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Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 20. Januar 2012 23:21
von breitsameter
Leute, stellt Popcorn bereit! :popcorn:

Stellt Euch vor, Ihr lest ein Buch, und es gefällt Euch so gar nicht. Es ist Eurer Meinung nach schlecht geschrieben, voller Ungereimtheiten und die Lektüre macht so wenig Spaß, dass Ihr nach 90 Seiten endgültig aufgebt. In Eurem Blog schreibt Ihr dann eine Kurzkritik und legt Eure negative Meinung kurz dar.
Und dann meldet sich erst der Autor des Buchs und schimpft, und dann droht er mit dem Anwalt, dann kommt seine Verlegerin und spricht von einem Boykott des Buchs und Wirtschaftskriminalität und mehr... und schon hat sich ein Autor absolut lächerlich macht, ein Verlag sich zum Spött gemacht!

Manfred Müller hat's im FO-Blog schon schön zusammengefasst:
http://www.fandomobserver.de/2012/01/na ... john-asht/

Und hier die Rezension und das Blog, um das es geht:
http://buecherzeit.wordpress.com/2011/1 ... lingsbrut/

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 00:25
von muellermanfred
Hier noch ein wenig Hintergrundmaterial mit Links zu ausgesuchten Posts in John Ashts Blog:

http://www.muellermanfred.de/2012/01/jo ... die-macht/

Ich fasse zusammen: „gesunde“ Menschen werden benachteiligt, Frauen werden ungerechtfertigterweise bevorzugt (was hätten die auch je tolles erfunden, fragt Asht in einem Post), Frauen, die flirten, sind Venusfallen und Männer sehen im Gesicht aus wie ein ***** (steht da, im Spiegelei-Post).

Ich bemerke eine beunruhigende Koinzidenz von Mangel an schriftstellerischem Erfolg, Dünnhäutigkeit und reaktionären Denkmustern.

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 01:01
von Christof
Da hoffe ich persönlich darauf das seine zukünftigen Pseudonyme bekannt werden.

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 01:17
von Pogopuschel
Das Internet als Kriegswaffe und wir können praktisch live dabei zuschauen. :popcorn:
Die Namen des Verlags und des Autors werde ich mir auf jeden Fall merken. Die kommen auf meine interne schwarze Liste. :wand:

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 07:51
von deval
Echt hammermäßig das ganze. Würde mich freuen, wenn ihr uns auf dem laufenden haltet.
Meine Sympathien liegen dabei ganz klar bei Myriel und ich kann mir beim besten Willen
nicht vorstellen, dass Frau Roder und der Autor große Erfolgschancen haben werden.

Aber, nebei mal angemerkt. Wie sinnvoll ist es wirklich ein Buch zu rezensieren das man
nur bis Seite 90 geschafft hat - von immerhin 912 Seiten? Ist es da nicht einfach besser
man legt es zur Seite und deckt den Manten des Schweigens darüber? Gerade bei amazon
findet man solche Rezis zu hauf und da frage ich mich halt auch oft:
Was soll das? Lies es oder lass es, aber verreisse es nicht wenn du nur die ersten Seiten
kennst.

Allerdings muss ich mich bei den amazon Rezis zu dem Buch auch fragen wieviel von den
5 Sterne Bewerten das Buch tatsächlich gelesen haben. Das sieht mir alles nach Gefällig-
keitsrezis aus - Inhaltlos und nichtssagend.

Frage:
Wie würdet ihr, Florian und Manfred, mit solch einer Drohung seitens des Verlages umgehen?
Würdet ich die fragliche Rezi löschen oder behalten?

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 08:09
von Andreas Eschbach
deval hat geschrieben:Wie sinnvoll ist es wirklich ein Buch zu rezensieren das man
nur bis Seite 90 geschafft hat - von immerhin 912 Seiten? Ist es da nicht einfach besser
man legt es zur Seite und deckt den Manten des Schweigens darüber?
Ähm ... nein, wieso denn das? "Hat mir so wenig gefallen, dass ich es weggelegt habe und nicht zu Ende lesen will" ist ein absolut legitimes Urteil über ein Buch.

Und 90 Seiten von 912 sind immerhin 10%. Da hatte das Buch eine reelle Chance.

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 08:20
von deval
Ja, legitim schon, aber ist es wirklich sinnvoll?
Vielleicht liegt es auch an mir und meiner Einstellung. Ich lese jedes Buch zu Ende das ich
angefangen habe, auch wenn ich es nach 100 von 900 Seiten schon in die Ecke pfeffern könnte.
Manchmal hasse ich mich ja selbst dafür, aber was hat der gute Luther mal gesagt (auch wenns
vermutlich gar nicht von ihm war): "Hier stehe ich, ich kann nicht anders."

Und was genau fällt noch unter Chance geben? Die 10 % oder darf es auch eine Scheibe
weniger sein?
Bei Serien ist es ja das gleiche Problem. Da gibt es Staffeln mit über 200 Folgen, jemand schaut
sich Folge 1 an, und davon auch nur die ersten 10 Minuten, und verreißt dann die ganze Staffel.
Natürlich ist auch das legitim, aber ich stelle immer wieder fest das ich es nicht OK finde.

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 09:38
von Uschi Zietsch
Andreas Eschbach hat geschrieben:Ähm ... nein, wieso denn das? "Hat mir so wenig gefallen, dass ich es weggelegt habe und nicht zu Ende lesen will" ist ein absolut legitimes Urteil über ein Buch.
Und 90 Seiten von 912 sind immerhin 10%. Da hatte das Buch eine reelle Chance.
Noch dazu, da Myriel sogar zweimal daran gegangen ist, um festzustellen, ob ihr erster Eindruck sich hält. Und sie hat sehr ausführlich begründet, warum sie nicht weitergelesen hat. So viel Mühe ist lobenswert, umso mehr, und das darf man bitte nicht vergessen, da sie keine professionelle Rezensentin für ein Magazin ist, sondern ein Büchernarr.
Und was heißt hier sinnvoll? Sie hat ihre Meinung kundgetan, und das meiner Ansicht nach sehr ausführlich und fundiert. Wie kann das nicht sinnvoll sein? Vor allem bin ich sicher, dass sie bei den restlichen Seiten noch quergelesen hat.

Auf die Frage, wie man mit solchen Drohungen umgeht: Sich lachend zurücklehnen. Das Recht auf Meinungsfreiheit ist im Grundgesetz festgehalten. Es gibt keinerlei rechtliche Handhabe, das ist nur das übliche Drohverhalten von Leuten, die sich ärgern, aber keine Argumente haben. Auf so etwas sollte man gar nicht erst reagieren.
Übrigens befindet sich die Rezension auf ihrem eigenen Blog.
Und löschen, Deval? :o Nur weil jemand irgendwelche absurde und unhaltbare Drohungen ausstößt? Wenn jemand eine solche Rezension professionell (auch gegen Geld) für ein Pressemedium verfasst, wird sie selbstverständlich NICHT gelöscht, das wäre doch völlig grotesk! Seit wann sind negative Bewertungen ein strafrechtlicher Tatbestand? Da würde die Presse sich ja selbst zensieren und Reich-Ranicki hätte nie Berühmtheit erlangt. Und Theaterkritiker, Filmkritiker ... Wie kommst du denn auf solche Gedanken?

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 09:57
von Andreas Eschbach
deval hat geschrieben:Ja, legitim schon, aber ist es wirklich sinnvoll?
Also, ich weiß nicht, wie es Dir ginge, aber wenn ich der 1000ste Käufer eines Buches wäre, das von den 999 Käufern vor mir irgendwo zwischen Seite 5 und Seite 95 aufgegeben wurde, dann würde mich das interessieren zu erfahren. Weil ich das Buch dann vermutlich nicht kaufen würde. Da fände ich eine "ich sag nur was zu Büchern die ich komplett gelesen habe"-Haltung ausgesprochen ... na, asozial wäre vielleicht übertrieben - sagen wir: nicht hilfreich.

Im Gegentum, das ist doch eines der fundamentalsten Kriterien überhaupt: Ist das Buch wenigstens so geschrieben, dass man es lesen mag?

Und das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher. Im Restaurant esse ich etwas, das mir widersteht, auch nicht auf, nur weil's Geld gekostet hat. Warum also sollte ich Bücher zu Ende lesen, die mir widerstehen?

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 10:01
von Andreas Eschbach
Nein, der Typ hat schlicht einen an der Klatsche. Soll's ja geben. Genie und Wahnsinn und so.

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 10:11
von frankh
Na ja, daß Autor und Verlag da ein ordentliches Eigentor geschossen haben, ist ja mehr als offenkundig.
Zumal der Blogeintrag es ja auch gar nicht hergibt, sich darüber ernsthaft zu echauffieren, denn er enthielt keine Rezension, sondern nur eine ablehnende Meinungsäußerung, die so gut wie gar nicht auf Inhalt oder Stil des Buches einging.
Wenn hier schon mit der Anwaltskeule gedroht wird (was nicht nur wegen § 5 GG lächerlich ist), was wollen Autor und Verlag dann machen, wenn mal eine richtig bösartige und bewußt abwertende Besprechung ihres Meisterwerks erscheint (ich weiß hier, wovon ich rede)?

Meine persönliche Erfahrung mit böswilligen Kritiken ist so, daß es ein schwerer Fehler ist, sich darüber öffentlich zu beklagen.
Das gibt nur Wasser auf die Mühlen derer, die ihre Animositäten sonst eher verbergen und nun endlich Gelegenheit haben, sich als Sachwalter der "ehrlichen Lesermeinung" aufzuspielen und sich dabei kräftig ins Fäustchen zu lachen.
Man kann also nur verlieren.

FWH

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 11:19
von Christof
Ja, legitim schon, aber ist es wirklich sinnvoll?
Finde ich aus Käufersicht schon.

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 12:17
von deval
Ja, OK, ihr habt mich überzeugt. Es IST sinnvoll UND legitim.
Das meine ich jetzt nicht ironisch. Immerhin hat sie ja auch zwei Anläufe gewagt.
Und Andreas hat recht. Wenn sich herausstellt das mehrere Leute Schwierigkeiten mit einem Buch
haben und es auch beim zweiten Mal nicht schaffen, dann kann es in der Tat kaufrelevant sein.

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 12:20
von deval
Uschi Zietsch hat geschrieben:Und löschen, Deval? :o Nur weil jemand irgendwelche absurde und unhaltbare Drohungen ausstößt? Wenn jemand eine solche Rezension professionell (auch gegen Geld) für ein Pressemedium verfasst, wird sie selbstverständlich NICHT gelöscht, das wäre doch völlig grotesk! Seit wann sind negative Bewertungen ein strafrechtlicher Tatbestand? Da würde die Presse sich ja selbst zensieren und Reich-Ranicki hätte nie Berühmtheit erlangt. Und Theaterkritiker, Filmkritiker ... Wie kommst du denn auf solche Gedanken?
Ich überlege halt gerade was Florian machen würde wenn er auf einmal tatsächlich ein Anwaltsschreiben
bekommen würde in dem er aufgefordert wird eine Rezi offline zu stellen. Ob es dann nicht der Einfachheit
halber besser wäre sie rauszunehmen oder ob er sich tatsächlich einen Rechtsstreit antun würde. Manchmal
sagt man sich ja auch einfach: Ach komm, das ist mir die Sache nicht wert.

Re: Anklage wegen negativ ausfallender Buchrezension?

Verfasst: 21. Januar 2012 12:22
von jeamy
der verlierer ist hier der autor, egal, ob er recht hat oder nicht (kann ich nicht beurteilen, habe das buch nicht gelesen). das ist die reaktionen eines dreijährigen im sandkasten. klingt hart, ist aber meine meinung.
das "netz" ist unerbittlich und vergisst nichts. das ist die erste lektion, die man lernt, wenn man sich in diesen dschungel begibt. und wenn man etwas in der öffentlichkeit diskutiert, in diesem fall eher nicht diskutiert, sondern gleich mit dem äußersten droht, darf man sich über eine (gewaltige) öffentlich reaktion nicht wundern.