Blade Runner - der Sinn des Director´s Cut

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breitsameter
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Blade Runner - der Sinn des Director´s Cut

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Oliver hat geschrieben:Ferner macht erst der DC so richtig klar, dass Decker ein... SPOILER.. na ja, weiß ja jeder. Ich finde es viel besser, dass am Anfang die Szenen von den Wolkenkratzern jetzt "für sich" stehen und nicht von Harrison Ford zugelabert werden. Auch auf die Schnittreste aus "Shining" am Ende kann ich sehr gut verzichten. Ein Hoch auf den DC! So, ebenfalls Remmidemmi gemacht. :wink:
Genau: Erst der Director's Cut bringt die Möglichkeit ins Spiel, dass Deckard ein Replikant sein könnte. Das ergibt aber eigentlich nicht viel Sinn und nimmt dem Film viel von seiner emotionalen Tiefe (s. http://www.sf-fan.de/sf-film/kino/blade ... richt.html).
Ich stimme aber zu: auf die Fahrt im Grünen kann man problemlos verzichten.

Und was das Verständnis angeht: Tatsache ist, dass erst das Voice Over bestimmte Dinge (gerade am Ende, als Batty stirbt) klar verständlich macht. Schau Dir den DC von BLADE RUNNER mit jemanden an, der die Kinofassung nicht kennt, und Du wirst feststellen, daß im manche Dinge zwangsläufig unverständlich bleiben werden.
Sven
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Ungelesener Beitrag von Sven »

Die Fahrt ins Grüne hat mich bei Blade Runner auch immer etwas Gestört weil es Irgendwie nicht Passte.
Die ganze Zeit sieht man die Welt ehr Dunkel,Dreckig und Umwelttechnisch nicht Wirklich auf dem besten stand.
Immerhin sind Normale Tiere ein schierer Luxus.
Und am Ende macht Er aufeinmal eine Fahrt ins Grüne der Sonne entgegen.
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Frank Böhmert

Schmähung!

Ungelesener Beitrag von Frank Böhmert »

Also "Blade Runner" war für mich immer die völlig verkackte Filmversion eines ausgezeichneten Romans, verbrochen durch einen zwar bildersprachlich hoch begabten, erzählerisch und figurenzeichnerisch aber ABSOLUT untalentierten Regisseur, dem ich überdeutlich anmerke, dass er aus der Werbebranche kommt. Der Mann hat in meinen Augen noch keinen einzigen stringenten und guten Film gemacht. Inzwischen ignoriere ich ihn - soweit ich kann, versteht sich, weil er ja so gut wie immer und überall für "Blade Runner" oder "Thelma und Louise" gelobt wird.

Abgesehen davon gabs irgendwann mal ne lustige Entstehungsgeschichte von "Blade Runner" zu lesen, mit den x Drehbuchversionen und so weiter - in einem alten SAGITTARIUS oder so? Keine Ahnung.

- meint Frank "Bleibt mir mit SF-Filmen vom Leib!" Böhmert, der sich jetzt mal schleunigst wieder an seinen neuen Roman machen sollte ...
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dr. bunsenbrenner
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Re: Schmähung!

Ungelesener Beitrag von dr. bunsenbrenner »

Frank Böhmert hat geschrieben:Abgesehen davon gabs irgendwann mal ne lustige Entstehungsgeschichte von "Blade Runner" zu lesen, mit den x Drehbuchversionen und so weiter - in einem alten SAGITTARIUS oder so? Keine Ahnung.
Hm.. Philip k. Dick hat sich selbst dazu geäussert:
van Heise, James: "Interview mit Philip K. Dick"
in: Heyne Science Fiction Magazin 4 (pp. 39--52)
München: Heyne 1982 (=Heyne SF 3908)

Dick sagt zB über eine erste fassung des Scripts, man hätte "eine Komödie daraus gemacht, einen Mumpitz a la Geheimagent Maxwell Smart. Da liefen nur Clowns mit verklugscheißernden Sprüchen rum." (p. 41). wie schlimm das gewesen sein muss, davon kann sich jedeR selbst eine meinung machen anhang von voice overs wie: "It was 97 degrees in the city and no hope of improvement. Not bad if you're a lizard. But two hours earlier I was drinking Acquavit with an Eskimo lady in North East Alaska. That's a tough change to make. It was so good, I didn't want to leave, so I left a day early." :kotzen:
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breitsameter
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Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Philip K. Dick hat laut dem Artikel im Heyne SF-Magazin aber auch folgendes über das endgültige Drehbuch von David Peoples gesagt:

"(...) Peoples hat tolle Arbeit geleistet. Eine Szene darin rührt mich zu Tränen, und sie steht nicht in meinem Buch. Er hat sie eingefügt, und sie ist wunderschön. Dieser Bursche ist ein Genie. (...) Ich muß gestehen, daß Peoples das Buch an einigen Stellen verbessert hat, aber ich will diesen Punkt auch nicht allzu nachdrücklich betonen. (...) Ich habe den Eindruck, daß Peoples das Buch nicht nur gelesen hat und nicht nur die Erfahrung und das Talent besaß, es zum Tragen zu bringen, er war sich auch des Buches bewußt. Unf jetzt bilden Buch und Film zwei Teile eines Ganzen, beide verstärken sich gegenseitig, beide sind wunderbar symmetrisch. Das ist ein Wunder. Ein echtes Wunder."

Wohl gemerkt spricht Philip K. Dick hier über das Drehbuch, nicht über den fertigen Film von Regisseur Ridley Scott, der an der Entstehung des verfilmten Drehbuchs nicht beteiligt war.
Ach ja: Philip K. Dick war es leider nicht mehr vergönnt den fertige Film zu sehen - er verstarb am 2. März 1982, kurz vor Vollendung des Films, nachdem er bereits einige Tage nach einem Schlaganfall im Koma gelegen hatte.
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Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Hier noch zwei Zitate aus dem Artikel von James van Hise (nach der Übersetzung von Uwe Anton), in denen Philip K. Dick sich zu Ridley Scott äußert:

"In dem SelecTV-Artikel schrieb ich, daß Ridley Scott gesagt hatte, er habe versucht meinen Roman zu lesen, sei aber nicht durchgestiegen; dies hat er jedenfalls so vor einiger Zeit jemandem gesagt, mit dem ich neulich gesprochen habe."

"Also liegt jetzt das wunderbare Ergebnis vor, daß Ridley Scott, der ein visueller Regisseur ist, dem es normalerweise weniger auf die Handlung ankommt - er entstammt der neuen Schule, die für die visuelle Dramatik eintritt -, nun an eine kohärente Handlung angeschirrt ist. Selbst wenn es nicht meine eigene Handlung war, ist die in diesem neuen Drehbuch immerhin effektiv und logisch."
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Re: Schmähung!

Ungelesener Beitrag von breitsameter »

Frank Böhmert hat geschrieben:Abgesehen davon gabs irgendwann mal ne lustige Entstehungsgeschichte von "Blade Runner" zu lesen, mit den x Drehbuchversionen und so weiter - in einem alten SAGITTARIUS oder so? Keine Ahnung.
Da ich mich auch an sowas erinnert habe, habe ich mal ein wenig in meinem Fanzinelager gekramt und bin auch fündig geworden:

Peter Gaschler, "Fiery the angels fell", SAGITTARIUS 22 (Der FreuCon-Report 1), S. 12-15.

Allerdings war der Text kürzer, als ich es in Erinnerung hatte und der Text bezieht sich weniger auf die Entstehungsgeschichte, als vielmehr auf die Aussage des Films.
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Frank Böhmert

Nee nee, du

Ungelesener Beitrag von Frank Böhmert »

breitsameter hat geschrieben:Peter Gaschler, "Fiery the angels fell", SAGITTARIUS 22 (Der FreuCon-Report 1), S. 12-15. Allerdings war der Text kürzer, als ich es in Erinnerung hatte und der Text bezieht sich weniger auf die Entstehungsgeschichte, als vielmehr auf die Aussage des Films.
Ich glaube, wir erinnern uns an denselben Artikel. Aber der da war es definitiv nicht. Ich meine ebenfalls einen längeren, der sich ganz detailliert der Entstehungsgeschichte widmet. Und ich meine mich zu erinnern, dass dieser Artikel in einem der vielen Profimagazinversuche zu lesen war - darum dachte ich ans SAGITTARIUS in seiner Kioskphase.

Nettes Foto übrigens, Dein neuer Avatar. Ist ja glatt den Kurd-Lasswitz-Sonderpreis für besondere Leistungen des Jahres 2003 wert! Begründung: Dr. Florian "Florian" Breitsameter für seine Verdienste um Wiederbelebung des Beanie-Fotos, diese schon klassische Spielart der visuellen Volkskunst, die eine Prise dringend benötigten Humors in das deutsche SF-Feld bringt, sowie für seine leidenschaftlich ausgefüllte Vorbildfunktion für den modebewussten Herrn. Oder so.

He he. Stell das auf die Eingangsseite und Du gewinnst mal wieder nen Cool Spot-Preis.
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Kringel
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Ungelesener Beitrag von Kringel »

Blade Runner ist für mich immer noch einer der visuell faszinierendsten Filme. Allein schon die Eröffnungssequenz mit der Musik von Vangelis - genial. Ob er eine gute Verfilmung des Romans ist, möchte ich nicht behaupten. Wer könnte einen Roman von P.K. Dick adäquat verfilmen? Aber SCHLECHT ist er ja nun wohl wirklich nicht!
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Frank Böhmert

Ungelesener Beitrag von Frank Böhmert »

Kringel hat geschrieben:Blade Runner ist für mich immer noch einer der visuell faszinierendsten Filme.
Dagegen habe ich nichts gesagt. Siehe oben.

Kringel hat geschrieben:Wer könnte einen Roman von P.K. Dick adäquat verfilmen?
Stephen Soderbergh, wenn ich seinen Namen denn richtig schreibe. David Cronenberg. David Lynch. Das sind so Leute, die mir da einfallen. Aber Mann Nummer Eins wäre wohl: Terry Gilliam!
Kringel hat geschrieben:Aber SCHLECHT ist er ja nun wohl wirklich nicht!
Da ich Wert auf gut gezeichnete Figuren und sinnvoll strukturierte Handlungsstränge lege, fand ich "Blade Runner" schlecht - und zwar in Versalien, jawohl.

Aber, falls Dich das tröstet, ich bin auch ein hoffnungsloser Fall - ich mag SF-Filme praktisch nie.
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Rusch
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Ungelesener Beitrag von Rusch »

@Frank Böhmert:
Ich kann Deinen Standpunkt verstehen, teile ihn aber nicht. Blade Runner ist ein Meisterwerk. Die Welt die Ridley Scott zeichnet, scheint zum greifen nah, so plausibel. Und diese menschliche Kälte in diesen Megastädten. Der Film ist einfach atemberaubend. Vielleicht ist mein großer Vorteil, dass ich das Buch nicht kenne.

Was ein Terry Giliam aus einen Dick Roman machen würde, kann man kaum erahnen, aber ich weiss nicht ob mir das Ergebnis gefallen würde.
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Kringel
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Ungelesener Beitrag von Kringel »

David Lynch als Regisseur eines Romans oder einer Story von P.K. Dick - faszinierende Idee! Wenn das so ein Film im Stil von Eraserhead, Lost Highway oder Mulholland Drive wäre, dann wäre er wahrscheinlich kaum zu verstehen - wenn er aber im Stil von Dune wäre, würde er wohl nur vernichtende Kritiken kriegen...
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Doop
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Ungelesener Beitrag von Doop »

Erstaunlich, dass es noch immer Leute gibt, die "Blade Runner" nicht für ein Meisterwerk halten. :cry:

Er war seiner Zeit voraus. Er hat einen der besten Soundtracks der Filmgeschichte. Harrison Ford war auf dem Höhepunkt seines Könnens. Die Elemente, die Dicks Werk ausmachen, sind alle da (Was macht den Menschen menschlich? Wann ist der künstliche Mensch menschlicher als der Mensch? Können wir unseren Erinnerungen trauen? Die Allgegenwart der Werbung in der Zukunft.)

Natürlich ist der Film keine 1:1-Umsetzung des Romans, aber warum hätte er das sein sollen. Der Roman ist IMHO einer der schwächeren von Dick. Die verfilmung bedient sich vielleicht auch daher nur einiger Grundmotive des Romans und des Werks von Dick und vermengt diese erfolgreich mit Elementen des "hard boiled" Krimis. Und der Director's Cut ist besser. Das Happy End der alten Fassung war daneben, wie wohl hier alle zustimmen. Der Off-Kommentar war es auch. Ich erinnere mal daran, dass es der Off-Kommentar war, in dem der Zuschauer erfährt, dass Raquel ein Replikant ohne "Ende-Datum" ist. Es musste ursprünglich eben ein hollywoodgerechtes Happy-End geben.

Ach ja, wo wir dabei sind, wer sonst noch ein guter Dick-Regisseur wäre: Paul Verhoeven. Auch wenn ich hierfür wohl bei viel Unverständnis ernten werde, so halte ich "Total Recall" für eine ebenfalls hervorragende Dick-Verfilmung. Die Hände von Dick lassen sollte für alle Zukunft dagegen Steven Spielberg. Der Zuckersirup von Spielberg verträgt sich nicht mit der Paranoia von Dick, wie "Minority Report" leider unter Beweis gestellt hat.
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Doop hat geschrieben:Ach ja, wo wir dabei sind, wer sonst noch ein guter Dick-Regisseur wäre: Paul Verhoeven.
Ausgerechnet Paul Verhoeven, der vor allem Wert darauf legt, dass in seinen Filmen möglichst viele Gliedmaßen abgetrennt werden und viele Leute möglichst blutig abgeschlachtet werden?

Wer das für übertrieben hält, sollte sich mal den Audio-Kommentar von Paul Verhoeven zu "Total Recall" anhören...
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breitsameter
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Doop hat geschrieben:Die verfilmung bedient sich vielleicht auch daher nur einiger Grundmotive des Romans und des Werks von Dick und vermengt diese erfolgreich mit Elementen des "hard boiled" Krimis. Und der Director's Cut ist besser. Das Happy End der alten Fassung war daneben, wie wohl hier alle zustimmen. Der Off-Kommentar war es auch.
Daneben war sicher die Fahrt ins Grüne, doch ist die unpassende Einhorn-Szene im Director's Cut soviel besser?

Und was das "Voice Over" betrifft - gerade das ist ein beliebtes Stilmittel im "Film Noir"...
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