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Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschafft!

Verfasst: 5. August 2011 16:02
von Thomas Wawerka
Kritik in der FAZ von heute, 5.8.2011 (Verf. Hannes Hintermeier):

Ende Oktober 2011, die Frankfurter Buchmesse liegt gerade drei Tage zurück, hängt ein Toter im Walde, ganz still und stumm. Er baumelt an einer dicken Gaspipeline, der Nordmagistrale im Berliner Bezirk Köpenick, ist um die achtzig Jahre alt und gut gekleidet. Die Schuhbänder hat man ihm mit acht Knoten zusammengebunden. Ein Symbolmord? Am 8. Februar 1950 wurde das Ministerium für Staatssicherheit gegründet. Ist doch alles längst erledigt. Eben nicht.
Die Deutsche Demokratische Republik ist gar nicht tot, sie war nur in Schwierigkeiten, damals, als die Mauer aufging und die Massenflucht einsetzte. Aber man hat das dann anders geregelt. Wer unbedingt gehen wollte – es waren eineinhalb Millionen –, den ließ man ziehen. Dann machte man die Mauer wieder zu. „Wiederbelebung“ heißt das seither in den Geschichtsbüchern. Und Egon „Achtung“ Krenz ist noch immer Staatsratsvorsitzender. Dem Ministerrat sitzt ein gewisser Gregor Gysi vor, Otto Schily hat auch Ministerrang, Sahra Wagenknecht hat sich als Filmheroine profiliert, Margot Honecker lebt im Feierabendheim Alpha, und Kulturminister Dath ist auf Literaturrundreise in Bulgarien.
(...)
Hannes Hintermeier
Simon Urban: „Plan D“. Roman. Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2011. 552 S., geb., 24,95 Euro.

Hier ist die komplette Kritik nachzulesen:
http://www.faz.net/artikel/S30347/f-a-z ... 79970.html

***

Klingt spannend und ist thematisch auch noch nicht so beackert wie alternative Szenarien zum 3. Reich. Aber 25 Öcken, hm hm hmm ...
:kopfkratz:

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 5. August 2011 16:05
von Thomas Wawerka
"Kulturminister Dath" :rotfl:

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 5. August 2011 16:42
von Frank Böhmert
Nebenbei zum Threadtitel: SF-Romane schaffen es ständig ins Feuilleton.

Im aktuellen LITERATUREN kommen vor
-- Ein Essayband mit "mehr oder weniger utopische[n] Auswege[n] aus der [Öko-]Katastrophe"
-- Michael Stavaric "fabuliert hinreißend über ein utopisches Leben auf dem Land und unter der Erde"
-- Bezüge auf Jules Verne
-- William Gibson
-- Janne Teller mit einer Alternativwelt-Geschichte für Kinder; EU von Kriegen verheert, man versucht nach Afrika zu fliehen und in Ägypten sein Glück zu machen
-- der SF-affine Michel Houllebeque auf Platz 1 der Belletristik-Bestenliste

Im Sommer-Sonderband, diesmal zum Buchmesse-Gastland Island, wird auf vier Seiten Andri Snaer Magnasons Roman LOVESTAR aus dem Jahr 2010 vorgestellt und ausdrücklich als "fantasievolle Science-Fiction-Geschichte" gelobt.

Von Seiten der (szeneseits vorwurfsvoll so titulierten) "Hochkultur" gibt es schon lange keine Berührungsängste mehr, was SF betrifft. Die SF ist in die "normale" Belletristik diffundiert, genau wie Brian Aldiss mal prophezeit hat.

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 5. August 2011 17:03
von Thomas Wawerka
mhmp! okay!!

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 5. August 2011 17:20
von Frank Böhmert
Thomas Wawerka hat geschrieben:mhmp! okay!!
:D :bier:


Nachtrag -- mir fällt noch ein: Jens Balzer, der stellvertretende Feuilletonchef der Berliner Zeitung, liest erklärtermaßen gern SF! (Und Comics.)

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 6. August 2011 09:28
von Bungle
Frank Böhmert hat geschrieben:
Nachtrag -- mir fällt noch ein: Jens Balzer, der stellvertretende Feuilletonchef der Berliner Zeitung, liest erklärtermaßen gern SF! (Und Comics.)
Hat der nicht auch eine Fandom-Vergangenheit? Ich meine den Namen ganz unklar im Gedächtnis zu haben.

LITERATUREN hatte sogar mal eine Ausgaabe der SF - oder dem was die Macher an der SF schätzen oder für SF hielten :) - gewidmet.

MB

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 6. August 2011 22:31
von Ulrich
Ich habe schon Kulturredakteure getroffen, die besprachen SF-Romane und wußten nicht, dass es SF ist. Ebenso gibt es Journalisten, die sich mit dem Genre sehr gut auskennen.

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 7. August 2011 11:05
von lowcut
Die Beschreibung hört sich interessant an.

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 8. August 2011 09:10
von lapismont
Meine jetzige Lektüre verdanke ich auch der Empfehlung aus dem Feuilleton der Berliner. Jeanette Winterson - Die steinernen Götter. Schon jetzt eines der besten SF-Werke der letzten Jahre.

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 8. August 2011 09:18
von breitsameter
lapismont hat geschrieben:Meine jetzige Lektüre verdanke ich auch der Empfehlung aus dem Feuilleton der Berliner. Jeanette Winterson - Die steinernen Götter. Schon jetzt eines der besten SF-Werke der letzten Jahre.
Das ärgerliche: Innerhalb der »SF-Szene« bleiben solche Titel unbekannt.
Wie kann man das ändern?
Mutiger und offensiver auf solche Titel hinweisen?

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 8. August 2011 09:35
von lapismont
breitsameter hat geschrieben: Das ärgerliche: Innerhalb der »SF-Szene« bleiben solche Titel unbekannt.
Wie kann man das ändern?
Mutiger und offensiver auf solche Titel hinweisen?
Ja, anders klappt das nicht. Der Vorteil des Fandoms ist ja der Austausch. Aber letztlich ist es auch ein Verlagsproblem. Ich wusste zum Beispiel bisher nichts von Berlin-Verlag und obwohl der Titel mal im SFN als Kandidat des Neuerscheinungslesezirkels gelistet wurde, nahm ich ihn nicht wahr. Der Verlag labelt den Roman aber auch nicht als SF. Als Fan bin ich aber auf diese Labelung angewiesen, da ich nicht alle Pressetexte aller Neuerscheinungen durchforste, ob da was dabei sein könnte.

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 8. August 2011 11:22
von Andreas Eschbach
Man bräuchte eine "Task Force Stealth SF", die als "Normalromane" getarnte SF aufspürt und dem Fandom bekannt macht.

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 8. August 2011 12:04
von breitsameter
Andreas Eschbach hat geschrieben:Man bräuchte eine "Task Force Stealth SF", die als "Normalromane" getarnte SF aufspürt und dem Fandom bekannt macht.
Hm, die Leute für diese »Task Force Stealth SF« gibt es ja schon – sie sind hier im Forum längst aktiv!

Jetzt müssen wir nur noch gucken, wie wir das irgendwie organisiert bekommen, dass diese Hinweise auf solche »versteckte SF« erstens gesammelt werden (Eigener Dauerthread im Bereich »Ankündigungen und Neuerscheinungen«?) und zweitens dann auch aus dem Forum herausgetragen werden.
Ich kann basierend auf dem Thema dann gerne immer wieder bei SF-Fan.de über solche Neuerscheinungen berichten - und lade andere Websitenbetreiber ein, das auch zu tun.

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 8. August 2011 12:22
von Frank Böhmert
breitsameter hat geschrieben: Hm, die Leute für diese »Task Force Stealth SF« gibt es ja schon – sie sind hier im Forum längst aktiv!
Ich für meinen Teil kann gern regelmäßig posten, was im aktuellen LITERATUREN so an einschlägigen Büchern auftaucht, siehe oben. Ich habe die Zeitschrift ohnehin abonniert. Weiterverarbeiten, also z.B. mit Links anreichern, müsstet ihr die Infos dann.

Der passende Thread dafür ist ja eigentlich schon vorhanden. Dieser hier. :wink:

Re: Da hat's wieder mal ein SF-Roman ins Feuilleton geschaff

Verfasst: 8. August 2011 12:30
von Frank Böhmert
Frank Böhmert hat geschrieben:Der passende Thread dafür ist ja eigentlich schon vorhanden. Dieser hier. :wink:
Ach, eins noch: Auch das vollständige Zitieren von Buchbesprechungen stellt eine Urheberrechtsverletzung dar, siehe den Einleitungsbeitrag. Kürzt die doch auf einen prägnanten Absatz zusammen und ergänzt das um einen Link zur FAZ! Die Besprechung ist ja online.

Dann ist das saubere Arbeit, und der jeweilige Kritiker freut sich sicher auch, anderswo wahrgenommen zu werden.