Gibt es eine "Physikalische Falle"?

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KarlOlsberg
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Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von KarlOlsberg »

Bin mir nicht sicher, ob das hier die richtige Stelle für das Posting ist, weil es irgendwie zwischen Fiktion und Realität schwebt: In meinem Einführungsroman zum Mygnia-Projekt schreibt der Journalist Alex Mars einen Artikel über eine Theorie des (fiktiven) Physikers Heiner Krombach, der ziemliche Wellen schlägt. Ursprünglich war das nur als dramaturgischer Kniff gedacht. Aber nachdem ich den Artikel geschrieben und ein bisschen darüber nachgedacht habe, frage ich mich, ob ich da nicht auf etwas gestoßen bin, das eine ernsthafte Diskussion erfordert. Ein ziemlich gruseliger Gedanke, zu dem ich gerne eure Meinung wüsste.

Hier ist der Volltext des Artikels, hier die Kurzfassung von Krombachs Theorie:

Es gibt ein physikalisches Prinzip, dessen Entdeckung unweigerlich zur Zerstörung der Spezies führt, die es entdeckt. Dies ist die Erklärung für das „Fermi-Paradoxon“: Der Faktor L in der Drake-Formel ist aufgrund der Physikalischen Falle sehr klein. Nur solche Spezies, die ihren Ausbreitungsdrang und ihre Aggression bereits vor der Entdeckung unter Kontrolle gebracht haben, können überleben – diese können wir aber nicht sehen, weil sie zurückgezogen und naturnah leben. Krombach nennt diese „Typ B“-Zivilisationen, während wir Menschen zum aggressiven Typ A gehören. Krombach fordert eine „Denkpause“ und eine deutliche Reduktion der Geschwindigkeit der Forschung, insbesondere im Hochenergiebereich.

Argumente für die Theorie der Physikalischen Falle:
  • Die technologische Entwicklung verläuft exponentiell und unkontrolliert (darüber habe ich ein Buch namens „Schöpfung außer Kontrolle“ geschrieben)
  • Die Zerstörungskraft unserer Waffen wächst exponentiell
  • Wir haben bisher jede Waffe, die wir entwickelt haben, auch eingesetzt
  • Selbst wenn klar ist, dass der Einsatz einer Waffe zur Zerstörung der ganzen Welt führt, gibt es genug Irre, die sie ohne Zögern benutzen würden (z.B. Hitler in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs oder religiöse Fanatiker)
  • Fukushima, die Diskussionen um die iranische Atombombe und das tödliche Virus, das niederländische Forscher geschaffen haben, deuten darauf hin, dass die Gefahr real ist.
Argumente dagegen:
  • Es gibt mindestens 50 verschiedene Erklärungen für das Fermi-Paradoxon, die wahrscheinlichste ist, dass intelligentes Leben einfach sehr selten ist.
  • Wir leben bereits seit Jahrzehnten mit der Möglichkeit der Selbstzerstörung durch Atombomben, bisher ist alles gut gegangen.
  • Selbst wenn wir unsere Zivilisation zerstören, wäre diese Zerstörung nicht gründlich genug, als dass wir nicht nach ein paar hundert Jahren wieder an demselben Punkt wären wie jetzt, das kann also nicht die Erklärung für einen niedrigen L-Faktor sein.
  • Die Forderung, die Wissenschaft zu bremsen, ist reaktionär und albern und erinnert an die Art, wie religiöse Fanatiker den Fortschritt zu unterdrücken versuchen. Wissen kann niemals schädlich sein.
Was denkt ihr? Hat Heiner Krombach mit seinen Befürchtungen recht? Und wenn ja, was sollten wir tun?
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Bully
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von Bully »

Ob das der Grund ist, dass man noch keine Aliens getroffen hat, oder nicht, ändert ja nichts an der Gefahr, dass wir uns selbst vernichten. Wenn das passiert, ist die Theorie trotzdem nicht verifiziert.
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KarlOlsberg
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von KarlOlsberg »

Bully hat geschrieben:Ob das der Grund ist, dass man noch keine Aliens getroffen hat, oder nicht, ändert ja nichts an der Gefahr, dass wir uns selbst vernichten. Wenn das passiert, ist die Theorie trotzdem nicht verifiziert.
Wenn ich es richtig sehe, kann man Theorien nicht verifizieren, bloß falsifizieren. Wenn wir die nächsten 1.000 Jahre überleben, obwohl wir ungebremst weiter forschen und sich auch an unserer Aggressivität nichts ändert, wäre Krombach aus meiner Sicht widerlegt (obwohl dann der Faktor L in unserem Fall immer noch sehr klein wäre).
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von Bully »

KarlOlsberg hat geschrieben:
Bully hat geschrieben:Ob das der Grund ist, dass man noch keine Aliens getroffen hat, oder nicht, ändert ja nichts an der Gefahr, dass wir uns selbst vernichten. Wenn das passiert, ist die Theorie trotzdem nicht verifiziert.
Wenn ich es richtig sehe, kann man Theorien nicht verifizieren, bloß falsifizieren. Wenn wir die nächsten 1.000 Jahre überleben, obwohl wir ungebremst weiter forschen und sich auch an unserer Aggressivität nichts ändert, wäre Krombach aus meiner Sicht widerlegt (obwohl dann der Faktor L in unserem Fall immer noch sehr klein wäre).
Wenn wir die nächtsen 1.000 Jahre ungebremst weiter forschen, haben wir zumindest unser Sonnensystem besiedelt. Dann kann es interplanetare Kriege geben, und wir sind immer noch nicht aus dem Schneider.
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von L.N. Muhr »

Ich sehe ehrlich gesagt nichts physikalisches in einer rein sozialen These, die vereinfacht gesagt nichts anderes bedeutet als "wenn die Menschheit sich nicht ausrottet, besteht sie weiter". Vllt. bin ich betriebsblind, aber mehr scheint mir das alles nicht zu besagen.

Und ja, richtig, Theorien können nur eindeutig falsifiziert werden. Jede Verifikation einer Theorie (also einer Aussage über die Wirklichkeit, nicht verwechseln mit These, einer Annahme über die Wirklichkeit) ist nur vorläufig.
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KarlOlsberg
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von KarlOlsberg »

L.N. Muhr hat geschrieben:Ich sehe ehrlich gesagt nichts physikalisches in einer rein sozialen These, die vereinfacht gesagt nichts anderes bedeutet als "wenn die Menschheit sich nicht ausrottet, besteht sie weiter". Vllt. bin ich betriebsblind, aber mehr scheint mir das alles nicht zu besagen.
Es geht hier nicht nur um Verhaltensweisen. Ich erinnere an die Diskussionen rund um die Inbetriebnahme des LHC. Ich will hier den damaligen Gegnern nicht das Wort reden, aber es wäre immerhin theoretisch möglich gewesen, dass zur Überraschung aller Beteiligten etwas mit katastrophalen Folgen passiert. Denn wenn man vorher wüsste, was passiert, wenn man Protonen mit 7 TeV (oder demnächst mit 14) aufeinander knallen lässt, bräuchte man ja den LHC nicht.

Als die erste Atombombe gebaut wurde, hatte Fermi Zweifel, ob die dabei freigesetzte Energie nicht die gesamte Atmosphäre in Brand setzen könnte. Man überschlug das und kam zu dem Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit höchstens 3:1.000.000 sei, so dass man die Gefahr in Kauf nahm. Die Chance ist immerhin etwa so groß wie 5 Richtige im Lotto. Wenn wir oft genug solche "Experimente" durchführen, wird es uns irgendwann möglicherweise erwischen.

Es geht hier also nicht nur um Aggressivität (in der Hinsicht ist mein Text vielleicht etwas irreführend), sondern auch um die "Gefährlichkeit" des Universums per se. Man kann das vielleicht mit einer Pistole vergleichen, die ein Affe im Dschungel findet. Wenn sie geladen und ungesichert ist, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Schuss auslösen. Ist sie gesichert, dauert das länger, aber wenn er lange genug daran herumspielt, wird er irgendwann die Sicherung lösen, und Peng. Ist sie ungeladen, wird gar nichts passieren, egal, was er damit macht. Krombachs Frage lautet also: Ist das Universum möglicherweise eine geladene und entsicherte Waffe?
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von KarlOlsberg »

Bully hat geschrieben: Wenn wir die nächtsen 1.000 Jahre ungebremst weiter forschen, haben wir zumindest unser Sonnensystem besiedelt. Dann kann es interplanetare Kriege geben, und wir sind immer noch nicht aus dem Schneider.
Wenn wir mehrere Planeten besiedelt haben, ist die Wahrscheinlichkeit einer Totalauslöschung schon deutlich kleiner, bei zwei oder mehr Sternsystemen fast Null. Das bedeutet: Sobald eine Spezies interstellare Kolonisierung beherrscht, kann ihr nicht mehr viel passieren - aber dann müssten wir sie eigentlich auch in unserer Nachbarschaft sehen. Das würde dafür sprechen, dass in dem - entwicklungsgeschichtlich vermutlich ziemlich kurzen - Zeitraum zwischen der Fähigkeit zur Selbstzerstörung und der Fähigkeit zu interstellaren Reisen eine Katastrophe quasi passieren "muss".

Zum Glück gibt es auch noch andere plausible Erklärungen für das Schweigen im Weltraum.
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von Gernot »

Ich glaube nicht, dass eine "physikalische Falle" im Sinne einer zwangsläufigen Naturgesetzlichkeit gibt. Selbstauslöschung kann es trotzdem geben, vielleicht passiert Derartiges sogar häufig, aber eben nicht zwingend.
Das Fermi-Paradoxon kann vielerlei Ursachen haben. Noch immer sind zu viele Parameter in der Drake-Formel äußerst vage bis völlig unbekannt. Dazu kommt, dass es doch sehr gewagt erscheint, allgemeine Gesetzmäßigkeiten für das Verhalten intelligenter Lebewesen aufzustellen. Dazu ist die Datenbasis - genau 1 (eine) bekannte intelligente* Spezies - doch ein wenig zu dünn.

* und sogar bei dieser kommen einem manchmal Zweifel an der Intelligenz. :wink:
Das Fliegen wird erst möglich, wenn zuvor vom Fliegen geträumt wurde. (Stanislaw Lem)

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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von Bully »

KarlOlsberg hat geschrieben:
Bully hat geschrieben: Wenn wir die nächtsen 1.000 Jahre ungebremst weiter forschen, haben wir zumindest unser Sonnensystem besiedelt. Dann kann es interplanetare Kriege geben, und wir sind immer noch nicht aus dem Schneider.
Wenn wir mehrere Planeten besiedelt haben, ist die Wahrscheinlichkeit einer Totalauslöschung schon deutlich kleiner, bei zwei oder mehr Sternsystemen fast Null. ...
Bevor man die interstellare Raumfahrt beherrscht, kann folgendes passieren:
Der Mars setzt auf der Erde ein tödliches Virus aus, und die Erde schickt ihren Vorrat an Atomraketen in Marsch, der die Treibhäuser der Marskolonien zerstört. Die Bewohner sonstiger Himmelskörper sind zu wenig, um die interplanetare Raumfahrt in Betrieb zu halten, und sterben irgendwann danach auch aus.

Bei interplanetarer Raumfahrt hat man ungefähr eine Ahnung, wie es funktionieren könnte, obwohl man die Technik noch nicht beherrscht. Ähnlicherweise hatte schon Strabo die Idee, dass man China erreicht, wenn man von Spanien aus nach Westen reist, was man wegen der Länge der Strecke, der Schwierigkeit, genug Trinkwasser und Nahrung mitzunehmen, der Entfernung von jeder bekannten Küste und der Wahrscheinlichkeit, in einen Sturm zu geraten, aber als sehr theoretisch betrachtete. Umgesetzt wurde das dann ca. 1500 Jahre später doch. Wenn es jetzt "nur" nochmal 500 Jahre dauert, bis wir andere Planeten besiedeln (also nicht einfach Sonden oder Expeditionen schicken, sondern wirklich dauerhafte Kolonien errichten), sind die 1.000 Jahre schon halb ausgereizt.
Andere Sonnensysteme zu erreichen, erfordert nach meinem Dafürhalten einen noch größeren Techniksprung als der von "Raketen ins All schießen" bis zu "Kolonien auf dem Mars errichten". In 1.000 Jahren vllt. nicht, es sei denn, die Aliens komen zwischenzetlich doch vorbei.
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von Shock Wave Rider »

Gernot hat geschrieben:[...]- genau 1 (eine) bekannte intelligente* Spezies - [...]

* und sogar bei dieser kommen einem manchmal Zweifel an der Intelligenz. :wink:
Allerdings. Aber ich bin Optimist.
Ich bin fest davon überzeugt: Eines Tages wird es intelligentes Leben auf diesem Planeten geben. :smokin

Gruß
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von KarlOlsberg »

Shock Wave Rider hat geschrieben: Allerdings. Aber ich bin Optimist.
Ich bin fest davon überzeugt: Eines Tages wird es intelligentes Leben auf diesem Planeten geben. :smokin

Gruß
Ralf
Da musst du gar nicht so lange warten. Vögel leisten z.B. bereits Erstaunliches - mit ihrem nicht mal walnussgroßen Gehirn können Krähen Logikprobleme lösen, die Kleinkinder nicht begreifen, die Absichten ihrer Artgenossen und sogar von Menschen durchschauen und Lügen und Betrügen. Gib denen noch ein paar Millionen Jahre, dann haben sie auch Smartphones.

Deshalb glaube ich auch nicht an das Mayersche Argument, intelligentes Leben sei sehr selten, weil es sich auf der Erde unter 50 Milliarden Arten nur ein einziges Mal entwickelt habe. Wir sind lediglich die Ersten auf unserem Planeten, die Bücher über intelligentes Leben schreiben können. Ich glaube, "Intelligenz" (wie immer man das definiert) ist ebenso häufig wie belebte Planeten mit einem Alter von mehr als drei Milliarden Jahren. Und die Entwicklung von Kommunikationstechnik ist meines Erachtens auch nur eine logische Folge der Evolution.

Aber Krähen könnten natürlich auch eines Tages in die Physikalische Falle tappen ...
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von KarlOlsberg »

Bully hat geschrieben:Wenn es jetzt "nur" nochmal 500 Jahre dauert, bis wir andere Planeten besiedeln (also nicht einfach Sonden oder Expeditionen schicken, sondern wirklich dauerhafte Kolonien errichten), sind die 1.000 Jahre schon halb ausgereizt.
Andere Sonnensysteme zu erreichen, erfordert nach meinem Dafürhalten einen noch größeren Techniksprung als der von "Raketen ins All schießen" bis zu "Kolonien auf dem Mars errichten". In 1.000 Jahren vllt. nicht, es sei denn, die Aliens komen zwischenzetlich doch vorbei.
Es stimmt schon, dass ein Dutzend Lichtjahre was anderes sind als die paar hunderttausend Kilometer bis zum Mond. Aber die technische Entwicklung ist exponentiell. In den letzten hundert Jahren hat sich die Rechenkapazität von Maschinen alle zwei Jahre verdoppelt. Tausend Jahre sind da eine verdammt lange Zeit!

Was ich am Fermi-Paradoxon besonders rätselhaft finde: Es mag ja für Lebewesen wie uns schwierig sein, den interstellaren Raum zu durchqueren, aber für selbstreplizierende Maschinen sollte das kein Problem sein. Die müssten sich, sobald sie mal irgendwo entstanden sind, eigentlich exponentiell vermehren, sich dabei notwendigerweise evolutionär weiterentwickeln und im Grunde schon längst hier angekommen sein. Und beim heutigen Entwicklungsstand und der Entwicklungsgeschwindigkeit der Technik glaube ich nicht, dass es noch mal 1.000 Jahre dauert, bis wir das haben, was Andreas Eschbach in "Der Herr aller Dinge" beschriebt (zumindest so ungefähr).

Wenn man nicht unterstellt, dass wir ein extrem unwahrscheinlicher Einzelfall sind (wie es viele tun), dann bleiben eigentlich nicht mehr so viele Erklärungen für das Fermi-Paradoxon übrig außer der, dass es keine Spezies schafft (oder dumm genug ist), solche selbstreplizierenden Bots ins Weltall zu entlassen, bevor sie sich selbst entsorgt.
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von KarlOlsberg »

Gernot hat geschrieben:Noch immer sind zu viele Parameter in der Drake-Formel äußerst vage bis völlig unbekannt.
Ein paar Faktoren kennen wir schon relativ gut (R, fp, ne), für einen relativ hohen Wert von fl spricht die Entstehungsgeschichte des Lebens auf der Erde (schon recht kurz, nachdem es möglich war, entstand es) und die Tatsache, dass es auf der Erde selbst unter extremsten Bedingungen Leben gibt.

Die großen Unbekannten sind fi, fc und L.

Zu fi: Relativ hochentwickelte Intelligenz hat sich mehrfach unabhängig auf der Erde entwickelt, z.B. bei Vögeln, Primaten, Walen und Kopffüßern. Das spricht dafür, dass es eine zwangsläufige evolutionäre Folge komplexen Lebens ist. Wie wahrscheinlich der Sprung vom Ein- zum Mehrzeller ist, wissen wir dagegen nicht. Ich glaube aber, dass auch das irgenwann zwangsläufig passiert, genügend Zeit vorausgesetzt.

Zu fc: Kommunikative Aliens brauchen wir eigentlich nicht, wir brauchen nur expansive. Und das Grundgesetz der Evolution sagt, dass sich expansive Spezies durchsetzen. Wenn wir also annehmen, dass fc für expansive Spezies steht, die irgendwann interstellare, selbstreplizierende von-Neumann-Sonden bauen, dann dürfte dieser Wert relativ groß sein.

Wenn fi und fc nicht extrem niedrig sind (was wieder der Glücksfall-Hypothese entspräche), dann müsste es allein in der Milchstraße nach allem, was wir wissen, tausende Planeten geben, auf denen es technische Zivilisationen gab oder gibt. Eigentlich bleibt dann nur L als Erklärung dafür, dass wir noch keinen Besuch von ihnen hatten - die Lebensdauer einer intelligenten Zivilisation. Außer, man glaubt an die Men in Black.
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von Bully »

KarlOlsberg hat geschrieben:...Was ich am Fermi-Paradoxon besonders rätselhaft finde: Es mag ja für Lebewesen wie uns schwierig sein, den interstellaren Raum zu durchqueren, aber für selbstreplizierende Maschinen sollte das kein Problem sein. ...
Das ist logisch: angenommen, es gibt selbstreplizierende, halbwegs intelligente Maschinen, die an das Leben im All angepasst sind.
Also an Vakuum, kein flüssiges Wasser oder andere Flüssigkeiten, dafür wenig bis keine Schwerkraft und jede Menge Strahlung. Letzteres ist ihre Energiequelle, als Materiequelle dienen Asteroiden und Monde.
Was sollten solche Maschinen auf der Erde? Sauerstoff, der korrodiert. Wasser, das Kurzschlüsse verursacht. Schwerkraft, die man überwinden muss, wofür man mehr Energie verbraucht. Ein Magnetfeld, was die kosmische Strahlung abhält, so dass man Akkus oder sonstige Energiespeicher mitschleppen muss. Wer, zum Teufel, würde sowas wollen?
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Re: Gibt es eine "Physikalische Falle"?

Ungelesener Beitrag von Andreas Eschbach »

Eine solche Falle würde ich (bekanntlich :wink: ) in der zunehmenden Miniaturisierung suchen. Die Waffen werden nicht nur immer gefährlicher, sie werden auch immer kleiner, und beide Prozesse sind nicht aufzuhalten. Wobei man gar nicht auf die Nanowaffe und gray goo zu warten braucht; schon "Der kleine Gentechniker"-Baukasten in Händen von Fanatikern (vor allem die Experimente der Reihe "Wir bauen uns einen neuen Virus mit total unbekannten Eigenschaften!") könnte genügen.
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