Halbwesen und die SF

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breitsameter
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Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Jeder dürfte mittlerweile mitgekriegt haben, was für ein Blödsinn Sibylle Lewitscharoff von sich gegeben hat - und ich will hier gar nicht primär über sie diskutieren.
Was ich aus Sicht der Science Fiction interessant finde, ist ihre geäußerte Verurteilung von Kindern, die durch künstliche Befruchtung zustande kamen als »Halbwesen«.
Halbwesen, das klingt fast wie auch einem Fantasyroman, eine unheilige Vereinigung, Wesen mit seltsamen Eigenschaften. Oder doch eher Halblinge?

Aber die Science Fiction hat sich die Frage, was unterscheidet auf technischem Wege (und das geht hier natürlich wesentlich weiter als bei Frau Lewitscharoff) geschaffenem Wege Leben von natürlichen Lesewesen. »Blade Runner« und die Replikanten sind hier ein Beispiel – letztlich zeigt sich hier, dass dort sogar die Replikanten das Leben in jeglicher Form mehr zu schätzen wissen, als die normalen Menschen...
Wer weiß weitere Beispiele für diese Diskussion in der SF. Ich habe jetzt nicht so viele Romane zum Thema Klonen gelesen, aber dort taucht diese Frage ja auch auf, wenn es darum geht, ob Klone als Ersatzteillager dienen dürfen.
Echte Vampire schillern nicht im Sonnenlicht, sie explodieren. Echte Helden küssen keinen Vampir, sie töten ihn.
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Bully
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Bully »

breitsameter hat geschrieben:...
Wer weiß weitere Beispiele für diese Diskussion in der SF. Ich habe jetzt nicht so viele Romane zum Thema Klonen gelesen, aber dort taucht diese Frage ja auch auf, wenn es darum geht, ob Klone als Ersatzteillager dienen dürfen.


In einer Folge bringen Dr. Polaski und Cmd. Riker ihre jeweiligen Klone um, die die Bewohner der Kolonie Maliposa (?) ohne ihre Erlaubnis von ihnen machten.
Besagte Klone waren aus irgendwelchen Gründen zwar schon ausgewachsen, hatten aber noch keine Haare und kein Bewusstsein (oder sie schliefen, k.A.).
Ethisch gesehen eine ziemlich schlechte Folge; die Erbsubstanz anderer Leute zu klauen ist sicher Diebstahl in Tateinheit mit Körperverletzung, aber da die Klone keine Sternenflottenoffiziere ersetzen sollten, keine Alimente verlangt hätten und vermutlich auch nicht erbberechtigt waren (als Adoptivkinder der Leute, die sie großgezogen hatten), ist das eindeutig eine Überreaktion gewesen; und selbst, wenn die erbberechtigt gewesen wären, jemanden umbringen, damit Verwandte, die man lieber hat, später mal mehr bekommen, hallo? Mal abgesehen davon, dass die Klone da am allerwenigsten für konnten. Angenommen, jemand hätte Rikers Erbgut auf mehr herkömmliche Art und Weise extrahiert (Blowjob in der Besenkammer), und damit einige Dutzend Eizellen befruchtet (in vitro oder in vivo), wodurch annähernd 100% von Rikers Erbgut in min. einem der entstandenen Kinder vorhanden wäre, würde er den so bevölkerten Kindergarten auch zerphasern?
Oder angenommen, eine Urlaubsbekanntschaft meldet sich nach ein paar Monaten wieder, um mitzuteilen, dass sie immerhin 50% seiner Gene behalten hat...
Irgendwie soll ST ja mehr die humanistisch-optimistische Zukunftsversion darstellen, aber dazu müsste man sich vllt. einigen, was humanistisch überhaupt ist. In der Folge waren Polaski und Riker eher von einem dumpfen Aberglauben befallen.
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lapismont
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von lapismont »

breitsameter hat geschrieben: Wer weiß weitere Beispiele für diese Diskussion in der SF. Ich habe jetzt nicht so viele Romane zum Thema Klonen gelesen, aber dort taucht diese Frage ja auch auf, wenn es darum geht, ob Klone als Ersatzteillager dienen dürfen.
Zunächst einmal sehe ich das als ethisches Problem. Als Leser gehe ich an solche Stoffe ja mit einer bestimmten Einstellung heran. Für mich als areligiöser Mensch stellt sich die Frage einfach gar nicht, ob irgendetwas ein "Halbwesen" sein könnte. Darum sehe ich das Problem der Rechte von Klonen eher als Synonym für grundsätzliche Diskriminierung. Klone gelten dann als SF-Variante von schwarzen Sklaven.

Somit würde ich die Fragestellung auf Diskrimninierung und SF ausweiten. Und da gibt es viele Beispiele. Die Telepathen und Mars-Kolonisten in Bab5, die Aliens in District9, Schaumschwestern von Kunkel, die jüngeren Völker im Artefakt von Brandhorst, Ferengiefrauen in Star Trek, die Klonkrieger in Star Wars usw.
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Valerie J. Long
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Valerie J. Long »

Ich erinnere mich dunkel an einen SF-Film, in dem man Klone auf ein Kolonieschiff geschickt hat, aber ich krieg's nicht mehr zusammen.

Was das In-Vitro-Erzeugen von Menschen angeht, müsste man zuerst mal auf Huxleys "Schöne neue Welt" verweisen.
Frank Herbert ("Dune") verschleißt seine "Duncan"-Klone gleich serienweise.
In Simmons' "Hyperion" wurde ein Kind im Tank herangezogen, nachdem die Mutter es "aus Prinzip" mit einem spritzenden Dildo gezeugt hat, wenn ich mich richtig erinnere.
Bei "Alien" wird Ripley wieder und wieder geklont, um anschließend ein Alien auszutragen.
Robert Heinlein: "Friday" ist ein "Living Artifact", also auch ein künstlicher Mensch mit beschnittenen Rechten.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit...
Egal, was die Frage ist - Schokolade ist die Antwort. | To err is human. To really foul things up you need a computer. (R.A.Heinlein)
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Bungle
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Bungle »

Ich erinnere mich an eine Geschichte von J.T. McIntosh, da werden Menschen, die nicht natürlich geboren werden, auch diskrimiert. Sie gelten als unfruchtbar und werden ausgegrenzt, wenn sich herausstellt, dass sie "künstlich" sind. Aber eine von ihnen kämpft erfolgreich dagegen an.
Diese "Künstlichen" haben im übrigen einen symetrischen Bauchnabel, auf dem "Made in U.S.A." eingeprägt ist. Was glaube ich auch der Titel der Erzählung ist. Sie hat mir ziemlich gut gefallen, weil sie eben nicht in Negativen schwelgt.

MB
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Knochenmann
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Knochenmann »

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Amtranik
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Amtranik »

Und wer zum Geier ist Sibylle Lewitscharoff??? Nie gehört den Namen.... :rotfl:
Gast09
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Gast09 »

Moi non plus.
Die Anmoderation endete mit der Frage, inwieweit Klone als Ersatzteillager dienen 'dürfen'.
Nach meinem, zugegebenermaßen beschränkten, SF-Verständnis 'dürfen' sie das nie. Es wird eigentlich immer genau das Gegenteil hergeleitet, bestes Beispiel: Die Insel. Oder auch: The 6th Day (bitte jetzt nicht über die Handlung dieses Films herziehen. Es geht mir nur darum, dass auch dort Klone keine Ersatzteillager sein 'dürfen')
Diverse Organ-Ereignisse der letzten Monate lassen in mir den Eindruck heranwachsen, dass wir keine Klone benötigen.
Ersatzteile gibt es anders viel viel billiger.
Wieviel zahlen die für eine Niere in den Slums von Bogota? Wieviel für ein Auge in Kalkutta?
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Jorge
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Jorge »

breitsameter hat geschrieben:Aber die Science Fiction hat sich die Frage, was unterscheidet auf technischem Wege (und das geht hier natürlich wesentlich weiter als bei Frau Lewitscharoff) geschaffenem Wege Leben von natürlichen Lesewesen. »Blade Runner« und die Replikanten sind hier ein Beispiel – letztlich zeigt sich hier, dass dort sogar die Replikanten das Leben in jeglicher Form mehr zu schätzen wissen, als die normalen Menschen...
Weitere Beispiele für diese Diskussion in der SF.
Nur mal ein paar(von unzähligen in der SF) :wink: :

Space 2063 (Space: Above and Beyond)
Die Tanks (In Vitroes)
http://www.en.wikipedia.org/wiki/Space_ ... In_Vitroes

Stephen Goldin
Scavenger-Jagd
http://stephengoldin.com/scavhunt1.html
Zu den Teilnehmern an diesem mörderischen Rennen gehört der Androide Jonathan R, der damit die Menschlichkeit seines Volkes beweisen will.

Robert Silverberg
Kinder der Retorte
http://en.wikipedia.org/wiki/Tower_of_Glass

usw.
Jorge
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Jorge »

breitsameter hat geschrieben:Ich habe jetzt nicht so viele Romane zum Thema Klonen gelesen, aber dort taucht diese Frage ja auch auf, wenn es darum geht, ob Klone als Ersatzteillager dienen dürfen.
Alles was wir geben mußten
http://de.wikipedia.org/wiki/Alles,_was ... en_(Roman)
Jorge
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Jorge »

Gast09 hat geschrieben: Ersatzteile gibt es anders viel viel billiger.
Yep...und gesetzlich sogar legal, in der SF z.b. bei Bob Shaw http://www.sf-hefte.de/Details.php?id=2 ... dmann%20SF oder Larry Niven http://en.wikipedia.org/wiki/Organleggi ... he_problem . Vorreiter bei der realen Umsetzung dieser Art von "Organspende" ist China http://www.zeit.de/2013/11/China-Transp ... rganhandel .
Jorge
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Jorge »

breitsameter hat geschrieben:Halbwesen, das klingt fast wie auch einem Fantasyroman, eine unheilige Vereinigung, Wesen mit seltsamen Eigenschaften. Oder doch eher Halblinge?
John Crowley
Geschöpfe
http://www.phantastik-couch.de/john-cro ... oepfe.html

Weitere SF-Literatur http://www.scifinet.org/scifinetboard/t ... e-fiction/ .
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von deval »

Wenn ich eine neue Leber brauche, warum soll ich dann einen kompletten Menschen klonen?
Dann reicht es doch, wenn ich mir nur die Leber klone, bzw. heranzüchte. Dann habe ich die
ganze Problematik bzgl. eines Ersatzteillagers doch gar nicht.
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Bully
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Bully »

deval hat geschrieben:Wenn ich eine neue Leber brauche, warum soll ich dann einen kompletten Menschen klonen?
Dann reicht es doch, wenn ich mir nur die Leber klone, bzw. heranzüchte. Dann habe ich die
ganze Problematik bzgl. eines Ersatzteillagers doch gar nicht.
Ja, da will man ja auch hin.
Aber, um einen kompletten Ersatzteillagerklon zu haben, würde es sich evt. doch lohnen, den ganzen Menschen nur mit drastisch reduzierten Hirnfunktionen zu klonen, weil man ja vorher nicht weiß, welche Organe man mal braucht.
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Khaanara
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Lucy Kissik: "Projekt Pluto" (Plutoshine)
Perry Rhodan "Die Meister der Insel" (Zyklus-Paket 1)

Comics:
Marvel Epic Collection "Ant-Man 01: The Man in a Anthill" von Jack Kirby, Don Heck, Dirk Ayers und Stan Lee
Marvel Epic Collection "Wolferine 01: Madripoor Nights" von Chris Claremont, Peter David, John Buscema und Gene Colan
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Re: Halbwesen und die SF

Ungelesener Beitrag von Khaanara »

Michael Marshall Smith - Geklont
http://www.medical-thriller.de/index.php?page=667 (Hat mir damals recht gut gefallen!)

Obwohl als Halbwesen definiere ich persönlich eher Viren, als Klone. Sonst wäre ja eine Hydra auch ein Halbwesen, da sie sich ja auch im Prinzip durch Klonen (Knospung) fortpflanzt.
Und Viren sind ja wohl ein Zwischending zwischen Leben und Molekülansammlungen.
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