefredaktion von Klaus Bollhöfener entstand, ist als Printausgabe beim Verlag erhältlich und im Fachhandel. Im ausgewählten Zeitschriftenhandel am Bahnhof und in Comicshops ist sie ab Ende Juli erhältlich. Die digitale Ausgabe gibt es ebenfalls ab Ende Juli bei uns im Atlantis-Shop, bei Amazon und in vielen anderen Online-Shops. Das Titelbild stammt diesmal von Michael Marrak.
Der Inhalt des diesmal 88seitigen Magazins sieht wie folgt aus:
Interviews:
Christian Endres: GRACE CURTIS: Die englische Autorin über Videogames, Klimakrise, Postapokalypse und mehr
Bücher, Autoren & mehr:
CHRISTIAN HOFFMANN: Lafcadio Hearn – Außenseiter, Kulturvermittler und Phantast
UDO KLOTZ: Hans Frey – Politiker, Philosoph und Science-Fiction-Fan
NICOLE RENSMANN: Die Biblioteca Obscura
STEFAN CERNOHUBY: Fairytale Fantasy – Wenn Märchen sich weiterentwickeln
ERIC ZERM: Geerdetes Schwerter-Drama ganz ohne Wagner
MATTHIAS HOFMANN: Streifzüge durch die Welt der literarischen Science Fiction Folge 17 – Nur die Zeit zum Feind
SONJA STÖHR: Phantastisches Lesefutter für jedes Alter – Neue Kinder- und Jugendbücher
Rezensionen:
Oliver Bidlo: „Der Ausbruch des Phantastischen. Zur phantastischen Refiguration der Gesellschaft“
Anton Serkalow: „Das Fest – Verfluchte Träume 1“
Joanna Russ: „In fernen Gefilden“
Sergio Ponchione: „Memorabilia“
Ray Nayler: „Die Stimme der Kraken“
Caroline Hofstätter: „Findungstag“
Caroline Hofstätter: „Der allerletzte Tag“
Christian von Aster: „Schnitter, Gevatter und Sensenmann – Allerlei Geschichten vom Tod“
Ed Brubaker & Sean Phillips: „Where The Body Was“
Christian Endres:“ Wolfszone“
Yoko Ono, Judy Dench, Jane Goodall, Peter Gabriel, Taika Waititi u.v.a.: „Der wichtigste Comic der Welt“
Manuela Schneider „Unbekannter Feind“
Jörg Kleudgen & Uwe Voehl: „Halligspuk“
Julia A. Jorges: „Hochmoor“
Comics & Filme:
OLAF BRILL & MICHAEL VOGT: Ein seltsamer Tag – Teil 55
THOMAS HÖHL: 50 Jahre MARVEL in Deutschland
MARCEL KOBER: Zwischen Göttern und Geistern
ALEXANDER NYM: Überfluss und Überdruss
Storys:
MARIE ERIKSON: Wie man den Äquator überquert und den Südpol erobert
PHILIPP SPIERING: Der dunkle Raum
VOLKER DORNEMANN: Landratten
MICROSTORY: VOLKER DORNEMANN: Tim
Rubriken:
Editorial
Comic-Strip von Lars Bublitz
Cartoons von Jan Hoffmann
Phantastische Zitate
Mitarbeiter-Projekte: Roland Grohs
Die Print-Ausgaben bis zur Nummer 46 sind bei der Versandbuchhandlung Achim Havemann erhältlich. Seit der Nummer 47 erscheint die „phantastisch!“ bei uns, ab dieser Nummer sind bei uns noch alle Ausgaben erhältlich.
So, endlich durch mit der #95! Die Lektüre hat diesmal so lange gedauert, dass die Macher selbst noch die Geburtsmeldung hier einstellen konnten.
Meine EIndrücke waren gemischt, aber weit überwiegend positiv. Im einzelnen:
Das Titelbild stammt diesmal von Michael Marrak.
Eine grüne Weltraumanemonententakelamöbe mit einem roten Sauron-Auge wird von der planetaren Flugabwehr vor dem sonnenuntergangsroten Himmel eines fremden Planeten angegriffen.
Auch wenn mich das eigentliche Motiv wenig anspricht: Man spürt das Wirken eines Könners. Vermutlich habe ich noch nie ein Bild gesehen, das dermaßen fokussiert auf dem Rot-Grün-Komplementärkontrast beruht, und das handwerklich zugleich dermaßen gelungen ist.
Der Inhalt des diesmal 88seitigen Magazins ...
88 Seiten "phantastisch!" sind immer eine gute Nachricht.
Rubriken:
Editorial
Klaus Bollhöfener nutzt sein Editorial diesmal, um diverse Ankündigungen abzusondern: es wird einen phantastischen Kalender geben, das "phantastisch!"-Team wird auf den 5. PR-Tagen in Braunschweig auftreten, und Michael Tinnefelds Artikel-Reihe "Phantastische Psyche" wird in einer Sonderausgabe publiziert. Alles sehr erfreuliche Nachrichten!
Comic-Strip von Steffen Boiselle
Im Buchladen kauf ein Kunde einen dicken Wälzer: "Die Lügen des Donald Trump". Ja, ganz nett, ja, ganz zutreffend. Aber das Ziel ist doch arg einfach zu treffen.
Cartoons von Jan Hoffmann
Auf dem interstellaren Wertstoffhof entdecken Plirrp und Schrotty ein seltsames Gesellschaftsspiel. Das den Leser mit einbezieht.
Die direkte Ansprache des Zuschauers - das ist ein Gag, den avantgardistische Filmemacher bereits in den 70er Jahren überstrapazierten. Und der seither aus guten Gründen ruhen gelassen wurde.
Update:
Horst Illmer: Nachrichten & Neuerscheinungen
Ich wiederhole mich. Aber man kann es nicht oft genug sagen: Wir können HI nicht genug dafür danken, mit welcher Zuverlässigkeit er beharrlich in jeder phantastisch!-Ausgabe die Ergebnisse seiner Maulwurfsarbeit präsentiert. Diesmal gab es gleich fünf Nachrufe, diesmal sagten mir alle fünf Namen etwas. Die Einschläge rücken echt näher.
Von den vorgestellten Neuerscheinungen habe ich mir die Neuauflage von Samuel Delaneys „Das Einstein-Vermächtnis“ im Carcosa Verlag sowie die „Eskapaden“ von Erik Simon und den Steinmüllers bei Memoranda, mit Einschränkungen die Südkorea-Antho „Die Sterne leuchten am Erdenhimmel“ sowie Band 2 der Usch-Kiausch-Werkausgabe „Andere Welten – Interviews zur Science Fiction“ (beide ebenfalls Memoranda) sowie Norbert Fiks‘ Artikelsammlung „Raketenkraft und Roboterträume“ (MaYa-Buch) zur Lektüre vorgemerkt.
Interviews:
Christian Endres: GRACE CURTIS: Die englische Autorin über Videogames, Klimakrise, Postapokalypse und mehr
Generationenraumschiffe und der umfassende Exodus der Menschheit von einer mehr oder weniger dem Untergang geweihten Erde haben eine lange thematische Tradition in der SF. Nur wenige Autoren widmeten sich jedoch bislang der Frage, was mit den Zurückgebliebenen geschieht.
Die Engländerin Grace Curtis füllt diese Lücke mit ihrem Werk „Das Raumschiff, das vom Himmel fiel“. Außerdem entlockt ihr Christian Endres Statements zu ihren Einflüssen, was sie an Western im besonderen fasziniert und wieso ihre Hauptfigur selbst der Autorin so lange ihren wahren Namen verheimlichte.
Lebendiges Interview, interessante und sympathische Autorin, hat Lust aufs Buch gemacht!
Storys:
MARIE ERIKSON: Wie man den Äquator überquert und den Südpol erobert
Bei der Äquatortaufe erscheint die Seehexe und spielt mit den Täuflingen ein Hütchenspiel mit Muscheln, an dessen Ausgang sich die Betroffenen nicht mehr erinnern, sobald sie den Äquator passiert haben. Kapitän Robert Falcon Scott spielt das Spiel und verliert. Aber auch wenn man gewinnt, sollte man genau darauf achten, wie man seinen Wunsch formuliert.
Niedliche Horror-Komödie, sehr unterhaltsam mit einem Augenzwinkern geschrieben. Jetzt wissen wir, warum Scott den Südpol erreichte, aber nicht überlebte. Und warum Amundsen trotzdem Erster wurde..
PHILIPP SPIERING: Der dunkle Raum
Ein Angestellter eines Tourismuskonzerns besucht Filialen in Ostasien. Der dortige Mogul Thianthong empfängt ihn herzlich und zeigt ihm (nach entsprechender Vorbereitung durch psychoaktive Substanzen) hässliche Gestalten. Thianthong ist es gelungen, das Innenleben von 13 Touristen nach außen zu bringen.
Ja, irgendwie ganz atmosphärisch und spannend vorbereitet, aber die Auflösung ist dann doch ziemlich platt.
VOLKER DORNEMANN: Landratten
Zwei Männer betrachten eine von einem Auto überfahrene Taube, die von einem der Männer als "Landratte" bezeichnet wird. Da stapft ein größeres Wesen durch die Landschaft.
Es kommt halt auf die Größe an, wer wen als Kollateralschaden betrachtet. Welch tiefgehende Weisheit!
MICROSTORY: VOLKER DORNEMANN: Tim
Kurzer Lagebericht einer von-Neumann-Sonde: Galaxis zerstört, die Rattenhorde bricht in intergalaktische Weiten auf.
Nun ja!
Die Story-Abteilung hat mir diesmal insgesamt nicht besonders zugesagt. Die langen Stories waren zu sehr dem Horror-Genre mit seinen verhältnismäßig engen Konventionen verhaftet, Dornemanns Microstory bestand aus einer wohlbekannten Pointe. Gut lesen ließen sich alle, aber die Botschaften waren doch allesamt bekannt. Nette Lese-Snacks für den kleinen Hunger zwischendurch.
Bücher, Autoren & mehr:
CHRISTIAN HOFFMANN: Lafcadio Hearn – Außenseiter, Kulturvermittler und Phantast
Christian Hoffmann erinnert an Lafcadio Hearn, einen gebürtigen Griechen, der in Dublin und London aufwuchs, sich aber schon früh für japanische Kultur interessierte. Schließlich wanderte er nach Japan aus, gründete dort eine Familie und prägte durch seine Sammlungen japanischer Geistergeschichte das Bild japanischer Fantastik im Westen.
Hochinteressante Aufarbeitung eines hochinteressanten Lebens! Auch wenn Lafcadio Hearn weitgehend vergessen sein mag - seine Wirkung spürt man bis heute.
UDO KLOTZ: Hans Frey – Politiker, Philosoph und Science-Fiction-Fan
Udo Klotz gedenkt des umtriebigen und produktiven Politikers und Science-Fiction-Fans Hans Frey, der in den letzten Jahren vor allem durch sein mehrbändiges Standardwerk zur deutschsprachigen Science Fiction vom Kaiserreich bis 1968 (Westdeutschland) bzw. 1990 (DDR) umfasst. Leider konnte er den letzten Band nicht mehr fertigstellen. Ich durfte Hans Frey auf seinen letzten Cons noch erleben und bei seinem mutmaßlich letzten Auftreten in Wetzlar auch noch einige freundliche Worte mit ihm wechseln. Danke, lieber Udo, für die persönliche Würdigung! Ich habe Hans genau so erlebt wie du ihn schilderst.
NICOLE RENSMANN: Die Biblioteca Obscura
Nicole Rensmann wirbt für die "Biblioteca Obscura", in der bibliophile, wunderschön illustrierte Ausgaben phantastischer Klassiker herausgegeben werden. Im Verlag arsEdition sind bereits erschienen bzw. geplant: Mary Shelleys "Frankenstein", Oscar Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray", Victor Hugos "Der Glöckner von Notre Dame" und Lacios' "Gefährliche Liebschaften".
STEFAN CERNOHUBY: Fairytale Fantasy – Wenn Märchen sich weiterentwickeln
Stefan Cernohuby ordnet die Form des Märchens richtig ein und skizziert dessen Weiterentwicklung von den Gebrüdern Grimm bis hin zu heutigen Werken.
Das hätte durchaus etwas länger, detaillierter und mit mehr und tiefer untersuchten Fallbeispielen geschehen können.
Vielleicht nimmt Stefan diesen Artikel als Gliederung für eine Reihe, die nach und nach in "phantastisch!" erscheint?
ERIC ZERM: Geerdetes Schwerter-Drama ganz ohne Wagner
Balthasar von Weymarn erzählt die Nibelungen-Sage neu. Dabei versucht er, das Schicksal des ersten burgundischen Reiches möglichst historisch korrekt darzustellen und von den Mittelalterismen der bekannten Heldensage zu reinigen. Einzelne Figuren bekommen dadurch einen ganz anderen Stellenwert. Interessantes Projekt!
MATTHIAS HOFMANN: Streifzüge durch die Welt der literarischen Science Fiction Folge 17 – Nur die Zeit zum Feind
Matthias Hofmanns Streifzüge durch die SF führen ihn diesmal 2 Millionen Jahre in die Vergangenheit mitten ins Pleistozän. Reiseführer ist ein gewisser Michael Bishop, der mit "Nur die Zeit zum Feind" seinen Durchbruch als SF-Autor feierte. Auch wenn MH diesmal von der Lektüre nur begrenzt angetan ist - der Artikel ist eine Leseempfehlung. Besonders beeindruckt haben mich die Fotos von Michael Bishop, die nicht nur einen offenen, freundlichen, seinen Mitmenschen zugewandten Autor zeigen, sondern auch einen Autor, der offenbar in den Jungborn gefallen ist, so wenig hat er sich über die Jahrzehnte verändert.
SONJA STÖHR: Phantastisches Lesefutter für jedes Alter – Neue Kinder- und Jugendbücher
Ich mag diese Rubrik, auch wenn ich für mich kaum echte Leseempfehlungen finde. Diesmal fiel bestenfalls Olivia Worleys Influencer-Thriller "People to Follow" nicht durchs Raster. Für einen Kauf wird es anbetrachts meines SUBs aber nicht reichen.
Rezensionen:
Alle (an-)gelesen, folgende sind hängengeblieben:
Oliver Bidlo: „Der Ausbruch des Phantastischen. Zur phantastischen Refiguration der Gesellschaft“
In dem Sekundärwerk untersucht der Autor, wie phantastische Mythen Gesellschaften prägen und äußerst reale Handlungen motivieren. Interessanter Ansatz! Joanna Russ: „In fernen Gefilden“
Band 1 der Werkausgabe im Carcosa-Verlag enthält die kompletten "Alyx"-Geschichten, zwei wichtige Essays und diverse Buchbesprechungen der amerikanischen Autorin. Gute Gelegenheit, das Werk von Frau Russ kennenzulernen! Ray Nayler: „Die Stimme der Kraken“
Auf der Insel Con Dao entdecken Wissenschaftler eine Krakenart, deren Intelligenz so weit entwickelt ist, dass sie mit Menschen kommunizieren können. Spannende Prämisse, solche Romane lese ich gerne. Caroline Hofstätter: „Findungstag“ und „Der allerletzte Tag“
Horst Illmers begeistertem Urteil über Carolines "Evergreen Ray"-Duologie kann ich mich von ganzem Herzen anschließen. Christian von Aster: „Schnitter, Gevatter und Sensenmann – Allerlei Geschichten vom Tod“
Christian von Aster sammelt diverse Begegnungen mit dem Tod. Das kann nur hochunterhaltsam werden!
Comics & Filme:
OLAF BRILL & MICHAEL VOGT: Ein seltsamer Tag – Teil 55
Eine Haftpflichtversicherung für Zeitreiseschäden ist immer von Vorteil. Zum Glück kann man sich kurzfristig entscheiden. Wieder mal ein absolut gelungener Strip! Vielleicht erfahren wir ja noch, welche Schäden unser lieber Roboter angerichtet hat.
THOMAS HÖHL: 50 Jahre MARVEL in Deutschland
Höhl lässt die 50jährige, äußerst wechselhafte Publikationsgeschichte der Marvel Comics in Deutschland Revue passieren. Die ganzen Probleme durch viele, oftmals überstürzte Verlagswechsel fesseln dabei ebenso wie die Schwierigkeiten bei der Anpassung an den deutschen Markt. Super Artikel!
MARCEL KOBER: Zwischen Göttern und Geistern
Marcel Kobers Artikel über Yokai hätte prima an Christian Hoffmanns Artikel über Lafcadio Hearn anschließen können. Es ging dann aber um Manga und Anime - sicherlich interessant für alle Menschen, die sich für diese Kunstrichtungen begeistern können. Ich habe die Lektüre abgebrochen.
ALEXANDER NYM: Überfluss und Überdruss
Alexander Nym beklagt sich wort- und umfangreich über die jüngsten Superheldenfilme und fantastische Serien auf diversen Abo-Formaten. Also über Dinge, die mich eh nicht interessieren. Lektüre abgebrochen.
Rubriken:
Phantastische Zitate
Rüdiger Schäfer präsentiert gut ausgewählte Lebensweisheiten. Mir gefallen vor allem die Zitate von Eleonor Roosevelt und Antoine de Saint-Exupéry.
Mitarbeiter-Projekte: Roland Grohs
Roland Grohs bringt eine Fantasy-Trilogie raus. Schön für Roland, schön für die Trilogie. Ich glaube, das war der erste Beitrag dieser Rubrik, der mich wenig interessierte.
Fazit:
Wieder eine richtig gute Ausgabe, deren Lektüre mich nicht gereut hat!
Allerdings gab es neben den beiden Highlights (Christian Hoffmanns Lafcadio-Ahearn-Artikel und Thomas Höhls Rückblick auf "50 Jahre Marvel in Deutschland") sowie Udo Klotz' bewegendem Nachruf auf Hans Frey nur wenig, was mich von Hocker riss. Dafür aber diesmal einiges, was mich überhaupt nicht interessierte und was ich deswegen auch nur angelesen habe.
Von einer Zeitschrift erwarte ich einen breiten Überblick über das Geschehen in ihrem Themenkreis. Das liefert "phantastisch!" auch mit der vorliegenden Ausgabe. Dass mich nicht immer alles interessiert, was so geschieht, kann und will ich der Zeitschrift nicht anlasten.
Zufriedene Abonauten-Grüße
Ralf
Shock Wave Riders Kritiken aus München
möchten viele Autor'n übertünchen.
Denn er tut sich verbitten
Aliens, UFOs und Titten.
Einen Kerl wie den sollte man lünchen!