Hi Marrak (Michael?), sehr interessantes Posting von Dir.
Einige Deiner Analysen teile ich in Ihrer negativen Aussage nicht. Nicht, weil ich Optimist bin, sondern weil ich andere Beobachtungen gemacht habe. Aber dafür sind wir ja hier, um das zu diskutieren.
Marrak hat geschrieben:Die Interessenverschiebung in Sachen Unterhaltungsmedien, die ideenmäßig ausgedünnte SF-Literatur, die Euro-Einführung, unsere lahmende Wirtschaft
Sicher richtig. Und man sollte vielleicht auch einmal erwähnen, dass man heute für ein Taschenbuch 12 Euro bezahlt, was noch vor zwanzig Jahren vielleicht DM 7,80-9,80 gekostet hätte. Da reicht die Inflation als Argument nicht.
Vom Rückzug der Verlage verunsichert, trauen sich viele Autoren auch nicht mehr, SF oder Phantastik zu schreiben, bzw. die Verlage, solche zu veröffentlichen. Sowohl von Verlagen (zum Glück nicht von allen!) als auch von Literaturagenten heißt es: „Bitte, bitte keine SF, das kriegen wir nicht an den Mann!“
Trotzdem wird heute mehr deutsche Phantastik (SF+F) veröffentlicht, als noch vor zehn Jahren. Ich denke da an Klein, Heitz, Evers, Pansi, Marrak u.a..
Von den Kleinverlagen, die es damals auch nicht in dem Maße gab, ganz zu schweigen.
Ein erhofftes neues Interesse, wie es vor zwanzig Jahren durch gutes SF-Kino gefördert wurde, kann und wird es mit den aktuellen Filmen nicht geben.
Meinst Du wirklich gutes oder erfolgreiches Kino? Der Boom vor 20 Jahren war Star Wars geschuldet und im Kielwasser dieser SF-Welle konnten auch anspruchsvollere Bücher verkauft werden.
Nein, ich würde niemals Star Wars als schlecht bezeichnen, aber da Du nachher noch das Wort "anspruchsvoll" benutzt...
Bitte keine Langeweile, und bitte nicht so viel Anspruch!
Och, es gab aber in den letzten Jahren auch einige qualitativ hervorragende SF-Filme wie z.B. Dark City und Gattaca. Lichtblicke sind immer ersichtlich. Früher war da auch nicht alles besser, es war noch zu keiner Zeit so, dass wir mit guten SF-Filmen erschlagen wurden.
Das Problem ist die Quasi-Neulesergeneration – die jedoch nicht liest, sondern sich emsig anderen Unterhaltungsmedien zuwendet.
Da sind wir uns einig, das ist das Problem. Wenn man einen Schuldigen sucht, ist das nicht die Qualität des SF-Films, sondern die Ablenkungsmöglichkeiten insbesondere durch Computerspiele und das Internet - wo ich auch im Moment sitze, anstatt etwas zu lesen. 8)
Die bequeme, rasante Unterhaltung wird gesucht. Ein Buch kostet zuviel Zeit in unserer schnelllebigen Welt.
Ja, auch ich höre immer wieder das Argument, dass die Leute angeblich keine Zeit mehr zum lesen haben. Wenn man dann nachfragt, was sie denn anstelle dessen tun, hört man nichts. Wenn man nachbohrt, lautet die deprimierende Antwort oft: TV sehen.
So wird Alteinhergebrachtes wieder und wieder mit neuen Gewürzen aufgekocht, bis es letztendlich ungenießbar ist. Aber selbst das hartgesottenste Publikum ist es eben irgendwann satt, immer dasselbe in neuer Verpackung vorgelegt zu bekommen.
Glaube ich nicht, denn: Viele Leute wollen eigentlich genau das, das Althergebrachte. Zwar leicht anders verpackt, aber trotzdem. Führt man ihnen Sachen vor, die zu neu sind, wird verschreckt mit Ablehnung reagiert.
Ich weiß nicht, ob das Unterhaltungskino so viel schlechter geworden ist, obwohl man schon einen gewissen Trend dahingehend beobachten kann, dass sich bei der Ausarbeitung der Geschichten nicht mehr so viel Mühe gegeben wird.
Ob Battletech, Shadowrun, Star Trek
Ach komm, ist doch nicht mehr der Rede wert. Star Trek ist so gut wie weg vom Fenster, zumindest bei uns. Während in den USA immer noch so um die 4 Titel im Monat publiziert werden, plant Heyne gerade mal 2 in einem halben Jahr ein. He's dead, Jim.
oder all die unsäglichen Versuche der Heftromanszene, im Kielwasser von Serienerfolgen mit schlechtem Abklatsch das schnelle Geld zu machen
Das waren doch gar nicht so viele, mir fallen im Moment nur "Dino Land", die "Ufo-Akten" und "Die Abenteurer" ein. Habe ich jetzt welche vergessen?
– seit fünfzig Jahren schwimmen wir genügsam auf angloamerikanischen Wellen mit.
Gerade für den Heftromanmarkt möchte ich das so nicht stehen lassen; man mag z.B. über die diversen Geister- und Dämonenjäger denken was man will, aber sie sind schon eigene Kreationen ohne angloamerikanisches Äquivalent.
Und sowas wie PR gibt es in den USA auch nicht, obwohl die Serie natürlich Motive und Handlungsmuster auch aus der US-SF verarbeitet.
Das Problem ist wohl eher, dass wir Deutschen derartig auf angloamerikanische Stoffe konditioniert sind, dass wir phantastische Storys in Deutschland kaum akzeptieren und die meisten deutschen Autoren dann wieder in ihren Texten in andere Länder (nicht immer USA, aber oft) ausweichen.
Eine eigene deutsche Phantastik-Tradition sehe ich somit schon, aber natürlich lässt sich nicht leugnen, dass deutsche Autoren sich in der Mehrzahl von US-Kollegen inspirieren lassen.
trügerische Sicherheit wiegten und zu noch mehr seichter Massenware beflügelten. Die wenigen Leser, die Qualität bevorzugten, konnten den Kahn leider nicht vorm Sinken bewahren.
Das war aber doch nie anders. Die leichte Massenware trug halt qualitativ hochwertige Stoffe mit.
DIESE Gleichung scheint irgendwie nicht mehr aufzugehen.
Schau Dir das Heyne-Programm an: Bei 10-12 Titeln im Monat kann man ruhig auch mal 1-2 anspruchsvolle Bücher veröffentlichen.
Bei 2 Titeln im Monat ist das ungleich schwieriger, bzw. unmöglich.
Da liegt, denke ich, das Problem, und dann sind wir wohl doch nicht mehr so weit auseinander: Der Markt ist inzwischen so klein, dass halt auf Nummer Sicher gegangen werden muss, und dadurch halt auch Kunden vergrault werden.