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Hat die Science-Fiction neue Begriffe geprägt?

Verfasst: 14. Mai 2004 14:16
von Andreas Eschbach
Ich bin gefragt worden, welche Begriffe in nächster Zeit aus der Science-Fiction-Literatur in den allgemeinen Sprachgebrauch übergehen könnten. (Was man so alles gefragt wird!) Das hat mich etwas in Verlegenheit gebracht, weil ich ja bloß Autor bin, kein Literaturwissenschaftler. Aber ich frage mich nun, ob das überhaupt jemals der Fall war in den letzten Jahrzehnten? Allgemein übliche SF-Begriffe scheinen mir entweder älter zu sein ("Alien", "Terraner", "Hyperraum") oder aus Fernsehserien zu stammen ("Phaser", "Warp", "Matrix", "Holodeck").

Anders gefragt: Ist seit "Cyberspace" überhaupt mal wieder ein wirklich neuer Begriff geprägt worden?

Gibt es SF-Begriffe in dem Sinn, wie Trendforscher so etwas treiben, die dann plötzlich von "Cocooning" (der Trend, sich in seinen vier Wänden zu verkriechen) reden oder von "Heroinware" (für Software, die süchtig macht) usw.? Ich denke, eher nicht. Sf prägt jede Menge neue Worte, aber die sind immer eher auf die Welt der jeweiligen Erzählung bezogen und meistens neue Worte für alte Hüte (um nicht immer "Hyperraum" oder "Strahler" sagen zu müssen).

:nixwiss:

Verfasst: 14. Mai 2004 14:23
von Frank Böhmert
Stell dir vor, Du wärest eines Fernsehabends gerade in den Besitz der hart umkämpften Fernbedienung gelangt ...

:biggrin:

Und nun sag ihnen welche, die Du gern im allgemeinen Sprachgebrauch hättest.

Re: Hat die Science-Fiction neue Begriffe geprägt?

Verfasst: 14. Mai 2004 15:17
von Stefan Hoffmann
Andreas Eschbach hat geschrieben:Anders gefragt: Ist seit "Cyberspace" überhaupt mal wieder ein wirklich neuer Begriff geprägt worden?
Hm, außer "Wurmlöcher" für "Einstein-Rosen-Brücken" fällt mir da eh kaum noch was ein. Vermutlich lautet die Antwort also schlicht: Nein oder nix weltbewegendes. :o


Stefan

Verfasst: 14. Mai 2004 15:54
von Knochenmann
Nachdem ich ein wenig in der Wikipädia rumgekramt hab würde ich meinem das 'Noosphere' vermutlich noch am ehesten einem neuen Wort entspricht. "Mem" und "Memetik" haben die Wurzeln auch irgendwo in der SF. Glaub ich jedenfalls.

Verfasst: 14. Mai 2004 16:11
von Ronni
Knochenmann hat geschrieben:"Mem" und "Memetik" haben die Wurzeln auch irgendwo in der SF. Glaub ich jedenfalls.
eher nicht, die Begriffe tauchten meines Wissens erstmals in Das egoistische Gen von Richard Dawkins auf.

Gruß Ronni

Re: Hat die Science-Fiction neue Begriffe geprägt?

Verfasst: 14. Mai 2004 17:16
von Gurney
Andreas Eschbach hat folgendes geschrieben:
"Ich bin gefragt worden, welche Begriffe in nächster Zeit aus der Science-Fiction-Literatur in den allgemeinen Sprachgebrauch übergehen könnten."


Das ist eine richtig tolle Frage, auf die ich (selbst auf die Gefahr hin, wieder rausgemschmissen und als anonymer "Gast" klassifiziert zu werden) einen Vorschlag machen möchte:

Jahavan (-Kaffee): " ... dessen Moleküle darauf programmiert sind, im Körper rumzudüsen und dabei allen Alkoholmolekülen, die sie unterwegs treffen, den Garaus zu machen." [Q: M. M. Smith - Stark, der Traumdetektiv]

Aus der Praxis: Ein IT-Sicherheitsmensch (StarTrek-Fan) meiner "Firma" nennt die dreier-Anordnung der Firewalls Geronimo, Sakura und Omaha die "Phalanx", in Anlehnung an klingonische Gefechtsszenarien. Das hat sich im hiesigen Sprachgebrauch durchgesetzt. Derselbe Kollege hatte zu einem IT-Störvorfall einen Bericht zu schreiben. Er schrieb was von "Pattern Buffer", "Plasma Filtern" und "Phase Transition Coils", was unverkennbar der ST-Transportertechnik-Technobabbel entlehnt ist. Höhreren Ortes gab man sich damit zufrieden, wohl weil man es eh' nicht verstand.

Diese Termini werden in die Realität übernommen und halten sich. Es sind die "Hybriden", die diesen Transfer schaffen, SF-Leser, die Eindrücke aus der SF-Welt in ihren Alltag übertragen - die Universen quasi per Sprache verschmelzen. Auf jeden Fall ist es eine besondere Art der Anerkennung der "Schöpfer", der schreibenden Gilde.

Verfasst: 14. Mai 2004 18:03
von andreas
Also mir hat ein Mensch an einer Spieleproblemhotline, nachdem er auch nicht mehr weiter wußte, eine "Ebene 2 Analyse" vorgeschlagen. Man habe ich gelacht.

Was ist denn mit dem guten alten Ausdruck "beamen"?

Grüße,
andreas

Verfasst: 14. Mai 2004 18:32
von ThorstenK
:lehrer:

Das Ionentriebwerk wäre ein Beispiel für einen Namen, der zunächst in der Science Fiction auftauchte. Der Entwickler hat in einem Interview erklärt, die Bezeichnung "Ionen-Antrieb" zum ersten Mal in einer Folge der klassischen Raumschiff-Enterprise-Serie gehört zu haben. Allerdings ist die Namensgebung absolut plausibel und die damaligen Drehbuchautoren der Sechziger Jahre haben sich bestimmt keine Vorstellung darüber gemacht, wie so ein Triebwerk eigentlich funktioniert.

:laser:

Zu meiner guten alten Studentenzeit hatte sich übrigens ein Jungphysiker mal den Gag geleistet, unter die Liste der Praktikumsversuche das Experiment "Subraumspulen" zu mischen. Ist wohl niemandem aufgefallen.

Verfasst: 14. Mai 2004 18:51
von Jorge
ThorstenK hat geschrieben:Das Ionentriebwerk wäre ein Beispiel für einen Namen, der zunächst in der Science Fiction auftauchte. Der Entwickler hat in einem Interview erklärt, die Bezeichnung "Ionen-Antrieb" zum ersten Mal in einer Folge der klassischen Raumschiff-Enterprise-Serie gehört zu haben.
Das stimmt so nicht ganz: Der Entwickler des Antriebs für die NASA-Sonde hatte mal in einem Beitrag diese Geschichte erzählt. Fakt ist aber, das an Idee und Prinzip des Ionenantriebs seit den 50ern geforscht wird. Die Behauptung, "Star Trek" hätte diesen Begriff geprägt, trifft also nicht zu.

Re: Hat die Science-Fiction neue Begriffe geprägt?

Verfasst: 14. Mai 2004 21:03
von Siegfried Langer
Andreas Eschbach hat geschrieben:
Anders gefragt: Ist seit "Cyberspace" überhaupt mal wieder ein wirklich neuer Begriff geprägt worden?

Nach dieser Firma in 'Das Jesus-Video', die die Kamera produziert hat, hat sich ja sogar ein ganzer japanischer Konzern benannt...
Wie hieß die noch?

JVC

Jesus
Video
Camera

:D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D

S.

Verfasst: 15. Mai 2004 09:43
von Knochenmann
Teufel, heute in der Früh ist mir der Begriff eingefallen:

Ich hab vor ein paar Jahren mal in einem Call Center gearbeitet. Naja, jedenfalls haben wir dort immer wieder Post bekommen, komische Breife, die kein Mensch verstanden hat, Erlagscheine, aber keiner wusste wofür usw. Jedenfalls, wegwerfen konnte man das Zeug nicht, also kam es in eine eigene Ablage, die ziemlich schnell bekannt wurde als.... "die X Akten"

Das ist ein neuer Begriff, den jeder versteht und der aus der SF kommt.

Meine Arbeit ist getan, ich geh wieder schlafen.

Re: Hat die Science-Fiction neue Begriffe geprägt?

Verfasst: 15. Mai 2004 11:48
von Andreas Eschbach
Gurney hat geschrieben:Aus der Praxis: Ein IT-Sicherheitsmensch (StarTrek-Fan) meiner "Firma" nennt die dreier-Anordnung der Firewalls Geronimo, Sakura und Omaha die "Phalanx", in Anlehnung an klingonische Gefechtsszenarien.
"Phalanx" stammt meines Wissens aus dem Altgriechischen, und zwar aus deren Militärhandbuch. :lol:
andreas hat geschrieben:Was ist denn mit dem guten alten Ausdruck "beamen"?
Der ist OK, aber - eben alt. :wink:

Ich seh schon, die SF klaut ihre Begriffe lieber von den Wissenschaftlern und beschränkt sich darauf, alteingesessenen Begriffen neue Namen zu geben ( "Farcaster" statt "Transmitter" z.B. ).

Verfasst: 15. Mai 2004 14:44
von Montag
Ich warte ja noch darauf, dass sich die Soziologie endlich in Psychohistorie umbenennt.

Re: Hat die Science-Fiction neue Begriffe geprägt?

Verfasst: 15. Mai 2004 17:38
von Ulrich
Andreas Eschbach hat geschrieben:Allgemein übliche SF-Begriffe scheinen mir entweder älter zu sein ("Alien", "Terraner", "Hyperraum") oder aus Fernsehserien zu stammen ("Phaser", "Warp", "Matrix", "Holodeck").
"Alien" und "Matrix" halte ich für erklärungsbedürftig. Das sind meines Wissens nach keine Wörter, die von der SF stammen. Deren Bedeutungen wurden nur erweitert. Alien bedeutet Ausländer, Fremder, Außerirdischer. Ich habe bereits oft festgestellt, dass sich Leute über Außeridische wundern, die in einem Lied des Sängers Sting vorkommen. Nur in diesem Fall ist es kein Außerirdischer, sondern ein Engländer in New York. Und Matrix kommt außerhalb der SF nun häufig genug vor. Im überaus bekannten Film "Matrix" mit Keanu Reeves wird noch nicht einmal genau erklärt, was die Besonderheiten dieser Matrix sind (dafür ist es auch ein Spielfilm und kein wissenschaftlicher Vortrag).

Verfasst: 16. Mai 2004 17:34
von Bungle
Meines Wissens werden die ferngesteuerten Robotergreifarme "Waldos" genannt, nach einer SF-Story von Robert Heinlein, in der sie zum ersten Mal geschildert werden. Die Story hat sogar den Titeln "Waldo" (1942)

Bei Arthur C. Clarke könnte man unter Umständen auf fündig werden, den er schilderte zum ersten mal Kommuniktation über geostationäte Satelliten.

MB