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Minority Report-Endlich wieder mal ein "ernster" SF

Verfasst: 21. Juni 2002 23:36
von Gast
Auszug aus der F.A.Z. von heute:
Steven Spielbergs erster Film Noir überrascht durch glasklaren Pessimismus

Inhalt:"Minority Report" spielt im Jahr 2054, das ist zwei Jahre weiter in der Zukunft als Spielbergs letzter Film"A.I.". Doch die Welt, in die uns "Minority Report" führt, sieht unserer ähnlicher. Weil wir sie wiedererkennen, glauben wir auch die Geschichte eher, die Spielberg uns aus ihr erzählt. Ort der Handlung ist Washington D.C.: Die Eingangssequenz zeigt uns digitale Visualisierungen von Gehirnströmen - Erinnerungen an die Zukunft, produziert von menschlichen Geschöpfen, die im Wasser liegen. Sie liegen dort in Thermalanzügen wie riesige Reptilien, sediert, den Kopf verkabelt und angeschlossen an den Computer einer Polizeieinheit zur Vorbeugung von Schwerverbrechen. Sie träumen von Morden. Nicht von irgendwelchen phantastischen Morden, sondern von denen, die geschehen werden. Ist es ein Mord aus Leidenschaft, so grausam, daß die "Prä-Cogs" (von "pre-cognition") genannten Wesen selbst im Drogenkoma zucken und schreien, liegen zwischen Traum und Tat zwanzig Minuten. Wird der Mord kaltblütig geplant, sind es drei Tage. Diese Zeitspanne kann die Polizei nutzen, um zu verhindern, was ohne ihr Eingreifen mit Sicherheit geschehen wird. Die Mörder, die nicht gemordet haben, werden verhaftet, verurteilt und weggesperrt.
......
Erstaunlich sind die Fähigkeiten der "Prä-Cogs".
......
Daß ihre prognostischen Fähigkeiten auch kurzfristig von praktischem Nutzen sein können, beweist eine humoristische Sequenz in einem Einkaufszentrum. Für einen Augenblick scheint Spielberg in seinen Kinderphantasien Luft zu holen, bevor der Film wieder ins Zwielicht einer Welt abtaucht, in der die Technik dem Menschen nicht mehr dient, sondern ihn zum Objekt ihrer Berechnungen macht.
......
Ob sie auch unfehlbar sind, das ist die Frage, um die es in "Minority Report" geht. Ist nicht vor seinem Verbrechen jeder Täter nur ein potentieller Täter, hat er nicht bis zum Augenblick der Tat noch die Wahl, sie nicht auszuführen, gibt es nicht den geringsten Zweifel daran, daß das, was die "Prä-Cogs" träumen, ein Traum bleibt? Tom Cruise spielt den Polizisten John Anderton, der all diese Fragen mit einem überzeugten Nein beantwortet. Bis die "Prä-Cogs" von ihm träumen, von ihm als Mörder. John Anderton flieht.
......
Spielberg erzählt mit den Mitteln des Film noir. Sein Held ist ein vom Schicksal zerbrochener Mann, der seine freie Zeit nur im Drogenrausch übersteht. John Anderton hat sechsunddreißig Stunden Zeit, seine Unschuld zu beweisen, sein vorhergesagtes Opfer und den Tatort zu finden und dann den Mord zu begehen oder auch nicht. Auf seinem Weg durch die verkommensten Winkel der Stadt ist er auf die Hilfe bizarrer Gestalten angewiesen, die im Abschaum der technischen Entwicklung existieren. Er muß ein hilfloses Wesen retten und durchs Dunkel reisen, um ans Licht zu kommen.
......
Die Vorstellung, des Verbrechens Herr zu werden, indem man es verhindert, ist in diesen Wochen in den Vereinigten Staaten Thema nicht der Filmkritik, sondern der politischen Debatte. Verdächtige aufzuspüren, die in Zukunft möglicherweise einen terroristischen Anschlag planen könnten, sie dingfest zu machen und aus dem Vekehr zu ziehen, bevor sie straffällig werden, ist eines der erklärten Ziele der amerikanischen Regierung. Spielbergs Film war lange fertig, bevor diese Überlegungen die Öffentlichkeit erreichten. Wenn "Minority Report" heute in den Kinos überall im Land (USA) anläuft, wird er dennoch unvermeidlich als Kommentar zu den neuen Richtlinien zur inneren Sicherheit gesehen werden. Politische Entscheidungen wird er nicht beeinflussen. Aber vielleicht wird er zum Emblem einer Warnung, wie es einst George Orwells "1984" war.
......
"Minority Report" ist eine technische Vision und gleichzeitig eine Genrestudie aus der Geschichte des Kinos. Die Vorlage schrieb Philipp K. Dick - der Autor, aus dessen Buch "Träumen Androiden von elektrischen Schafen?" einst Ridley Scotts "Blade Runner" wurde - in den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Sie ist eine düstere Phantasie über die Verschmelzung von Mensch und Maschine und über skrupellose Regierungsbeamte, deren Karriere auf den verkabelten Körpern anderer gebaut ist. Nichts in Spielbergs Werdegang wies darauf hin, daß es ihn reizen könnte, diese Geschichte mit den Mitteln des Kinos noch einmal zu erzählen. Vielleicht liegt es an der Fremdheit des Stoffs, die so quer zu seinen gewohnten Erzählmustern liegt, daß "Minority Report" sein bester Film seit vielen Jahren geworden ist.

Klingt doch vielversprechend, oder? Warte jedenfalls gespannt auf die Deutschlandpremiere. :D

Minority Report

Verfasst: 23. Juni 2002 20:22
von Gast
Ja, klingt seht vielversprechend. Auch ich sehe diesem Film mit Interesse entgegen, siehe auch IMDB.
:D

Verfasst: 24. Juni 2002 12:18
von Rumata
Ich habe eine Menge von Philip K. Dick gelesen und bin auch schon sehr gespannt.

Die Grundidee bei Dick ist ja meist, das es noch eine Welt hinter der uns bekannten Welt gibt, die eigentliche Realität. Wobei nie klar ist, welches die letzte Wirklichkeit ist. Bin mal gespannt wie Herr Spielberg das umgesetzt hat :)

Dick-Adaptionen

Verfasst: 26. Juni 2002 11:20
von Ralf Bodemann
Hoffentlich erreicht der Film nicht das Niveau von Total Recall.
Da war die Dick'sche Mehrebenen-Realität nur Staffage für nicht enden wollende Action-Szenen.

Skeptisch

Verfasst: 15. Juli 2002 10:48
von Frank Böhmert
Der Trailer, den ich neulich gesehen habe, WIMMELTE von Action-Szenen ...

Verfasst: 15. Juli 2002 10:53
von breitsameter
Eine sehr ausführliche Filmkritik findet sich bei LOCUS Online unter:
http://www.locusmag.com/2002/Reviews/We ... ority.html

Verfasst: 3. Oktober 2002 17:28
von Gast
Habe gestern in einem Preview "Minority Report" gesehen. Der Film ist (bis auf den kitschigen und absolut unötigen/unpassenden Schluß) sehr gut, schön düster, mit schwarzem Humor( Augenrollen im wahrsten Sinn des Wortes :D), guten Effekten, mit einem Wort: Ansehen!!!!

Verfasst: 4. Oktober 2002 22:24
von Tyrell Inc.
Habe den Film am Mittwoch ebenfalls in einer Prewiew gesehen.
Danach hatte ich ein sehr zwiespältiges Gefühl.
Ich glaube Steven Spielberg und ich werden wohl nie so richtig Freunde werden.
Er machte mit Minority Report wohl seinen düstersten Film, merkt aber nicht, daß die junge Regissseure wie Fincher,die Wachowski Brüder und andere Ihn aber scuon lange überholt haben.
Das betrifft sowohl den Mut der Kompromißlosigkeit oderauch Ihrer Visuellen bzw. Inhaltlichen Auseinandersetzung.
Der gute Steven kann oder will einfach seinen guten Spielberg nicht lassen
Er will einfach auf sein gutes süßes kitschiges Ende nicht verzichten, untermalt mit warmen erdigen Bildern :kotzen:.
Optimismus für die Popcorn-family-leicht verdaulich und schnell vergesssen.
Dabei brauchte gerade er sich von den Studios wohl am wenigsten vorschreiben lassen.
Das ein offenes oder gar "negatives" Ende ala Blade Runner oder Fight Club auch zu einem klassischen Film-Noir gehören können, begreift Spielberg wohl nie mehr.
Ein Finscher oder Verhoeven hätte hier wesentlich mehr herausholen können.
Überhaupt sehen alle Wohnungen bis auf die von Anderton warm,und altmodisch aus.
Mein Hauptkrtikpunkt aber : Minority Report ist kein SF-Film, jawohl.
Er ist ein zugegeben gutgemachter, wenn auch sehr vorhersehbarer (Max von Sydow wie immer...) Krimi im SF-Gewand.
Die einzelnen charaktere besitzen allesamt keine Tiefe oder sind sonstwie besonders hevorgehoben.
Nur während der Mitte des Films tauchten (Autobahn,Cornflakes,Augen-OP,Spinnen) einige nette Ideen aus der Welt in Fünzig Jahren auf.
Nur wozu denn das ganze Brainstorming mit den Zukunftsforschern im Vorfeld der Dreharbeiten, wenn Diese Ideen so spärlich eingesetzt werden ?
Netter Krimi -mehr (leider) nicht-
So ähnlich wie bei Diesen Film, ging es mir schon vor Jahren bei Strange Days von K.Bigelow. Viel versprochen, wenig gehalten

Verfasst: 5. Oktober 2002 12:20
von HC 9
Mir hat der Film gefallen
Obwohl ich ja sonst nicht grade ein Fan von Spielbergs Scifs bin.
Nach der Gurke A.I habe ich mir den Film ohne grosse Hoffnungen
angesehen.
Aber ich bin angenehm überrascht worden
Der Film hat eine intelligente Story mit spannenden Storywendungen
und ein brilliante Optik von CGI Edelschmiede ILM
Beides zusammen findet man nicht jeden Tag in einem Film

Verfasst: 6. Oktober 2002 13:13
von zak
Im großen und ganzen kann ich die negativen Kritiken nicht nachvollziehen.
Ist wie immer Geschmackssache. Auch wenn ich nicht gerade überschäumend
vor Freude über diesen Film bin, finde ich ihn trotz allem sehr gelungen.

Sicher hätte man einige der Details anders darstellen können. Z.B. wie die in der
Kritik auf der Hauptseite dargestellten Szenen bei der Aufklärung von stattfindenden
Verbrechen. Die Holzkugeln finde ich allerdings plausibel, einmal wird der Sinn im Film
selbst erklärt (Fälschungssicher), andererseits wird durch greifbare, wirkliche
(nicht digital oder virtuell) Dinge ein Bezug zu menschlichen Wahrnehmungen
hergestellt.

Das im Laufe des Films, dieser von anfänglichem High-Tech hin zu "normalen Dingen",
wie Wohnungen, Landschaft usw. wechselt, läßt sich für mich damit erklären das Spielberg
damit zeigt das die Zukunft nicht soweit weg ist, wie sie erscheint. Er holt uns in die Gegenwart
zurück, schnell ist das Jahr 2054 vergessen. Netzhautscanner und totale Überwachung,
personalisierte Werbung usw. gibt es schon heute und wir bewegen uns immer mehr in
die Richtung des Films.

Gut finde ich das Spielberg seinen moralischen Zeigefinger, welcher in den letzten Filmen sehr
stark zu sehen war, etwas gesenkt hat und er nicht mehr das Gewissen der Nation sein möchte.
Es war, abschließend, ein Film nicht nur für Liebhaber, wie Blade Runner nun mal einer ist,
sondern ein Film der versucht alle Fraktionen zu vereinen, was er meines erachtens gut
geschafft hat.

In diesem Sinne,
Zak

Verfasst: 6. Oktober 2002 13:33
von Nik of Time
wie lautet eigentlich der Titel der Original Kurzgeschichte von Philip K. Dick?

Verfasst: 6. Oktober 2002 13:42
von breitsameter
Nik of Time hat geschrieben:wie lautet eigentlich der Titel der Original Kurzgeschichte von Philip K. Dick?
"The Minority Report"
(deutsch meist: Der Minderheiten-Bericht)
Die Kurzgeschichte kann man auch online lesen - ob diese Onlineversion allerdings rechtens ist, oder nicht, kann ich nicht sagen:
http://www.fearsmag.com/members/feature ... nority.asp

Etwas enttäuscht vom Film

Verfasst: 6. Oktober 2002 21:41
von waver
Habe grad den Film gesehen. Hatte Inhaltlich eigentlich etwas mehr von dem Film erwartet. Nun ja.

Mit den drei Menschen, die da im Becken liegen und die Morde voraussehen können, und dann noch in Bildern, dass ist ja wohl der absolute Schwachsinn!
Auch die schauspielerischen Leistungen von Tom Cruise waren nicht so toll. Für mich eigentlich eine Fehlbesetzung.
Oder mit den Kugeln. Was soll das? Auch da kann man vor dem Eingravieren die Namen manipulieren.
Die Turnübungen von Tom Cruise am Wolkenkratzer, wie er von einem Fahrzeug zum anderen sprang - sehr unglaubwürdig -, ein Zugeständnis ans actiongewöhnte Kinopublikum. Hätte Spielberg eigentlich nicht notwendig.
Oder der Kampf in der Fahrzeugpresse zwischen Fertigungsrobotern. Wo er schließlich quicklebendig am Ausgang der Polizei mit dem Fahrzeug davon fuhr. Lächerlich.
Oder der Kampf mit den Fluggerät ausgestatteten Polizei an den Häuserfassaden. Er gegen 5-6 andere .. und bleibt doch Sieger.
Diese Kritik ließe sich jetzt noch um einiges weiter fortsetzen.

Trotzdem dieser Kritik an manchem Unglaubwürdigen in diesem Film für mich dennoch ein nicht uninteressanter kurzweiliger Film, wenn man den Anspruch nicht zu hoch stellt.

waver

Verfasst: 6. Oktober 2002 22:22
von Gast
Zur SF-Fan-Kritik:

Ist ja schön und gut, wenn man mal ein flottes Sprüchlein in einer Kritik platzieren möchte, aber Cruise hat im Film raspelkurze Haare. Wie bitte sollen sich die denn im Fahrtwind bewegen?

Verfasst: 6. Oktober 2002 23:37
von HC 9
Und ist es überhaupt noch Fahrtwind wenn sich ein Fahrzeug
von oben nach unten bewegt wie ein Fahrstuhl ...oder ist das Fallwind :roll: *g*